Ministerialsekretär Ludwig Heufler sendet Leo Thun einen Bericht über
seine Dienstreise nach Siebenbürgen. Gleichzeitig mit diesem Brief
hat er auch einen amtlichen Bericht über die "Grundsätze für das
Volksschulwesen der griechisch-orientalischen (und
griechisch-katholischen) Kirche in Siebenbürgen" gesendet. Heufler
berichtet über seine Besprechungen über das Schulwesen: Insbesondere
die Rumänen waren über die Reformvorschläge erfreut und forderten zu
seiner Überraschung sogar die Aufnahme von Deutsch als
Unterrichtsfach in allen Trivialschulen. Auch Bischof Schaguna wird
diese Forderung in sein Gutachten aufnehmen. Heuflers Vorschlag,
Körperstrafen zuzulassen, wurde aber von allen strikt abgelehnt. Das
nächste Ziel von Heufler ist es, einen Schulrat einzuberufen, um mit
diesem möglichst rasch die Voraussetzungen für die Umsetzung der
Reform zu schaffen. Anschließend geht Heufler auf die Frage der Wahl
eines römisch-katholischen Bischofs für Siebenbürgen ein. Die
Stimmung in der Bevölkerung hinsichtlich einer solchen Wahl kann er
zwar erst auf seiner Reise in Erfahrung bringen, er ist jedoch der
Meinung, dass es grundsätzlich besser wäre, den Bischofsstuhl
definitiv mit einem Bischof, anstatt – wie derzeit geplant – mit
einem Vikar zu besetzen. Die Stimmung gegenüber den Katholiken ist
schlecht, denn Protestanten und Reformierte befürchten eine
neuerliche Bevorzugung der katholischen Kirche. Heufler versuchte
diese Befürchtungen bei all seinen Besprechungen zu zerstreuen.
Hinsichtlich der künftigen Verwaltungsorganisation Siebenbürgens
vertritt Heufler nach wie vor die Meinung, die er bereits mehrfach
angedeutet hatte – diese hat sich während seiner Reise sogar noch
verstärkt. Schließlich geht er auf den Vorschlag ein, in
Siebenbürgen eine Universität zu errichten. Er selbst ist für ein
solches Projekt. Er lässt daher auch den Einwand nicht gelten, dass
dadurch die Siebenbürger Sachsen nicht mehr im Ausland studieren und
infolge dessen in einen Provinzialismus zurückfallen würden.
In
der Beilage behandelt Heufler in kurzen Umrissen die Geschichte der
Universität in Klausenburg, von der Gründung der Universität im Jahr
1581 durch König Stephan Báthory bis zur Umwandlung in ein Lyzeum
durch Kaiser Joseph II. im Jahr 1787.
Beilage: Promemoria Heuflers zur siebenbürgischen Universitätsfrage.
Verweis auf A3 XXI D44, A3 XXI D47 und A3 XXI D61.
Kronstadt, 14. Mai 1850
Euere Excellenz!
Das gütige Schreiben Euerer Exzellenz habe ich während eines Fiebers erhalten,
das mich in Hermannstadt befallen hatte und es hat durch
die Ermuthigung, die ich daraus geschöpft habe, nicht wenig zu meiner schnellen
Genesung beigetragen. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen dafür. Die Sorge, mein
Geschäft auf die rechte Weise zu beginnen, lag wie ein Alp auf mir, nun habe ich
endlich den ersten Schritt gethan, und Euere Exzellenz werden fast gleichzeitig
mit diesem Schreiben den betreffenden amtlichen Bericht sammt Beilagen bekommen
haben.
