Ministerialsekretär Gustav Heider legt Auszüge aus verschiedenen
Memoranden zum Studienwesen in Italien vor.
Das erste Promemoria von
Bonifacio di Canossa widmet sich dem Schul- und Universitätswesen.
Bonifacio empfiehlt, die Universitäten für mehrere Jahre zu schließen,
um sie vor Vereinnahmung durch Radikale und Revolutionäre zu schützen.
Während dieser Zeit sollte ein neuer Studienplan entwickelt werden. Er
empfiehlt außerdem, die Schulen unter die Obhut der Bischöfe zu stellen
und geistlichen Orden, etwa den Jesuiten, zu übergeben. Dadurch könnten
auch die Gemeinden Geld einsparen. Allerdings würden der Priesterhass
und die Irreligiosität ein Hindernis bei der Durchführung
darstellen.
Der Direktor des Mailänder Lyzealgymnasiums, Antonio
Odescalchi, äußert sich kritisch zum neuen Gymnasiallehrplan. Die
Vermehrung der Lehrgegenstände stelle nicht nur für die Schüler, sondern
auch für die Lehrer eine Belastung dar. Besonders traurig sei die
Kürzung der Philosophiestunden, da die Philosophie von jeher in Italien
einen hohen Stellenwert inne gehabt habe.
Ein nicht näher
bezeichneter Schreiber übt im folgenden Bericht ebenfalls Kritik am
neuen Gymnasiallehrplan. Hier ist ebenfalls von Belastung und
Überbürdung der Schüler wie der Lehrer die Rede. Kritisiert wird auch
das Fachlehrersystem.
In einem weiteren Promemoria wird die
Forderung erhoben, die Priesterausbildung zu verbessern. Der Schreiber
glaubt auch, dass ein Bischof von Nöten wäre, der den herabgekommenen
Klerus zu neuem Leben erwecken könne.
Luigi Borroni macht Vorschläge
zur Abänderung des Gymnasiallehrplans für Latein, Griechisch, Geschichte
und Geographie, Naturgeschichte, Physik und Mathematik. Er erläutert
auch seine Vorstellungen davon, was in welchen Klassen gelehrt werden
solle.
In einem zweiten Elaborat legt Borroni seine Gedanken zur
Universitätsreform in Lombardo-Venetien dar. Zunächst hebt er hervor,
dass es nötig sei, die Studenten besser auf die Universität
vorzubereiten. Er hofft, dass dies jedoch durch die Gymnasialreform
geschehen werde. Er schlägt zudem vor, die Ausbildung der Lehrer durch
die Gründung eines Instituts zur Lehrerausbildung zu verbessern. Die
Lehr- und Lernfreiheit bedürfe aus seiner Sicht einer gewissen
Einschränkung. Die wichtigsten Fächer einer Fakultät sollten für alle
Studenten obligat sein. Anstelle der Privatdozenten sollten die
Adjunkten treten. Schließlich geht Borroni auf die Situation der
einzelnen Fakultäten und Fächer ein, er erteilt Verbesserungsvorschläge
und zeigt an, wo Bedarf für Reformen besteht.
Das folgende
Memorandum widmet sich wiederum dem Gymnasialunterricht in
Lombardo-Venetien. Antonio Corali übt Kritik am Gymnasiallehrplan und
nennt dabei die allzu große Belastung für die Schüler, die daraus
folgende Konzentrationsunfähigkeit und den Lernunwillen als die
Hauptursachen für die derzeitige Misere. Er berichtet vom Wunsch des
Kommunalrates in Verona, das städtische Gymnasium von sechs auf acht
Klassen zu erweitern, was jedoch vom Unterrichtsministerium abgelehnt
wurde. Corali stellt sich dabei auf die Seite der Stadtverwaltung, da
der Bedarf für ein achtklassiges Gymnasium eindeutig vorhanden
sei.
Der letzte Auszug stammt aus einem Memorandum über Realschulen
vom Direktor der technischen Schule in Mailand. Durch Ministerialerlass
wurde die technische Schule in eine Oberrealschule umgewandelt. Der
Direktor begrüßt diese Umwandlung zwar, er kritisiert allerdings die
damit verbundene Steigerung der Anzahl an Unterrichtsgegenständen. Er
schlägt daher die Teilung der Schule in eine technische und eine
kaufmännische Richtung vor.
Unter der Signatur sind Abschriften von Auszügen aus acht verschiedenen
Memoranden zusammengefasst:
Auszug aus einem
Promemoria über Schulen von .
Bemerkungen über den Gymnasiallehrplan von
.
Bemerkungen
über den Gymnasiallehrplan, o. A.
Auszug aus einem Promemoria über geistliche
Gegenstände.
Vorschläge zur
Abänderung des Gymnasiallehrplans von .
Gedanken über Reformen in den höheren Universitätsstudien in
Lombardo-Venetien von Luigi Borroni.
Auszug aus einem Memorandum über den öffentlichen Unterricht in
Lombardo-Venetien von .
Auszug aus
einem Memorandum über Realschulen von .
Auszüge über das Studienwesen in Italien von Heider
Promemoria über die Schulen von Bonifacio di Canossa 1
Die öffentlichen Stadt- und Landschulen entsprechen wenig ihrer Einrichtung.
Die gegenwärtige Unterrichtsmethode, die Vertheilung der Lehrgegenstände an
so viele Lehrer verwirrt den Geist der Jünglinge, welche alle Achtung vor
ihren Lehrern einbüßen. Es muß das Augenmerk der Regierung sein, darin
vorzugehen, denn die Jugend wächst irreligiös, ohne Gehorsam und dem
Einfluße revolutionärer Ideen preisgegeben auf. Die Vorgänge des Jahres
1848, an welchen sich die Universitätsschulen im hohen Grade betheiligten,
beweisen es hinreichend; und da an Schülern aller Fakultäten eben nicht sehr
viele sind, so wäre es das Beste, die Universitäten für einige
Jahre zu schließen und während dieser Zeit einen neuen Studienplan
festzusetzen, welcher mehr auf dem religiösen Gefühle und der Anhänglichkeit
an die Regierung basirt ist.
Die Überwachung der Schulen
müßte den Bischöfen anheimgegeben werden und für den Unterricht verschiedene geistliche Orden verwendet
werden.
Wenn in Verona das Militärkommando die
Kirche und den Convent des hl. Sebastian abtreten und die Comunalschulen den
Jesuiten übertragen würde, würde vielen der berührten Nachtheile vorgebeugt
werden und es erwüchse für die Comune eine Ersparnis, da diese für 6
Professoren 13.000 Lire und für 8 16.000 Lire ausgeben muß, während früher
den Jesuiten nur 4.000 Lire bezahlt wurden, für das sechsklassige Gymnasium,
wobei der Zins für das Lokale des Comunalgymnasiums nicht mitgerechnet ist.
Ein Hindernis der Durchführung ist allerdings der revolutionäre und
irreligiöse Geist und der Priesterhaß, der sich besonders über geistliche
Orden ergießt, daher nur die höhere Autorität diese entgegenwirkenden
heillosen Kräfte überwinden kann.
Bemerkungen über den neuen Gymnasialplan von A[ntonio]
Odescalchi
Direktor am Lycealgymnasium S. Alessandro zu
Mailand
1. Wenn auch die Nothwendigkeit eines näheren Zusammenhanges zwischen den Gymnasien und Lyceen bestand, so
wiederstrebt die vollständige Verschmelzung beider den
Sitten, Gewohnheiten und Anlagen der italienischen Bevölkerung. Das 16. Jahr
ist in diesen Ländern gleichsam der Gränzstein des Knabenalters und der
strengen väterlichen Aufsicht und der Jüngling wagt die ersten
selbstständigen Tritte in die Welt. Der Übertritt aus dem Gymnasium ins
Lyceum war daher bei uns eine bestimmte Lebensepoche und schied pädagogisch
zwei Studienwege, welche mit Rücksicht auf die Gewohnheiten und die Zucht
nicht ohne Schaden verbunden werden sollten.
