Ludwig Heufler an Leo Thun
Kronstadt, 14. Mai 1850
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Regest

Ministerialsekretär Ludwig Heufler sendet Leo Thun einen Bericht über seine Dienstreise nach Siebenbürgen. Gleichzeitig mit diesem Brief hat er auch einen amtlichen Bericht über die "Grundsätze für das Volksschulwesen der griechisch-orientalischen (und griechisch-katholischen) Kirche in Siebenbürgen" gesendet. Heufler berichtet über seine Besprechungen über das Schulwesen: Insbesondere die Rumänen waren über die Reformvorschläge erfreut und forderten zu seiner Überraschung sogar die Aufnahme von Deutsch als Unterrichtsfach in allen Trivialschulen. Auch Bischof Schaguna wird diese Forderung in sein Gutachten aufnehmen. Heuflers Vorschlag, Körperstrafen zuzulassen, wurde aber von allen strikt abgelehnt. Das nächste Ziel von Heufler ist es, einen Schulrat einzuberufen, um mit diesem möglichst rasch die Voraussetzungen für die Umsetzung der Reform zu schaffen. Anschließend geht Heufler auf die Frage der Wahl eines römisch-katholischen Bischofs für Siebenbürgen ein. Die Stimmung in der Bevölkerung hinsichtlich einer solchen Wahl kann er zwar erst auf seiner Reise in Erfahrung bringen, er ist jedoch der Meinung, dass es grundsätzlich besser wäre, den Bischofsstuhl definitiv mit einem Bischof, anstatt – wie derzeit geplant – mit einem Vikar zu besetzen. Die Stimmung gegenüber den Katholiken ist schlecht, denn Protestanten und Reformierte befürchten eine neuerliche Bevorzugung der katholischen Kirche. Heufler versuchte diese Befürchtungen bei all seinen Besprechungen zu zerstreuen. Hinsichtlich der künftigen Verwaltungsorganisation Siebenbürgens vertritt Heufler nach wie vor die Meinung, die er bereits mehrfach angedeutet hatte – diese hat sich während seiner Reise sogar noch verstärkt. Schließlich geht er auf den Vorschlag ein, in Siebenbürgen eine Universität zu errichten. Er selbst ist für ein solches Projekt. Er lässt daher auch den Einwand nicht gelten, dass dadurch die Siebenbürger Sachsen nicht mehr im Ausland studieren und infolge dessen in einen Provinzialismus zurückfallen würden.
In der Beilage behandelt Heufler in kurzen Umrissen die Geschichte der Universität in Klausenburg, von der Gründung der Universität im Jahr 1581 durch König Stephan Báthory bis zur Umwandlung in ein Lyzeum durch Kaiser Joseph II. im Jahr 1787.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Kronstadt, 14. Mai 1850

Euere Excellenz!