Ich wünsche sehnlich, mit den „Grundsätzen für das Volksschulwesen
der griechisch-orientalischen (und griechisch-katholischen) Kirche in Siebenbürgen“ den Absichten Euerer Exzellenz
entsprochen zu haben und damit nicht zu weit gegangen zu sein. In dieser Sache
etwas sogleich zu thun, schien mir unerläßlich, die Initiative wollte ich aber
dem Bischof nicht überlassen, denn
der Gebende ist immer auf einem freieren Standpunkte als der Empfangende und hat
den Gegenstand mehr in seiner Gewalt. An einer als fertig hingestellten Sache
läßt sich nicht mehr viel modeln. So geschah es auch hier. Die der Berathung
zugezogenen Romanen waren über die guten Absichten, welche für sie aus den
„Grundsätzen“ hervorgingen, so freudig überrascht, daß sie noch weiter gingen,
als ich gewagt hatte, und sie forderten, daß in den Entwurf derselben
aufgenommen werden soll, die deutsche Sprache als Lehrgegenstand in allen
Trivialschulen ohne Ausnahme einzuführen. Nun war die Überraschung an mir; ich
dankte ihnen für diese freundliche Gesinnung und half dem Bischof Schaguna, diese Ansicht in das
amtliche und schriftliche Gutachten aufzunehmen, welches er mir über die
„Grundsätze“ mittheilen werde. So glaube ich, wird die Sache mehr Gewicht haben,
als wenn sie schon in meinem Entwurfe stehen würde.
In noch einem Punkte zog
ich den Kürzeren. Ich hatte nämlich Körperstrafen zugelassen. Ministerialrath
Bach sprach sich jedoch mit
Entschiedenheit dagegen aus und die Übrigen folgten ihm nach. Ich war nie weder
Vater, noch Erzieher, noch Schullehrer, kann also darüber aus eigener Erfahrung
nicht streiten; König Salomo war aber, soviel ich weiß, meiner Meinung.
Nach
dem entworfenen Reiseplan komme ich in der letzten Woche des Junius nach
Hermannstadt zurück. Ich werde dann sogleich den
Antrag über die Zusammensetzung des Schulrathes machen, nach der in meiner
Instrucktion enthaltenen Andeutung gleichzeitig die designirten Mitglieder als
Vertrauensmänner einberufen und mit ihrem Rath die definitiven Anträge einen
nach dem andern verfassen. Klappt alles gut, so kann dann hoffentlich doch zu
Anfang des nächsten Schuljahres einiges in Gang kommen, und ich komme bis zur
zweiten Hälfte August so weit, um meine Abberufung bitten zu können.
Wegen
des griechisch-katholischen Bischofes glaube ich voraussetzen zu dürfen, daß der
Minister des Innern Euerer
Exzellenz die Verhandlungen mitgetheilt hat, die darüber in den letzten Monaten
zwischen ihm und dem Siebenbürgischen Gouvernement gepflogen worden sind. Der
zum Vikar vorgeschlagene Pfarrer von Czik-Somlyo [Csíksomlyó] ist nach
Wien gesendet worden, um sich dort persönlich
vorzustellen. Die Stimmung sowohl über ihn als über den secundo loco
vorgeschlagenen Domherrn Alutan
kann ich erst auf meiner Reise erforschen, und werde Euerer Exzellenz darüber
berichten. Es ist aber überhaupt die Frage, ob es nicht besser wäre, den
Bischofstuhl gleich definitiv zu besetzen und zu dem Ende die Wahl vornehmen zu
lassen. Denn ein bloßer Vikar hat nie das Ansehen, die Macht und den Eifer eines
wirklichen Bischofes, und gerade die ungebildeten Romanen sehen mehr denn andere
auch darauf, daß sie sichtbar und greifbar durch ein rechtes Oberhaupt vertreten
seien, wie dieses jetzt bei dem nicht unirten Theile derselben auf eine so
vorzügliche Weise der Fall ist. Der katholische Pfarrer in
Kronstadt, ein für seine Religion sehr eifriger Mann,
ist voll Besorgnis wegen des Übertrittes der Unirten und meint, daß von allen
Maßregeln, dieses zu verhindern, die Wahl eines Bischofes die dringlichste
sei.
Udvarhely, den 26. Mai
Ich wollte nicht schließen, ohne auch über die anderen Punkte des Schreibens
Euerer Ezellenz etwas wenigstens einigermaßen Befriedigendes schreiben zu können
und hoffte, auf der Fortsetzung meiner Reise mich dazu befähigter zu machen. Was
zuerst den Eindruck der neuesten kaiserlichen Entschließungen über die
katholische Kirche betrifft, habe ich einen solchen bis jetzt nur in
Hermannstadt, Kronstadt und
Udvarhely beobachten können. Die anderen Orte des
Szecklerlandes, in denen ich bis jetzt
war, sind zu klein und zu abgelegen und kaum sind dort Zeitungen zu finden.
