In dem Sammelakt finden sich verschiedene Briefe und Unterlagen zum Prozess zwischen dem Künstler Josef Matthäus Aigner und dem Direktor der Akademie der bildenden Künste Christian Ruben. Letzterer verklagte Aigner wegen Ehrenbeleidigung. Aigner hatte in der Zeitschrift "Die Donau" Ruben vorgeworfen, er wolle den Österreichischen Kunstverein auflösen lassen. Außerdem äußerte er sich kritisch zu Rubens künstlerischen Fähigkeiten. Aigner wird schließlich zu sechs Wochen Arrest verurteilt, außerdem muss er in Zeitungen das Urteil bekannt machen lassen. Das Protokoll der Gerichtsverhandlung liegt bei. Darin treten insbesondere die Professoren der Akademie, aber auch Leo Thuns Bruder und Referent für Kunstanlegenheiten im Unterrichtsministerium, Franz Thun, als Zeugen auf. Besonders letzterer stellte sich dezidiert auf die Seite von Ruben und verteidigte diesen gegen sämtliche Angriffe. Außerdem betont er, dass Ruben als Direktor der Akademie der bildenden Künste nicht dazu berufen sei, Kunstwerke zu schaffen, sondern die Akademie zu leiten. Beigelegt sind dem Akt außerdem mehrere Briefe von Professoren der Akademie an Christian Ruben, in denen sie ihre Stellung zum Österreichischen Kunstverein darlegen.
Unter der Signatur sind insgesamt 16 Stücke abgelegt:1
Eh. Notiz von Leo Thun. o. O., o. D.
Abschrift einer Darstellung des Sachverhaltes nach
einem eh. Konzept von Leo Thun.
2
Urteil und Urteilsbegründung im Prozess zwischen
Josef Matthäus Aigner und Christian Ruben. Wien, 24. November
1856.
Übersicht über die
Anklagepunkte und Entkräftigung derselben von unbekannter Hand, mit
Korrekturen von Franz Thun. o. O., o. D.
Darstellung der Sachlage im
Ehrenbeleidigungsprozess zwischen Josef Matthäus Aigner und
Christian Ruben aus der Sicht von Franz Thun. o. O., o.
D..
Abschrift des Protokolls der
Schlussverhandlung im Gerichtsprozess zwischen Josef Matthäus Aigner
und Christian Ruben. Wien, 25. November 1857.
Entwurf für einen Zeitungsartikel [?] von Christian
Ruben mit Korrekturen von Leo Thun. Wien, 20. Juli 1855.
Briefe von mehreren Professoren der Akademie der bildenden
Künste:
Joseph Führich an Christian
Ruben. Wien, 14. Januar 1857.
Carl
Rösner an Christian Ruben. Wien, 16. November 1855.
Leopold Kupelwieser an Christian Ruben. Wien, 15.
Dezember 1856.
Eduard van der Nüll
an Christian Ruben. Wien, 15. Dezember 1856.
Peter Johann Nepomuk Geiger an Christian Ruben.
Wien, 13. Dezember 1856.
Carl
Radnitzky an Christian Ruben. Wien, 18. Dezember
1856.
Johann Trost an Christian
Ruben. o. O., 12. Dezember 1856.
Franz Steinfeld an Christian Ruben. Wien, 16. Januar
1857.
Heinrich Zülzer an Christian
Ruben. Wien, 20. Dezember 1856.
Christian Ruben an Franz Thun. Wien, 15. Januar 1857.
1. Vorwurf:
Direktor Ruben
habe in den Zeitungen gegen den Verein agitiert.
2. Vorwurf:
Er habe
die Professoren von der Theilnahme am Verein abgehalten.
3.
Er habe
den Schülern die Eintrittskarten nicht ausgetheilt.
4.
Er habe das
Blatt des Zytek dem Verein entziehen
wollen.
5.
Er leiste als Künstler nichts.
In der "Presse" (Nr. --- vom --- laufenden Monats) ist über gerichtlichen
Auftrag das Urtheil abgedruckt worden, welches gegen J. M. Aigner wegen des Vergehens
der Ehrenbeleidigung, begangen an dem Direktor des k.k. Akademie der bildenden
Künste, Christian
Ruben, von dem k.k. Landesgerichte in
Wien gefällt und von dem k.k. Oberlandesgerichte
bestätiget worden ist. Der Thatbestand dieses Vergehens liegt in einem am
24. Oktober 1855 in dem Tageblatte "Donau" veröffentlichten Artikel, in
welchem Direktor Ruben
beschuldigt worden war, daß er im Vereine mit einigen Gleichgesinnten,
welche ebenfalls am Liebsten im Trüben fischen, seine Stellung durch
Umtriebe zu befestigen gesucht habe, welche darauf abzielten, den österreichischen
Kunstverein stürzen, um jeder gefährlichen Kontrollierung der
eigenen Impotenz überhoben zu sein, und den vorbereitenden Boden zur eigenen
Ernte zu erobern.
Durch das Urtheil ist festgestellt, daß dieser Angriff
auf die Ehre des Akademie-Direktors ein strafwürdiges Vergehen war. Allein
nicht durch Bestrafung allein kann wieder gut gemacht werden, was durch
solche Ehrenbeleidigung geschadet wird. Es gibt kaum einen Fehler, der
verderblicher auf die geselligen Beziehungen der Menschen einwirkt, als die
üble Nachrede, und doch verbreitet sich das mündlich gesprochen Wort in der
Regel nicht weit über den Kreis von Personen, die einander nahe genug
stehen, daß jeder dem daran gelegen ist, sich von dem wahren Sachverhalt
ausgestreuter boshafter Klatschereien Überzeugung verschaffen kann. Anders
verhält es sich, wenn die üble Nachrede durch die Presse geübt wird. Sie
wird dadurch Hunderten und Tausenden zur Kenntnis gebracht, die gar nicht in
der Lage sind, über den wirklichen Sachverhalt nähere Erkundigungen
anzustellen und vor denen sich zu rechtfertigen auch dem Verunglimpften ganz
unmöglich ist. Und doch liegt in der mangelhaften Menschennatur die
Geneigtheit übler Nachrede Glauben zu schenken, und je mehr sie geübt wird,
desto mehr wird dieser Fehler der großen Menge genährt, desto mehr steigert
sich das häßliche Vergnügen am Skandale und die unverständigste
Leichtgläubigkeit gegenüber jeder Verdächtigung und Verleumdung. Wer hat das
nicht mit eigenen Augen gesehen? in den Tagen der Revolution! – deshalb ist
es ein Bedürfnis der öffentlichen Moral, der üblen Nachrede, welche durch
die Presse geübt wird, mit allem Ernste entgegenzutreten. Ist aber
derjenige, gegen den sie gerichtet wird, ein Mann, welcher die Pflichten
einer öffentlichen Stellung redlich erfüllt, so ist es überdies ein
Bedürfnis der Gesellschaft, daß der Wahrheit öffentliches Zeugnis gegeben
werde. Denn die Kraft des Landes, das Gedeihen der öffentlichen Zustände,
ist wesentlich davon bedingt, daß die Männer, die einem öffentlichen Amte
gewissenhaft vorstehen, auch das Vertrauen genießen, auf welches sie dadurch
begründeten Anspruch haben. Man darf sich zwar keine Illusion machen, über
den Erfolg solcher Veröffentlichungen. Jedes Zeitungsblatt hat seinen
eigenen Leserkreis. Es gibt kein Mittel zu bewirken, daß eine nachfolgende
Berichtigung, wenn sie selbst in ein späteres Blatt derselben Zeitung
eingerückt wird, allen bekannt werde, welche die Beschuldigung gelesen
haben. Noch viel weniger ist das natürlich der Fall, wenn eine solche
Berichtigung in einer anderen Zeitung erscheint. Allein kann ein guter Zweck
nicht vollständig erreicht werden, so liegt hierin noch kein Grund, ihn
nicht wenigstens in soweit anzustreben, als es möglich ist.
Durch diese
Erwägungen finden wir uns veranlasst, in dem Augenblicke, wo durch die
Veröffentlichung des gegen J.M.
Aigner erflossenen Urtheiles der den
Angriff auf die Ehre des Akademie-Direktors Ruben dem Publikum wieder vorgeführt wird, die einzelnen
Beschuldigungen, durch welche dieser Angriff in dem Prozesse und namentlich
in der öffentlichen Schlußverhandlung desselben, über die uns ein
stenographischer Bericht vorliegt, zu begründen versucht wurde, sowie den
darauf bezüglichen bei dieser Gerichtsverhandlung erhobenen und theilweise
durch weitere ämtliche Erhebungen vervollständigten thatsächlichen
Sachverhalt darzustellen.
1.
Beschuldigung:
Direktor Ruben hat in den Zeitungen gegen österreichischen
Kunstverein intriguirt.
Sachverhalt
Durch die vom Gerichte vernommenen Zeugen wurde
festgestellt, daß Direktor Ruben
auf die Zeitungspolemik niemals irgend welchen Einfluß genommen hat.
Vielmehr ergab es sich, daß im Jahre 1850, als die Berufung des Direktors
Ruben in Aussicht stand, ein
gegen ihn gerichteter, von J.M.
Aigner verfasster Zeitungsartikel erschien; daß, als sich
später ein solcher Angriff wiederholte, J.M. Aigner dem Direktor
Ruben brieflich seine Dienste
anboth, um in der Tagespresse die Akademie zu vertreten, Direktor Ruben ihm aber erwiderte, er werde nie
etwas thun, um in der Presse Vertheidiger zu finden. Es wurde ferner durch
die eigene Aussage eines Beamten des österreichischen
Kunstvereines sichergestellt, daß er selbst der Verfasser von
Artikeln sei, welche gleichzeitig mit dem inkrimierten Artikel der "Donau"
in der "Presse" erschienen und die Belobung der Thätigkeit des Kunstvereines als Anlaß zu
bitteren Ausfällen auf die k.k. Akademie benützten.
2.
Beschuldigung:
Director Ruben habe die Professoren der Akademie zum Austritte aus
dem Kunstvereine und den Kanzlei-Vorstand der Akademie zum Austritte aus der
Direkzion des Vereines bewogen.
Sachverhalt
Die
gerichtlichen Zeugenaussagen haben bewiesen, daß Direktor Ruben auf den Austritt obiger Personen
aus dem österreichischen
Kunstverein durchaus nicht eingewirkt hat. Es liegt uns
überdies der authentische Nachweis vor, daß von den Professoren der Akademie
drei niemals Mitglieder des Kunstvereines waren, daß zwei andere noch vor der Berufung
des Direktors Ruben nach
Wien aus dem Vereine austraten, aus
Anlaß der erfolglosen Verhandlungen, welche seiner Zeit gepflogen worden
waren, um eine Vereinigung des älteren und des neueren Kunstvereines
herbeizuführen; daß ein anderer dem Vereine beigetreten war,
weil er ein Bild auszustellen und zu verkaufen wünschte und nach den
Statuten des Vereines, solches einheimischen Künstlern nur, wenn sie als
Mitglieder in den Verein treten gestattet ist, daß er für die ferneren Jahre
keine Karte mehr löste, weil er die Richtungen des Vereines seinen Ansichten
nicht entsprechend fand; daß endlich zwei Professoren der Akademie noch
fortwährend Mitglieder des Kunstvereines sind.
3.
Vorwurf:
Direktor Ruben
habe den Schülern der Akademie die unentgeldlichen Eintrittskarten
vorenthalten, welche ihm der Kunstverein für diesselben geschickt
hat.
Sachverhalt
Aus den gerichtlichen
Zeugenaussagen ergab sich, daß Direktor Ruben diese Karten den Professoren zur Vertheilung an die
Schüler übergeben habe und daß sie bei diesen unerhoben blieben, insofern
die Schüler davon keinen Gebrauch machen wollten.
4.
Vorwurf:
Direktor Ruben habe das von dem Schüler der Kupferstecherschule
Z[itek] nach Führichs "ersten Kommunion" gestochene
Blatt dem österreichischen
Kunstvereine entziehen und dem Prager Kunstvereine zuwenden wollen,
und als ihm dieses nicht gelang, den Z[itek] durch Eintreibung des ihm von der Akademie für den
Stich gewährten Vorschusses hart bedrängt.
Sachverhalt
Z[itek],
Schüler der von Professor Stöber geleiteten Kupferstecher Schule, hatte den Stich des
bezeichneten Blattes unternommen und war zu dem Ende von der Akademie durch Vorschüsse
unterstützt worden. Er hatte das Blatt dem Prager
Kunstvereine zum Verkaufe angebothen und Direktor Ruben war von diesem ersucht worden,
die Verhandlung hierüber zum Abschlusse zu bringen. Direktor Ruben hatte sich in diese Verhandlung
eingelassen, nachdem er laut Professors Stöbers eidlicher Zeugenaussage im Beisein dieses Zeugen von
Z[itek] die Versicherung erhalten hatte, daß er bezüglich dieses Blattes
gegen den österreichischen
Kunstverein keine Verpflichtung eingegangen. Als nachträglich
Direktor Ruben erfuhr, daß
Z[itek] sich bereits verbindlich
gemacht habe, dem österreichischen Kunstverein 1000 Exemplare seines Blattes zu
überlassen, brach er die im Namen des Prager Kunstvereines gepflogenen
Verhandlung sogleich ab und ertheilte dem Z[itek] einen eindringlichen Verweis.
Nachdem Z[itek] die Bezahlung von dem österreichischen
Kunstverein erhalten hatte, wurde er von Professor Stöber seiner Pflicht gemäß
verhalten, den bezogenen Aerarialvorschuß zu erstatten, ohne daß Direktor
Ruben einen Anlaß hatte, auf
diese Angelegenheit Einfluß zu nehmen.
5.
Vorwurf:
Die Akademie-Direkzion habe die Auflösung des österreichischen
Kunstvereines beantragt.
Sachverhalt
Als der Kunstverein den bestehenden Gesetzen gemäß seine Statuten der
Regierung zur Beurtheilung und Bestätigung vorlegte, wurde die Akademie nach dem Wunsche
des Ministeriums des Inneren
von dem Ministerium
für Kultus und Unterricht beauftragt, über diese Statuten ihr
Gutachten abzugeben. Es war somit Amtspflicht des Direktors dieses Gutachten
nach seiner Überzeugung, welche sie immer sein mochte, zu erstatten. Daß die
Erfüllung dieser Pflicht zum Gegenstande öffentlicher Ehrenbeleidigung und
gerichtlicher Verhandlungen gemacht werden könnte, ist an sich eine höchst
bedauerliche Erscheinung. Denn mit welchem Rechte können von Beamten
aufrichtige und gewissenhafte Gutachten – die ohnehin nie eine maßgebende
Bedeutung für die Entscheidung der dazu berufenen Behörden haben können, –
verlangt und erwartet werden, wenn sie der Gefahr preisgegeben sind, dafür
in solcher Weise behandelt zu werden! Im vorliegenden Falle ist überdieß
gerichtlich konstatiert worden, daß die k.k. Akademie weder in
ihrem fraglichen Gutachten, noch bei irgend einem anderen Anlasse die
Auflösung des Vereines beantragt hat.
Hiermit ist im Wesentlichen
erschöpft, was vorgebracht worden ist, um den Charakter des
Akademie-Direktors zu verunglimpfen. Es erübrigt noch ein Vorwurf, daß er
nämlich als Künstler nichts leiste.
Es kann nicht in Abrede gestellt
werden, wie wünschenswerth es ist, daß der Direktor einer Kunstschule selbst
ein ausübender Künstler sei, wenn sich in ihm nebstbei alle übrigen
Eigenschaften vereiniget finden, deren Gesammtheit mit dem Ausdrucke
"Leitungsgabe" bezeichnet wird. Immerhin sind aber diese übrigen
Eigenschaften das wesentlichste Erfordernis, d.h. mancher ausgezeichnete
Künstler wird völlig unfähig sein, eine Kunstakademie zu leiten, während es
denkbar ist, daß ein Mann, der selbst niemals einen speziellen Kunstzweig
ausgeübt hat, doch jenes Verständnis der Kunst besitze, welches im Vereine
mit jenen übrigen wesentlichen Eigenschaften zum Vorstande einer Akademie
befähiget. Direktor Ruben ist
Maler. Zieht man in Zweifel, ob er als solcher etwas geleistet habe, so
lässt sich darauf nur erwidern: Werke von ihm sind in
München, sind in Prag,
sind an andern Orten zu sehen, sind zum Theile durch vortreffliche
Kupferstiche vervielfältiget worden.
Wer sich um moderne Kunst
interessiert, kann sie mit Leichtigkeit kennen lernen. Wer ihren Werth in
Abrede stellen will, dem steht die Kritik frei. Wer aber erklärt, er kenne
keine Kunstschöpfungen Rubens,
der trägt eben nur seine eigene Unkenntnis zu Schau. Soll "künstlerische
Impotenz" aber dadurch bewiesen sein, daß Direktor Ruben, während er Direktor der hiesigen
Akademie ist,
keine Bilder male? Der Direktor der Akademie ist angestellt
und besoldet, damit er die Geschäfte seines Amtes besorge, in einer Zeit, in
welcher die ganze Einrichtung der Akademie, die mir bekannt
in den Tagen der Revoluzion in völlige Verwirrung gerathen war, eine
wesentliche Umgestaltung zu erfahren hat. Ein vielverzweigtes Institut, ein
Agregat zahlreich besuchter Schulen zu leiten, geschweige denn eine neue
Ordnung in demselben durchzuführen, ist ein Geschäft das Zeit und Mühe in
reichlichem Maße in Anspruch nimmt. Wer die Leistungen des Direktors
beurtheilen will, der frage nach ob er sein Amt mit Fleiß, Sorgfalt und
Einsicht verwalte, ob unter seiner Leitung Ordnung an der Anstalt herrsche,
ob die Lehrer zum gemeinschaftlichen Ziele zusammenwirken, ob die Schüler
zweckmäßig und liebevoll geleitet, ob die unvermeidlichen Geschäfte der
Direkzion gehörig besorgt werden und er frage dann weiter nach, wie viele
Stunden an welchen die Sonne an unserem Horizonte steht, dem Direktor nach
Besorgung seiner Geschäfte noch erübrigen.
Für den Künstler gibt es
keine größere Freude, als sein Genie walten zu lassen, was ihm vor der Seele
schwebt, in der Erscheinung darzustellen, Kunstwerke zu schaffen. Wenn er
auf einen Posten gestellt, der ihm eine andere Thätigkeit zur Pflicht macht,
dieser Pflicht gewissenhaft obliegt und deshalb auf die Ausübung seiner
Kunst größtentheils verzichtet, so ist das Opfer das er bringt, wahrlich
nicht von den kleinsten, die mehr oder weniger jeder gewissenhafte Mensch
seinen Berufspflichten bringen muss. Wie soll man es nennen, wenn er zum
Lohne dafür mit "künstlerischer Impotenz" gehöhnt und geschmäht wird!
Das k.k. Landesgericht in Wien hat kraft der ihm von Seiner k.k.
Apostolischen Majestät verliehenen Amtsgewalt heute unter dem Vorsitze des
k.k. Landesgerichtsrathes Winter im
Beisein der k.k. Landesgerichtsräthe Heeg und des k.k. Adj. Panstingl als Richter und des k.k. Auskultanten Dr.
Gunesch als Schriftführer in
der Untersuchungs-Angelegenheit gegen den auf freiem Fuß angeklagten
Josef Matthias
Aigner
wegen des Vergehens der Ehrenbeleidigung
laut
Anklagebeschluß vom 29. Oktober 1856 Zahl 9114 begangen an Christian Christoph Ruben in Gemäßheit
des § 491 strafbar nach § 493 des allgemeinen StG
nach der am 24.