2. Die Vervielfältigung der Unterrichtsgegenstände, besonders in den
unteren Classen, in welchen die Jünglinge gleichzeitig instruirt werden,
schadet der Gründlichkeit des Wissens und erzeugt Verwirrung der Begriffe.
Die besondere Anlage der italienischen Jünglinge, ihre Lebhaftigkeit,
Unruhe, Hastigkeit erlaubt bei ihnen nicht die Anwendung eines lange
hinausgezogenen und ernsten Unterrichtes. Ermüdet in der Schule fassen sie
Widerwillen gegen das Studium und legen es zu Hause gänzlich zur Seite. Die
[sic!] Hinausziehen eines jeden Gegenstandes auf mehrere
Jahre und dessen Zutheilung in kleinen Portionen tödtet die
Wißbegierde ab, die ein mächtiger Hebel des Lernens ist, und mit ihr auch
die Aufmerksamkeit. Die Knaben lernen, weil sie müssen, aber der lange
mehrjährige Weg, den sie durchlaufen müssen, um das Ganze der Wissenschaft
zu erfassen, ist nicht geeignet, ihre Kräfte lebendig zu erhalten. Und die
Lehrer, welche sich dem Plane gemäß in den unteren Classen mehr auf den
Anschauungsunterricht beschränken, können, ohne vorzugreifen, den
wißbegierigen Fragen der Schüler kein Gehör geben, daher hieraus inkomplette
und oberflächliche Kenntnisse entspringen.
3. Ein fernerer Schaden wäre
es, wenn die Philosophie auf 2 wöchentliche Stunden in
der achten Classe beschränkt würde, und zwar mit Ausschluß der
Moralphilosophie. Die Lehrkanzel der Philosophie war in
Italien von jeher die Einleitung zu den höheren
Studien und wird als ein Mittel der Erziehung des Jünglings und der
Heranreifung seiner Denkkräfte auch von den Eltern betrachtet. Die Eltern
selbst erheben deshalb schon die Klage, daß der neue Lehrplan so viel
äußeres materielles Wissen aufpfropfe und dafür die Kenntnis der geistigen
Menschennatur und ihrer Pflichten gänzlich vernachläßige.
4. Die
Erfahrung hat gezeigt, daß das Institut der Classenlehrer
in pädagogischer Beziehung schädlich sei. Der Knabe gewöhnt sich in ihm den
Oberen unter den übrigen Lehrern zu erblicken, was seine Achtung gegen
letztere vermindert.
5. Was die Lehrer anbelangt, so giebt der neue Plan
zu folgenden Bemerkungen Anlaß:
a. In den oberen Classen, deren
Unterricht sistematisch und wissenschaftlich ist, müssen die Lehrer sich
vorbereiten und andauernd reden, daher sie nur mit der größten Anstrengung
und endlichen Abspannung 15–20 wöchentliche Vorlesestunden halten
können.
In den früheren Lyceen hatte jeder Professor nur 7–10 Stunden
wöchentlich; und wenige Menschen, wenigstens in Italien,
können die geistige und körperliche Anstrengung eines täglichen drei- und
vierstündigen Unterrichtes aushalten. In den unteren Schulen gewähren die
instruktiven Demonstrationen und die kleinen Übungen dem Lehrer Zeit, Geist
und Lunge ausruhen zu lassen, nicht so aber in den oberen Classen; in den
früheren Lyceen war die höchste Anzahl der Vorlesestunden 18 in der Woche,
wobei aber nach 30 Dienstjahren schon den Lehrern ihre Jubilation in
Aussicht stand.
b. Indem die Lehrer in den oberen Classen in zwei oder
mehreren verschiedenen Gegenständen unterrichten müssen, da sie doch nur
einen als Lieblingsgegenstand betreiben, kommt es, daß sie natürlich die
anderen mehr oder weniger lästig betreiben.
c. Es ist eine pädagogische
Wahrheit, daß ein Lehrer, welcher für kleinere Schüler vollkommen ausreicht,
nicht immer auch die Gabe des Unterrichtes für vorgeschrittenere besitze.
Diese Unzukömmlichkeit wird durch die Verwendung eines Lehrers in mehreren
Classen nothwendig herbeigeführt.
d. Die große Zahl der
Unterrichtsstunden, womit die Lehrer belastet sind, verbunden mit den
unzähligen didaktischen und disciplinären Modalitäten des neuen Planes, die
häufigen Conferenzen, die vielfachen Beschäftigungen der Classenlehrer usf.
bilden eine solche Reihe von Geschäften, daß sie das ganze Leben in Anspruch
nehmen, daß der Lehrer keine Zeit erübrigt, in seinem Fache vorzuschreiten
oder auch nur auf seine Vorlesungen sich vorzubereiten. Diese Inkonvenienz,
welche bald für die Lehranstalten selbst zum Schaden wird, tritt bereits bei
allen lombardischen Gymnasien hervor, deren zahlreicher Besuch die Erfüllung
aller vorgeschriebenen Geschäfte unmöglich macht.
Bemerkungen über den neuen Gymnasiallehrplan 2
1. Der neue Lehrplan stellt den Grundsatz auf, daß ein und derselbe Professor
nicht wohl in verschiedenen Gegenständen unterrichten könne, daher die
Gegenstände derselben Classe an verschiedene Lehrer vertheilt sind. Es hat
dies allerdings seine Vortheile, aber wie ist der Widerspruch zu lösen, daß
einem schon für den Unterricht reifem Manne die Gewandheit in mehreren
Unterrichtsgegenständen nicht zugemuthet wird, während doch von den Schülern
ein Gleiches verlangt wird. Der Verfaßer des Lehrplanes hatte die Lehrer,
nicht aber die Schüler im Auge.
2. Die Vertheilung der Lehrgegenstände
an mehrere Professoren bringt es mit sich, daß die Studenten den Unterricht
und den Lehrer jede Stunde wechseln müssen. Dies bedingt einen Zeitverlust.
Der größere Schaden dieses Wechsels aber ist, daß der Geist des jungen
Menschen nicht auf einen Punkt hingelenkt, sondern durch die vielen
Unterrichtsgegenstände zersplittert wird und dadurch in Verwirrung geräth:
Ubi multitudo, ibi confusio.
3. Jeder Professor hat die Pflicht, den
Unterricht seines Gegenstandes zu ertheilen, daher beschwert jeder den
Schüler ohne Rücksicht auf den andern. Keiner will aus Ehrbegierde sich in
den gesetzten Schranken halten. Die Folge ist, daß talentvolle und fleißige
erkranken, weil ihnen keine Zeit für Erholung bleibt.
4. Das Sistem
vieler Lehrer in einer Schule ist auch von Nachtheil für die moralische
Erziehung der jungen Leute. Nur, wo ein Lehrer wirkt, bildet sich zwischen
ihm und den Schülern ein elterliches Verhältnis heraus, wo viele Lehrer
sind, fehlt dem Knaben der Mittelpunkt und er sieht auf alle mit
Gleichgültigkeit.
5. Das neue Sistem lehrt die Schüler Vieles, aber
nichts gründlich, es bürdet dem Geiste Kenntnisse auf, wie dem Leibe
Gewänder, die herabfallen, sobald die Bänder gelichtet sind, der Umfang des
Wissen nimmt zum Nachtheile der Tiefe scheinbar zu. Der frühere Plan lehrte
die Knaben weniger, aber dieses gründlicher.
