Der Statthalter der Lombardei Friedrich Moritz Burger erläutert Leo Thun, wie die Chancen stünden, dass Johann Fontana in die Finanzprokuratur nach Mailand versetzt werden könne. Der Statthalter schätzt die Chancen als gering ein, da der Vorstand der Präfektur, Johannes Cappellari, mit der Wahl nicht einverstanden sein wird. Burger glaubt, dass die Chancen für Fontana in Venedig am Besten stünden.
Mailand, 22. April 1855
Hochgeborner Graf!
Um Eurer Excellenz verehrten Wünschen zu entsprechen, war ich schon seit einiger
Zeit mit der Frage beschäftiget, ob und in wie fern es ausführbar erschiene,
Dr. Fontana den Weg zur lombardischen
Finanzprokuratur zu bahnen.
Er hat hier Alles, ohne Ausnahme, gegen
sich.
Der Finanzpräfekt und der ganze Rathskörper der Finanzpräfektur, zur
gremialen Berathung und Erstattung des Vorschlages berufen, würden für ihn nicht
stimmen. Der Präfekt, Cavaliere
Cappellari, sagte mir, er kenne aus seiner eigenen früheren
Dienstleistung bei der Hofkammer Fontana sehr
genau. Er schätze zwar seine Kenntnisse, tadle aber die ihm eigene Dialektik und
scheinbare Sophistik in der Behandlung fast aller Geschäftsmaterien, und finde
in den Schärfen seines Charakters und Temperamentes keine Bürgschaft für die
gedeihliche Leitung eines Amtskörpers mit zahlreichem Personale und großem
Geschäftsumfange.
Unter solchen Prämissen und da, wie ich besorge, beim
Finanzministerium eine mehr oder minder ähnliche Meinung sich festgesetzt haben
dürfte, denke ich, daß die Lombardie
Fontana kaum günstige Chansen bieten würde.
Auch fehlt es hier nicht an sehr starken Konkurrenten.
Günstiger dürfte, wie
ich höre, das Terrain für ihn in Venedig
stehen, wo gleichfalls zur Besetzung der Prokuratorsstelle die Verhandlungen im
Zuge sind. In Triest, wo Fontana die Verhältnisse aus früherer Zeit genau
kennt, ist die Prokuratorsstelle bei der Neuorganisierung eingegangen. Die
dortige Fiskalabtheilung soll einen Finanzrath an die Spitze erhalten, und es
steht sonach dahin, ob das Finanzministerium für dort bei der ersten Besetzung
ausnahmsweise einen Sektionsrath mit 3000 fl auf das Budget nehmen, und ob
Fontana einen solchen Platz erstreben
wolle.
Aus diesen Andeutungen mögen Eure Excellenz den Stand der Sachen
hochgeneigt überblicken, und mich zur Förderung Ihren wohlwollenden Absichten
in Betreff Fontana’s, so weit die
Verhältnisse dies immer ermöglichen, stäts bereit erklärend, bitte ich Eure
Excellenz die erneuerte Versicherung der unbegrenzten Verehrung und Ergebenheit
zu genehmigen, womit ich zu verbleiben die Ehre habe
Eurer Excellenz gehorsamster Diener
Burger
Mailand 22. April 1855