November 1856 in Anwesenheit
des k.k. Staatsanwaltes Schwarz
des Privatklägers Ch. Christoph Ruben und seines
Vertreters Hof und Gerichts Advokat Dr. Mayer vom Alsó
Russbach
des Angeklagten Christof Mathias Aigner
und
des Vertheidigers Hof und Gerichts Advokaten Dr. Johann Nep. Berger
jun.
durchgeführten Schlußverhandlung zu Recht erkannt:
Josef Mathias Aigner,
38 Jahre alt, in Wien geboren, katholisch,
verheurathet, ein Portraitmahler wird des Vergehens der Ehrenbeleidigung
begangen dadurch, daß er als Verfaßer des im Morgenblatte der periodischen
Druckschrift "Die Donau" vom 24. Oktober 1855 Nr. 490. unter der Überschrift
"Verlosungsausstellung des österreichischen Kunstvereins" erschienenen von
ihm zur Veröffentlichung bestimmten Artikels, in den Worten "Nachdem aber
jener Mann die Leitung der Akademie übernommen hatte, welcher im Bewußtsein
seiner künstlerischen Schwäche auf eine andere Art als durch Kunstleistungen
seine Stellung zu befestigen sich gezwungen sah, begann er im Vereine mit
einigen Gleichgesinnten, welche ebenfalls am liebsten im Trüben fischten,
diejenigen Umtriebe deren Endziel war den österreichischen Verein zu
stürzen, um jeder gefährlichen Kontrollierung der eigenen Impotenz überhoben
zu sein, und zugleich den vorbereiteten Boden zur eigenen Ernte zu erobern."
– den Christian Christof Ruben
als Director der k.k. Akademie
der bildenden Künste verächtlicher Eigenschaften und
Gesinnungen geziehen hat nach § 491 des allgemeinen StG für schuldig erklärt
und verurtheilt nach § 493 des allgem. StG mit Anwendung des § 266 des allg.
StG. durch sechs Wochen im Arreste angehalten zu werden, nach § 341 des StG.
die Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen und nach § 493 dieses Urtheil
nach dessen Rechtskraft dem ganzen Inhalte nach auf seine Kosten in den
zunächst hiernach erscheinenden drey Blättern der periodischen Druckschrift
"Die Presse" deren Redaktion nach § 20 der Preßordnung vom Jahre 1852 zu
dessen Aufnahme verpflichtet wird zu veröffentlichen.
Entscheidungsgründe
Der Angeklagte Josef Mathäus
Aigner hat sowohl in der Untersuchung als auch in der
mündlichen Schlußverhandlung einbekannt, daß er dem im Morgenblatte der
periodischen Druckschrift "Die Donau" vom 24. Oktober 1855 Nr. 490 unter der
Überschrift "Verlosungs-Ausstellung des österreichischen
Kunstvereines", in Fortsetzung zweyer Aufsätze vom 3. und 10.
Oktober 1855 erschienen Artikel sowohl seinem ganzen Inhalte nach als auch
insbesondere dem darin enthaltenen Ausfall des Inhalts: "Nachdem aber jener
Mann die Leitung der Akademie übernommen hatte, welcher im Bewußtsein seiner
künstlerischen Schwäche auf eine andere Art als durch Kunstleistungen seine
Stellung zu befestigen sich gezwungen sah, begann er im Verein mit einigen
Gleichgesinnten, welche ebenfalls am liebsten im Trüben fischten, diejenigen
Umtriebe, deren Endziel war, den österreichischen
Kunstverein zu stürzen, um jeder gefährlichen Kontrollierung
der eigenen Impotenz überhoben zu sein, und zugleich den vorbereitenden
Boden zur eigenen Ernte zu erobern", in der Absicht ihn in einer
periodischen Druckschrift zu veröffentlichen, verfaßt und dessen
Veröffentlichung durch Übergabe an die Redaction des Zeitungsblattes "Die
Donau" veranlaßt, daß er ferner diesen Ausfall auf die Person des Directors
der k.k. Akademie der
bildenden Künste
Christian Christof Ruben gemacht,
und ihn damit gemeint habe.
In diesem insbesondere auf die Person des
Christian Christof Ruben in
seiner Stellung als Director der k.k. Akademie der bildenden
Künste und zwar aus einem der Aktenlage nach gar nicht
erklärlichen Anlasse gemachten Ausfalle wird derselbe öffentlich als ein
Mann geschildert, welcher im Bewußtsein seiner künstlerischen Schwäche auf
eine andere Art als durch Kunstleistungen seine Stellung zu befestigen sich
gezwungen sah, – es wird ihm darin öffentlich der Vorwurf gemacht, daß er im
Verein mit einigen Gleichgesinnten, welche ebenfalls am liebsten im Trüben
fischten, Umtriebe begann, um den österreichischen Verein zu
stürzen, – er wird endlich öffentlich als ein Mann bezeichnet, welcher darum
so handle, um jeder gefährlichen Kontrollierung der eigenen Impotenz
überhoben zu sein, und zugleich den vorbereiteten Boden zur eigenen Ernte zu
erobern.
In diesem Ausfalle auf die Person des Christian Christof Ruben als Director
der k.k. Akademie der
bildenden Künste hat das Gericht den Thatbestand des Vergehens
gegen die Sicherheit der Ehre im Sinne des § 491 des allgemeinen StG
erkannt, weil mit diesen Worten derselbe öffentlich in einem Druckwerke
verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen in Beziehung auf seine Stellung
geziehen wird.
Der Angeklagte Josef Mathäus Aigner hat in der mündlichen Schlußverhandlung
durch seinen Vertreter diesem beanständeten Ausfall durch Auseinandersetzung
der etymologischen und gramatikalischen Bedeutungen der darin gebrauchten
Worte und Sätze der Art auszulegen und zu beweisen versucht, daß darin
Christian Christof Ruben
weder verächtlicher Eigenschaften noch derley Gesinnungen geziehen worden
sey, andern theils hat er aber selbst sowohl in der Untersuchung als auch in
der mündlichen Schlußverhandlung behauptet und darzuthun versucht, daß
dieser fragliche öffentliche Angriff auf Wahrheit beruhe.
Belangend
diesen Unentschuldigungsgrund, so haben sowohl der Angeklagte, als auch die
von demselben namhaft gemachten und in dieser Richtung sowohl in der
Untersuchung als auch in der mündlichen Schlußverhandlung vernommenen Zeugen
Moritz König, Ferdinand Georg Waldmüller
und Leopold Ernst, übereinstimmend
erklärt, daß sie mit Christian Christof
Ruben weder in persönlicher noch in dienstlicher Beziehung in
Verbindung gestanden sind, daß sie über dessen Charakter oder dessen
Benehmen als Director der k.k.
Akademie der bildenden Künste, über dessen Leitungsgabe an den
Tag gelegten sittlichen geistigen und artistischen Eigenschaften und über
dessen Schaffen und Walten als Director nichts auszusagen vermögen.
Sie
haben aber auch übereinstimmend einbekannt, daß sie über das demselben in
dem fraglichen Artikel vorgeworfene Wirken und Treiben in dieser seiner
Stellung aus eigenem Wissen Auskunft zu geben nicht im Stande sind, und daß
sie insbesondere keine wie immer gearteten Thatsachen anzugeben vermögen,
woraus auf einen solchen ihm vorgeworfenen Mißbrauch seiner Stellung
gefolgert werden könnte.
Nur der Zeuge Moriz König, welcher als Sekretär des österreichischen
Kunstvereines in Vereinslokalitäten öfter von der Person des
Christian Christof Ruben
reden zu hören Gelegenheit haben will, meinte dessen Stellung dadurch
entlasten zu können, daß er angibt:
a. es habe der österreichische
Kunstverein monatlich 20 Freykarten der Direction der k.k. Akademie zur
Vertheilung unter deren Schüler zugeschickt um denselben als angehenden
Künstlern Gelegenheit zu biethen, ohne pekuniäre Opfer die Ausstellung
besuchen zu können, es sey aber von diesen Freykarten Anfangs nur wenig im
weiteren Verlaufe der Zeit aber gar kein Gebrauch mehr gemacht worden, daher
es ihm – Zeugen – scheine, es seyen dieselben von dem Director Ruben zurückbehalten und ihrer
Bestimmung nicht zugeführt worden.
b. es sey ziemlich bekannt, daß
Ruben bei Gelegenheit als die
neuen Statuten des österreichischen Kunstvereins zur Begutachtung an die
k.k. Akademie der
bildenden Künste gelangt seyen, auf die Auflösung desselben
gedrungen, und sein Gutachten auf dessen Schließung gelautet habe, und daß
sich sowohl die bey der k.k. Akademie bediensteten Künstler als auch deren
Schüler von der Betheiligung an den Ausstellungen des österreichischen
Kunstvereins fern hielten, was ihm – Zeugen – daher zu rühren
scheine, daß man diesen mit der k.k. Akademie in
Berührung stehenden Künstlern von Seite der Leitung deselben bedeutet haben
dürfte, daß man diese Betheiligung am österreichischen Kunstverein nicht
gern sähe – daß Ruben selbst dem
Mahler Fischbach in
Salzburg gesagt haben solle, sie, nämlich die
k.k. Akademie
hätten die Auflösung des österreichischen Kunstvereins beantragt, er Ruben glaube dieser Verein dürfte bald
geschlossen werden, daß der Vereinspräsident Graf Waldstein aus der
Centralleitung vernommen habe, es sey von Ruben die Auflösung des österreichischen
Kunstvereins beantragt worden, und daß der k.k. Notar
Dr. August Bach einen solchen
Antrag des Christian Ruben auch
gelesen habe.
c. daß endlich bey Gelegenheit, als im Sommer 1853 der
Kupferstecher Johann Zittek, ein
Schüler der k.k.
Akademie, dem Comité des österreichischen Kunstvereins eine
Platte, vorstellend die erste Confirmation, verkauft habe demselben von
Christian Christof Ruben
Angelegenheiten gemacht worden seyen, und daß er verhalten worden wäre, die
von der k.k. Akademie erhaltenen Vorschüße anstatt in kleineren Raten mit
Einem Mahl zurück zu bezahlen.
Allein alle diese Angaben des Moriz König so wie die von Ferdinand Georg Waldmüller
und Leopold Ernst vorgebrachten
Angaben, welche sämtlich größtentheils auf selbst geschaffenen Meinungen und
Schlüßen beruhen, stehen zu den dem Christian Christof Ruben öffentlich gemachten Vorwürfen und
den ihm angesonnenen Eigenschaften und Gesinnungen in keinem ursächlichem
Zusammenhang und sind nicht geeignet zu erweisen, auf welche andere Art als
durch Kunstleistung Ruben sich in seiner Stellung zu
befestigen gezwungen gesehen habe, welche Umtriebe, und in wessen Vereine er
solche begonnen habe, wer eigentlich diejenigen seyen, welche ebenfalls am
liebsten im Trüben fischten, und daß Umtriebe begonnen worden seyen, deren
Endziel gewesen wäre den österreichischen Verein zu stürzen, um jeder gefährlichen
Kontrollierung der eigenen Impotenz überhoben zu sein, und zugleich den
vorbereiteten Boden zur eigenen Ernte zu erobern.
Überdieß haben aber
die von Christian Christof Ruben
nahmhaft gemachten, und in der mündlichen Schlußverhandlung vernommenen
Zeugen: die Professoren der k.k. Akademie Leopold Kupelwieser, Franz Stöber, August von Siccardsburg
und der Kanzley-Vorstand dieser Akademie Heinrich Zilzer jene Vordersätze, aus denen die von ihm
erwähnten Zeugen sich ihre Meinungen und Schlüße gezogen haben, für grundlos
erklärt, und der Art ausgesagt, daß die dem Direktor Ruben zur Last gelegten Eigenschaften
und Gesinnungen als rein ersonnene ihm angedichtete Verunglimpfungen
erscheinen.
Insbesondere hat der Zeuge Leopold Kupelwieser bestättigt, daß
die vom österreichischen Kunstverein dem Director Ruben monatlich übersendeten Freikarten
in die Ausstellung des österreichischen Kunstvereins jedenfalls sowohl ihm –
Zeugen – als auch den übrigen Professoren zur Vertheilung an ihre Schüler
übermacht worden, daß dieselben theilweise von solchen Anfangs auch
angenommenen, später aber zurück gewiesen worden, daher bey ihnen unbenützt
liegen geblieben seyen, wo sie sich noch befänden, ferner hat sowohl dieser
Zeuge, als auch August von
Siccardsburg und Heinrich
Zilzer ausgesagt, daß Christian Christof Ruben nie ein auf die Auflösung des
österreichischen
Kunstvereins lautendes Gutachten abgegeben habe, – abgesehen
davon daß wenn er über höheren Auftrag überhaupt ein Gutachten abzugeben
gehabt habe, solches nur nach Pflicht und Gewissen, und nicht im Sinne
irgend einer Parthey zu erstatten gewesen wäre, – es hat aber auch Franz Stöber angegeben, daß die
bezüglich des Kupferstechers Johann
Zittek zur Sprache gebrachte Angelegenheit nur ihn – Zeugen –
selbst betroffen habe, weil nur er mit der finanziellen Gebahrung der
k.k. Akademie
betraut sey, und daß Director Ruben hierauf, und insbesondere auf die besprochene
Rückzahlung des dem Zittek gemachten
Vorschußes gar keinen Einfluß genommen habe. Alle diese Zeugen haben endlich
übereinstimmend versichert, daß Christian
Christof Ruben daran, ob sie sich an dem österreichischen
Kunstverein betheiligen wollten oder nicht, keinen Einfluß
genommen habe, daß sie daher durchaus nicht wegen eines solchen Einflußes
von der Betheiligung an diesem Verein sich fern gehalten hätten, sondern daß
dieses nur aus ihrer eigenen Überzeugung und wegen der daselbst geführten,
ihnen nicht genehm gewesenen Reden und Besprechungen geschehen sey.
Nach
ihren übereinstimmenden Angaben ist ihnen von einem dem Christian Christof Ruben in diesem
Artikel vorgeworfenen Wirken und Mißbräuchen seiner Stellung durchaus nichts
bekannt, sie haben ihn nur als den Träger höchst achtbarer Eigenschaften,
höchst edler Gesinnungen und aufopfernder Pflichttreue stets erkennen müßen,
und es habe sie der fragliche Angriff nur mit Entrüstung erfüllt, daher sie
das, was sie bereits in einer durch Zeitungsblätter veröffentlichten den
Akten beiliegenden Erklärung ausgesprochen haben, in der mündlichen
Schlußverhandlung wiederhohlen müßen.
Aber auch Herr Graf Franz Thun,
Referent im hohen Unterrichtsministerium, hat einer Seits diese beanständeten
Angriffe gegen Christian Christof
Ruben als reine aus der Luft gegriffene Erfindungen erklärt,
anderer Seits demselben in persönlicher und dienstlicher moralischer und
künstlerischer Beziehung ein höchst belobendes Zeugnis
gegeben.
Übergehend auf den anderen vom Angeklagten durch seinen
Vertheidiger in der mündlichen Schlußverhandlung geltend gemachten
Entschuldigungsgrund wonach seiner Ansicht nach von dem beanständeten
Aufsätze Christian Christof Ruben
weder verächtlicher Eigenschaften noch solcher Gesinnungen geziehen worden
sey, so muß vor allem die besondere Stellung des letzteren berücksichtigt
und im Auge behalten werden, in welcher er angegriffen wurde, und in welcher
ihn der Angeklagte, bei Verfaßung und Veröffentlichung dieses Artikels auch
angegriffen haben wollte.
Er ist vom hohen Unterrichtsministerium mit der Stellung des Leiters der k.k.
Akademie der bildenden
Künste betraut worden, er wurde durch diesen Artikel als
solcher in so dieser seiner Stellung, und zwar nicht nur bezüglich seiner
künstlerischen Fähigkeiten, sondern insbesondere auch in seinem Wirken und
Gebahren als Director der k.k. Akademie somit geradezu in seiner Amtsehre
angegriffen.
Wenn nun der Director der k.k. Akademie der bildenden
Künste, als der Träger von solchen Eigenschaften und
Gesinnungen, wie sie ihm in dem vorliegenden Artikel beigelegt werden
öffentlich hingestellt wird, so würde er, wenn sie wahr wären jedenfalls und
allgemein in künstlerischer und besonders in dienstlicher Beziehung als eine
verächtliche Person erscheinen, deshalb wurde auch von den Professoren der
k.k. Akademie gegen diese Verunglimpfungen öffentlich Verwahrung eingelegt,
und das hohe Unterrichtsministerium hat laut des den Akten beiliegenden
Erlasses, worin die aufopfernde Pflichttreue und das erfolgreiche Wirken des
Christian Christof Ruben in
seiner betrauten Stellung anerkannt wird, mit Entrüstung und Bedauern von
diesen Angriffen Kenntniß genommen.
Da nun der Angeklagte Josef Mathäus Aigner einbekannt
hat, daß er diesen mehr erwähnten Artikel in der Absicht um ihn zu
veröffentlichen, verfaßt und dessen Veröffentlichung auch veranlaßt habe, da
in diesem Artikel Christian Christof
Ruben verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen geziehen
wurde, und da Aigner die
Wahrheit dieser Vorwürfe weder in der Untersuchung noch in der mündlichen
Schlußverhandlung zu erweisen vermochte, ja aus letzterer sich geradezu das
Gegentheil dessen ergeben hat, was Aigner beweisen wollte, so mußte er des Vergehens gegen die
Sicherheit der Ehre im Sinne des § 491 des allgemeinen StG in Gemäßheit
seines mit allen gesetzlichen Erfordernissen des § 264 des StG versehenen
Geständnisses für schuldig erkannt werden.
Nach § 493 des allgem. StG
ist auf dieses Vergehen eine Strafe des Arrestes von sechs Wochen bis Ein
Jahr gesetzt.
Ein Erschwerungsumstand wurde nicht gefunden. Als mildernd
wurde dagegen erkannt,
a. daß er wenngleich im Jahre 1848 vom
Kriegsgerichte zum Tode verurtheilt, jedoch gänzlich begnadigt sich keine
Gesetzesübertretung zu Schulden kommen ließ.
b. daß er sich als den
Verfaßer des beanständeten Artikels allsogleich vor Gericht bekannt und auch
sonst in seinen Verantwortungen Offenheit an den Tag gelegt hat.
c. daß
er verehelicht ist und Familie hat.
In Erwägung dieser
Milderungsumstände wurde die Rechtswohlthat des § 266 des allgemeinen StG
anzuwenden befunden und auf eine Strafe von sechs Wochen Arrest
erkannt.
Nach § 341 des StG wurde er auch zum Ersatze der Kosten des
Strafverfahrens verurtheilt.
In Gemäßheit des § 493 des allgem. StG
wurde er ferner über Antrag des Privatanklägers verurtheilt, dieses
Erkenntnis nach dessen Rechtskraft auf seine, des Angeklagten, Kosten und
zwar da die periodische Druckschrift "Die Donau" worin dieser Artikel
aufgenommen worden ist, inzwischen zu erscheinen aufgehört hat, in den
zunächst erscheinenden drei Blättern der periodischen Druckschrift die
Presse dessen Redaktion zur Aufnahme nach § 20 der Preßordnung verpflichtet
wird zu veröffentlichen.
Auf eine Entschädigung hat der Privatankläger
verzichtet.
Wien den 24. November 1856
Winter Vorsitzender mp
Dr. Gunesch mp
Schriftführer
Collationiert und dem Originale wörtlich gleichlautend
Wien am 29. November 1856
Weltsch mp
Director
I.
Der Academiedirector Ruben habe in öffentlichen Blättern – namentlich in der Österreichischen Zeitung und in dem Litteraturblatte der Wiener Zeitung gegen den neuen österreichischen Kunstverein agitiert.
Bei der am 24. November 1856 abgehaltenen Schlußverhandlung in der Anklage
gegen den Portraitmaler Joseph
Aigner, wegen des Vergehens der Ehrenbeleidigung durch die
Presse, erklärte der als Zeuge vorgerufene Academie-Professor Kuppelwieser, daß die k. Academie der bildenden
Künste es unter ihrer Würde erachtet habe, den Kunstverein durch
Journalartikel anzugreifen, oder auf die Angriffe des Letzteren sich auch
nur in eine Polemik einzulassen.
Die Professoren der Academie haben sich
darauf beschränkt, zu widerholten Malen, die gegen dieselbe und deren
würdigen Vorstand gerichteten Angriffe, durch öffentliche Erklärungen als
ungerecht zurück zu weisen.
Ferner erklärte Prof. Kuppelwieser, daß die in der
"Wiener Zeitung" und in der "Österreichischen Zeitung" erschienenen, gegen
den Kunstverein
gerichteten Artikel, weder auf Veranlassung des Director Ruben, noch auf Veranlassung irgend
eines Academie Professors geschrieben worden seien.