6. Auch sind die
Naturanlagen überhaupt und die Auffassungsgabe nach den Altersstufen
verschieden. Die gegenwärtige Gymnasialeinrichtung aber setzt Männer von
reifem Verstande, nicht bloße Knaben voraus.
7. Griechische Sprache,
Mathematik und Naturwissenschaften sind für die Erziehung eines jungen
Mannes allerdings nothwendig, allein die Frage ist, ob eine Methode, die
eines nach dem andern lehrt, oder eine, welche alles gleichzeitig lehrt,
vorzuziehen sei. Die Erfahrung der Gymnasien und Liceen in
Italien spricht für die erstere Methode.
8. Es
giebt im Unterrichte zwei unläugbare Erfahrungen. Die eine ist, daß das
vollständige Erlernen der beiden Sprachen, der lateinischen und
italienischen, das Verständnis ihrer Classiker und die Aneignung der
Fähigkeit, seine eigenen Gedanken klar bestimmt und schön auszudrücken ein
nicht leichtes Studium sei, welches alle Fähigkeiten eines Jünglings wie
auch seine Zeit so sehr in Anspruch nimmt, daß neben ihm kaum andere mit
Erfolg betrieben werden können.3
Die zweite Erfahrung ist, daß ein
so vorgebildeter Jüngling mit Erfolg und Verständnis sich später den
Wissenschaften zuwenden wird, die ihm neue Gebiethe eröffnen, während der
neue Lehrplan, der allen alles biethet, die Wissbegierde abstumpft und
endlich abtödtet.
9. Es scheint, der neue Gymnasiallehrplan wolle den
Knaben in der Schule zum Gelehrten in allen Fächern ausbilden, während er
doch nur sich die Möglichkeit und den Weg, ein Gelehrter zu werden, anbahnen
soll. Auch die besten Lehrer können keine Wunder wirken und müssen mit
bestem Willen hinter seinem Ziele zurückleiben, welches der
Gymnasiallehrplan vorzeichnet; denn es ist nicht möglich, daß ein Lehrer,
der mit so vielen Schülern zu thun hat, einem jeden hinreichende Obsorge
widme. Die Geschichte des Gymnasialunterrichts in Italien
giebt gewichtige Anhaltspunkte. Zuerst gab es wenig Unterrichtsgegenstände
und viele Ferien. Hiebei bewahrten die Schüler die Liebe zum Lernen und
benützten theilweise auch die freie Zeit für ihre Fortbildung. Alles dies
nahm ab mit der Vermehrung der Unterrichtsgegenstände und der Verminderung
der Ferien. Die Spitze hievon ist der neue Lehrplan, durch welchen der
Schüler nie zu einem wirklichen Wissen gelangen kann.
10. Der
Gymnasiallehrplan als Pädagogik für den Lehrer leistet kostbare Dienste,
aber als praktischer Studienplan geht er Idealen nach: er setzt voraus, daß
ein Knabe im zarten Alter fähig sei, gleichzeitig verschiedene Sprachen,
Geografie und Geschichte, Mathematik und Geometrie, Phisik und
Naturgeschichte und theilweise Theologie zu treiben. Auf diesen
Parallelismus der Studien muß man verzichten und für jede Periode der
Studien ein bestimmtes Ziel sich vorsetzen und zwar für Gymnasien die literarische, für Lyceen die wissenschaftliche Bildung. Es ist ohne Zweifel gut, daß beide
unter einer Leitung stehen, aber nicht ebenso nützlich, die Scheidelinie
beider zu tilgen, indem die Periode des Übertritts in die Lyceen mit dem
Übertritte des Knaben in das Jünglingsalter zusammentrifft.
Eine andere
Thatsache verdient die Aufmerksamkeit der Regierung. Die Überbürdung der
Knaben mit Lehrstoff so weit getrieben, daß sie das Lernen und Memoriren
nicht los werden, erzeugt in ihnen und ihren Eltern natürlicher Weise eine
Abneigung gegen jene Behörde, welche sie als den Grund dieser Plackereien
ansehen.
Auch die Classenlehrer sind ein Schaden für das Gedeihen der
Schule. 8 Professoren von gleichem Ansehen sollen einer dem andern sich
wieder unterordnen. Dies erzeugt Missgunst und Zwietracht. Sind sie aber
einträchtig, so finden sie Mittel und Wege, der Aufsicht der Direktion sich
zu entziehen.
Anders ist es, wenn der Direktor, ohne an den Ausspruch
des Lehrkörpers gebunden zu sein, allein die Leitung führt. Der Lehrkörper
bildet ein kleines Parlament mit allen Nachtheilen einer solchen
vielköpfigen Regierung. In diesem Punkte beruht der neue Lehrplan auf
demokratischen Grundsätzen. Ist aber das Haupt der Schule ein Direktor mit
einem Präfekten zur Seite, so wird [man] damit einen gleichförmigeren,
regelmäßigen und anstandsvolleren Gang erzielen.
Promemoria über geistliche Gegenstände 4
Wir bedürfen eines Bischofes, welcher den Geist unseres so sehr
herabgekommenen und verminderten Clerus erhebe, auch wäre es nothwendig, daß
er unmittelbar die Teilung der Seminare für Cleriker in die Hand nehme,
sowohl was die Aufnahme, als auch die Unterrichtsweise betrifft, denn unser
Clerus stand immer in Ansehen seinem Berufseifer wie seiner
wissenschaftlichen Bildung nach und eine große Anzahl bekannter Prediger,
Theologen, Moralisten, Professoren usw. ging aus der alten
Unterrichtsmethode hervor, während jene nach der neuen Methode Gebildeten
wenig Hoffnung geben, daß sie die früheren erreichen.
Was die geringe
Anzahl der Cleriker betrifft, hängt dieselbe wohl von der Schwierigkeit ab,
Patrimonien im Regierungssinne zu finden; wenn diese vermindert würden,
würde ohne Zweifel bei deren Ersatz durch Kaplane eine größere Anzahl junger
Leute in den geistlichen Stand eintreten.
Nothwendig ist auch eine
Verordnung wegen Heiligung der Sonn- und Feiertage und das Verboth, während
der heiligen Funktionen keine Spektakel, Theater usf. zu halten. Auch die
Übung einer strengeren Bücherzensur wäre zu wünschen und das Fernhalten
lasziver Stücke von Theatern.
Vorschlag zu einigen Abänderungen des Gymnasiallehrplanes für die italienischen Gymnasien von Luigi Borroni, Provinzialdelegat der Provinz Pavia 5
Religion
Für die ersten 6 Klassen wöchentlich 2 Stunden wie bisher
Latein
1. Klasse: wöchentlich 8 Stunden
1. Semester: Theorie der
regelmäßigen Formen, und zwar der Haupt- und Zeitwörter nach der Instruktion
des Gymnasialplanes p. 79–84
Die ersten Regeln der Syntax: tägliche
mündliche und schriftliche Übung nach den gegebenen Erklärungen mittelst
Vervielfältigung der Beispiele
2. Semester: Übersetzung einiger
Lebensgeschichten in dem Compendium der heiligen Geschichte von C[harles]
Lhomond: reichliche grammatikalische Auseinandersetzung und Übung des
Gedächtnisses. Der Lehrer kommt bei unregelmäßigen Formen dem Schüler zu
Hilfe.
Leseübung: fleißige Sorge für richtige Aussprache und praktische
Prosodie
2. Klasse: wöchentlich 8 Stunden
Unregelmäßige und weniger
gebräuchliche Formen und Übungen, Ausdehnung der Syntax auf die
verschiedenen Redetheile mit reichlichen Beispielen. Übersetzung der
römischen Lebensbeschreibungen des Lhomond mit der gewöhnlichen analytischen
Übung. Übersetzungen aus dem Italienischen ins Lateinische schriftlich und
mündlich, deren Berichtigung theils in, theils außer der Schule
erfolgt.