Sowohl bei den Evangelischen als bei den Reformirten ist dadurch die Furcht
verbreitet worden, als beabsichtige die Regierung von neuem die Bevorzugung der
katholischen Kirche. Diese Furcht ging so weit, daß man bereits von der Rückkehr
der Jesuiten sprach. Ich habe keine Gelegenheit versäumt, diese irrigen
Ansichten zu verbessern und eine ähnliche Regulirung der Verhältnisse der
anderen Confessionen in nahe Aussicht zu stellen. Euere Exzellenz werden
nächstens in dieser Angelegenheit unmittelbar mit dem Präsidenten des
evangelischen Oberconsistoriums sprechen können. Derselbe (Geheimrath von Bedeus) reist
nächstens als Vertrauensmann in Steuerregulirungsangelegenheiten nach
Wien.
Übrigens ist die ganze Sache für Siebenbürgen für den Augenblick von keiner
pracktischen Bedeutung, denn diese Entschließungen gelten wohl nur für die
Länder, für die das Patent der Grundrechte erflossen ist.
Über die künftige
Organisirung Siebenbürgens habe ich meine
ursprüngliche Meinung noch nicht geändert, ja im Gegentheile ist sie noch
verstärkt worden; am Ende meiner Reise durch das Land werde ich so frei sein,
darüber mehr zu berichten. Ein einziger Landtag in Siebenbürgen wäre nur dann möglich, wenn die deutsche Sprache
unter den Gebildeten allgemein verbreitet und keine Abneigung gegen dieselbe
vorhanden wäre. Beides ist nicht der Fall. Die Szeckler Magyaren bilden eine
viel kompacktere Einheit, territorial, national und historisch, als selbst die
Sachsen. Im Großen würden die gegenwärtigen oder richtiger die im vorigen Jahre
gebildeten Militärdistrickte von Fogaras,
Karlsburg [Alba Iulia],
Klausenburg und Retteg zu
Romanien, jene von Bistritz,
Hermannstadt und Kronstadt zu
Saxonien geschlagen werden müssen. Für die Szeckler würde der gegenwärtige
Militärdistrickt von Udvarhely übrig bleiben.
Warum
sollte deswegen die Idee einer Universität aufgegeben werden müssen. Die
Universitäten sind ja Reichsanstalten und Eine für Siebenbürgen ist jedenfalls genug. Eine sonderbare Bitte haben in
dieser Beziehung die Kronstädter Professoren vorgebracht. Sie fürchten nämlich,
wenn eine hohe Schule in Siebenbürgen
errichtet würde, gingen die jungen Sachsen nur sehr wenig mehr ins Ausland, die
Folge davon wäre ein Aufheben des lebendigen Verkehres mit
Deutschland und nur diesem hätten sie ihre höhere Cultur
zu verdanken. Sie würden dann in einen Provinzialismus zurücksinken, wie sich
dieses schon jetzt bei den auf der siebenbürgischen Rechtsakademie gebildeten Sachsen zeige. Sie,
die Sachsen, hätten ohnehin ein träges Geblüt, wenn sie nicht immerfort durch
lebendigen Verkehr mit dem Mutterlande aufgefrischt werden, gingen sie noch
schneller dem drohenden Schicksale entgegen, mit dem lebhafteren, geistreicheren
und fruchtbareren Volke der Romanen amalgamirt zu werden.
Diese Einwürfe
gegen eine hohe Schule lassen sich vorzüglich dadurch widerlegen, daß dieselbe
nicht bloß für die Sachsen bestimmt wäre; allein jedenfalls sind sie
beachtenswerth und verdienen erwähnt zu werden. Gleichzeitig schreibe ich an
Herrn Ministerialrath Exner einen Brief
größtentheils geschäftlichen Inhalts, und ich glaube voraussetzen zu dürfen, daß
auch Euere Exzellenz davon in Kenntnis kommen. Vorzüglich empfehle ich die
Schullerische Angelegenheit.
Die glücklichste Lösung wäre wohl dessen recht baldige Ernennung zum Archivs-
oder Ministerialbeamten in Wien.
Mit dem Ausdrucke
der tiefsten Verehrung verbleibe ich
Euerer Exzellenz
dankbar ergebener Diener
L. Heufler
König Stephan Báthori hat am 12.