Der als Zeuge
vorgerufene Kanzleivorstand der k. Academie der bildenden Künste –
Zülzer
–
bestätigte, daß Director Ruben
niemals und in keiner Weise gegen den Kunstverein agitiert
habe.3
II.
Director Ruben habe die Professoren der Academie von der ferneren Theilnahme an dem Kunstverein abgehalten und auch den Kanzleivorstand Zülzer veranlaßt aus dem Vereine auszutreten.
Der Zeuge Prof. Kuppelwieser
gibt an, daß der Austritt der
Professoren vorzüglich der einmüthigen Entrüstung zugeschrieben werden
müsse, mit welcher dieselben die häufigen und ungerechten Angriffe gegen die
Person ihres Vorstandes und Directors aufgenommen hatten.
Der Zeuge Prof. Siccardsburg
sagte, alle Professoren der Academie
müßten einmüthig bestättigen, daß Director Ruben sich einer jeden, wie immer gearteten Einwirkung auf
sie enthalten habe.
Der Kanzlei-Vorstand Zülzer
erklärte, Director
Ruben habe ihm im Gegentheile
wiederholt zugeredet, nicht aus dem Kunstverein zu treten, als er (Zülzer) der eingetretenen Reibungen
und seiner ämtlichen Stellung wegen aus den Ausschußsitzungen des Vereines weggeblieben ist,
ohne jedoch eine schriftliche Erklärung seines Austrittes
abzugeben.
Außer diesen Zeugenaussagen liegen über diesen Punkt auch
noch schriftliche Erklärungen der Mehrzahl der Academieprofessoren und eine
schriftliche Äußerung Zülzers
vor.
Der Inhalt dieser in Zuschriften an den Director Ruben abgegebenen Erklärungen ist kurz
gefaßt folgender:
1. Prof. Kuppelwieser
bezeichnet
als Motive seines im Frühjahr 1856 erfolgten Austrittes aus dem Kunstverein
die Angriffe gegen die k.
Academie, und das Vorgehen der Vereines rücksichtlich des von
seinem Schüler Kessler gemalten
Bildes des heiligen Franciskus.
2. Prof. van der Nüll
erklärt, daß
er über ausdrücklichen Wunsch des damaligen Civil und Militär Gouverneur von
Wien Freiherrn von Welden, eine
Verschmelzung mit dem alten Kunstverein anstrebte, in welcher Richtung er
auch als Ausschuß thätig gewesen, da er in dieser Verschmelzung das einzige
Mittel zu einer günstigen Neugestaltung erkannt habe. Als seine diesfälligen
Bemühungen aber wiederholt gescheitert waren, sei er aus dem Kunstverein
ausgetreten.
Seinem Beispiele sei bald darauf aus dem selben Grunde Prof. Siccardsburg
gefolgt.
3. Prof. P.
J. N.
Geiger
sagt, er sei zu seinem Austritte durch keinerlei
persönliche Einwirkung, sondern einzig und allein nur durch den Umstand
bewogen worden, daß die Grundsätze von welchen der Kunstverein ausging, ihm
für die Interessen der Kunst nicht förderlich erschienen, und daß er, als er
diese Überzeugung zu Geltung bringen wollte, anstatt irgend einen Erfolg zu
erringen, bloß Unannehmlichkeiten erntete.
4. Prof.
Radnitzky
erklärt nur
durch die unter dem "Einfluß" des Kunstvereins oft
wiederholten Angriffe gegen die k. Academie und den
Director Ruben veranlaßt worden
zu sein, im Jahre 1855 aus dem Verein auszutreten. Irgend eine Einflußnahme
von Seite Rubens auf seinen
Austritt stellt er entschieden in Abrede.
5. Prof.
Brost
[sic! richtig
Trost] war bis Anfangs Jänner 1857 Mitglied, sowohl des alten wie des
neuen
Kunstvereines. Jetzt sei er aus beiden Vereinen ausgetreten,
weil nur dadurch, daß ein jeder andere dasselbe thäte, eine Verschmelzung
beider einander feindselig gegenüberstehenden Vereine erzielt werden
könnte.
6. Prof. Führich
– schon seit mehreren Jahren nicht mehr
Mitglied des Kunstvereines, gibt als Grund seines Austrittes an, daß er
überhaupt von Kunstvereinen nicht viel für die Kunst erwarte und die Tendenz
des österreichischen
Kunstvereines seine Überzeugungen in den höchsten Dingen des
Lebens vielfach verletzt habe.
7. Prof. Rösner
sagte er sei bei
Gelegenheit seiner Wahl zum Directions-Mitgliede der Gesellschaft der
Musikfreunde am 16. November 1855 aus beiden in Wien bestehenden
Kunstvereinen ausgetreten.
8. Prof. Steinfeld
erklärt dem
Kunstverein auch gegenwärtig noch als Mitglied anzugehören.
9. Der Kanzleivorstand Zülzer
bezeichnet die in den öffentlichen Blättern
gegen die Person des Directors Ruben und gegen die Akademie gerichteten
perfiden Angriffe als Grund seines Austrittes, welchen er ungeachtet dem
Zureden von Seite des Directors im Jahr 1855 dem Kunstverein einfach durch
die Rücksendung der ihm zugeschickten Karte für das Vereinsjahr 1856
notifiziert habe.
Zufolge einer mündlichen Mittheilung des Directors Ruben sei er selbst noch Mitglied des Kunstvereins
geblieben, als bereits mehrere der genannten Professoren (Führich, Geiger) ausgetreten waren.
Der Absicht auch seinen Austritt zu erklären, sei der Verein dadurch
zuvorgekommen, daß er ihm gar keine Karte mehr zuschickte.
So wie Prof.
Steinfeld, sei auch Prof. Stöber
fortan noch Mitglied des Kunstvereins, dagegen
seien die Professoren Bauer, Meyer und
v. Perger
niemals
Mitglieder desselben gewesen.
III.
Director Ruben habe die Karten, welche der Kunstverein für die Schüler der Academie, an diese Letztere eingeschickt hat, denselben vorenthalten.
Prof. Kuppelwieser erklärt als Zeuge bei der oben erwähnten Schlußverhandlung diese Karten selbst zur Vertheilung übernommen zu haben. Mehre von den Schülern weigerten sich jedoch die Karten anzunehmen, indem sie erklärten den Kunstverein nicht besuchen zu wollen. Deshalb seien nun diese Karten bei ihm (Kuppelwieser) unbenützt liegen geblieben.
IV.
Ruben – respective die Academie – habe die Auflösung des Kunstvereines beantragt, als sie den Auftrag erhielt, die Statuten des Vereines zu begutachten.
Der Zeuge Graf
Franz Thun
sagt, daß die Academie bei dieser
Gelegenheit bloß die Beschränkung einiger §§ der Vereinsstatuten beantragt
habe.
Auch Prof. Siccardsburg
bestättigt in seiner Zeugenaussage, daß bei der Begutachtung dieser
Statuten, der Antrag auf Auflösung des Vereins nicht gestellt worden
sei.
Der als Zeuge vernommene Kanzleivorstand Zülzer
erklärt, daß von der
Aufhebung des Kunstvereines niemals die Rede gewesen sei.
V.
Ruben habe das vom Kupferstecher Zytek gestochene Blatt "die erste Kommunion" nach Führich, dem Kunstverein entziehen wollen, um es dem Prager Kunstverein zuzuwenden, und dann, als ihm dies mißlang, den Zytek bei der Eintreibung der demselben von der Academie geleisteten Vorschüße, aus Rache hart bedrängt.
Der Zeuge Prof. Stöber, welcher bei den bezüglichen Verhandlungen zwischen
dem Director und Zytek gegenwärtig war, sagt aus, daß sich
der Letztere eifrigst darum beworben habe, sein Blatt bei dem Prager Kunstverein anzubringen.
Zytek sei von Ruben ernstlich befragt worden, ob er
bezüglich dieses Blattes nicht etwa schon Verbindlichkeiten mit dem österreichischen
Kunstverein eingegangen habe? – worauf jener verneinend
antwortete. Erst nachträglich habe Ruben erfahren, daß Zytek mit dem Kunstverein schon früher wegen Überlassung von 1000 Stück
Abdrücken seines Stiches contrahirt hatte, weshalb dieses Blatt denn auch
nicht mehr für den Prager Kunstverein acquiriert werden
konnte. Zytek sei vom Director
Ruben deshalb auch ernstlich
zur Rede gestellt worden.
Die Art der Einbringung des dem Zytek während seiner Arbeit von der
Academie
geleisteten Vorschusses von beiläufig 900 fl sei seine (Stöbers) Sache gewesen, nicht die
des Directors Ruben.
Der Kanzleivorstand Zülzer
führt in seiner Zeugenaussage an, Zytek habe nach dem Absatze seiner Platte
gestrebt, während ihm der österreichische Kunstverein, bloß 1000 Abdrücke abgenommen
hatte. Deshalb habe er bei den Verhandlungen mit Ruben wohl sagen dürfen, er könne frei
über diese Platte verfügen, hätte dabei aber nicht verschweigen sollen, daß
er bezüglich seiner Arbeit doch auch schon Verbindlichkeiten gegen den
österreichischen
Kunstverein eingegangen habe.
Zülzer bestättigt ferner auch, daß
Zytek bei der Rückzahlung des
erwähnten Vorschußes durchaus nicht mit Härte behandelt worden sei.
VI.
Bezüglich der im Academiegebäude aufgestellten Lambert-Gallerie sei eine Veränderung der Localität vorgenommen worden, ohne daß dem Custos dieser Gallerie, dem Prof. Waldmüller davon Mittheilung gemacht worden wäre.
Diese Änderung des Locales der Lambert-Gallerie wurde vom Ministerium für Cultus und Unterricht zu einer Zeit angeordnet, zu welcher Ruben im Auftrage dieses Ministeriums sich in Venedig befand. Prof. Waldmüller wurde von der angeordneten Veränderung durch den Kanzleivorstand Zülzer mündlich verständigt, verlangte jedoch einen schriftlichen Auftrag, welcher dann auch noch am selben Tag (den 23. September 1856 Nr. 344) an ihn und den andern Custos (Maler Schwenninger) mit der Weisung erging die Übertragung der Lambert-Gallerie zu leiten.
VII.
Die Academie habe sich der Beschickung der Pariser Kunstausstellung nicht angeschlossen.
Mit dem Erlasse des Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 14. Juli 1854 Nr.
11070 wurden die k.k.
Academien zu Wien, Mailand und
Venedig
als österreichische Spezial-Comités für die Pariser Kunstausstellung
bezeichnet. Ein zweiter Ministerialerlaß vom vom 4. October 1854 Nr. 14675
<legte diesen Academien nur [?] Jury- und Prüfungskommissionen bei und
stellte sie in allen andern Beziehungen unter das österreichische
Centralcomité für die Beschickung der Pariser Ausstellung, welche letzterer
die Correspondenz und>4 unmittelbare Verbindung mit der Ausstellungscommission zu
Paris <ausschließlich vorbehalten blieb. Die Wiener Academie erließ
hierauf, um die österreichischen Künstler zu einer möglichst zahlreichen und
gediegenen Betheiligung zu ermuntern,>5 am 25. October 1854 im Hauptblatte der "Wiener
Zeitung" eine eigene Kundmachung an die Wiener Künstler und bot alle Mittel
auf, um die österreichische Kunst in Paris entsprechend vertreten zu sehen,
<indem sie sich nicht auf reine Kundma[chung] beschränkte, sondern jeder
der Professoren es übernahm, eine bestimmte Anzahl hiesiger Künstler und
Galeriebesitzer zu besuchen und erstere noch mündlich zur Theilnahme zu [?]
und letztere zu bewegen, ihre Bilder für die genannte Ausstellung
herzuleihen. Viele der ersteren kamen der Zusage, theils wegen der Kürze des
Termins, theils weil sie ihre Bilder früher verkauften und von den
Eigenthümern nicht zu Disposition erhielten, nicht nach, während die meisten
letztern, durch die lange Entbehrung ihrer Bilder bei der Gelegenheit der
Münchner Ausstellung abgeschreckt waren und sie wieder her zu leihen
verweigerten.>6
In der Presse vom 17. Juni 1855 (Nr. 162) erschien unter
der Überschrift "Ausstellung des österreichischen Kunstvereins" ein anonymer
Artikel, welcher die Art der bezüglich der Beschickung der Pariser
Ausstellung getroffenen Einleitungen in heftiger, die Wahrheit entstellenden
Ausfällen schmähte. Hierauf veröffentlichte die Academie am 20. Juli 1855 in
der "Presse" eine Erklärung, in welcher sie darauf hinwies, daß zu Folge der
oben zitierten Ministerialverordnungen sie selbst, die,
die Pariser Ausstellung betreffenden Geschäfte geleitet habe, und indem sie
den wahren Sachverhalt in dieser Angelegenheit hinstellte, denselben der
unpartheischen Beurtheilung des Publicums überließ.
VIII.
Ruben habe seit seiner Hierherkunft von Prag – also durch volle 6 Jahre – nichts künstlerisches geleistet.
Ruben hatte seine
Leistungsfähigkeit als Künstler schon während seines Aufenthaltes in
München, und später als Director der Prager Academie der bildenden
Künste so glänzend bewährt, und sich schon längt einen so
ausgezeichneten Namen gesichert, daß, als er von Seiner k.k. apostolischen Majestät zum
Director der Wiener
Academie ernannt wurde, es ihm ein Leichtes gewesen wäre,
diese Vorzüge hier zu seinem materiellen Vortheil auszubeuten.
Daß er
anstatt solche Zwecke zu verfolgen, es vorzog sich im strengsten
Pflichtgefühl und mit wahrer, inniger Hingebung den schwierigen und
umfassenden Geschäften seiner neuen Amtsphäre ganz zu
weihen, kann daher nur für die edle Uneigennützigkeit zeugen, mit welcher
Ruben einzig und allein die
Interessen des seiner Leitung anvertrauten Instituts zu fördern trachtet,
und diesem eifrigen Bemühen selbst seine künstlerische Thätigkeit und seinen
eigenen Vortheil zum Opfer bringt.
Demungeachtet hat Ruben seit seiner Hierherkunft auch in
künstlerischer Beziehung Hervorragendes geleistet, indem er die bereits in
Prag begonnenen Compositionen zu der im dortigen
Belvedere auszuführenden zahlreichen Fresken aus der böhmischen Geschichte
fortsetzte und außerdem noch andere Arbeiten, wie z.B. seine Miniaturen für
das Gebetbuch Ihrer Majestät der
Kaiserin, vollendete.
Daß diese Leistungen, entweder
wegen ihrer Bestimmung und Dringlichkeit oder wegen ihrer besonderen Natur
nicht geeignet waren, in weiteren Kreisen bekannt zu werden, kann man gewiß
nicht dem Künstler zur Last legen. Ein eigener Zufall fügte es, daß in
Wien bisher überhaupt noch nie eines der
bedeutenderen Werke Rubens
ausgestellt war.
Hauptinhalt der Ehrenbeleidung
Ruben habe im Bewußtsein seiner künstlerischen Schwäche nöthig befunden, sich in seiner Stellung, die er durch andere Mittel erlangt habe, auch in anderer Weise als durch künstlerische Leistungen zu befestigen, und deshalb im Trüben gefischt und Umtriebe eingeleitet um den österreichischen Kunstverein zu stürzen, zu dem Zweck, um hiedurch die Kontrollierung der eigenen Impotenz zu beseitigen und den Boden für eigene Ernte zu gewinnen.
Im Besonderen
1. Vorwurf
Ruben habe in den Zeitungen gegen den österreichischen
Kunstverein intriguirt und Artikel in Feuilleton der
Wiener Zeitung, in der österreichischen Zeitung (Lloyd) und in dem
Kunstblatt der .. Zeitung veranlaßt.
Aus allen Zeugenaussagen stellt sich heraus, daß Ruben auf die Zeitungspolemik nie einen Einfluß nahm, zur Kenntnis der Zeitungsartikel immer nur durch die Zeitungen selbst gelangte, ja daß er die wiederholten, sogar schriftlich (brieflich) gemachten Anträge Aigners, der ihn und den Kunstreferenten noch kurz vor der Ehrenbeleidigung um eine Anstellung an der Academie gebeten hatte, für ihn, zu seiner und der Academie Vertheidigung gegen den österreichischen Kunstverein zu schreiben ausdrücklich abgelehnt hat – während zugleich klar hervorgeht, daß von der Gegenparthei fortwährend gegen die Academie und Ruben intriguiert und in öffentlichen Blättern geschrieben wurde, und der Secretär des österreichischen Kunstvereines König hiezu gezwungen, sogar gestehen mußte, jene Reihe von Artikeln in der Presse, welche die Aignerschen in Schutz nehmend, im gleichen Sinn, wie diese geschrieben waren und den österreichischen Kunstverein anpriesen, selbst geschrieben zu haben.
2. Vorwurf
Ruben habe die Professoren von der Theilnahme an dem
österreichischen
Kunstverein abgehalten und sie und den Kanzleivorstand
Zülzer zum gleichzeitigen
Austritte bewogen.
Alle Aussagen ergeben, daß Direktor Ruben
nie auf irgend Jemanden einen ähnlichen Einfluß zu äußern
auch nur versuchte und, von Zülzer um seine Meinung befragt, gegen sein Verbleiben in
dem Verein und dem
Ausschuße desselben nicht nur keinen Anstand erhob, sondern ihn sogar
ermunterte ohne alle Rücksicht auf ihn, darin zu verbleiben, daß ferner der
Austritt der Professoren und Zülzer keineswegs über eine gemeinschaftliche Verabredung
eingereicht gleichzeitig erfolgte, die Professoren Bauer, Meier und Perger
vielmehr nie Mitglieder des österreichischen
Kunstvereins waren.
Die Professoren Steinfeld und Stöber es noch
sind,
die übrigen dagegen, theils weil sie das Wirken des österreichischen
Kunstvereines mißbilligten und als schädlich für die
österreichische Kunst betrachteten, theils angeeckelt und empört über die
Zeitungspolemik und die im Ausschuße zur Zeit als sie dessen Mitglieder
waren, über die Academie gefallenen Ausdrücke zu ganz verschiedenen Zeiten
ausgetreten sind und zwar
van der Nüll
schon vor
Rubens Eintritt als Director
aus Anlaß des Benehmens des Ausschußes des österreichischen
Kunstvereins bei den mißglückten Vereinigungsverhandlungen mit
dem älteren Kunstverein.
von Siccardsburg
zur gleichen Zeit
Führich
nach dem Ankauf seines Bildes die Hexen und
Macbeth behufs dessen Aufnahme in die Ausstellung er hatte Mitglied werden
müssen.
Kuppelwieser
durch Rückweisung seiner Karte im
Frühjahr 1855.
Radnitzky und Rösner
im Herbst 1855
Trost
erst im Dezember 1856 durch
Rückweisung der Karte pro 1857.
Geiger
schon viel
früher
Zülzer
durch Rückweisung der Karte pro
1856
Während
Ruben
selbst der Nothwendigkeit einer
Austrittserklärung und der Zahlungsverweigerung dadurch überhoben war, daß
ihm der österreichische Kunstverein gar keine Karte mehr zusandte.
3. Vorwurf
Direktor Ruben hat den Academie-Zöglingen
die ihm von dem österreichischen Kunstverein für dieselben übersandten
unentgeldlichen Eintrittskarten vorenthalten.
Aus den Zeugenaussagen geht hervor, daß Ruben diese Karte den Professoren namentlich Kuppelwieser zur Vertheilung übergeben habe, daß die Zöglinge aber von ihnen keinen Gebrauch machen wollten und sie deshalb bei letzteren unerhoben liegenblieben.
4. Vorwurf
Ruben resp. die Academie habe die
Auflösung des österreichischen
Kunstvereins beantragt.
Aus allen Zeugenaussagen ergibt sich, daß ein solcher Antrag von der Academie nie gestellt und von Ruben nie auch nur angeregt und zur Sprache gebracht wurde, sondern daß die Academie vom Unterrichtsministerium über Ersuchen des Ministerium des Innern mit der Begutachtung des Statutenentwurfes dieses Vereines beauftragt, sich bloß auf diese ihr von der vorgesetzten Behörde zur Pflicht gemachte Aufgabe und den Antrag auf Abänderung einzelner Bestimmungen und Paragraphen vom Standpunkt der Förderung der Kunst aus beschränkt habe.