3. Classe: wöchentlich 6 Stunden
Beendigung der
regelmäßigen Syntax, wobei jeder Theil durch Übersetzungen aus der einen in
die andre Sprache begründet werde.
Für die Übersetzung Cornelius Nepus
und Pheidrus. Der Lehrer supplirt die figürlichen und ungewöhnlichen
Redeformen.
4. Classe: wöchentlich 6 Stunden
Prosodie und
Versifikation, grammatikalische Figuren.
Übersetzung des Gallischen
Krieges von Cäsar. Die Elegien des Ovids zur praktischen Übung der
Verse.
Themen zur Übersetzung: grammatikalische Betrachtungen über die
Texte, die Erklärungen oder figurirte Theile.
5. Klasse: 6 Stunden
wöchentlich
Sallust, Cäsar de bello civili und die Verwandlungen
Ovids.
Praktische Stilübungen über die Tropen, geschichtliche und
mythologische Erklärungen.
Aufgaben zur Übung in lateinischen
Erzählungen.
6. Klasse: wöchentlich 6 Stunden.
Livius: einige
Eklogen und die Aeneide des Virgil, Oden von Horaz, ausgewählte Briefe des
Cicero.
Betrachtungen und Erklärungen über Inhalt und Stil: lateinische
Themen.
7. Classe: wöchentlich 4 Stunden
Reden des Cicero. Aeneide
und Georgiken des Virgil, Oden von Horaz.
Filologische Betrachtungen und
geeignete Erklärungen. Übungsaufgaben.
8. Klasse: 5 Stunden
wöchentlich
Tacitus und Cicero: die Poetik und Episteln des Horaz – mit
den nöthigen filologischen Erläuterungen.
Übung in lateinischen Themen
zur Vorbereitung für die Maturitätsprüfung
(von der 3. Classe angefangen
müssen sich die Schüler auf die Textübertragungen in der Schule häuslich
vorbereiten).
Griechisch
Von der 3. Klasse an 4 Stunden wöchentlich.
Von der 3. bis
zur 6. Klasse einschließlich werde die Grammatik geübt, nach der für die
lateinische Sprache entworfenen Methode. Übersetzung der Esopischen Fabeln,
der Ciropädie des Xenophon und der Iliade
7. Classe: Iliade und
Xenophon
8. Classe: Herodot und Iliade.
Italienische Sprache
Durch die ersten 4 Classen des Untergymnasiums
wöchentlich 3 Stunden.
Von der 1. Bis zur 3. Klasse Leseübungen und
leichte Stilübungen. Correkturen, wie für das Latein, sowohl in den Formen
als auch in der Syntax und Rechtschreibung.
4. Klasse: Italienische
Versifikation, prosaische und poetische Beschreibungen mit grammatikalischen
und sprachlichen Erklärungen, mit Zugrundelegung von geeigneten
Lesebüchern.
Für die 5. und 6. Klasse 3, für die 7. 2 für die 8. 4
Stunden wöchentlich
5. Klasse: Geschichte der italienischen Literatur
vom Beginne bis zum 15. Jahrhundert. Eine Abhandlung über den Stil und die
verschiedenen Arten der Prosa und Poesie.
Themen zu schriftlichen
Übungen geeigneten Inhalts.
6. Klasse:
Literatur des 16.
Jahrhunderts
Fortsetzung der Abhandlung über Prosa und Poesie
Themen
wie für die 5. Klasse
7. Klasse:
Literatur des 17. und 18.
Jahrhunderts mit Übungsstücken
8. Klasse:
Lektüre des Dante,
Petrarka und Boccacio, um den Schülern eine hinreichende Idee ihrer Werke zu
geben. Filologische ästhetische Übungen. Compositionen, wie in der 7.
Classe. Die Schüler sollen zu eigenen Ausarbeitungen angeleitet und zu
Gedächtnisübungen angehalten werden.
(der Lehrer des Obergymnasiums
halte die Classiker der verschiedenen Sprachen, lateinische, griechische und
italienische zur Bildung des Geschmacks aneinander.
Für jede Classe muß
ein eigenes Lesebuch vorhanden sein.
Geographie und Geschichte
Durch alle Klassen, für jede wöchentlich 3
Stunden, mit einem geeigneten Lesebuche.
1. Klasse:
Einleitende
Kenntnis zum Verständnis der Geografie und Definitionen. Logische politische
und etnografische Geografie.
Allgemeine Übersicht des Globus, nehmlich
der Meere, Erde, Gebirge, Thäler usw. Eintheilung der Erde im Großen und
insbesondere nach den Nationen und Staaten, insbesondere von Europa.
2.
Klasse:
Allgemeine Übersicht der alten Welt, Beschreibung der damals
bekannten Länder, verbunden mit deren Geschichte bis zum Jahre 456.
3.
Klasse:
Geschichte des Mittelalters und moderne Geografie, im
Zusammenhange mit der Staatengeschichte, insbesondere Oesterreichs
4.
Klasse:
Fortsetzung hievon.
5. Klasse:
Übersicht der alten
Geschichte von Ägypten,
Karthago, China und vorzüglich von
Griechenland und Rom mit der
Geografie der behandelten Länder
6. Klasse:
Fortsetzung, zugleich
mit der Archäologie und Kulturgeschichte der Staaten des Alterthums.
7.
Klasse:
Übersicht der mittelalterlichen und modernen Geschichte, der
größeren Fassungskraft der Schüler angemessen.
8. Klasse:
Allgemeine
Weltgeschichte nach ihrer logischen Anordnung.
Mathematik
1. Klasse: wöchentlich 2 Stunden
Arithmetik – die vier
Rechnungsarten und gemeine Brüche, mit Anwendung auf Beispiele. Abkürzungen
der Rechnungsarten, Theilbarkeit der Zahlen, der größte gemeinschaftliche
Theiler
Geometrie: Allgemeine Bemerkungen über Linien, Flächen, Körper,
Winkel, Parallellinien, Figuren, ihre grafische Construktion, ihre leicht
darstellbaren Beziehungen und Eigenschaften.
2. Klasse: wöchentlich 2
Stunden
Arithmetik: die vier Rechnungsarten mit Dezimalen, Verwandlung
gemeiner Brüche in Dezimalbrüche und umgekehrt. Auseinandersetzung des
Decimalsistems für Gewichte, Maße usw. und Übung desselben auf konkrete
Fälle.
Geometrie: Eigenschaften ebener geometrischer Figuren und
Berechnung ihrer Größe, die einfachsten Fälle der Umbildung äquivalenter
Figuren und der Untertheilung derselben.
3. Klasse: wöchentlich 3
Stunden
Arithmetik: Arithmetische Proportionen und Progressionen.
Einfache Regel-de-tri, gerade und verkehrt: Nutzenwerdungen, Kenntnis der
einfachsten algebraischen Zeichen zur Erklärung numerischer Gleichungen des
ersten Grades mit einer Unbekannten.
Geometrie: Der Kreis und seine
Eigenschaften, Berechnung des Umfanges und Flächenraumes, Theilung des
Umfanges und Messung der Winkel.
4. Klasse: wöchentlich 3
Stunden
Arithmetik: vorläufige Kenntnis der Algebra als Hilfe für die
Arithmetik. Die 4 Rechnungsarten und die Brüche mit algebraischen Zeichen
dargestellt. Anwendung auf die Erhebung zu Potenzen und Ausziehen der
Wurzeln (Quadrat- und Cubikwurzeln) mit geraden Zahlen und
Wurzeln.