Mai 1581 in Klausenburg mit der ausdrücklich
ausgesprochenen Absicht, um durch das Licht der Wissenschaft die in Siebenbürgen eingerissenen
Religionsirrthümer zur Wahrheit zurückzuführen eine Universität gestiftet
und den Jesuiten übergeben. (Act 77 vom Jahre 1712 im Archive der
siebenbürgischen Hofkanzlei, einfache Abschrift des Stiftbriefes.)
Nach
Aufhebung des Ordens der Jesuiten hat die Kaiserin Maria Theresia mit Handbillet vom 25.
Jänner 1774 an Baron
Bruckenthal [Brukenthal] über die künftige Stellung der
Universität ein Gutachten abgefordert. (Siebenbürgische Hofkanzlei 133 vom
Jahre 1774.) Das Verzeichnis der damaligen Professoren, nämlich 5
theologischer und 4 philosophischer, liegt bei dem in Folge des erwähnten
Handbillets erstatteten Gubernialgutachten vom 4. Mai 1774. (Siebenbürgische
Hofkanzlei 657 Jahr 1774.)
Über den Vortrag vom 4. Junius 1774 erfolgte
die kaiserliche Resolution, worin wörtlich vorkommt:
„Die Universität zu Klausenburg
gedenke ich nach dem Erfordernisse des Landes auf einen vollständigeren Fuß
zu setzen.“
Nach dem weiteren Inhalte der Resolution sollen in Zukunft 4
ordentliche theologische Professoren definitiv angestellt werden, die
juridische Fakultät soll errichtet und mit 3 Lehrern besetzt werden, für die
Medizin werden ebenfalls 2 Lehrer abgeordnet werden, für die Philosophie
müssen aber 3 hinreichen, nämlich ein Logicus, ein Mathematicus und ein
Physicus. (Siebenbürgische Hofkanzlei 832, 1774.)
Mit Rescript vom 13.
März 1775 wurde den Professoren der Fakultäten an der Universität in Klausenburg das
Recht eingeräumt, einen Rector Magnifikus zu wählen, die Direction aber wie
bisher (seit Rescript 18. Julius 1774) dem Obergespan des Klausenburger
Comitates, Dionys Grafen Bánffy,
belassen. (Siebenbürgische Hofkanzlei 317, 1775.)
Mit Rescript vom 23.
März 1775 wurden von der siebenbürgischen Hofkanzlei die Detailpläne für die
einzelnen Fakultäten und Fächer dem siebenbürgischen Gubernium zur Befolgung
bei der Universität zu
Klauenburg insofern mitgetheilt, als dieselben dem Zustande
der dortigen Universität und den dort bestehenden Kanzeln anpassen. Es war
der Studienplan für die Universität zu
Wien. (Siebenbürgische Hofkanzlei 333, 1775.)
Mit Rescript
vom 10. Junius 1776 wurden die Kanzeln der Philosophie und der Mathematik an
der Universität zu
Klausenburg den Piaristen übergeben. (Siebenbürgische
Hofkanzlei 717, 1776.)
Kaiser Joseph
II. erließ im siebenten Puncte seines Handschreibens aus
Pest 15. August 1786 folgendes:
„Die Universität in Klausenburg ist
sehr schlecht bestellt und befinden sich nicht über 150 Studenten, mithin
ist selbe lediglich in eine Academie zu reduciren, und nur die hiezu nöthige
Anzahl Professoren allda zu belassen; besonders aber ist derselben kein
Cavalier als Director vorzustellen, der meistens vom Studio nichts versteht
und nur Verwirrungen macht, sondern diese Direction muß von den Professoren
wie anderwärts unter sich wechselweise besorgt werden.“ (Siebenbürgische
Hofkanzlei 9453, 1786.)
Hierauf wurde die Frage der Übersetzung der
ganzen Studienanstalt nach Hermannstadt angeregt, mit
Allerhöchster Entschließung über den alleruntertänigsten Vortrag der
siebenbürgischen Hofkanzlei aber entschieden, daß dieselbe als „Lyceum“ in
Klausenburg zu verbleiben habe. (Siebenbürgische
Hofkanzlei 7241, 1787.)
Nähere Bestimmungen über die künftige
Einrichtung dieses Lyceums sind mit der allerhöchsten Entschließung über den
Vortrag der siebenbürgischen Hofkanzlei vom 13. August 1787 erflossen.
(Siebenbürgische Hofkanzlei 10340, 1787.)
Heufler