5. Vorwurf
Ruben habe das vom Schüler der Kupferstecherschule Zitek gestochene Blatt: "Die erste
Kommunion" nach Führich dem
österreichischen
Kunstverein entziehen und dem Prager Verein zuwenden wollen und
dann als ihm dieses mißlang, den Zitek bei Eintreibung der demselben von der Academie geleisteten
Vorschüße aus Rache hart bedrängt.
Aus den Zeugenaussagen ergibt sich, daß Zitek dem Prager Verein angetragen und dem von diesem um Abschluß der Verhandlungen ersuchte Direktor Ruben, auf seine diesfällige ausdrückliche Frage, versichert hatte, er habe gegen den österreichischen Kunstverein durchaus keine Verbindlichkeit übernommen, daß Ruben später, als er erfuhr dessen Verpflichtung demselben 1000 Abdrücke zu liefern, die Verhandlungen für den Prager Verein nicht nur abgebrochen, sondern Zitek in Gegenwart Prof. Stöbers einen scharfen Verweis ertheilt habe; daß ferner Zitek durchaus nur in der vorgeschriebenen und üblichen Weise und ohne alle Härte zur Rückzahlung der von der Academiekasse erflossenen Vorschüße gehalten wurde und die hiezu nöthigen Schritte nicht von Ruben sondern von Prof. Stöber vorgenommen worden sind, welcher letztere auch nur in Ziteks und nicht in der Academie Interesse ihn zu seinem Geld zu verhelfen und seine endliche Bezahlung von Seite des österreichischen Kunstvereines zu beschleunigen trachtete.
6. Vorwurf (Erst in der Gerichtsverhandlung von Seite des
Sekretär König vorgebracht)
Die
geringe Betheiligung hiesiger Künstler an der Pariser Ausstellung und der
geringe Erfolg den die österreichische Kunst dort hatte sei nur die Folge
der Lauigkeit und Ungeschicklichkeit mit der sich die Academie dieser
Angelegenheit annahm.
Aus den Acten ergibt sich, daß mit Ministererlass vom 14. Juli 1854 Z. 11070
die Academie zu
Wien, Mailand und Venedig als
Spezialcomitée für die Pariser Kunstausstellung ernannt, mit Ministererlass
vom 4. Oktober 1854 Z. 14675 aber nur als Jury- und Prüfungscommission für
die nach Paris bestimmten Kunstwerke erklärt, und in
jeder anderen Beziehung gänzlich unter die k.k. Centralcommission für diese
Ausstellung, welcher alle andern Geschäfte vorbehalten, unterstellt wurde.
Obschon hiezu nicht einmal verpflichtet, hat die Academie nicht nur in der
Wiener Zeitung vom 25. October 1854 (d.i. sobald die näheren, die Einsendung
betreffenden Bestimmungen der französischen Regierung angelangt waren) einen
energischen Aufruf an alle österreichischen Künstler erlaßen, sondern keine
Mittel gescheut eine würdige Vertretung derselben möglichst zu sichern, und
eine zahlreiche Betheiligung von österreichischen Künstlern zu erzielen, zu
welchem Zweck insbesondere jeder der Professoren es übernahm eine bestimmte
Anzahl hiesiger namhafter Künstler und bestimmte Galleriebesitzer persönlich
zu besuchen und auch noch mündlich erstere zur Theilnahme zu bereden,
letztere aber zu bewegen gewisse wertvolle Bilder zur Sendung nach
Paris herzuleihen.
Viele der ersteren kamen
ihren Versprechungen theils durch die Kürze der Zeit, theils weil sie ihre
Bilder früher verkauft hatten oder von den Eigenthümern sie nicht zur
Disposition erhielten, gar nicht nach – während die Galeriebesitzer, welche
ihre Kunstwerke so spät von München zurückerhalten
hatten, das Ansinnen fast durchwegs ablehnten.
7. Vorwurf
Ruben sei als Künstler impotent und habe während seiner
6jährigen Anwesenheit hier nichts geleistet.
Ruben war schon für die Prager
Stelle von den tüchtigsten Künstlern und Autoritäten namentlich von
Kaulbach als äußerst
geschickter namentlich zur Ausbildung jugendlicher Talente ausgezeichnet
befähigter, höchst einsichtsvoller, und wo es sich um Förderung der Kunst
handle, in solchem Grad aufopferungsfähiger, von jeder Selbstsucht freier,
durchaus ehrenhafter und nie ein Haar breit von seiner Überzeugung
abweichender Mann empfohlen.
Nachdem alle Versuche einen anderen in
gleicher Weise geeigneten Mann für das Directorat der Wiener Academie
aufzufinden, ward er mit Rücksicht auf die [?] in
Prag und einer 12jährigen Wirksamkeit glänzend
erprobten Eigenschaften, zu dieser Stelle ernannt und ihm die Annahme
derselben, gegen seine Weigerung zur Pflicht gemacht, worauf er, wider seine
Neigung seine in vieler Beziehung angenehmere, und nachdem unsere dortigen
Herrn[?], um ihn dort zu erhalten, ihm und seiner Frau eine die Pensionen
des Staates übersteigende Pension versichert hatten, auch vortheilhaftere
Stellung in Prag verließ.
Ehe er nach
Prag kam war er bei mehren öffentlichen Arbeiten
Bayerns namentlich bei der Ausschmückung
von Hohenschwangau mit Fresken, bei der Composition für die Glasfenster der
Auerkirche und den Regensburger Dom thätig gewesen und hatte mehre Oelbilder
gemalt, die in seltenem Grad wahre Volksbilder geworden waren.
In
Prag hatte er nebst dem Columbus mehre
Altarblätter, zwei kleinere Oelgemälde, den Entwurf für das
Radetzkymonument, die Entwürfe für die Ausschmückung des Belvedere mit
Wandgemälden, ferner einige Zeichnungen zu Vereinsdiplomen und Gegenständen
des Kunsthandwerks vollendet, obschon er seine Thätigkeit schon dort vor
Allem, und allerdings auch schon zum Nachtheile seiner artistischen
Produktivität, vor allem der ihm anvertrauten Lehranstalt, der Beschäftigung
seiner Schüler und der Hebung der Kunstzustände überhaupt
widmete.
Letzteres war in noch höherem Grade hier der Fall, wo es sich
um die Reorganisierung einer Anstalt handelte und er, von der lähmenden
Störung durch fortwährende Intriguen und Verleumdungen abgesehen, die
Ausarbeitung sehr bedeutender und zeitraubender schriftlicher Anträge,
Vorschläge und Gutachten übernehmen mußte – obgleich er auch hier seine
künstlerische Thätigkeit, so viel dies seine Amtspflichten nur gestatteten
fortsetzte – und, wenn auch von ihm nichts zur Ausstellung gelangte,
namentlich mit den Entwürfen für die Wandmalereien im Belvedere und Prag
fortfuhr und sich bei den Miniaturen für das Gebethbuch der Kaiserin und für das seitdem von Seiner Majestät bestellte Missale selbst
mit betheiligte.
Wenn Ruben
seine Stellung nicht, wie viele andere gethan hätten, als Sinekur
betrachtete, und den Gehalt beziehend ausbeutete, um sich möglichst viele
Bestellungen zu erwerben, und durch möglichst ausgedehnte Freizeit[?]
möglichst viel Geld zu erwerben, sondern vielmehr selbst mit der für den
Künstler schmerzlichsten Aufopferung eigenen größern Schaffens und der
dadurch bedingten pekuniären Vortheile, sich vor allem der treuen und
erfolgreichen Erfüllung der übernommenen Pflichten, der thunlichsten Hebung
der Academie
und der Kunstzustände und der Interessen der studierenden Jugend zudiente,
so begründet dies wohl weit entfernt gerechten Anlaß zu Tadel zu geben, sein
größtes Verdienst und rechtfertigt mehr als alles andere die Wahl seiner
Person.
Nicht minder ist diese Wahl durch den Umstand gerechtfertigt,
daß bei seinem Abgang von Prag alle seine Schüler ihm
als Zeichen ihrer Dankbarkeit ein Album mit ihren Zeichnungen verehrten, die
talentvollsten unter ihnen, deren Mittel die Übersiedlung gestatteten, aber
mit ihm zogen; daß ferner die Münchner Künstlerschaft ihm aus Anlaß seiner
Berufung hierher ihm in einer glänzend ausgestalteten mit einer großen Zahl
der gewichtigsten Unterschriften bedeckten Adresse ihre Sympathie
aussprachen, sogar daß er auch hier sich nicht nur die Liebe und
Freundschaft aller Professoren erwarb, sondern ihn die Künstlergesellschaft
Strauß zu ihren Vorstand erwählte und ihm durch eine eigene Adresse ihre
Entrüstung über die ihm von Aigner widerfahrenen Beleidigungen aussprach.
Schlußverhandlung
in der Anklage gegen Herrn Josef Aigner wegen des Vergehens der Ehrenbeleidigung durch die Presse nach § 491 ST.G.B.
Vorsitzender: Herr Landesgerichtsrath Winter für die Staatsbehörde Herr
Staatsanwalt Schwarz. Auf der
Anklageband befindet sich Herr Josef
Aigner, 38 Jahre alt, aus Wien,
katholisch, verheirathet, Portraitmaler. Ihm zur Seite steht der
Vertheidiger, Herr Dr. Berger.
Als Privatkläger erscheint Herr Director
Ruben mit seinem Vertreter
Herrn Dr. Mayer von
Also-Rußbach.
Als Zeugen werden vorgerufen die
Herren:
Graf Franz
Thun, die Professoren Kupelwieser, Stöber, von Sickardsburg und Waldmüller, der Kunstverein-Secretär König und der Akademie-Actuar Zulzer.
Der Schriftführer verliest hierauf folgende Anklageschrift:
Im
Morgenblatte der "Donau" vom 24. October vorigen Jahres ist unter der
Überschrift: Verlosungs-Ausstellung des österreichischen Kunstvereins in
Fortsetzung zweier diesen Gegenstand berührenden Aufsätze vom 3. und 10.
October folgendes gegen den Director der k.k. Akademie der Künste,
Herrn Ruben enthalten: "Nachdem
aber jener Mann die Leitung der Akademie übernommen hatte, welcher im
Bewußtsein seiner künstlerischen Schwäche auf eine andere Art als durch
Kunstleistung seine Stellung zu befestigen sich gezwungen sah, begann im
Verein mit einigen Gleichgesinnten, welche ebenfalls am liebsten im Trüben
fischten, diejenigen Umtriebe, deren Endziel war, den
österreichischen
Verein zu stürzen, um jeder gefährlichen
Controllierung der eigenen Impotenz überhoben zu sein, und zugleich den so
vorbereiteten Boden zu eigener Ernte zu erobern."
Durch diesen Ausfall
wird Herr Ruben sowohl in seinem
künstlerischen Berufe angegriffen, wie auch als Leiter der Akademie nicht nur als
ein unfähiger Mann, sondern auch als ein Mensch bezeichnet, der zur
Erreichung seines Vortheiles am liebsten im Trüben fische. Wenn auch die
"eigene Ernte" nicht genau bestimmt wurde, so erscheint das Verletzende um
so fühlbarer, weil dann dem Leser dieses Artikels ein unbegränzter Raum
offen bleibt, innerhalb welchem man sich auch strafbare Handlungen denken
kann. Unter diesen Umständen ist in dem gedachten Aufsatze der objective
Thatbestand eines Vergehens nach § 491 St.G.B. sicher gestellt, und die
Anklage gegen Herrn Aigner, der sich als Verfasser einbekennt,
gerechtfertigt.
Derselbe hat sich zwar erbothen durch von ihm nahmhaft
gemachte Zeugen die Wahrheit seiner Angabe zu erweisen, es kann jedoch der
Beweis als hergestellt nicht angenommen werden, weil die Abgehörten in ihren
Behauptungen nur von Ansichten und empfangenen Eindrücken sprachen, ohne
Thatsachen anführen zu können.
Staatsanwalt
erklärt in dem gegenwärtigen Processe in
seiner amtlichen Stellung zu interveniren, und die Anklage gegen Herrn
Aigner aufrecht zu
halten.
Der Vorsitzende macht hierauf an die Herren Zeugen die
gewöhnliche Eides- und Meineids-Erinnerung und ersucht sie, sich in das
Zeugenzimmer zu begeben, bis sie zu Vernehmung werden vorgeladen werden.
(Die Zeugen entfernen sich)
Hierauf fordert der Vorsitzende den
Angeklagten auf, sich gegenüber der wider ihn erhobenen Anklage zu
rechtfertigen.
Der Angeklagte
beginnt seine Vertheidigung damit,
daß er erklärt, er wolle keine Geheimniskrämerei machen und erklären, daß
der angefochtene Artikel unmittelbar von ihm komme, und dem Drucke übergeben
worden sei.
Was die einzelnen in dem fraglichen Artikel vorkommenden
Äußerungen betrifft, so seien diese auf folgende Weise zu verstehen
("Welcher im Bewußtsein seiner künstlerischen Schwäche") – Herr Ruben werde am besten wissen, was er
damit sagen wollte, er meine nichts anderes, als daß Herr Ruben seit seiner Hierherkunft von
Prag, mithin in einem Zeitraume von sechs Jahren,
nichts Künstlerisches geleistet habe. Den Künstler, den wahren Künstler,
treibe es unwillkürlich, zu schaffen, wenn er die Kraft in sich fühlt, so
kann ihn nichts aufhalten, weder Lob noch Tadel, er wird dem Drange der
Kunst folgen. Die Stellung des Herrn Ruben läßt ihm sehr viel Zeit, wenigstens so viel Zeit, um
in sechs Jahren ein Bild zu mahlen.
("Welcher auf eine
andere Art als durch Kunstleistungen") – Herr Ruben mußte Mittel suchen, sich einen
Wirkungskreis zu verschaffen, der ihm so viel Achtung verschafft hätte, als
eigene Kunstleistungen. Hiezu wäre aber das Passendste gewesen, einen
selbstständigen Verein zu gründen, wodurch Herr Ruben einen großen Einfluß erlangt
hätte. Die vielen an den Verein gerichteten Bestellungen wären natürlich ihm
zugekommen, er hätte stets über große Geldmittel disponiren können, dadurch
eine Masse Künstler von sich abhängig gemacht, und wäre so ein gesuchter und
geachteter Mann geworden, auch ohne selbst etwas Künstlerisches zu leisten.
Deshalb sei darauf hingearbeitet worden, den österreichischen Kunstverein ganz zu
ruiniren, oder ihn in eigene Hand zu bekommen.
("Seine Stellung zu
befestigen sich gezwungen sah") weil eben seine Stellung als Künstler
bereits sehr unhaltbar geworden war.
("Im Verein mit einigen
Gleichgesinnten") darunter sei jene kleine Parthei verstanden, welche Herr
Director Ruben sich gebildet
habe.
("Im Trüben fischen") Dieser Ausdruck sei etwas schwer zu
erklären, denn er sei eine Metapher, und darunter eigentlich verstanden, daß
Herr Ruben nicht den geraden
offenen Wege gegangen sei, denn er, der Angeklagte, habe geglaubt, daß
ein Director der Akademie ganz andere Pflichten hätte, als den österreichischen
Kunstverein zu unterdrücken.
("Umtriebe") Man benützte die
Journale, um den Verein auf das entschiedenste zu unterdrücken. So erschienen
Artikel gegen den Verein in der österreichischen Zeitung, in der Wiener
Zeitung mit den beleidigendsten persönlichen Ausdrücken, um das Vertrauen in
den Verein zu
erschüttern, die Theilnehmer von der Einzahlung abzuhalten, und so die
Auflösung des Vereines herbeizuführen. Wenn er auch nicht behaupten könne,
daß jene Artikel von Herrn Ruben
selbst geschrieben wurden, so seien sie doch gewiß auf seine Veranlassung
verfaßt worden, und in den beiden obigen Blättern erschienen. Solche Mittel
einen Verein zu stürzen, müssen doch ohne Zweifel "Umtriebe" genannt
werden.
("Um jeder gefährlichen Controllierung der eigenen Impotenz
überhoben zu sein") Unter "Impotenz" sei die künstlerische Impotenz des
Malers Ruben verstanden. Die
"gefährliche Controllierung" sei der Kunstverein, weil es dem
Herrn Ruben allerdings unangenehm
sein mußte, wenn größere Künstler ihre Werke alle Monate zur Ausstellung
senden. Deshalb ließ auch Herr Ruben fortwährend in den obenerwähnten Artikeln gegen das
Princip einer permanenten Kunstausstellung schreiben.
("Zu eigenen
Ernten zu erobern") Darunter sei die monumentale Kunst verstanden, welche
Herr Director Ruben besonders
befürworte, denn diese nehme längere Zeit in Anspruch, bedinge die
Ausführung kostspieliger Arbeiten, welche in die Hand einzelner Bevorzugten
gelegt werden. Ein solcher bediene sich dann der Hülfe artistischer
Taglöhner, welche ihm in die Hände arbeiten müssen, während er selbst Ruhm,
Auszeichnung und Lohn ernte, und wobei es nicht auffällt, wenn er selbst
wenig oder gar Nichts an dem Kunstwerke leistet.
Der Angeklagte verwahrt sich gegen
den Vorwurf, als hätte er gegen die persönliche Ehre oder den sittlichen
Charakter des Herrn Ruben seinen
Angriff gerichtet, er habe es nur mit dem Künstler und dessen Werken als
solcher zu thun gehabt, und diesen gegenüber vom Standpunkte des Künstlers
seine Kritik ausgesprochen; denn nach seiner Ansicht gehöre es durchaus
nicht zu der Function eines Directors der Akademie als Schule, ein
Institut von so großem Nutzen für die Kunst, wie der Kunstverein es ist, zu
unterdrücken, was der Maler Ruben
allerdings versuchte. Wenn man aber einem Künstler vorwirft, daß er Nichts
schaffet, daß er sich in Verhältnisse einläßt, die eigentlich nicht in
seinen Beruf gehören, so glaube er nicht, daß das eine Ehrenbeleidigung sei,
wohl aber eine Kritik.
Der Angeklagte beruft sich ferner auf seine beiden bereits in
der Voruntersuchung eingelegten Schriftstücke, deren Verlesung nun
vorgenommen wird.
Das erstere dieser Schriftstücke soll eigentlich eine
Abwehr gegen den die dem Angeklagten imputirte Absicht einer Ehrenbeleidigung sein,
und enthält im Wesentlichen dasselbe, was er heute mündlich vorgebracht
hat.
Das zweite hingegen soll dazu dienen, den Beweis der Wahrheit der
in dem incriminirten Artikel ausgesprochenen Äußerungen durch Herzählung von
Thatsachen zu führen.
Er erwähnt zuerst des Factums mit dem
Kupferstecher Zittek. Dieser, ein
Schüler der Akademie, habe von derselben während der Ausführung seiner
größeren Arbeit "die erste Communion" nach Führich statutengemäß einen Vorschuß erhalten. Nach
Vollendung der Arbeit habe Zittek
mit dem Kunstverein
abgeschlossen, diesem 1.000 Abdrücke zum Behufe der Verwendung als
Vereinsblatt zu überlassen. Herr Kläger sei nun bemüht gewesen, dem Vereine dieses Blatt zu
entziehen, und dem Prager Verein
zuzuwenden, und als Zittek darauf
nicht eingehen konnte, sei dieser von der Akademie gegen den
gewöhnlichen Usus zur sogleichen Abzahlung des erhaltenen Vorschußes
aufgefordert worden.