Geometrie: Anwendung auf 3 Ausdehnungen. Über Flächen und
zolindrische Winkel: Entstehung de geometrischen Hauptformen, ihre
Eigenschaften, Art, ihr Volumen zu berechnen.
Für die 5. und 6. Klasse
wöchentlich 3, für die 7. Wöchentlich 5 Stunden.
In dem Obergymnasium
wird die Algebra, Geometrie, die ebene Trigonometrie, die Anfangsgründe der
Kegelschnittlehre und der Anwendung von Algebra auf die Geometrie
sistematisch behandelt auf Grundlage der Elementarmathematik und der im
Untergymnasium erworbenen Kenntnisse.
Naturgeschichte und Fisik
Durch die ersten 4 Classen wöchentlich zwei
Stunden.
1. Klasse: Über Naturwesen im Allgemeinen. Zoologie –
Classifikation der Thiere nach ihrem Charakter
2. Klasse:
Fortsetzung
3. Klasse: Mineralogie. Allgemeines, Classeneintheilung –
Beschreibung der für den gemeinen Gebrauch wichtigsten Mineralien.
4.
Klasse: Populäre Physik.
Allgemeine Eigenschaften der Körper. Die
Inponderabilien – ihre Phänomene, insbesondere Wärme und Elektrizität
5.
Klasse: 4 Stunden wöchentlich
Zoologie in weiterer Ausführung.
6.
Klasse: 4 Stunden wöchentlich
Mineralogie – Botanik – Allgemeines über
Vegetabilien, Sistem des Linné und
natürliche Methode von Jussieu.
7. Klasse: 5 Stunden
wöchentlich
Sistematische Fisik in ganzem Umfange und nach der in Liceen
gebräuchlichen Methode.
8. Klasse: 5 Stunden
Fortsetzung der
Physik
Philosophie
für die 8. Klasse wöchentlich 2 Stunden.
achte Klasse:
Empirische Psichologie und formale Logik
für die 7. und 8. Klasse
wöchentlich in 2 Stunden an die Stelle des Religionsunterrichtes
Moralphilosophie.
Deutsche Sprache und Literatur
wie bisher
Gedanken über einige wesentliche Reformen in den höheren
Universitätsstudien des Lombardo-Venetianischen Königreichs.
Von Luigi Borroni Provinzialdelegat der
Provinz Pavia
A. Allgemeine Betrachtungen
I. Vorerst ist es nothwendig, daß die Studierenden die Hochschule besser
unterrichtet betreten wie bisher. Die Gymnasialreform und die
Maturitätsprüfung wird hoffentlich diesem Übel abhelfen. Indessen schiene es
nützlich, daß auch in den einzelnen Studien, in welche die Universität sich
theilt, die Zöglinge verhalten würden, eine schriftliche Probe ihrer
Vorbildung abzulegen, was damit erreicht werden könnte, wenn ihre Prüfung
ein solches schriftliches Elaborat forderte, auch könnte während des
laufenden Schuljahres der Studierende zur Abgabe eines schriftlichen
Elaborates verhalten werden, woraus der Professor doch entnehmen könnte, ob
er die Gabe, seinen Gedanken eine entsprechende Form zu geben,
besitze.
II. Die besten dieser Arbeiten sollen durch die Zuerkennung
einer Preismedaille ausgezeichnet werden, und zwar jährlich für jede der
Fakultäten oder Studienkurse. Mit dieser Medaille ist der Vortheil der
Militair- und Schulgeldbefreiung verbunden.
III. Um ein reiferes
Verhältnis der Professoren unter sich und mit den Studierenden herzustellen,
möge ein Lehrkabinet gegründet werden, sowohl zum Behufe gegenseitiger
Besprechung, wie auch zu musikalischen Produktionen usw. Auch die Herausgabe
eines Universitätsjournal kann damit in Verbindung gesetzt werden. Die
Kosten hätte die Universitätskasse zu tragen. Aber freilich paßt diese
Neuerung nicht für den gegenwärtigen Ausnahmszustand.
IV. Die Anwendung
der Lern- und Lehrfreiheit auf die italienischen Universitäten bedarf einer
gewißen Einschränkung; aber das frühere Prüfungssistem unterdrückte die
jugendlichen Geister und beengte die Professoren.
V. Der rechte Weg
liegt zwischen beiden.
Die wichtigsten Fächer jeder Fakultät seien für
den Studierenden obligat, er hat sich mit jedem Semester in ein Collegium
einschreiben zu lassen, und zwar wenigstens im Belaufe von täglich 4
Stunden. Der Besuch muß ununterbrochen stattfinden, daher das gewöhnliche
Nachnameverlesen und die Classifikation des Besuches und akademischen
Verhaltens beizubehalten ist. Zur Überwachung des Fleißes soll jeder
Professor Schulübungen abhalten, auch die Prüfungen sollen beibehalten
bleiben, jedoch nicht in der Art der früheren Semestralprüfungen, sondern
so, daß die Gegenstände jeder Fakultät in Gruppen zusammengestellt werden
und hierüber eine Comission prüfe. Die erste Prüfung könnte nach Ablauf der
ersten beiden Jahre, die zweite nach Ablauf des dritten Jahres usw.
stattfinden. Diese Gruppen hätten die obligatorischen Gegenstände aus jenen
zu enthalten, welche der Studierende innerhalb des geforderten
Collegienausmaßes sich frei gewählt hat. Für die Einrichtung der Comission
ist jene der Staatsprüfungskomission vollkommen maßgebend.
VI. Die
Lehrfreiheit stößt auf viele Schwierigkeiten, denn die Privatdozenten wären
für den Unterricht ein Schaden, da sie um sich Zuhörer zu zügeln, das
Ansehen der Professoren schmälern müßten, was bei der Zerrissenheit der
italienischen Zustände sehr bedauernswerth wäre, abgesehen davon, daß Fremde
einen schweren Stand hätten und daher im Kurzen das ganze Institut der
Dozenten in den Händen der Pavesen wäre.
Das Abhilfemittel wären die
Adjunkten, für jedes Studium nach dem Erfordernis in größerer und kleinerer
Anzahl. Sie werden mittelst Conkurselaborates angestellt, beziehen einen
jährlichen Gehalt von 3–400 fl. aus der Universitätskasse und werden auf 3–4
Jahre angestellt.
Nach der Anzahl ihrer Zuhörer in besonderen Collegien
beziehen sie außerdem noch einen Antheil an den eingehenden Schulgeldern aus
der Universitätskasse. Jeder Adjunkt wird für ein oder zwei von einem
Professor versehenen Fächer angestellt. Seine Pflicht ist, den Professor zu
suppliren, wenn er länger als eine Woche an seinen Vorlesungen verhindert
ist, ferner einige Specialkurse über jene Gegenstände, für welche er
habilitirt ist, zu lesen, entweder aus der Materie, für welche ein Professor
bestellt ist oder für welche keiner besteht.
VII. An die Stelle der an
anderen Universitäten üblichen Honorare hätte ein jährliches Schulgeld von
20 Gulden für den Semester zu treten, welches den Fond der Universitätskasse
bildet. Unbemittelte ausgezeichnete Studenten werden von der Entrichtung
befreit. Aus diesem Fonde werden die Adjunkten bezahlt und die übrigen
Auslagen bestritten. Der Rest werde unter das Unterrichtspersonale nach der
Zuhöreranzahl vertheilt.
VIII. An die Stelle des Rectors an anderen
Universitäten blieben der bisherige Direktor, da nicht jeder Professor die
nöthigen administrativen Kenntnisse besitzt. Oder es müßten wenigstens die
Dekane und Rektoren auf mehrere Jahre und letzterer nicht nach der
Anciennität, sondern nach seiner Geeignetheit und seinen Verdiensten hiezu
ernannt werden.
