Franz Thun unterrichtet seinen Bruder Leo über das Bauprojekt eines neuen Ateliers für die Malerschule an der Akademie der Künste in Mailand. Franz Thun ist mit dem Vorschlag der Baubehörde allerdings nicht einverstanden, da dieser weder ausführbar noch für den beabsichtigten Zweck geeignet sei. Er favorisiert den von der Akademie geplanten Entwurf, weshalb er Ambrogio Nava aufgefordert hat, die Nachteile des Bauprojektes der Baubehörde darzulegen und um Ausführung des Entwurfes der Akademie zu bitten. Franz Thun bedankt sich schließlich dafür, dass sein Aufenthalt in Italien verlängert wurde, da er noch einige Dinge zu erledigen habe. Schließlich informiert er seinen Bruder, dass in Venedig ein Brücken- und Bahnhofsbau in Planung sei, welcher das Stadtbild negativ prägen werde.
Der Brief enthält mehrere unleserliche Stellen und Wörter.
Lieber Leo,
In meinem letzten Briefe habe ich vergessen dir zu sagen, daß ich die Erledigung
über den von der Mailänder
Academie vorgeschlagenen Bau eines neuen Ateliers für die
Malerschule und Prof. Hayez noch dort
gelassen habe. Derselbe hat den Bau und den von der Academie vorgeschlagenen [?]
abgeschlagen und sie beauftragt, sollten[?] wieder den von der Baubehörde in
Verona beantragten, Bedenken obwalten, diese
anzuzeigen.
Ich habe mich nun überzeugt, daß dieser letztere Vorschlag ohne
alle Localkenntnis gemacht wurde, unausführbar und wenn
ausgeführt zu dem beabsichtigten Zwecke unbrauchbar wäre, daß aber so die gegen
das Academieproject aufgeführte Einwendung, "daß dadurch der Hof verdorben
würde", aus der Luft gegriffen ist.
Die Baubehörde gibt den Umbau eines Theiles [?] der Academie zugewiesenen Räumen. In diesen
befanden sich aber die Anatomieschule und die Bibliothek – für
beide Bedürfnisse wäre kein anderer Raum vorhanden. Der nun zu
gewinnende wäre aber für die Malerschule gar nicht zu brauchen, denn er hätte
Reflexlicht von der sehr hohen Wand auf der anderen Seite des sehr schmalen
Hofes, in den die Fenster gehen. Überdies aber wurde dieser Umbau [?]
projektirter Einbau in einen anderen sehr großen, in künstlerischer Beziehung
aber ganz bedeutungslosen (von Ziegelmauern mit Luftlöchern
umgeben) Hof, den die Academie projektirt und der allen Bedürfnissen entspräche,
da man bei diesem die Rückwand bereits hat, es sich also nur um eine Bauseite wird und den 2 kurzen Seiten [?] handelt [sic!]. Ich
habe Nava also aufgefordert, bei
Nachweisung der Unthunlichkeit der Ausführung des Baudirectionprojekts, auch die
Einwendungen gegen sein Projekt zu entkräften und auf die Bitte um Ausführung
desselben zurückzukommen.
Ich arbeite auch jetzt redlich und komme noch gar
nicht zum sehen und genießen! Mir ist die Verlängerung hier ganz recht, um noch
mit dem ausgezeichneten Selvatico alles durchzusprechen und womöglich mit meinen
Vorschlägen ins Reine zu kommen. Eine schwere Sache, wo man
doch Prinzipien festhalten will und zugleich die Sache Individuen anpassen soll
und mit so verschiedenen Localverhältnissen zu thun hat. Glaube nur alter Kerl,
am guten Wille fehlt es nicht, wenns auch am Ende wieder heißt, "kommt Maus
raus".
Beifolgender Zettel [?]
Herzlich freuts mich durch Caroline zu hören, daß du wohl
bist!
Dein treuer
Franz
1853 25.7.
Eine wahre [?] hier sind mir die Neubauten!
[?] [?], wie mir scheint [?] [?]
der Statthalter er will eine neue Brücke am Anfang des großen Canals – eine
eiserne geradlinige Brücke – nicht in Bogen wie die Rialto,
ohne daß irgend eine Nothwendigkeit dazu ist und während ganz
Venedig
dagegen ist; während der jetzige Unterfahr[?] vollkommen
genügt, eine leicht zu öffnende Pontonbrücke, jedenfalls [?] genügen würde, die
feste dagegen den Schiffsverkehr stören, den Übergang, den man auch zahlen muß,
um nichts erleichtern, für die Armen, die unendgeltlich übergefahren werden,
sogar erschweren, – die Regatta aber wahrscheinlich unmöglich mache und die
gotische Ansicht des Canals zerstört wird! Auch der Erzherzog soll entschieden
dagegen sein, – und doch geschah's[?]!
Und ebenso elend soll der Plan zum neuen Bahnhofe sein!