Der Angeklagte beruft sich ferner auf einen Artikel
im katholischen Kalender von Turin, aus den vierziger
Jahren, wo Jemand nach eigenen Angaben des Klägers die vielen von diesem in
Prag ausgeführten Arbeiten (nach der Verfertigung
des Columbus) aufzählt, während, wie der Angeklagte behauptet, ihm von
Prag ein Herr Miller schreibt, daß jene Arbeiten theils gar nicht
angefangen, theils nur in den Conturen entworfen sind (das Schreiben des
Herrn Miller wird vorgelesen und den Akten
beigelegt)
Der Angeklagte beruft sich auf die Thatsache, daß zu jener
Zeit plötzlich sämtliche Professoren der Akademie aus dem Verein getreten sind, und
beruft sich endlich auf die vielen Zeitungsartikel, welche gegen den
Verein gerichtet
auf Veranlassung des Herrn Klägers in mehreren hiesigen Journalen, als "Österreichische
Zeitung" und "Literaturblätter der Wiener Zeitung" erschienen sind, wie auch
auf jene Notiz von der Auflösung des Vereines, welche zuerst
ein Frankfurter Journal brachte, und in der Augsburger Allgemeinen Zeitung
dahin berichtigt wurde, daß wirklich die Akademie als Kunstbehörde
die Auflösung beantragte, aber vom Ministerium
darauf nicht eingegangen wurde.
Zwei darauf bezügliche Artikel der
Augsburger Allgemeinen Zeitung, sowie auch jener der "Presse" werden
verlesen, in welchem letzteren auf eine ziemlich scharfe Weise zuerst darauf
hingewiesen wird, daß der Akademie der Künste die Bezeichnung "Kunstbehörde" nicht
zukomme, und dann der Sachverhalt noch genauer dahin berichtigt wird, daß
wirklich die Akademie den Antrag auf die Schließung des Kunstvereines hohen Orts
gestellt habe.
Der Angeklagte befragt, ob er die hier angegebenen Thatsachen
aus eigener Wahrnehmung als von Herrn Ruben ausgegangen bezeichnen könne, antwortet, daß er dies
nicht in der Lage sei anzugeben, bezeichnet jedoch als seine Gewährsmänner
die sämtliche hiesige Künstlerwelt, welche auch gewiß seinen Artikel der
allerdings etwas flüchtig geschrieben und mithin manchen vielleicht nicht
ganz passenden Ausdruck enthält, genau verstehen würde; Er nannte <der
Angeklagte, Portraitmaler Aigner>7 ferner vor Allem den Vereins-Secretär Herrn König, welcher selbst aus dem Munde des
Herrn Vereins-Vorstandes, Graf Waldstein und vom Bruder Seiner Excellenz des Ministers des
Innern, Herrn Notar Dr. August Bach
gehört haben will, daß diese Herren mit ihren eigenen Augen gesehen und mit
eigenen Ohren gehört haben, Herr Ruben, respektive die Akademie habe die
Auflösung des Kunstvereines beantragt.
Der Angeklagte erklärt endlich, daß
so viele Angriffe ihn als Künstler gereizt und tief verletzt hätten, weshalb
er sich bestimmt gefühlt hätte, den incriminirten Artikel im Interesse der
Kunst zu schreiben.
Schließlich bemerkt der Angeklagte noch, daß in allen
größeren Städten große Künstler Directoren der Akademien seien, nicht aber
bloße Beamte, da sonst jeder Ministerialbeamte besser dazu geeignet wäre,
wie Herr Ruben.
Herr Ruben
bemerkt, daß er nie einen Schritt gemacht hätte,
um den Angeklagten für
oder gegen den Kunstverein zu gewinnen, daß aber dieser ihm wiederholt seine
Dienste angetragen hat, um seine Gegner zu bekämpfen, welche schon im Jahr
1852 in einem Artikel der "Ostdeutschen Post" ihn heftig angegriffen haben.
Zufällig sei ihm ein Brief in die Hand gekommen, der am sichersten dies
bezeugen könne. <Anmerkung:
Der Stenograph brachte nachträglich in
Erfahrung, daß 2 Artikel in der Ostdeutschen Post gegen Herrn Ruben erschienen sind; der eine gleich
nach8 der Berufung des Herrn
Ruben im Jahre 1850, welcher
von Herrn Aigner
geschrieben, und von dessen Erscheinen die Herrn Kuppelwieser, Eitelberger und Dr. Heider Kenntnis hatten; der zweite
erschien im Jahre 1852 ohne Wissen und Mitwirken des Herrn Aigner. Nach Erscheinen des
letztern Artikels wollte Herr Aigner dem Herrn Ruben seine Dienste widmen.>9
(Er überreicht nun ein Schreiben des Angeklagten vom Jahr 1852 mit dem
angedeuteten Inhalte; dieses Schreiben wird vorgelesen und von dem
Angeklagten als richtig anerkannt)
Hierauf begann die Zeugenvernehmung,
und zwar zuerst mit dem Herrn Moriz König, Secretär des österreichischen
Kunstvereines.
Zeuge König
Ich habe mehrmals mit dem Herrn Angeklagten in den Jahren 1854
und 55 über die Begebenheiten im hiesigen Kunstleben Rücksprache
gehalten.
Was die Angelegenheit mit dem Kupferstecher Zittek betrifft, vermag ich darüber soviel
anzugeben, was ich aus dem Munde des Herrn Zittek selbst vernommen habe. Nachdem nämlich der
Kunstverein mit Zittek wegen
Lieferung von 1.000 Stück Abdrücke seines Stiches: die erste Communion, nach
Führich, abgeschlossen hatte,
ließ diesen Herr Ruben zu sich
rufen, und wollte mit ihm wegen 3.000 Abdrücken für den Prager Kunstverein abschließen,
wogegen er seine Verbindung mit dem hiesigen Kunstverein lösen müsse.
Zittek sei wirklich in den
Kunstverein
gekommen, und verlangte daselbst, daß man ihn seines Wortes entbinde, da die
von Herrn Director Ruben ihm
gestellten Propositionen für ihn vortheilhafter seien. Der Kunstverein
konnte jedoch darauf nicht eingehen. Dies veranlaßte den Herrn Ruben, wahrscheinlich um sich wegen
seines zurückgewiesenen Antrages an Herrn Zittek zu rächen, daß er von demselben den von der Akademie ihm während
seiner Arbeit geleisteten Vorschuß in dem Betrage von ca. 8–900 fl auf
einmal zurückverlangte, welcher Vorgang sonst nicht gebräuchlich ist, da
dieser Vorschuß gewöhnlich nach und nach in Raten zurückgezahlt werden kann.
Herr Prof. Stöber erschien
auch wirklich in dem Kunstverein und wollte hier auf den dem Zittek nachkommenden Betrag, da er bereits
mehrere Vorschüße erhalten hatte, Beschlag legen, worauf jedoch dem Herrn
Prof. Stöber die Bemerkung
gemacht wurde, daß der Kunstverein einen solchen Verboth im Privatwege nicht
berücksichtigen könne. Übrigens kenne man den Herrn Zittek für einen so ehrenhaften Charakter,
daß er sicher bei dem ersten diesfälligen Verlangen seine Schuld an die
Akademie
abtragen werde. Zittek that dies
auch wirklich, und konnte dadurch nicht einmal den Drucker für Papier und
Druck bezahlen, welcher damit zuwarten mußte, bis er seine Kupferplatte an
eine Kunsthandlung nach Deutschland verkaufte.
Zeuge
bemerkt ferner, daß er dem Angeklagten die Mittheilung gemacht habe, daß die
Auflösung des Kunstvereines bei der hohen Behörde durch die Akademie der bildenden
Künste beantragt worden sei. Überhaupt habe die Akademie der Künste gegen
den Verein eine feindliche Stellung angenommen. Die Akademie habe sich nicht
angeschlossen der Kunstausstellung nach Paris, im
vorigen Jahre haben sämtliche Professoren der Akademie ihren Austritt
aus dem Kunstverein
angezeigt, und ebenso wurden die Eintrittskarten, welche von dem Verein der Akademie geschickt
wurden, zurückbehalten und nicht vertheilt. Alles dieses sprach für die
feindselige Richtung der Akademie gegen den Verein.
(Die Notiz
hinsichtlich der Auflösung des Kunstvereins erschien zuerst in einem
Frankfurter Journale, von da überging sie in die Bohemia und in die
Augsburger Allgemeine Zeitung. Der Zeuge bemerkt schließlich, daß er allhier
angegebene Thatsachen wohl nicht aus eigener Überzeugung kenne, aber daß er
sie nach den Aussagen höchst achtbarer Leute für wahr annehmen müsse.
Dr. Berger
<(Anwalt des Angeklagten)>10
Ist im August
vorigen Jahres in den artistischen Kreisen nicht die Meinung festgestanden,
daß die Existenz des Vereines bedroht sei?
Zeuge König
Ja.
Dr. Berger
Und was hat man sich als Zweck der Auflösung
des Vereines gedacht?
Zeuge König
Man hat sich nicht nur gedacht, sondern mit voller Bestimmtheit angegeben, daß damit die
Creirung eines neuen Vereines durch die Akademie der Künste
bezweckt werde, oder daß die Akademie die Leitung des Vereines in die Hand
bekomme.
Dr. Berger
Ist man zur Erreichung dieses Zweckes mit
Offenheit zu Werke gegangen, und hat man dabei eine bestimmte Persönlichkeit
genannt?
Zeuge König
Man muß allerdings sagen, daß man durchaus nicht
mit Offenheit dabei zu Werke gegangen, und man hat allerdings eine
Persönlichkeit genannt, nämlich den Herrn Director Ruben, welchen man als den Gegner des
Vereines
hinstellte.
Ich glaube nicht, daß irgend ein Künstler, den man fragen
wird, sich so unwissend stellen und so wenig um die Interessen der Kunst
kümmern wird, daß er nicht die Wahrheit dieser Angabe bestättigen muß.
Dr. Mayer
Ich bitte mir diejenigen Personen zu
bezeichnen, von welchen der Herr Zeuge vernommen haben will, daß die
Academie die
Schließung des Kunstvereines bei der hohen Behörde beantragte.
Zeuge König
Erlauben Sie, ich glaube nicht, daß ich diese
Personen näher bezeichnen muß.
Dr. Mayer
Der Herr Angeklagte gab früher an, daß
der Herr Graf Waldstein und der Notar Dr.
August Bach, Bruder Seiner Excellenz des Herrn Ministers des Innern, es Ihnen gesagt
haben soll. Ist das so richtig?
Zeuge König
Da
der Herr Angeklagte selbst
Persönlichkeiten genannt hat, die ich aus Discretion verschweigen wollte, so
kann ich allerdings nur diese Namen wiederhohlen, nämlich der Herr Graf Waldstein und der Herr
Dr. Bach haben bestimmt erklärt,
daß sie sich selbst davon überzeugt haben, daß die Auflösung durch die
Akademie
beantragt wurde.
Dr. Mayer
Kann der Herr Zeuge mir nicht sagen, ob
er Kenntnis davon hat, wer den darauf bezüglichen Artikel in der "Presse"
verfaßt habe.
Zeuge König
frägt den Vorsitzenden, ob er diese Frage
beantworten müsse. Nachdem der Vorsitzende darauf erklärt, daß sobald er
gegen eine Fragestellung keine Einwendung mache, der Zeuge allerdings zu
antworten habe, bekennt sich der Zeuge als der Verfasser dieses
Artikels.
(Hierauf kam nun die Frage der Beeidigung dieses Zeugen zur
Sprache: die Staatsbehörde sowohl als der Vertreter des Klägers halten die
Aussage des Zeugen für nicht wesentlich, da dieser aus seiner eigenen
Wahrnehmung keine Thatsachen anzugeben im Stande gewesen sei. Dagegen
spricht der Vertheidiger des Angeklagten für die Beeidigung. Der Gerichtshof
zieht sich zurück und verkündet nach seinem Erscheinen, daß die Beeidigung
des Zeugen beschlossen sei, welche auch vorgenommen wird. Zeuge König entfernt sich darauf)
Dr. Berger
stellt darauf den Antrag, es möge dem hohen
Gerichtshofe belieben, die Herren Graf Waldstein und Dr. August Bach, welche beide hier in
Wien anwesend sind, zur Vernehmung vorzuladen,
oder falls diese heute nicht vorgeladen werden könnten, die Verhandlung zu
vertagen, da es ihm höchst wichtig erscheine, daß die Zeugen über jene
Thatsachen, welche sie aus unmittelbarer Vernehmung erfahren haben, und die
der Zeuge König aus der Mittheilung
derselben kennen gelernt habe, gehört würden.
Staatsanwalt
Er beabsichtige nicht im entferntesten
die Vertheidigung in irgend einer Beziehung zu beschränken, und würde daher
auch keinen Anstand nehmen, diesem Antrage beizustimmen, allein er glaube,
daß die Aussage dieser Herrn für den Gang des Processes von keiner
Erheblichkeit seien, denn seines Wissens handle es sich um ein Gutachten,
welches ihm Herrn Director Ruben
abgesondert und von diesem abgegeben wurde.
Welches Gutachten auch immer
Herr Ruben in dieser Richtung
gegeben haben möge, erscheint für den gegenwärtigen Process von keinem
Belange, und keineswegs geeignet, um den ihm gemachten Vorwurf zu
rechtfertigen. Deshalb sei er der Ansicht, daß diese Zeugen nicht vorzuladen
seien.
Dr. Mayer
Auch er hält die Vernehmung dieser Herren
Zeugen für ganz überflüssig, und zwar umso mehr als aus den Aussagen der
vorgeladenen Zeugen, welcher er selbst mitbrachte, nämlich der Herren
Professoren, die in der Akademie angestellt sind, und die allerdings aus eigener
Wissenschaft urtheilen können, hervorgehen werde, daß ein solches Gutachten,
betreffend die Auflösung des Kunstvereines von der Akademie gar nicht
abgegeben wurde. Nur dann, wenn die Aussagen dieser Zeugen nicht als
genügend betrachtet werden sollten, könnte man sich für die Vorladung der
genannten Herren entscheiden.
Dr. Berger
erwidert dagegen, daß es sich ja darum gar
nicht handle, ob ein solches Gutachten bestehe, oder nicht, dies sei im
Interesse der Vertheidigung ganz gleichgiltig, aber es läßt sich in dem
jetzigen Augenblicke gar nicht angeben, was Alles die genannten Herren
auszusagen im Stande wären. Es liegt nur vor, daß sie mehr wissen, als der
hier vernommene Zeuge. Und gerade die von dem Vertreter des Privatklägers
ausgesprochene Ansicht, daß vor Allem seine Zeugen mögen vernommen werden,
um über die Existenz dieses Gutachtens auszusagen, gerade deshalb fühle er
sich bestimmt, auf die Vorladung der von ihm nahmhaft gemachten Zeugen zu
bestehen, um nämlich durch diese die Aussagen der anderen Zeugen zu
paralysiren.
Staatsanwalt
Er fühle sich auch aus formellen Gründen
nach den Bestimmungen der St.G.O. veranlaßt, gegen die Vorladung dieser
Zeugen sich auszusprechen, weil nämlich von dem Herrn Vertheidiger keine
bestimmten Thatsachen angegeben wurden, worüber diese eigentlich zu
vernehmen seien.
Dr. Berger
Der hohe Gerichtshof wird wohl in Erinnerung
behalten haben, daß auf seine gestellte Anfrage, ob man das Benehmen der
Akademie
gegenüber dem Vereine
als ein offenes hält, diese Frage verneint wurde, daß ferner darauf eine
bestimmte Persönlichkeit, nämlich der Herr Ruben als solcher bezeichnet wurde, von welchem diese
Angriffe gegen den Verein ausgingen. Dies sind allerdings Thatsachen, welche,
wenn sie der Herr König selbst aus
eigener Überzeugung gewußt hätte, für den Verlauf des Processes wichtig
erscheinen müßten. Darüber mögen die vorzuladenden Herren Zeugen vernommen
werden.
(Der Gerichtshof zieht sich zur Berathung zurück, und bei seinem
Wiedererscheinen erklärt der Herr Vorsitzende, daß der Gerichtshof wegen
Unerheblichkeit der Aussagen auf die beantragte Vorladung der genannten
Zeugen nicht eingehe)
Hierauf wird als Zeuge vorgerufen der Referent in
Kunstangelegenheiten im Ministerium des Cultus und
des Unterrichtes.
Herr Graf Franz
Thun
Dieser äußert, daß der Angeklagte ihm persönlich
dadurch bekannt worden sei, daß er kurz darauf, nachdem in der "Ostdeutschen
Post" ein sehr gehässiger Artikel gegen Herrn Ruben erschienen sei, zu ihm kam, um
sich diesfalls bei ihm zu entschuldigen. Herr Aigner hat dabei geäußert, daß
es ihm leid thäte, gegen einen Mann aufgetreten zu sein, der in seiner (des
Herrn Zeugen) Gunst
stehe, worauf der Herr Zeuge ihm geantwortet habe, daß er es sehr unpassend finde,
über einen Menschen, den man nicht kennt, solche gehässigen Angriffe zu
publiciren.
Herr Zeuge erinnert sich ferner, daß der Angeklagte durch Herrn Dr.
Heider ihm aufgeführt worden
sei. Seitdem sei der Angeklagte häufig zu ihm gekommen, und habe alle Augenblicke
Klagen gegen den Kunstverein, und besonders gegen den Herrn König vorgebracht. Er habe ihn auch
aufmerksam gemacht, daß man die Presse, die öffentliche Meinung nicht
vernachlässigen dürfe, und daß die Akademie in derselben
vertreten sein müsse, wozu er seine Dienste anboth. Herr Zeuge habe darauf erwidert
er werde nie etwas thun, um in der Presse Vertheidiger zu finden. Auch habe
der Herr Aigner ihm sehr
viel Lobendes über den Herrn Ruben gesagt, und mehrmals um eine Anstellung und um die
Zuweisung eines Atelier in der Akademie gebeten. Dies wäre wenige Monate noch vor dem
erfolgten Angriff geschehen.
Angeklagter
Was den Artikel in der
"Ostdeutschen Post" betrifft, so sei dieser allerdings von ihm im Vereine
mit einigen Gleichdenkenden zu Stande gekommen und bei ihm im Zimmer
durchgelesen worden.<Anmerkung: Der hier erwähnte
Artikel betrifft jenen vom Jahre 1850.>11An demselben Tage hatte Herr Dr. Heider einen Auftritt mit dem Herrn
Grafen Thun. Prof.
Eitelberger sei hierauf zu
ihm gekommen, und habe ihm gesagt, er möge den Artikel nicht bringen, weil
sonst der Herr Graf
Thun glauben möchte, es geschehe dieses aus Veranlassung
seiner Auftrittes mit Herrn Dr. Heider. Er habe sich auch aus dieser Ursache sogleich in die
Druckerei der "Ostdeutschen Post" begeben, um wo möglich den Artikel noch
zurück zu nehmen, doch derselbe sei schon gesetzt gewesen, und so wäre er
des andern Tages demnach erschienen.
(Die nun vorgebrachten Angaben des
Angeklagten waren so unbestimmt und undeutlich, daß es dem Stenographen nur
möglich war, die folgenden kurzen Andeutungen festzuhalten:
Er
behauptet, allerdings in der Akademie ein Atelier gehabt zu haben, in welchem ihn auch der
Herr Graf Thun
freundlich besucht hatte. Er gibt zu, allerdings bei dem Herrn Grafen Thun gewesen
zu sein, um sich wegen des erschienenen Artikels gegen Herrn Ruben zu entschuldigen, jedoch in
keiner anderen Weise, wie dies bei solchen Gelegenheiten zu geschehen
pflegt, in allgemeinen Ausdrücken, höflichkeitshalber. Der Herr Graf habe verlangt, er
möge eine "Erwiderung" des fraglichen Artikels erscheinen lassen, welche
Erwiderung der Angeklagte
wohl geschrieben, die aber dem Herrn Grafen Thun nicht zusagte. Der
Angeklagte erwähnt ferner eines Vorfalles, der ihm widerfahren sei, nachdem
er einen Abend in den Salons des Herrn Grafen zugebracht hatte. Er habe daselbst seine
Handschuhe vergessen, und diese wurden ihm sodann in einem Briefe
zugeschickt. Er habe dies als einen Fingerzeig betrachtet, daß man ihn
daselbst nicht mehr zu sehen wünsche, und er habe, um nicht den Vorwurf der
Zudringlichkeit auf sich zu ziehen, auch vermieden fernerhin sich daselbst
einzufinden. Er erwähnt ferner einer zweiten "Comedie" die ihm von dem
Herrn Grafen in
der Hofburg mitgetheilt worden, wo auch der Herr Director Ruben zugegen gewesen sei.