B. Über die verschiedenen Studien insbesondere
I. Das theologische Studium
Die Universität Pavia entbehrt seit 1796 das theologische
Studium, die österreichische Regierung stellte im Jahre 1815 nur jenes zu
Padua her. Diese
Ungleichheit hätte aufzuhören, der Kostenpunkt ist nicht bedeutend, indem
die theologischen Professoren einen minderen Gehalt beziehen. Als
Unterrichtslokal könnte wie in Padua das bischöfliche Seminar verwendet werden.
Unterrichtsplan, wie Einflußnahme auf die Anstellung der Professoren ist
Sache der Bischöfe.
II. Das juridisch-politische Studium
Die Modifikationen desselben
lassen sich auf folgendes zurückführen:
1. Die Anreihung einiger bisher
nicht gehörig vertretenen Fächer als
a. Politisches und administratives
Recht und dessen Gesetzgebung, bisher dem Professor der politischen
Wissenschaften zugetheilt, daher nur ungenügend vertreten.
b.
filosofisches und positives Strafrecht, jetzt durch den Professor des
Naturrechts versehen, eines Gegenstandes, der gehörig vorgetragen, ohnehin
ein ganzes Jahr in Anspruch nimmt.
c. Eine ins Einzelne gehende
Behandlung der Finanzwissenschaft und ihrer Gesetzgebung. Für diese 3
Gegenstände wäre jedoch nur eine neue Professorenstelle nothwendig, da die
Finanzwissenschaft dem Professor der Statistik, der ohnehin nur täglich eine
Stunde liest, zugetheilt werden könnte, welcher daher in einem Semester
Statistik, in dem anderen die Finanzwissenschaft vorzutragen hätte. Das
Administrationsrecht könnte der Professor des Naturrechts übernehmen und der
Professor des Kirchenrechts mit Beschränkung dieses Gegenstandes auf einen
Semester, die Staatsrechnungswissenschaft, wodurch eine eigene Stelle hiefür
in Ersparung käme. Sollte er jedoch hiezu nicht geeignet sein, so könnte sie
durch einen der Adjunkten vorgetragen werden.
2. Auch müßte vorgesorgt
werden, daß andere Zweige der Wissenschaft, wie Rechtsgeschichte, Bergrecht
und Internationales Recht vorgetragen werden, wofür vorzugsweise die
Adjunkten zu bestellen wären.
3. Die Studierenden sollten verhalten
werden, in ihrem Quadriennium einen Curs der Philosophie und der Geschichte,
an der filosofischen und der gerichtlichen Medizin an der medizinischen
Fakultät zu hören.
Auf diese Weise würden sich die Studien in
obligatorische und freie scheiden:
Die obligatorischen wären auf die
geeignetste Anzahl und Studienzahl zu beschränken, um den Studierenden freie
Wahl unter den übrigen zu lassen.
Folgende wären etwa
obligatorisch:
1. Kirchenrecht, 1 Semester
2. Positives Strafrecht,
1 Semester
3. Römisches Recht, 2 Semester
4. Österreichisches
Civilrecht, 2 Semester
5. Handels- und Wechselrecht, 1 Semester
6.
Administrationsrecht, 1 Semester
8.[sic!] Civilgerichtsordnung, 1
Semester
Auf diese Art enthielte das Quadriennium 9 Semester, während
welchen Zeitraumes der Studierende auch andere besuchen kann, und um ihn
diesfalls zu binden, wäre überhaupt der Ausweis über 14 besuchte
Semestralcurse, ungerechnet die filosofischen, zu verlangen.
Die
Prüfungen wären dann: deren erster sich der Student beim Beginne des 3.
Jahres, der zweiten nach Beendigung desselben und der letzten nach
Beendigung seines letzten Curses zu unterziehen hätte.
Die Gegenstände
des ersten Examens wären:
1. Kirchenrecht
2. Politisches und
Administrationsrecht
3. Drei andere nicht obligate Gegenstände
Für
das zweite Examen:
1. Römisches Recht
2. Österreichisches
bürgerliches Recht
3. Ein nicht obligater Gegenstand
Für das letzte
Examen:
1. Positives Strafrecht
2. Handels- und Wechselrecht
3.
Civilprozeß
4. Zwei nicht obligate Gegenstände, jedoch derart, daß in
einer der Prüfungen das Finanzrecht und die Nationalökonomie miteinbegriffen
sei.
Die an einer anderen Fakultät gehörten Curse bilden keinen
Gegenstand der Prüfung des juridischen Studiums.
Die
Unterrichtsgegenstände wären also folgende:
1. Filosofisches Recht
frei
2. Rechtsgeschichte frei
3. Statistik von Europa und
Oesterreich frei
4. Positives internationales Recht und Diplomatik
frei
5. Politische und ökonomische Wissenschaften frei
6.
Finanzrechtswissenschaft frei
7. Bergrecht frei
8.
Staatsrechnungswissenschaft frei
9. filosofisches Strafrecht und
positives Strafrecht, das positive obligat
10. Kirchenrecht
obligat
11. Administrationsrecht obligat
12. Römisches Recht
obligat
13. Österreichisches Civilrecht obligat
14. Handels- und
Wechselrecht obligat
15. Civilprozeß obligat
16. Besondere Curse der
Adjunkten
17. Geschichte und Philosophie an der filosofischen
Fakultät
III. Die philosophischen Studien
Die neue Einrichtung der filosofischen
Fakultät ist dem Standpunkte der Wissenschaft und der Vorbildung der
Studierenden angemessen.
Nur wäre vorzuschreiben:
1. daß einige
Gegenstände dieser Fakultät für die Studierenden der Rechte, Medizin und
Mathematik zu frequentiren seien und
2. daß niemand an einer
filosofischen Fakultät oder an einem öffentlichen Gymnasium Lehrer werden
könne, wenn er nicht das filosofische Studium an einer Fakultät des Reichs
besucht und den Doktorsgrad aus seiner Sektion gewonnen hat, dessen
Unterrichte er sich widmen will. Es theilen sich nehmlich die filosofischen
Fakultätsgegenstände in zwei natürliche Sektionen:
a. die
filosofisch-literarischen
b. die naturwissenschaftlichen.
Zu
ersterer gehören:
1. die Philosophie und ihre Zweige
2. die
Geschichte mit ihren Hilfswissenschaften, Archäologie, Numismatik, alte
Geog[ra]fie usw.
3. Erziehungskunde
4. Lateinische
Literaturgeschichte und Philologie
5. Griechische Literatur und
Philologie
6. Italienische Literatur
7. deutsche Sprache und
Literatur
Zur zweiten gehören:
1. Physik
2.
Naturgeschichte
3. Botanik
4. Chemie
5. Ackerbaukunde
6.
höhere Geometrie und Einleitung in die höhere Mathematik
7. das
Zeichnen
Diese beiden Sektionen haben auch verschiedene Grade für sich
und es reicht hin, daß der Candidat sämtliche Gegenstände gehört habe, ohne
sich den strengen Prüfungen aus beiden Sektionen zu unterziehen.
Auch
andre Gegenstände können als freie vorgetragen werden, wobei die Adjunkten
einen vorzugsweise großen Spielraum haben.
Das ganze Studium könnte in
drei Jahrgänge vertheilt werden, wovon 2 für jeden obligatorisch sind,
welcher das Zeugnis des Licentiats über dieses Studium zu erhalten oder
Doktor aus einer Sektion zu werden wünscht, alle 3 Jahre aber für jene,
welche aus beiden Sektionen das Doktorat ablegen wollen. Auch hier müßten
die Prüfungen nach dem für die juridische Fakultät vorgeschlagenem Sisteme
gemacht werden, ausgenommen jene Studierenden, welche einer andern Fakultät
angehören.
Auch wäre an dieser Fakultät die Errichtung eines Instituts
zur Bildung von Gymnasiallehrern sehr anzuempfehlen.
IV. Mathematisches Studium
Dieses ist seit Jahren mit der Universität
verbunden und möge dabei bleiben. Es verlangt wenige Modifikationen,
vielleicht nur eine Vervollkommnung nach der praktischen Seite hin. Auch das
mathematische Studium für Architekten und Ingenieure ist in
Italien bei der Universität und es sind daraus
ausgezeichnete Ingenieure hervorgegangen. Es wäre schade, dieses abzutrennen
und in einer besonderen polytechnischen Schule zu vereinigen, wie dies
anderwärts der Fall ist. Auch die Comission in Verona
sprach sich einstimmig für diese Belassung aus, wie dies aus dem von
Ambrosoli veröffentlichten
Aktenmemorandum ersichtlich ist.
V. Medicinisch-chirurgisches Studium
In diesem Theile schienen
nachfolgende Betrachtungen erfüllenswerth:
1. Die Lehrkanzel des
chirurgischen Unterrichts solle wiederhergestellt werden.
2. Daran
knüpfe sich ein Unterricht, den man Encykopädische Einleitung in die
medizinisch-chirurgischen Wissenschaften nennen könnte, über Ursprung,
Forstschritt und Wichtigkeit der Medizin. Hiefür kann ein Adjunkt bestellt
oder hiemit einer der minder beschäftigten Professoren beauftragt
werden.
3. Die Pathologie werde von der Pharmakologie getrennt und für
jede dieser Wissenschaften eine eigene Lehrkanzel bestellt, da ein Professor
hiefür nicht genügt.
4. E werde eine Lehrkanzel der pathologischen
Anatomie errichtet.
5. Nach Beendigung des theoretisch-praktischen
Kurses an der Universität haben die Studierenden noch durch 1 Jahr ein
größeres Spital zu besuchen.
6. Der Unterricht in der Veterinärkunde sei
nicht obligat und solle als freier Gegenstand durch einen Adjunkten
vorgetragen werden.
7. Bei Übertragung der Naturwissenschaften an die
filosofische Fakultät sind die Studierenden der Medizin anzuweisen:
a.
zwei Kurse der Botanik zu hören und sich der bezüglichen Licenzprüfung zu
unterziehen.
Hiezu ist nöthig, daß der botanische Unterricht auf zwei
Semester ausgedehnt werde, deren erster die Organografie, die Fisiologie und
Morfologie der der Pflanzen, der zweite den sistematischen und praktischen
Theil umfaßen soll.
b. in gleicher Weise die Mineralogie und Zoologie zu
hören, wofür 2 Lehrkanzeln zu bestellen sind.
c. daß ein eigener Kurs
für allgemeine Chemie bestellt werde, welcher auch die organische
umfaßt.
Der durch diese Lehrkanzeln gebothene Mehraufwand wird leicht
durch die Ausscheidung des niederen und höheren chirurgischen Studiums von
der Universität und durch das Aufgeben der Lehrkanzel der Veterinärkunde
gedeckt.
VI. Farmaceutisches Studium
Dieses ist gegenwärtig in
Italien sehr herabgekommen, vorzüglich durch den
mangelhaften Universitätsunterricht. Zur Verbesserung desselben dienen
folgende Vorschläge:
1. Auch der Farmaceut hat das ganze Gymnasial- und
Lycealstudium zurückzulegen.
2. Die praktischen Jahre, gegenwärtig 8,
sind auf 4 zu beschränken, wovon er zwei schon während seines
Gymnasialstudiums, die anderen beiden nach beendetem Universitätskurs
zurücklegen kann.
3. Auf der Universität habe der Farmaceut zu
hören:
a. Mineralogie, 1 Semester
b. Zoologie, 1 Semester
c.
Botanik, zwei Semester
d. Allgemeine und organische Chemie, 2
Semester
e. Farmaceutische Chemie, wenigstens 1 Semester
f.
Farmakologie beschränkt auf die Warenkunde, 1 Semester, da eine Ausdehnung
dieser Lehre auf die Wirkung der Medikamente in der Praxis zu Mißbräuchen
Anlaß geben könnte. Dieser Unterricht kann durch einen Adjunkten oder durch
den Professor der Mineralogie und Botanik oder auch durch jenen der Materia
medica gegeben werden.
In den medizinisch-chirurgischen Studien sollen
an die Stelle der Adjunkten die gegenwärtigen Assistenten für jene
Professoren bestellt werden, die nicht eigene wissenschaftliche Cabinette
oder praktische Demonstrationen haben. Diese Assistenten werden nur auf zwei
Jahre bestellt, denn bei ihnen, die eine lohnende Praxis vor sich haben, ist
eine weitere Aufmunterung zur Ausbildung nicht so nöthig, wie bei dem
Naturwissenschafter usw.
C. Prüfungen, Promotionen und Academische Grade
1. An der juridisch-politischen Facultät
Auch das Sistem der strengen
Prüfungen bedarf einer Änderung. Gegenwärtig ist es eine Plage für alle
Professoren.
An der Universität
Pavia werden jährlich bei 100 Doctoren promovirt, daher
jährlich mehr als 400 Prüfungen mit einem Zeitaufwande von 800 Stunden, der
weder der Wissenschaft noch dem Staate zu Gute kommt. Es ist nicht
nothwendig, daß über das Wissen des Candidaten, wie bis nun, 10 Personen
entscheiden, auch ist dies nicht einmal sicher, weil sich eine auf die
andere verläßt und die Verantwortlichkeit sich unter viele theilt.
In
der Folge sollen diese strengen Prüfungen vor einer Comission abgelegt
werden, welche nur [sic!] den Professoren der betreffenden
Prüfungsgegenstände unter dem Vorsitze des Direktors oder Dekans mit
Beiziehung höchstens eines Professors der verwandten Fächer stattfinden.
Diese Prüfungen sollen auf 3 mündliche und eine schriftliche beschränkt
werden. Jede der mündlichen umfaßt eine bestimmte Anzahl obligater und
freier Fächer, und zwar sollen zum Unterschiede von den Staatsprüfungen,
abgesehen von der größeren Strenge bei den Prüfungen, die Candidaten zwei
Curse mehr ausweisen und Proben eines gründlichen und speciellen Wissens im
positiven Gesetzfache abgeben. Bei der schriftlichen Prüfung hat der
Candidat die Wahl der Wissenschaft, die Fragen, 2 und 3 werden von dem
Prüfungskörper bestimmt.
Hiebei können zur Zeitersparnis an einem Tage
mehrere Kandidaten unter Überwachung ihre Elaborate machen. An den Taxen für
die Rigorosen nehmen nur die wirklich Prüfenden Theil. Das Urtheil über das
Elaborat fällen sämtliche Professoren.
2. In den übrigen Fakultäten
würden an die Stelle der Staats- die Licentiatsprüfungen treten. Die
Unterrichtsgegenstände wären in 2–3 Sektionen und Zeitabschnitte zu theilen.
Die Prüfung erfolgt vor einer Comission von Professoren. Das
Licentiatszeugnis giebt, gleich dem gegenwärtigen Absolutorium, den Nachweis
über den zurückgelegten gesetzlichen Kursus.
In der mathematischen,
medizinisch-chirurgischen Fakultät und bei den farmaceutischen Studien giebt
dieses Zeugnis kein Recht zur Praxis, wenn nicht das Doktorat
hinzutritt.