Herr Zeuge Graf
Thun
Er wisse nichts von einem heftigen
Auftritte zwischen ihm und Herrn Dr. Heider. Er glaube auch nicht, daß der Angeklagte ein Atelier
in der Akademie
gehabt habe, obwohl es möglich sei, daß er dort in einem Zimmer für sich
gearbeitet habe, auch wisse er gewiß, daß er keine Erwiderung hinsichtlich
des fraglichen Artikels verlangt hat, ebensowenig wie von einer sogenannten
"Comedie", welche dem Herrn Angeklagten mitgespielt worden sei. Übrigens wenn der Herr
Angeklagte sein
Benehmen ein zudringliches benennen wolle, habe er Nichts dagegen
einzuwenden.
Herr Ruben
Ich bitte Herrn Zeugen, sich darüber zu
äußern, ob die Akademie bei der Gelegenheit, als sie den Auftrag bekam, die
Statuten des Kunstvereines zu begutachten, angetragen hat, den Verein
aufzulösen, oder ob sich die Akademie darauf beschränkte, in einzelnen
Paragraphen eine Verbesserung anzurathen.
Herr Zeuge Graf
Thun
Das hat allerdings seine Richtigkeit, daß
bloß eine Beschränkung einzelner Paragraphen beantragt wurde. Übrigens war
ich damals krank, und habe bei dieser Angelegenheit nicht selbst mitarbeiten
können.
Herr Director Ruben
Da man mich als Protectionskind hingestellt
hat, so ersuche ich den Herrn Grafen zu sagen, wie ich hergekommen bin.
Herr Zeuge Graf
Thun
Ich bin selbst gegen meinen Willen hier her
berufen worden, und weigerte mich anfangs, weil ich keine Hoffnung auf die
Verbesserung der hiesigen Zustände gehegt habe. Als ich nach
Wien kam, habe ich gesehen, "daß es einen Mann
noth thut, der mit aller Energie zu wirken im Stande ist". Durch mehr als 10
Jahre habe ich während meiner Anwesenheit in Prag den
Herrn Ruben als einen Mann von
der größten Offenheit und Aufopferungsfähigkeit für die Interessen der Kunst
kennen gelernt, und gefunden, daß es keinen würdigeren Mann für die
Verbesserung der hiesigen Kunstzustände geben könne, als Herr Director
Ruben. Ich machte ihm deshalb
den Vorschlag, hieher zu gehen; Herr Ruben weigerte sich jedoch. Ich durchreiste
Deutschland um vielleicht Jemanden zu finden, den ich
für diese Stelle als geeignet nach Wien berufen
könnte, allein man hat mich überall auf den Herrn Director Ruben als den Würdigsten für diesen
Posten aufmerksam gemacht, und so drang ich in Herrn Ruben nochmals im Interesse der Kunst,
daß er hier her gehen müsse, wobei ich ihm seine eigenen Worte zurückrief,
welche er damals zu mir äußerte, als ich mich weigerte, nach
Wien zu gehen.
Herr Director Ruben konnte sich deßungeachtet noch
immer nicht entschließen, dem Rufe nach Wien zu
folgen. Er richtete deshalb eine Eingabe an das Ministerium,
worin er ersuchte, ihn von dieser Mission zu entheben, ja sogar als bereits
seine Berufung nach Wien von dem Ministerium
beschlossen, und Seiner Majestät zur
Allerhöchsten Genehmigung vorlag, bat er zu wiederholten Malen, ihn davon zu
befreien. Ich muß endlich sagen, daß ich seine Berufung nach
Wien zur Bedingung meines Bleibens hier gemacht
habe. Auf diese Weise kam Herr Director Ruben nach Wien. Ich muß übrigens
auch erklären, daß Herr Director Ruben in Prag eine Stellung
aufgegeben hat, welche für ihn sowohl in socialer als in materieller
Beziehung viel angenehmer war, als seine hiesige und daß er somit der Kunst
sehr viele Opfer brachte.
(Es kam nun die Frage hinsichtlich der
Beeidigung dieses Herrn Zeugen zur Sprache)
Die Staatsbehörde und der
Vertreter des Privatklägers sprachen sich dafür aus.
Dr. Berger
Ich glaube, daß die Aussage des Herrn
Grafen in der
Hauptsache so unwesentlich ist, daß ich seine Beeidigung für gänzlich
überflüssig erachte. Die gedruckte Stelle ist der eigentliche objective
Thatbestand, und bezüglich dieser scheint die Aussage des Herrn Grafen ganz
irrelevant. Auch streitet gegen die Beeidigung des Herrn Zeugen die Bestimmung der
Strafprocessordnung, nachdem dieser als ein ganz neuer Zeuge angesehen
werden muß, und ich dehne sofort diese meine Äußerung noch auf die übrigen
Herrn Zeugen aus.
Der hohe Gerichtshof zieht sich zur Berathung zurück,
und verkündet bei seinem Wiedererscheinen, daß der Herr Zeuge zu beeiden sei,
welche Beeidigung auch erfolgt. Der Herr Graf zieht sich hierauf auf
die Zeugenbank zurück.)
Er verfolgt nun die Vorrufung des Herrn
Zeugen:
Professor Kuppelwieser
Ich weiß nur, äußert der Herr
Zeuge, von der höchsten Entrüstung, welche sich kundgegeben hat, durch die
Ehrenbeleidigung des Herrn Directors Ruben in den Artikeln der "Donau". Die Professoren haben
auch diesfalls eine öffentliche Erklärung abgegeben. Der Herr Zeuge äußert ferner sich eines
Artikels zu erinnern, den der Herr Aigner in früheren Jahren geschrieben, in sein Atelier im
Bürstenabzug gebracht und zur Beurtheilung ihm vorgelegt <den zu lesen er
sich aber geweigert habe>12 habe.
Herr Director Ruben
Ich ersuche den Herr Professor sich darüber zu
äußern, was mit den Karten geschehen sei, welche der Kunstverein der Akademie geschickt hat,
ob ich sie den Herren Professoren übergeben habe, was damit gemacht wurde
und warum sie an die Schüler nicht abgegeben wurden?
Herr Professor Kuppelwieser
Diese Karten kamen an mich, ich
vertheilte sie anfangs an die Schüler, jedoch haben sie mehrere Schüler gar
nicht angenommen, und gesagt, sie gehen nicht hinein, und so sind diese
Karten bei mir liegen geblieben
Herr Director Ruben
Der Herr Aigner hat so großes Gewicht
darauf gelegt, daß ich die Herrn Professoren abgehalten habe, Mitglieder des
Kunstvereins zu
bleiben. Ich bitte den Herrn Zeugen, sich darüber zu äußern, ob ich Sie
veranlaßt habe, den Verein zu meiden.
Herr Professor Kuppelwieser
Nicht im entferntesten. Die
Tendenzen, welche die Akademie und der Kunstverein verfolgen, sie gehen weit voneinander, sie gehen
aus den Leistungen dieser beiden Institute hervor. Es ist in beiden eine
ganz andere Richtung der Kunst, daß die Professoren den Kunstverein meideten, dazu
gab die Veranlassung die häufige Herabwürdigung, welche der Vorstand der
Professoren in Zeitungsartikeln erfahren mußte. Das hat eine solche
Mißstimmung zur Folge gehabt, daß wir endlich nicht mehr hingingen.
Dr. Mayer
Der Herr Zeuge hat gesprochen von den
Angriffen gegen die Akademie in den öffentlichen Blättern. Sind von Seite der
Akademie auch
Versuche gemacht worden, den Kunstverein anzugreifen?
Herr Professor Kuppelwieser
O nein, die Professoren haben sich das Wort gegeben, daß sie diese
Angriffe als ungerecht zurückweisen, das war das einzige, was wir darüber
veröffentlicht haben, und wir haben es unter unserer Würde gehalten, im Wege
der Polemik weiters etwas zu erwiedern, oder gegen den Kunstverein Angriffe
zuweisen.
Der Angeklagte
Der Kunstverein hat ebenso
wenig die Akademie
selbstständig angegriffen, wie diese den Verein, sondern die
Journalisten selbst haben sich gegenseitig für eine der beiden Parteien
entschieden, und für und gegen dieselben geschrieben. So erschienen Artikel
für die Akademie und
gegen den Kunstverein
in der "österreichischen Zeitung" und in den "Literaturblättern der Wiener
Zeitung". Die Akademie als solche habe wohl selbst nichts
veröffentlicht.
Dr. Mayer
Ich bitte den Herrn Zeugen sich darüber zu äußern, ob
diese Artikel in der "Österreichischen" und "Wiener Zeitung" auf Anstiften
des Herrn Directors oder einer
der Herrn Professoren entstanden seien?
Herr Professor Kuppelwieser
Durchaus nicht.
Der Angeklagte
Es ist durchaus kein Geheimnis, daß
Professor Eitelberger und
Ministerial-Secretär Dr. Haider
Mitredakteure der Wiener Zeitung waren, und daß gerade die Kunstberichte von
ihnen in diesem Blatte erschienen sind.
(Der Herr Zeuge wird hierauf
beeidet und begibt sich sodann auf die Zeugenbank)
Hierauf wird als
Zeuge aufgerufen
Herr Professor Stöber
Dieser äußert, von dem Angriffe gehört
zu haben, der in einem Journale gegen Herrn Director Ruben gerichtet war, er selbst habe ihn
nicht gelesen, da er überhaupt nie eine Zeitung lese. Auf ihn mache es stets
einen höchst peinlichen Eindruck, wenn Persönlichkeiten vor die
Öffentlichkeit gebracht werden. Er wisse sich zu erinnern, daß die ganze
Akademie in corpore darüber empört war, und deshalb eine diesfällige
Erklärung in die Zeitung einrückte. Er könne sich hinsichtlich des Herrn
Directors Ruben, der seine
Stellung so treulich ausfülle, nur höchst lobenswerth und mit voller Achtung
äußern.
Herr Director Ruben
Der Herr Professor war bei allen Gelegenheiten zugegen, wo mit dem
Kupferstecher Zittek Verhandlung
gepflogen wurde. Ich ersuche den Herrn Professor, sich darüber zu äußern, ob ich irgend etwas
gethan habe, um dem Verein das Blatt zu entziehen, und dem Prager Verein zuzuwenden, und ob ich
mir hinsichtlich der Rückvergütung des Vorschusses irgend einen Übergriff
erlaubt habe.
Herr Professor Stöber
Zittek hat sich sehr darum beworben, sein Blatt bei dem
Prager Kunstverein
anzubringen und diesfalls mit dem Herrn Director Ruben Rücksprache gehalten. Herr
Director Ruben hat Zittek auf das Ernstlichste befragt, ob er
keine Verbindlichkeit mit dem österreichischen Kunstvereine eingegangen habe, was dieser
auch verneinte. Nachträglich hat jedoch Herr Director
Ruben vernommen, daß
Zittek bereits mit dem
Kunstverein wegen Überlassung von 1.000 Stück Abdrücken zum Behufe des
Vereinsblattes abgeschlossen hatte, und er konnte sonach denselben Stich
für den Prager Kunstverein
nicht mehr gebrauchen. Herr Director Ruben hat dem Zittek eine derbe Lection gegeben, und ihn
zur Rede gestellt, warum er nicht gleich die Wahrheit gesagt habe.13Hierauf hat der Herr Director Ruben ihn verhalten, daß er seine
Verbindlichkeit gegen die Akademie erfülle. Ich glaube er hatte ca. 900 fl
an die Akademie
zurückzuzahlen. Was nun die Art der Eintreibung betrifft so war das
eigentlich meine Sache, und in meiner Instruction steht, daß ich darauf zu
sehen habe, daß diese Vorschüsse zurückgezahlt werden, sobald das Werk
vollendet ist, an welchem der Schüler gearbeitet hat.
Herr Director Ruben
Ich ersuche den Herrn Zeugen sich zu äußern, ob bei der
Berathung der Statuten des österreichischen Kunstvereines im Professoren-Collegium der
Antrag gestellt wurde, auf die Aufhebung des Vereines, oder bloß auf
die Abänderung einzelner § der Statuten.
Herr Professor Stöber
Im Collegium sind die Statuten des
Kunstvereines
beurtheilt worden.
Trotz mehrmaliger Fragen kann der Herr Zeuge zu einer bestimmten
Beantwortung der vorigen Frage nicht gebracht werden, und aus seinen
theilweisen, unterbrochenen und unvollständigen Antworten ist so viel zu
entnehmen, daß im Professoren-Collegium über die Frage der Zweckmäßigkeit
der Existenz von Kunstvereinen überhaupt für die Interessen der Kunst
gesprochen wurde.
(Der Herr Zeuge wird beeidet und begibt sich auf die
Zeugenbank)
Hierauf wird als Zeuge vorgerufen.
Herr Professor von Siccardsburg
Er äußert ebenfalls von dem verletzenden
Artikel gehört zu haben, der in irgend einer Zeitung gegen Herrn Director
Ruben erschienen sei, welcher
ihn nicht weniger als seine Collegen empört hat. Bei den ungünstigen
Verhältnissen, in denen sich die Kunst in Österreich befindet, können solche Zerwürfnisse die Sache nur
noch schlimmer gestalten. Herr Director Ruben kenne er wohl als einen strengen Mann, soweit es
nämlich seine Pflicht erfordert, aber alle Professoren der Akademie müßten ihm ihren
Dank zollen für sein freundliches Entgegenkommen in jeder Beziehung, wie
auch, daß er sich von jeder Einwirkung auf sie, welcher Natur auch immer
diese sei, enthalte.
Von dem Vertheidiger des Angeklagten befragt,
äußert der Zeuge,
daß er nicht glaube, daß dieser Angriff aus Persönlichkeit geschehen sein
mag. Von Herrn Director Ruben
befragt, bestätigt der Zeuge, daß bei Gelegenheit der Begutachtung der
Statuten des österreichischen
Kunstvereins die Auflösung desselben nicht beantragt
wurde.
(Der Zeuge wird beeidet und begibt sich auf die Zeugenbank.)
Hierauf wird vorgerufen.
Herr Zeuge Zulzer
Dieser erklärt, Kanzlei-Vorstand der
Akademie der bildenden
Künste zu sein. Er könne auf Ehr und Treue geloben, daß Alles
was in dem Artikel vorkomme, dem Herrn Director Ruben mit Unrecht zur Last gelegt
wurde, denn er habe nie gegen den Kunstverein agitirt. Er
habe in Herrn Ruben einen Mann
kennengelernt, der stets von Umtrieben aller Art sich entfernt halte, Herr
Director Ruben genieße die
Achtung und Liebe Aller, welche in der Akademie zu thun haben.
Er ist ein Mann voll Eifer, und ist edel in seinen Grundsätzen, er habe das
volle Vertrauen verdient, welches von den vorgesetzten Behörden in ihn
gesetzt wurde.
Angeklagter
Ich ersuche den Herrn Zeugen sich zu erklären, wann und
weshalb er aus dem Kunstverein ausgetreten sei?
Herr Zulzer
Ich habe keine schriftliche Erklärung meines
Austrittes abgegeben, und bin einfach weggeblieben, weil mir die damaligen
Richtungen und Gespräche nicht gefielen, die ich auch in meiner amtlichen
Stellung nicht mit anhören konnte.
Herr Director Ruben
Ich ersuche den Herrn Zeugen, sich darüber zu äußern, ob ich
ihm gerathen habe, aus den Ausschußsitzungen wegzubleiben.
Herr Zulzer
Nie
Herr Director Ruben
Ob der Herr Zeuge nicht selbst mir gegenüber die Äußerung gemacht hat,
er könne unter den jetzigen Verhältnissen im Ausschuße nicht zugegen sein,
und ob ich ihm nicht zugeredet habe, daselbst zu bleiben.
Herr Zulzer
Ich habe von dem Herrn Director nie eine Aufforderung erhalten, aus dem
Kunstverein zu
treten. Im Gegentheil sagte er mir öfters, ich solle daselbst bleiben, ich
bin auch nicht aus dem Kunstverein ausgetreten und es ist sehr sonderbar, daß von
Herrn Aigner darauf
ein Gewicht gelegt wird, denn ich kenne Mitglieder, die jahrelang aus dem
Comité weggeblieben sind, die solange ich dabei war, nie in die
Comitésitzungen gekommen sind, ohne daß man von ihrem Austritte gesprochen
hat.
Herr Director Ruben
Ich ersuche den Herrn Zeugen sich darüber zu äußern, ob von
der Akademie der
Antrag auf die Aufhebung des Vereins gestellt wurde.
Herr Zulzer
Von der Aufhebung des Kunstvereines ist nie mit
einer Silbe die Rede gewesen.
Dr. Mayer
Sind
dem Herrn Zeugen die pecuniären
Verhältnisse mit Herrn Zittek
bekannt?
Herr Zulzer
So viel mir
bekannt ist, hatte Zittek vorzüglich
nach dem Absatze seiner Platte gestrebt; der Kunstverein ist aber nur
darauf eingegangen, ihm 1.000 Exemplare abzunehmen. In der Zwischenzeit hat
Herr Director Ruben von
Prag die Aufforderung erhalten, die Platte zu
acquirieren. Der junge Mann hat dem Herrn Ruben gesagt, daß er nicht gebunden sei, daß er frei über
seine Platte verfügen könne, was er allerdings auch sagen konnte; da er mit
dem Kunstverein nur
wegen 1.000 Abdrücke abgeschloßen hatte. Allerdings hätte er dieses nicht
verschweigen sollen, und nachdem der Herr
Director dies in Erfahrung brachte, so mußte sich die
Verhandlung mit ihm zerschlagen. Ich weiß mich auch noch zu erinnern, daß
ich von dem Herrn Kupferstecher Zittek ersucht wurde, da er bei dem Verein nicht zur Zahlung
gelangen konnte, deshalb im Vereine anzufragen. Ich habe mit dem Herrn Vorstande darüber
gesprochen, und von dem Secretär die
Antwort erhalten, die Akademie wird schon zu ihrem Gelde kommen, was allerdings
eine sehr ungeschickte Antwort war, da ich mich nur aus Freundschaft für den
Kupferstecher für ihn
verwendete. Auch ist der Kupferstecher bei der Zurückzahlung durchaus nicht mit Härte
behandelt worden. Die Stipendisten erhalten nämlich während ihrer Arbeit
monatlich 40–50 fl zu ihrer Subsistenz, und haben dann die Verpflichtung,
sobald sie dasjenige, was sie arbeiten, vollendet haben, den erhaltenen
Betrag zurückzuzahlen.
Angeklagter
Ja; aber in der Regel nimmt man nicht
auf einmal den Vorschuß zurück, wie es bei Zittek der Fall war.
(Der Zeuge wird beeidet und begibt sich auf
die Zeugenbank)
Hierauf wird als Zeuge vorgerufen:
Herr Professor Waldmüller
Ich habe, sagt er, gehört was das
alltägliche Geschwätz, nämlich das Journal-Geschwätz vorbringt: Die Akademie sei beflissen,
den Kunstverein zu
stürzen, um den alten Verein zu stützen, um Einfluß auszuüben in
Kunstsachen, die eigentlich keine Kunst sind; denn wir haben keine Kunst in
Wien.
Gelesen habe ich aber gar Nichts. (Der
incriminirte Artikel wird ihm vorgelesen)
Das ist mir nicht bekannt,
denn ich lese kein Journal, ich weiß nur, was gesprochen wurde. Ich weiß
nicht, ob Herr Ruben ein Künstler
ist oder nicht. Ich bemerke bloß, daß in Wien stark
die Rede ist, daß er außer dem Columbus Nichts geleistet hat. Er kann wohl
sagen, "das geht Niemand was an, aber ich glaube selbst, daß eine solche
Stellung, wie die eines Directors der Akademie, erfordert, daß
er Beweise seiner künstlerischen Befähigung ablege, denn man verlangt nicht
bloß, daß er Director sei, sondern daß er auch ein vorzüglicher Künstler
sei. Ich habe Nichts von ihm gesehen. Ja doch! Ich habe ein einziges Mal ein
kleines unbedeutendes Bildchen gesehen, und da habe ich mich noch gewundert,
daß Herr Ruben dieses kleine
unbedeutende Bildchen ausgestellt hat, welches ihm als Künstler eher Schaden
als Nutzen brachte. Diese künstlerische Leistung war eine sehr schwache, ja
sozusagen, für seine Stellung beleidigend. Wenn man nach dieser Leistung
urtheilen wollte, so wäre er zu gar Nichts fähig gewesen. Ich halte es aber
nur für eine Intrigue, die ihm von dem Besitzer des Bildchen, dem Herrn
Arthaber, da mitgespielt
wurde. Der Herr Zeuge
äußert ferner auf Befragen des Vorsitzenden gar Nichts angeben zu können,
was er aus eigener Wahrnehmung als Thatsache bestätigen könnte, die von
Herrn Ruben ausgegangen seien, um
jenen in dem incriminirten Artikel vorgekommenen Angriff zu rechtfertigen.