Die Laureatsprüfungen an jeder dieser Fakultäten, welche
strenger als gegenwärtig sein müssen, haben auch alle jene neuen Gegenstände
zu umfaßen, die noch hinzukommen sollen, in derselben Weise und Vertheilung
wie bei dem juridisch-politischen Studium.
In der
medizinisch-chirurgischen Fakultät sind besondere Grade für Geburtshilfe,
Augenheilkunde und Chemie nicht nothwendig. Insoferne Mediziner und
Farmaceuten sich Prüfungen aus filosofischen Fächern zu unterziehen haben,
sind die betreffenden Professoren die Examinatoren, unter dem Vorsitze des
medizinischen Direktors oder Dekanes, wie überhaupt der Studierende während
seiner Studien von jenem Direktor abhängig ist, unter dessen Leitung mit
Rücksicht auf seine künftige Bestimmung seine Berufsstudien stehen.
Die
strengen Prüfungen für Farmaceuten können auf 2 zurückgeführt werden, nur
wenn der Candidat schon den Doktorsgrad für die Sektion der
Naturwissenschaften hat, auf 1 Prüfung aus den noch übrigen Gegenständen.
Dasselbe könnte für die medizinisch-chirurgischen Studien gelten.
Die
Promotion ist gegenwärtig eine abgelebte lächerliche Förmlichkeit geworden.
An deren Stelle sollte das Vortragen einer kurzen wissenschaftlichen
Abhandlung treten, welche früher dem Professor des betreffenden Gegenstandes
zur Approbation vorgelegt wurde. Für jede Fakultät werde namentlich 1 Tag
für diese Promotionen bestimmt, wobei jedoch nur ein Kandidat einen Vortrag
hält, worauf einer der Professoren (im Turnus) einen andern kurzen Vortrag
hält, wie es früher üblich war. An dieser Promotion nehmen die Professoren
der Fakultät oder Sektion, für welche der Grad erlangt wird, theil.
Die
Taxe für jeden durch das Gesetz zur Prüfung berufenen Professor betrage 5
fl, sowohl für die strengen mündlichen als schriftlichen Prüfungen und die
Promotion. Jener Professor, welcher den Vortrag hält, erhalte außerdem noch
20 fl. Die Taxen für die Kanzlei und andere müßten verringert werden. Der
Betrag, welcher außerdem noch an die Kasse des Doktorenkollegiums zu
entrichten ist, würde mit dem Aufgeben desselben wegfallen, was auch
wünschenswerth wäre, da diese Collegien für den Unterricht ganz ohne Nutzen
sind, dem Staate keine Dienste leisten und oft mit dem Lehrkörper in Streit
und Hader sind.
Nach diesen Vorschlägen würde allerdings ein Theil des
Lehrkörpers an seinen bisherigen Bezügen beträchtlichen Abbruch erleiden.
Einen Ersatz hiefür könnte der projektirte Antheil an dem Schulgelde
biethen. Sollte aber dies nicht beliebt werden, so müßte allerdings die
Regierung eine billige Entschädigung leisten, wobei aber doch der Grundsatz
festzuhalten wäre, daß die fixen Gehalte aller Professoren gleich bemessen
seien.
Endlich bleibt noch der Wunsch auszusprechen, daß die
Universitätsferien mit halbem August beginnen möchten. Keine der
italienischen Universitäten, mit Ausnahme jener von Padua und Pavia, überschreitet diesen Termin.
Der Grund hiefür liegt in dem Clima, Temperamente und in der
Landesgewohnheit. Auch erzeugt der Monat August ungewöhnlich viele
Krankheiten und es ist eine mehrjährige Erfahrung, daß in diesem Monate
unter den Studierenden mehr Krankheit und Todesfälle eintreffen als alle
übrigen Monate zusammen.
Über den öffentlichen Unterricht im Lombardo-Venetianischen
Königreiche
6
Auszug aus einem Memorandum des
Antonio Corali
7
Der neue Gymnasiallehrplan hat so große Gebrechen an sich, daß er den
allgemeinen Wunsch nach Reformen erzeugt. Nach ihm geht das Studium der
literarischen und scientifischen Gegenstände parallel, wodurch Knaben von
unreifem Alter zum Studium vielfacher und weit auseinanderliegender
Gegenstände gezwungen werden, was in ihnen Widerwillen und Abmattung
hervorruft und ihr Gedächtnis auf Kosten einer freien Verstandesentwicklung
beschwert.
Im Ganzen scheinen die Gegenstände zu sehr zerstückelt und
der Unterricht in homogenen Fächern zu wenig koncentrirt. Dies die
allgemeine Klage verbunden mit dem Wunsche zur Rückkehr auf das frühere
Studiensistem, mit Beseitigung seiner Mängel dadurch, daß die Kluft zwischen
den Gymnasien und Lizeen getilgt werde, indem auch in erstern die
vorzüglichsten Resultate der Wissenschaft eingeführt werden.
Das
Comunalgymnasium von Verona ist ein sehr altes
Institut, der Bevölkerung sehr werth und der Lehrkörper erfreut sich des
öffentlichen Vertrauens im hohen Grade, so daß es bei weitem mehr Schüler
zählt als das öffentliche Gymnasium.
Der Comunalrath hat in seiner
Sitzung am 6. Juli vorigen Jahres einstimmig beschloßen, es zu einem
Lycealgymnasium durch Hinzufügung einer 7. und 8. Klasse zu erweitern,
welchem Ansuchen aber das Unterrichtsministerium mit dem Erlaße vom 18. Sept. 1852 Z.
19797 keine Folge gab.
Im nächsten Schuljahre kann es nicht mehr als
6-klassiges, sondern nur als 4-klassiges Gymnasium bestehen. Es scheint der
Wunsch der Bevölkerung gerechtfertigt, daß das Comunalgymnasium erweitert
werde, da es für eine so volkreiche Stadt ein wirkliches Bedürfnis ist und
das einzige bestehende vollständige Gymnasium hiefür nicht ausreicht, da
zudem das bischöfliche nur Alumnen zugänglich ist.
Memorandum über Realschulen
8
Von Dr. P[ietro] Baraldi, Direktor der
technischen Schule zu Mailand
Die Umwandlung der technischen Schule in eine Oberrealschule erfolgte durch
Minsterialerlaß.
Das Programm der neuen Schule biethet eine reiche Fülle
von Unterrichtsgegenständen, aber eine Fülle, welche nicht theilbar ist und
alle Schüler, ihr Beruf mag welch immer sein, sind gezwungen, sie zu lernen.
Zweckmäßiger wäre eine Theilung dieser Gegenstände in 2 Sektionen, eine
komerzielle und eine technische, und zugleich eine Vereinfachung der
Unterrealschule.
Übrigens ist diese Institution überhaupt eine Wohlthat,
wie dies der zahlreiche Besuch von 934 Schülern ausweist. Allein dies soll
nicht täuschen, denn alle jene, welche sich nicht den klassischen Studien
zuwenden wollen, aber auch mit der bloß elementaren Bildung nicht
abschließen, wenden sich der Realschule zu; doch aber beklagt man allgemein,
daß die Studierenden gezwungen sind, Zeit und Mühe so vielen
Unterrichtsgegenständen zuwenden zu müssen, anstatt sie auf die ihrer
künftigen Bestimmung mehr zusagenden konzentriren zu können. Es muß daher
wiederholt werden, daß eine Abtheilung der Schule in Sektionen das Mittel
wäre, diesem gerechten Wunsche zu entsprechen, wodurch das Institut an
Wirksamkeit gewönne, welche es in seiner gegenwärtigen Einrichtung nie
erlangen kann.