Ich kann, sagt er, mich nur über das Protectionswesen im Allgemeinen
aussprechen, das hier in Wien in Beziehung der Kunst
so gang und gebe ist. Es ist erst neulichst ein solcher Fall vorgekommen,
nämlich bei Ausschmückung eines Theils des Gebäudes im Arsenal, welche
Arbeit dem Herrn Rahl übertragen wurde,
Herr Rahl hat dazu durchaus nicht die
Befähigung, und es wäre wünschenswerth, daß bei solchen Vorängen die
Künstler im Allgemeinen im Wege eines Concurses aufgefordert würden, sich
dabei zu betheiligen. Überhaupt steht es mit unserem Künstlerleben in
Wien sehr schlecht, und es ist ganz gewiß, daß
die Akademie lauter
Bettler ausstelle. Ich habe selbst eine Schule gehabt, und sie aufgegeben,
weil keine Aussicht da war, daß je einer dieser Schüler, wenn er nicht
Protection hat, es zu etwas bringt.
Dr. Mayer
Ist Ihnen bekannt, daß die Zuweisung der
Malerei im Arsenal durch Herrn Ruben, Director der Akademie der bildenden Künste, geschehen
ist?
Herr Professor Waldmüller
Das weiß ich nicht, aber ich muß
einen Umstand erwähnen, welcher mich selbst betrifft. Ich bin Custos der
Lambert-Gallerie, welche in der Akademie aufgestellt ist.
Es geschah eine Umwandlung der Localität, wovon mir als Custos nicht einmal
eine Mittheilung gemacht wurde.
Auf Befragen des Herrn Dr. Berger äußert ferner der Herr
Zeuge: Was den
Artikel des Herrn Aigner
betrifft, so kann ich wohl die darin enthaltenen Thatsachen nicht bezeugen,
aber ich halte das, was darin ausgesprochen wurde, für meine innerste
Überzeugung. Mir erscheint überhaupt die Akademie als nichts
anderes, als eine Art Versorgungs-Anstalt, und ich bin eben daran, meine
Ansicht über die Akademie in einem Artikel der Öffentlichkeit zu
übergeben.
Dr. Berger
Glaubt der Herr Zeuge, daß Herr Ruben durch jenen Aufsatz in seinem
sittlichen Charakter oder bloß als Künstler angegriffen wurde.
Herr Professor Waldmüller
Durchaus nur als Künstler.
Vorsitzender
Was versteht der Herr Zeuge unter dem Ausdrucke:
"auf eine andere Art als durch künstlerische Leistung seine Stellung zu
befestigen suche"?
Herr Professor Waldmüller
Ich verstehe dieses so, daß Herr
Ruben die Gelegenheit hat,
durch seine Protection einzuwirken, besonders durch seine Beliebtheit bei
dem Herrn Unterrichtsminister. Ich glaube, daß dieses so gedeutet werden
kann, daß er als Protector von Jemand erscheint.
Auf Befragen des Herrn
Vorsitzenden erwidert der Herr Zeuge, daß ihm von Seite des Herrn Ruben keine Protectionssachen bekannt
sind.
(Der Zeuge
wird beeidet und entfernt sich sogleich aus dem Gerichtssaale)
Hierauf
wird vorgerufen als Zeuge, der akademische Architekt
Herr Ernst
Dieser äußert, den Angeklagten nur aus der
Kunstausstellung durch seine verschiedenen Leistungen zu kennen. Was den
Angriff gegen Herrn Ruben
anbelange, könne er darüber gar keine Auskunft geben, weil ihm der Herr
Ruben ganz fremd stehe. Er
sei weder in künstlerischen Kreisen noch durch seine Leistungen auf ihn
aufmerksam gemacht worden. Auch sei ihm unbewußt, ob er gegen den Kunstverein gewirkt habe
oder nicht. Er müsse nur der Wahrheit gemäß angeben, daß er von Umtrieben
gegen seine Person allein wisse. Diese Umtriebe haben mich stets sehr
schmerzlich berührt, sagt er, und ich habe die feste Überzeugung, daß es die
Wahrheit sei, ich kann es wohl nicht so beweisen, wie es das Gericht
erfordert, weil die Herrn stets sich so klug gestellt haben, daß man ihnen
solche Handlungen nicht genau nachweisen kann, aber man kann immer durch
einzelne Worte die nach dem Gesetze noch keine Verbrechen sind, allerdings
Übelstände herbeiführen, die den Umtrieben sehr gleich kommen. Wir haben
überhaupt in Wien gar kein Kunstleben, weil überhaupt
wenige Aufträge für Künstler hieher kommen, und es muß ein Institut, dessen
Aufgabe es ist, die Kunst zu schützen, jedem Künstler seinen Ruf zu wahren
trachten, nicht aber diesen zu hindern bemüht sein. Ich will aber darauf
nicht weiter eingehen.
Vorsitzender
Kann der Herr Zeuge angeben, ob die Person des Herrn
Directors Ruben oder andere
Verhältnisse an diesen Übelständen Schuld tragen.
Herr Ernst
Diese meine Äußerung soll sich nicht auf
Herrn Ruben allein beziehen,
sondern auf die Akademiker überhaupt. Inwiefern er thätig, ist mir
unbekannt. Er ist überhaupt Maler und ich bin Architekt. Ein Umstand hat
mich jedoch darauf aufmerksam gemacht, daß Herr Ruben sich für mich mehr zu
interessieren scheint, als ich früher glaubte. Nach der Beendigung des
Giebelbaus nämlich wurde von den Künstlern ein Festessen gegeben. Bei dieser
Gelegenheit hat man den Herrn Bürgermeister, den Gemeinderath und auch mich
eingeladen. Auch zu Herrn Ruben
begab sich eine Deputation, um ihn einzuladen, aber er soll geäußert haben:
"An dem Tische, wo der Ernst sitzt,
werde ich mich nicht hinsetzen". Und er kam auch wirklich nicht. Diesen
einzigen Umstand wollte ich nur hier erwähnen, da er ein so ziemliches Licht
auf das Verhältnis zwischen den hiesigen Künstlern wirft.
(Der Herr
Zeuge wird beeidet und begibt
sich auf die Zeugenbank, von welcher sich der Herr Zeuge Graf Thun schon früher
entfernt hatte.)
(Das Beweisverfahren wurde hierauf als geschlossen
erklärt, und die Staatsbehörde ertheilt das Wort zur Stellung Ihres
Schlußantrages)
Staatsanwalt
Die Staatsbehörde muß vor Allem erklären,
daß sie sich auch jetzt noch bestimmt finde, der Anklage des Herrn Directors
Ruben gegen Herrn Aigner ihre Mitwirkung
zuzuwenden, und diese in ihrem vollen Umfange aufrecht zu erhalten. Denn aus
dem Ergebnisse der Schlußverhandlung stelle sich mit voller Sicherheit
heraus, daß das Vergehen der Ehrenbeleidigung nach § 491 St.G.B. vollkommen
constatirt vorliege. Darüber kann kein Zweifel erhoben sein, besonders wenn
man den Aufsatz mit der Überschrift: "Verlosungs-Ausstellung des
österreichischen Kunstvereins", welcher drei Nummern des Feuilletons des
Journales: "Die Donau" füllt, in seinem vollen Zusammenhang betrachtet. Die
Staatsbehörde legt wenig Gewicht auf jene Deutung, welche der Angeklagte
heute den incriminirten Stellen jenes Artikels geben will, sondern sie muß
ihn eben von der Seite beurtheilen, wie der unbefangene Leser die Sache
auffassen musste. Der Angeklagte spricht von der künstlerischen Schwäche des
Herrn Ruben, daß dieser seinem
Beruf nicht gewachsen wäre, daß er im Bewußtsein dieser Schwäche durch
andere Mittel als durch Kunstleistungen in so einer Stellung sich zu
befestigen gezwungen sah, und welcher Mittel bediente er sich dazu? Als
Antwort darauf wird gegeben: Er bediente sich Umtrieben, um den
österreichischen Kunstverein zu stürzen. Jeder Unbefangene wird in dieser
Darstellung ein Bild egoistischer Bestrebungen der niedersten Arte erkennen
und mit diesem Bilde wurde von dem Herrn Angeklagten ausdrücklich Herr
Ruben gezeichnet. Denn er
sagt ausdrücklich im Eingange des Artikels: "Nachdem jener Mann, welcher die
Leitung der Akademie übernommen hat". Das sind Beschuldigungen, welche
unvereinbar sind mit jenen Attributen, die für die Ehre und den sittlichen
Charakter eines jeden Mannes nöthig sind. Es ist demnach außer Zweifel, daß
die incriminirten Stellen Herrn Ruben geradezu in seiner Ehre, in seinem sittlichen
Charakter von dem Herrn Angeklagten angesprochen wurden. Es entsteht um die Frage,
ob hier der im zweiten Abschnitte des § 491 St.G.B. bezeichnete Fall, der
Straflosigkeit eintritt, nämlich ob der Herr Angeklagte solche Beweise
geführt habe, welche die Wahrhaftigkeit seiner Angaben rechtfertigen. Der
Herr Angeklagte sucht sich
auf Thatsachen zu berufen, die ihn zu dieser Schmähung veranlaßten. Allein
nach der Ansicht der Staatsbehörde hat der Herr Angeklagte keine einzige
Thatsache angegeben, welche von einem entscheidenden Eindrucke auf die von
ihm vorgebrachte Schmähung des Herrn Ruben sein könnte, er hat keine einzige Thatsache angegeben,
deren Wissen er aus eigener Wahrnehmung geschöpft hatte, und eben so wenig
war einer der von ihm vorgeladenen Zeugen im Stande eine solche Thatsache
anzuführen, welche sie aus eigener Wahrnehmung als von Herrn Ruben ausgegangen bezeichnen konnten.
Demnach tritt auch der zweite Abschnitt des § 491 St.G.B., wo von der
Straflosigkeit die Rede ist, hier nicht ein, und es bleibt somit der
Thatbestand des § 491 St.G.B. sowohl in objectiver als subjectiver Beziehung
vollkommen hergestellt.
Aber ich glaube, daß hier ein anderer Umstand in
Betracht zu ziehen ist, da nach meiner Ansicht in dem Punkte der Ehre auch
noch die bevorzugte Stelle desjenigen, der angegriffen wurde, nicht zu
übergehen ist. Herr Ruben ist
Vorstand der k. Akademie der
Künste, er ist als solcher Staatsbeamter, der Herr Angeklagte hat ihn geradezu als
seines Berufes unwürdig dargestellt, und so dürfte nach meiner Ansicht auch
§ 492 hier in Anwendung kommen, daß nämlich ein Organ der Regierung
verunglimpft wurde.
Die Staatsbehörde findet sich hierauf veranlaßt, die
Anwendung des § 493 St.G.B. welcher die Strafe von 6 Monaten bis zu einem
Jahre ausspricht, zu beantragen, indem sie sich nicht veranlaßt fühlt, dem
Gerichtshofe vorzuschlagen, daß dieser unter das Minimum der gesetzlichen
Strafe herabgehe.
Dr. Mayer
Herr Director Ruben ist durch den incriminirten
Artikel zunächst in seiner Ehre angegriffen worden, wie die löbliche
Staatsbehörde bereits nachgewiesen hat. Aber auch seine Befähigung als
Künstler wurde auch auf Null dadurch reducirt. Hierin liegt ebenfalls eine
Beschimpfung, denn es ist nicht erlaubt einem Künstler gänzliche Ohnmacht
vorzuwerfen. Die Kritik darf sich nur beziehen auf objective Thatsachen,
keineswegs aber ihm die gänzliche Befähigung absprechen. Ich glaube daher,
daß ein solcher Angriff ein derartiger ist, welcher den hohen Gerichtshof
ermächtigt, auf pecuniäre Entschädigung zu erkennen. Ich bin jedoch von
meinem Herrn Clienten ermächtigt,
auf jeden pecuniären Ersatz zu verzichten, aber ich habe an den hohen
Gerichtshof die Bitte zu stellen, daß der beleidigten Ehre meines Clienten
Genugthuung werde, daß nämlich auch das Urtheil durch die öffentlichen
Organe zur Publicität gelange, aber so wie die unmotivirten Angriffe des
Herrn
Angeklagten.
Ich erlaube mir daher den Antrag zu stellen, der
hohe Gerichtshofe möge erkennen, daß das rechtskräftig gewordene Urtheil in
irgend einem beliebigen größeren Blatte, nachdem inzwischen "Die Donau"
welche jenen Angriff brachte, eingegangen ist, auf Kosten des Herrn
Angeklagten zu veröffentlichen sei. Ich würde glauben, daß es in irgendeinem
geistesverwandten Blatte, z.B. in der "Presse" möge veröffentlicht
werden.
Vertheidiger Dr. Berger
Die heutige Schlußverhandlung hat das
traurige Bild von Conflicten dargestellt, welche im Bereiche der Kunst
einzutreten scheinen, traurig ist es, daß dieser Conflict statt mit dem
Pinsel des Malers mit der Feder des hohen Gerichtshofes ausgeglichen werden
soll.
Vor allem muß die Vertheidigung Act nehmen von der Erklärung der
Staatsbehörde, daß der incriminirte Artikel nur in jener Auffassung zu
beurtheilen sei, die sich aus dem damaligen Verhältnisse ergibt, nicht aber
nach jenen Erläuterungen und Commentierungen und Umschreibungen, welche
demselben vorausgegangen oder nachgefolgt sind. Nicht die gesamten Artikel
der "Donau" in ihrem Zusammenhange unterliegen der gerichtlichen
Beurtheilung, sondern einfach jene Stellen allein, in welchen der hohe
Gerichtshof die Strafbarkeit zu entdeckten glaubt. Diese Ansicht wird nicht
nur begründet durch den Anklagebeschluß, sondern auch durch die Bestimmung
der St.G.O., da die übrigen Artikel nicht einmal vorgelesen worden sind.
Dasselbe gilt auch im Bezug auf den Brief vom 15. December insbesondere
schon aus dem Umstande, daß jener Brief gegen den incriminirten Artikel um
drei Jahre zurückfällt. Was nun den objectiven Thatbestand der
Ehrenbeleidigung betrifft, so sucht die Vertheidigung nachzuweisen, daß in
dem incriminirten Artikel ein solcher Thatbestand gar nicht vorliegen könne,
weil eben nicht einmal eine Thatsache angeführt sei, denn der Kern des
Angriffes, enthält eben nichts Anderes als eine Anzweiflung und Bekrittelung
der Intelligenz, nämlich der artistischen Befähigung des Herrn Directors
Ruben. Dort aber finde nach
dem Strafgesetzbuche eine Ehrenbeleidigung nicht statt, wo etwas Anderes in
Frage gestellt wird, als der Charakter, der sittliche Wert eines Mannes, wo
nur die literarische oder die artistische Befähigung behandelt wird. Es
könne demnach die Behauptung der künstlerischen Impotenz des Herrn Klägers bei der Beurtheilung des
Thatbestandes gar nicht in Erwägung gezogen werden, denn ein jeder Künstler
müsste sich die Kritik seiner Befähigung gefallen lassen, dagegen gäbe es
keine Beweis mit einer Anklage vor Gericht.
Was nun die andern Ausdrücke
anbelangt, nämlich: "im Trüben fischen, – Umtriebe, – Vorbereitung des
Bodens zu eigenen Ernte" so müßte vor Allem jede unbefangene Beurtheilung
sich dahin aussprechen, daß diese Ausdrücke sich nicht direct auf den
Herrn Ankläger beziehen. Es
wurde hier von Gleichgesinnten, die gern im Trüben fischten, gesprochen. Ob dieses die anzeigende oder verbindende
Art sei, so müsse die Lösung dieser schweren orthographischen Frage dem
hohen Gerichtshofe überlassen bleiben, der die daraus folgenden Consequenzen
dann zu ziehen hat. Übrigens wären die Ausdrücke: "Im Trüben fischen" und
"Umtriebe" ganz synomim, und damit allein, daß man von Jemand sagt, daß er
den geraden Weg nicht dem krummen vorzieht, daß er lieber im Unklaren als im
Klaren fischt, daraus folgt noch gar nichts, und er erscheint dadurch in
seinem sittlichen Werthe noch nicht herabgesetzt.
Was den Ausdruck
"Umtriebe" anbelangt, so werde dieser stets dort angewendet, wo es sich um
Partheibestrebungen handelt, die allerdings auch hier eingetreten waren. Die
Vertheidigung weist in dieser Beziehung auf das politische Leben hin, und
daß es in Staaten, wo die sogenannten politischen Bestrebungen en vogue
sind, es kaum eine Bewegung gibt, wo nicht von Umtrieben gesprochen wird,
keine Parthei wird aber unter diesem Ausdruck etwas Unsittliches
erkennen.
Was nun den Ausdruck: "andere Mittel" betrifft, so ist bloß
von einer Thatsache die Rede, nämlich die Auflösung des Kunstvereines, die
Gewinnung des Bodes zur eigenen Ernte ist eben die Consequenz dieser
Thatsache.
Auch hat der Herr Zeuge Waldmüller ausdrücklich
gesagt, daß er in der ganzen Stelle nicht einen Angriff auf den sittlichen
Werth des Herrn Ruben, sondern
bloß eine kritische Beurtheilung der künstlerischen Befähigung erblickt.
Übrigens kommt in dem ganzen Artikel keine einzige Stelle vor, die ihn als
seines Berufes "unwürdig" bezeichnet.
Zwei Zeugen haben bei der
Verhandlung hier bestättigt, daß sie den ganzen Artikel nach seinem Inhalte
als die lauterste Wahrheit für ihre innerste Überzeugung halten. Wenn nun
diese Herren dasselbe, was Herr Aigner in dem Artikel sagte, hier in öffentlicher Sitzung
aussprechen konnten, so mußten sie sich ebenfalls einer strafbaren Handlung
schuldig gemacht haben, wenn eine solche darin liegen möchte, und doch
dürfte es Niemand einfallen, diese Herren einer solchen zu zeihen. Niemand
ist es beigekommen, nach der Lesung jener Artikel den Herrn Privatkläger als einen öffentlich
vor der Welt Gebrandmarkten darzustellen. Sein sittlicher Werth ist
unangetastet, wenn auch sein Beruf als Künstler in Frage gestellt sein
mag.
Nachdem nun die Vertheidigung solcher gestalt glaubt dargethan zu
haben, daß in dem erwähnten Artikel der objective Thatbestand einer
Ehrenbeleidigung, wie sie das Gesetz verlang, nicht vorliege, übergeht sie
zur Beweisführung der Wahrheit der vorgebrachten Angaben, falls ja der
Thatbestand der Ehrenbeleidigung erkannt werden sollte. Die Vertheidigung
glaubt, daß im Gesetze nirgends darüber Angaben enthalten seien, wie der
Beweis der Wahrheit hier zu führen sei, denn es könne unmöglich hier jene
Beweisführung darunter verstanden werden, wie sie im Gesetze hinsichtlich
des Beweises der objectiven Schuld erfordert wird. Hier komme es bloß auf
einen subjectiven Beweis an, und es seien allerdings solche subjectiven
Gründe vorhanden, weshalb der Angeklagte seine Beschuldigung für wahr halten
konnte. Die Vertheidigung durchgeht hier nun alle diejenigen Thatsachen,
welche bei der Verhandlung zur Sprache kamen, und nach welchen, wie sie
glaubt, der Herr Angeklagte allerdings berechtigt war, die Wahrheit
desjenigen, was er in dem Artikel gesagt hat, zu glauben.
Nach dem hier
Vorgebrachten glaubt nun die Vertheidigung:
1. daß der objective
Thatbestand gar nicht vorliege.
2. falls ein solcher vorliegen sollte,
er entweder durch die angeführten Thatsachen sich als straflos darstelle,
oder im schlimmsten Falle, wenn ja eine Antastung der Ehre des sittlichen
Werthes darin enthalten sei, von einem Preisgeben der öffentlichen
Verachtung nicht die Rede sein könne, weshalb im schlimmsten Falle, bloß
eine mindere Ehrenbeleidigung nach § 1339 a.b.G.B. vorliege.
Sollte der
hohe Gerichtshof dennoch der Ansicht der Staatsbehörde beitreten, so müsse
die Vertheidigung viele mildernde Umstände anführen. Daß nämlich wirklich
ein Conflict zwischen der Akademie und dem Kunstverein bestand, daß der Angeklagte als Künstler in einem
gereizten Zustande sich befand, daß nur ein kleiner Theil der Bevölkerung,
nämlich die Künstlerwelt, von dem ganzen Vorgange Notiz genommen habe, und
daß endlich durch die Wahl des Schauplatzes des Angriffes die Wirksamkeit
des Mittels sehr abgeschwächt wurde.
Schließlich bemerkt der Herr Vertheidiger, daß während
der Zeit als jener Artikel erschien, sehr viel Wasser in der Donau
abgelaufen sei, und hie glaubt, daß es nicht einmal im Interesse des Herrn
Privatklägers, gerade von
seinem Standtpunkte aus, liegen müßte, die Sache von einem allzuscharfen
Gesichtspunkte aus betrachtet zu sehen.
Der hohe Gerichtshof zieht sich
zur Urtheilsfällung zurück, und bei seinem Wiedererscheinen verkündet der
Vorsitzende das Urtheil:
Josef
Mathäus Aigner ist des Vergehens der Ehrenbeleidigung durch
die Presse nach § 491 St.G.B. schuldig, und wird mit Anwendung des § 493 und
266 St.P.O. zu der Strafe von 6 Wochen Arrest und zum Ersatz der Kosten
verurtheilt, wie auch zur dreimaligen Einrückung des rechtskräftig
gewordenen Urtheiles auf seine Kosten in die "Presse".
In einem Artikel des Tagesblattes der Wiener Presse vom 17. Juli N. 162 des
Jahres <"Ausstellung des österreichischen Kunstvereines" wird bemerkt,
daß an dem>14totalen aber
unverdienten Fiasco der hiesigen Künstler auf der Pariser Kunstausstellung
nur die grenzenlose Ungeschicklichkeit schuld <sei>15, mit der die ganze Sache
hier in die Hand genommen wurde.
Es <ist>16 natürlich nicht die Absicht
<dieser Zeilen>17 dem Schreiber des angezogenen Artikels in seiner Polemik zu
folgen, sondern <es sollen nur>18 zur Aufklärung
des Publikums <jene>19 Thatsachen <angeführt werden>20,
welche maaßgebend für die unparteiische Beurtheilung dieser Angelegenheit
sind.
Mittelst hohen Ministerial-Erlasses vom 14. Juli 1854 Z. 11070/193
wurden die Akademien zu
Wien, Mailand und Venedig als
österreichische Spezialcomités für die Pariser Kunstausstellung
<>21
mit der Verpflichtung <ernannt>22 sich genau an die Bestimmungen des von der kaiserlich
französischen Regierung aufgestellten Reglements zu halten.
Die
<Anordnungen>23 rücksichtlich dieser Ausstellung sind von dem hohen
Ministerium für
Cultus und Unterricht <in der>24 Wiener Zeitung vom 28.
Juli 1854 N. 179 kundgegeben worden.
Ein zweiter Ministerial-Erlaß vom
4. Oktober 1854 Z. 14675/256 stellt die Akademien <>25 in allen <>26 Beziehungen <mit Ausnahme
jener als Prüfungscomités>27 unter das Central-Comité in Wien, an welches
die Akademien alle Anträge, Anfragen und sonstigen Berichte zu erstatten
<>28,
indem sie durchaus in keine<>29 unmittelbare<>30 Verbindung mit der Ausstellungs-Comission in
Paris zu treten haben.
Am 25. Oktober 1854
ließ die Akademie in dem Hauptblatt der Wiener Zeitung eine
spezielle Kundmachung an die Wiener Künstler einrücken, deren
<Inhalt>31 von dem
aufrichtigen Wunsche und den Bemühungen der Akademie <Zeugnis
gibt>32, die österreichische Kunst in Paris
angemessen repräsentirt zu sehen.
Die Akademie ließ es aber bei dieser
Kundmachung allein nicht bewenden, sondern jeder der Professoren dieser
Anstalt übernahm es eine Anzahl der hiesigen Künstler auch noch persönlich
zu besuchen und sie zur Theilnahme aufzufordern, und zu gleicher Zeit auch
die Besitzer ausgezeichneter Gemälde hiesiger Künstler zu
<bestimmen>33 ihre Bilder <der>34 Pariser Ausstellung <zur Verfügung zu
stellen>35
Eine große Anzahl von Künstlern haben den
wiederholten Aufforderungen auch durch Anmeldungen ihrer Werke entsprochen,
aber theilweise dieselben wieder zurückgezogen, indem sie ihre Werke
entweder vorher verkauften, oder nicht zu rechten Zeit <vollendet
wurden>36 Die Privaten abgeschreckt durch das lange
Zurückbehalten ihrer Bilder auf der münchener Ausstellung, wollten sich
nicht von neuem auf viele Monate von ihren Bildern trennen, und weigerten
<sich>37 auch
ihrerseits an den Beschickung theil zu nehmen.
Diese einfachen
Thatsachen <dürften>38 wohl Beweise genug <dafür sein>39, daß die Leitung dieser Geschäfte weder
ungeschickten noch saumseligen Händen anvertraut war, und hätte man
<>40
statt eines Auszuges aus einem Artikel im Journal des Debats den ganzen
Inhalt <desselben>41 in den hiesigen Blättern veröffentlicht, so würde man
daraus ersehen, daß nicht die wiener Kunst, sondern die gesammte deutsche
Kunst mit Cornelius und Kaulbach an der Spitze es war, welche
den französischen Autor veranlaßte sein Mißfallen darüber auszusprechen.
Wien, den 20 Juli 1855
Ch. Ruben
Vor mehreren Jahren hatte ich ein kleines Bild: Macbeth und die Hexen, es war mir darum zu thun es zu verkaufen, weshalb ich es dem österreichischen Kunstverein anboth, nach dem bekannten Statut musste ich deshalb und zu diesem Behufe mit 10 fl CM beitreten, das Bild wurde angekauft und ausgestellt. Seitdem habe ich meinen Beitritt nicht wieder erneuert, theils weil ich überhaupt vom Kunstverein nicht viel für die Kunst erwarte, theils weil die Tendenz des österreichischen [Kunstvereins] meine Überzeugungen in den höchsten Dingen des Lebens vielfach verletzte.
Joseph Führich
k.k. Professor
Wien am 14. Jänner 1857
Wien den 20. Dezember 1856
Euer Wohlgeboren
In Folge erhaltener Anfrage mache ich hiermit die Mittheilung, daß ich bei Gelegenheit meiner Wahl zum Direktions-Mitglied der Gesellschaft der Musikfreunde (welcher die Pflege des von dem k.k. hohen Unterrichtsministerium unterstützten Conservatoriums anvertraut ist) aus beiden in Wien bestehenden Kunstvereinen für bildende Kunst, und zwar am 16. November 1855 ausgetreten bin. Ich habe die Ehre zu zeichnen
Carl Roesner
k.k. Professor
Hochgeehrter Herr Direktor!
Ich habe die Ehre hiemit mitzutheilen, daß ich im Frühlinge 1855 aus dem
österreichischen
Vereine ausgetretten, nicht mit einer besonderen förmlichen
etwa schriftlichen Erklärung, sondern als man mir von dort die für dieses
Jahr bestimmte Karte schickte, habe ich dieselbe zurückgewiesen mit der
mündlichen Erklärung, daß ich sie nicht nähme und man mich als ausgetretten
betrachten solle.
Sowohl die Angriffe gegen die kaiserliche Akademie
welche auf ihren Ursprung schließen ließen, als auch das Verfahren welches
mit dem Bilde des heiligen Franciskus von meinem Schüler Kessler gemalt, eingehalten wurde, haben
mich bestimmt diesem Vereine zu entsagen.
Leopold Kupelwieser
Professor
Wien am 15. December 1856
Hochverehrter Herr Director!
Infolge der an mich gerichteten Anfrage, in welchen Beziehungen ich zu dem
österreichischen
Kunstverein gestanden bin und zu welcher Zeit ich von
demselben ausgeschieden? habe ich die Ehre Euer Wohlgeboren folgende
Mittheilung zu machen. Von Seiner Excellenz dem Freiherrn von Welden, damahls Militär-
und Civil-Gouverneur von Wien, dazu ausersehen im
Verein mit Herrn von Arthaber wo
möglich eine Wahrung der gemeinsamen Kunstinteressen durch eine
Verschmelzung mit den Mitgliedern des alten Vereines zu bewerkstelligen, war
ich in diesem Sinne schon von der Gründung des österreichischen
Kunstvereines thätig. Ich hatte mich dem undankbaren
Wirkungskreis eines Ausschusses nur angeschlossen, um diese Vereinigung die
ich als das einzige Mittel einer passenden Neugestaltung erkannte thätig zu
betreiben. Die Verhandlungen führten damahls das gewünschte Ergebnis nicht herbei. Der provisorische Bestand des neuen Vereins
wurde bewilligt als eine Art Zwangsmaßregel um einige widerstrebende
Gliedern des alten Vereines zur Vereinigung zu stimmen, idem diese nur in
einem hartnäckigen Verweigern jeder Neuerung ihre Lebensfähigkeit erkannten.
Noch muß ich erwähnen, daß ich in den neuen Ausschuß als Kunstfreund
eingetreten war und dadurch den heimischen Kunst-Interessen eine Majorität
von 6 Stimmen gesichert hatte, ein Umstand welcher den Plänen des
Geschäftsführers Herrn von
Arthaber insbesondere hinderlich war.
Wie vorauszusehen
war, wurden nach 3/4 Jahren neue Verhandlungen mit den Ausschüssen des alten
Vereines angeknüpft und es wurde ein gegenseitiges Abkommen getroffen,
wodurch eine gleiche Zahl von Gliedern des neuen und alten Vereines gewählt
und dadurch sich ein neuer Ausschuß constituiert hatte.
Das Ergebnis des
Vorganges bei der Wahl ist Stadtkundig geworden; ich meldete unmittelbar
nach demselben meinen Austritt. Leider muß ich sagen, daß ich der einzige
von den Ausschüssen war, welcher diesem Vorgang seine Zustimmung versagte.
Statt persönliche Vortheile zu sichern oder kleinliche Eitelkeiten zu
befriedigen wäre es die Pflicht der Künstler in dem neuen Ausschusse gewesen
unter solchen Auspicien dem österreichischen Kunstverein jede Mitwirkung zu
entziehen. Die Richtung welche der neue Verein von diesem Zeitpunkte an
einschlug ist der sprechendste Beweis für die Wahrheit dieser
Ansicht.
Gleichzeitig füge ich hier bei, daß Prof. von Sicardsburg
nach diesem Vorgange bei den Wahlen aus denselben Gründen nach Ablauf des
Vereinsjahres ebenfalls austrat.
Mit der Versicherung ausgezeichneter
Hochachtung empfiehlt sich dem geneigten Wohlwollen
Euer Wohlgeboren
ergebener Diener
E. van der Nüll
k.k.
Professor
Wien am 15. December 1856
Hochwohlgeborner Herr,
Hochzuverehrender Herr Direktor von Ruben!
Durch die unwahren Gerüchte, daß ich durch irgend eine persönliche Einwirkung
gezwungen als Ausschuß so wie auch als Mitglied im österreichischen
Kunstverein zurückzutretten, fühle ich mich dahin aufgefordert
meine Beweggründe hiemit anzugeben und dieselben Euer Wohlgeboren in die
Hände zu legen.
Als im Jahre 1848 das Publikum durch den Drang der
Ereignisse sich nicht die Zeit nahm an Kunst zu gedenken, da war es, als
mehrere Künstler Wiens, worunter auch ich
war, zusammentratten, mit der Besorgniß daß der dazumahl bestehende
Kunstverein in seiner bequemen Ruhe der armen Vergessenen nicht die nöthige
Aufmerksamkeit schenken dürfte; da war es als wir uns mit wahrem,
ernstlichem Eifer bestrebten für das gemeinsamme Gedeihen, oder besser für
das in dieser harten Zeit zu befürchtende völlige Versinken der Kunst, alles
zu thun, was geeignet wäre den Statuten des alten Vereines mehr Leben und
seinen Gebahrungen mehr Elastizität beizubringen, allein falscher Ergeiz
ließ das nicht gelingen und so wurden Partheien gebildet, an deren Bestehen
vielleicht nur der ältere Verein allein die Schuld tragt. Dieses alles
dürfte Euer Wohlgeboren zur Genüge bekannt sein, und wurde von mir nur
erörtert, um die Ursache meines Eintrittes darzustellen.
Die Gründe
meines Austrittes aber sind einzig und allein die, daß die, mit vieler Mühe
erzielten Prinzipien, der Wiener Kunst ersprießlich zu sein, sich endlich
dahin änderten, daß derselben nicht genützt, sondern vielmehr geschadet
wird. Ich war und bin stets dafür, daß Kunstwerke des Auslandes ausgestellt
und auch angekauft werden, besonders wenn sie von Künstlern, nicht aber von
Kunsthändlern ausgestellt werden, aber ich war nie dafür, daß die
Vereinsgeschenke von ausländischen Kunsthändlern bezogen werden, wodurch oft
ganz unpaßende Gegenstände in die Hände des Publikums gelangen, wie zum
Beispiele das Blatt "Egmont im Gefängniß" welches mir Herr König in meine Wohnung brachte, um dafür
zu stimmen, und als ich meine Zustimmung verweigerte von ihm Grobheiten
erhielt: so wie sich bei einer anderen Gelegenheit Herr Farbenhändler Koller boshafte
Bemerkungen erlaubte gegen Lehrer der Akademie, als ich dem
Antrag, den akademischen Schülern freien Zutritt durch eigene Karten in das
Ausstellungslocale zu gestatten, meine Zustimmung verweigerte. Dieses und
anderes unangenehmes veranlaßte mich bei den Versammlungen nicht mehr zu
erscheinen, und endlich auch als Mitglied auszutretten, indem ich nie etwas
ausstelle, also den Erlagsbetrag für die Carte lieber für etwas verwende,
was ich mir selbst wählen kann, und mir daher Vergnügen macht. Dieser
Darlegung fühle ich mich verpflichtet um nicht durch ein ungerechtes
Schweigen der Unwahrheit Vorschub zu leisten. Empfangen Euer Wohlgeboren die
Versicherung meiner besonderen Hochachtung.
Peter Johann Nepomuk Geiger
k.k. Professor
Wien am 13. Dezember 1856
Wien am 18. December 1856
Verehrtester Herr Direktor!
Die Veranlassung meines Austrittes aus dem österreichischen
Kunstverein, waren die unter dessen Einflusse oft wiederholten
schmählichen Angriffe auf die Akademie und besonders auf Sie verehrter Herr Direktor, der
Sie das Ächte und Rechte in der Kunst, ebenso warm und aufrichtig zu fördern
suchen, als Sie energisch und männlich dem in hiesigen Kunstzuständen
herrschenden niedrigen Treiben entgegentraten. – Daß mein Austritt aus dem
Verein vor Einem Jahre ohne irgend einer Einflußnahme von
Ihrer Seite verehrter Herr Direktor, sondern nur in Folge meiner Überzeugung
stattfand, bräuchte wohl keine Versicherung, da ich ebenso wie meine Herren
Collegen, nach den vom Verein veranlaßten Zeitungsscandalen, als ehrenhafter
Mann, den Impuls dazu in mir selbst finden mußte.
Genehmigen Sie
verehrtester Herr Direktor den Ausdruck meiner aufrichtigen Hochachtung und
Ergebenheit.
Carl Radnitzky
k.k. Professor an der Akademie der bildenden Künste
Euer Hochwohlgeboren!
Die an mich gestellten Fragen, ob ich Mitglied hiesiger Kunstvereine war,
oder sei, und falls ich ausgetreten wäre, aus welchen Gründen? habe ich die
Ehre dahin zu beantworten, daß ich seit dem Entstehen eines jeden dieser
Vereine Mitglied war, daß ich aber Anfangs dieses Monates, als man mir eine
weitere Karte des neuen
Vereines überbrachte, meinen Austritt erklärte, so wie das
gleiche Vorhaben in Beziehung auf den älteren Verein, und zwar aus dem
Grunde, weil wenn alle dies thun würden, der gegenseitige Zwist dieser
Vereine mit ihnen selbst aufhören, und einem einzigen und einigen Vereine
Platz machen würde.
In gefühltester Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren
ergebenster Diener
Trost
12. Dezember 1856.
Erklärung
Über Aufforderung des löblichen Direktorats der k.k. Academie der bildenden Künste erklärt der Unterzeichnete, daß er seit dem Bestand des österreichischen Kunstvereins demselben als Mitglied angehörig und weil er seitdem nicht ausgetretten, auch gegenwärtig noch Mitglied desselben sei.
Franz Steinfeld
k.k. Professor
Wien, am 16. Jänner 1857
Hochgeehrtester Herr Direktor!
Bezüglich des Verhältnisses, in welchem ich zu dem Österreichischen
Kunstverein stand, gebe ich Ihrer geehrten Aufforderung entsprechend hiermit
folgende Auskunft.
Im Jahre 1851 wurde ich aus der Zahl der Kunstfreunde
als Ersatzmann in das Comité des Vereins gewählt und wohnte
regelmäßig, so oft meine Zeit es gestattete den Sitzungen bei, weil ich es
als eine Gewissenssache betrachtete Anfangs, wo das neue Institut mit seiner
Consolidierung zu kämpfen hatte, meine Kräfte so gering sie auch waren,
nicht zu entziehen. Selbst später als ich mit wohlgemeinten Vorschlägen
nicht durchdringen konnte, blieb ich noch im Comité, da ich jeden Schein
einer verletzten Eitelkeit verhüten wollte.
Den festen Entschluß aus
demselben und aus dem Verein zu treten, faßte ich im Jahre 1855, obgleich Euer
Hochwohlgeboren mir wiederholt riethen, davon abzustehen. Denn die um diese
Zeit in den öffentlichen Blättern gegen Ihre Person und gegen die Akademie in Beziehung auf
den Kunstverein
gerichteten perfiden Angriffe ließen nicht mir und wohl auch keinem anderen
Angestellten der Akademie, der Rechtlichkeitsgefühl und eine männliche
Gesinnung hat, zu, dem Vereine mehr anzugehören. Meinen Austritt notifizierte ich
dem Vereine einfach,
indem ich die mir für das Vereins-Jahr 1856 zugeschickte Karte nicht annahm, und seitdem die Lokalitäten des Vereins
nicht mehr betrat.
Ich erlaube mir schließlich noch
ausdrücklich zu bemerken, daß ich in keiner Weise zu diesem Rücktritt von
Ihnen beeinflußt worden bin.
Den Ausdruck meiner vorzüglichsten
Hochachtung wiederholend habe ich die Ehre zu sein
Euer Hochwohlgeboren
ergebenster Diener
Heinrich Zülzer
Wien, am 20. Dezember 1856
Lieber Freund!
Beifolgend übersende ich Ihnen die beiden mir von den Professoren Führich und Rösner zugesandten Erklärungen. Meine
eigene Person anlangend muß ich noch hinzufügen, daß ich selbst, obgleich
ich die Absicht aus dem Verein auszutreten jedenfalls ausgeführt haben würde, von der
Ausführung dieser Absicht, durch den Verein selbst überhoben[?]42 wurde, indem er mir gar keine Karte mehr
zuschickte.
Von ganzem Herzen
Ihr
Christian Ruben
Wien den 15. Jänner 1857.