Das gütige Schreiben Euerer Exzellenz habe ich während eines Fiebers erhalten, das mich in Hermannstadt befallen hatte und es hat durch die Ermuthigung, die ich daraus geschöpft habe, nicht wenig zu meiner schnellen Genesung beigetragen. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen dafür. Die Sorge, mein Geschäft auf die rechte Weise zu beginnen, lag wie ein Alp auf mir, nun habe ich endlich den ersten Schritt gethan, und Euere Exzellenz werden fast gleichzeitig mit diesem Schreiben den betreffenden amtlichen Bericht sammt Beilagen bekommen haben.
Ich wünsche sehnlich, mit den „Grundsätzen für das Volksschulwesen der griechisch-orientalischen (und griechisch-katholischen) Kirche in Siebenbürgen“ den Absichten Euerer Exzellenz entsprochen zu haben und damit nicht zu weit gegangen zu sein. In dieser Sache etwas sogleich zu thun, schien mir unerläßlich, die Initiative wollte ich aber dem Bischof nicht überlassen, denn der Gebende ist immer auf einem freieren Standpunkte als der Empfangende und hat den Gegenstand mehr in seiner Gewalt. An einer als fertig hingestellten Sache läßt sich nicht mehr viel modeln. So geschah es auch hier. Die der Berathung zugezogenen Romanen waren über die guten Absichten, welche für sie aus den „Grundsätzen“ hervorgingen, so freudig überrascht, daß sie noch weiter gingen, als ich gewagt hatte, und sie forderten, daß in den Entwurf derselben aufgenommen werden soll, die deutsche Sprache als Lehrgegenstand in allen Trivialschulen ohne Ausnahme einzuführen. Nun war die Überraschung an mir; ich dankte ihnen für diese freundliche Gesinnung und half dem Bischof Schaguna, diese Ansicht in das amtliche und schriftliche Gutachten aufzunehmen, welches er mir über die „Grundsätze“ mittheilen werde. So glaube ich, wird die Sache mehr Gewicht haben, als wenn sie schon in meinem Entwurfe stehen würde.
In noch einem Punkte zog ich den Kürzeren. Ich hatte nämlich Körperstrafen zugelassen. Ministerialrath Bach sprach sich jedoch mit Entschiedenheit dagegen aus und die Übrigen folgten ihm nach. Ich war nie weder Vater, noch Erzieher, noch Schullehrer, kann also darüber aus eigener Erfahrung nicht streiten; König Salomo war aber, soviel ich weiß, meiner Meinung.
Nach dem entworfenen Reiseplan komme ich in der letzten Woche des Junius nach Hermannstadt zurück. Ich werde dann sogleich den Antrag über die Zusammensetzung des Schulrathes machen, nach der in meiner Instrucktion enthaltenen Andeutung gleichzeitig die designirten Mitglieder als Vertrauensmänner einberufen und mit ihrem Rath die definitiven Anträge einen nach dem andern verfassen. Klappt alles gut, so kann dann hoffentlich doch zu Anfang des nächsten Schuljahres einiges in Gang kommen, und ich komme bis zur zweiten Hälfte August so weit, um meine Abberufung bitten zu können.
Wegen des griechisch-katholischen Bischofes glaube ich voraussetzen zu dürfen, daß der Minister des Innern Euerer Exzellenz die Verhandlungen mitgetheilt hat, die darüber in den letzten Monaten zwischen ihm und dem Siebenbürgischen Gouvernement gepflogen worden sind. Der zum Vikar vorgeschlagene Pfarrer von Czik-Somlyo [Csíksomlyó] ist nach Wien gesendet worden, um sich dort persönlich vorzustellen. Die Stimmung sowohl über ihn als über den secundo loco vorgeschlagenen Domherrn Alutan kann ich erst auf meiner Reise erforschen, und werde Euerer Exzellenz darüber berichten. Es ist aber überhaupt die Frage, ob es nicht besser wäre, den Bischofstuhl gleich definitiv zu besetzen und zu dem Ende die Wahl vornehmen zu lassen. Denn ein bloßer Vikar hat nie das Ansehen, die Macht und den Eifer eines wirklichen Bischofes, und gerade die ungebildeten Romanen sehen mehr denn andere auch darauf, daß sie sichtbar und greifbar durch ein rechtes Oberhaupt vertreten seien, wie dieses jetzt bei dem nicht unirten Theile derselben auf eine so vorzügliche Weise der Fall ist. Der katholische Pfarrer in Kronstadt, ein für seine Religion sehr eifriger Mann, ist voll Besorgnis wegen des Übertrittes der Unirten und meint, daß von allen Maßregeln, dieses zu verhindern, die Wahl eines Bischofes die dringlichste sei.

Udvarhely, den 26. Mai

Ich wollte nicht schließen, ohne auch über die anderen Punkte des Schreibens Euerer Ezellenz etwas wenigstens einigermaßen Befriedigendes schreiben zu können und hoffte, auf der Fortsetzung meiner Reise mich dazu befähigter zu machen. Was zuerst den Eindruck der neuesten kaiserlichen Entschließungen über die katholische Kirche betrifft, habe ich einen solchen bis jetzt nur in Hermannstadt, Kronstadt und Udvarhely beobachten können. Die anderen Orte des Szecklerlandes, in denen ich bis jetzt war, sind zu klein und zu abgelegen und kaum sind dort Zeitungen zu finden. Sowohl bei den Evangelischen als bei den Reformirten ist dadurch die Furcht verbreitet worden, als beabsichtige die Regierung von neuem die Bevorzugung der katholischen Kirche. Diese Furcht ging so weit, daß man bereits von der Rückkehr der Jesuiten sprach. Ich habe keine Gelegenheit versäumt, diese irrigen Ansichten zu verbessern und eine ähnliche Regulirung der Verhältnisse der anderen Confessionen in nahe Aussicht zu stellen. Euere Exzellenz werden nächstens in dieser Angelegenheit unmittelbar mit dem Präsidenten des evangelischen Oberconsistoriums sprechen können. Derselbe (Geheimrath von Bedeus) reist nächstens als Vertrauensmann in Steuerregulirungsangelegenheiten nach Wien.
Übrigens ist die ganze Sache für Siebenbürgen für den Augenblick von keiner pracktischen Bedeutung, denn diese Entschließungen gelten wohl nur für die Länder, für die das Patent der Grundrechte erflossen ist.
Über die künftige Organisirung Siebenbürgens habe ich meine ursprüngliche Meinung noch nicht geändert, ja im Gegentheile ist sie noch verstärkt worden; am Ende meiner Reise durch das Land werde ich so frei sein, darüber mehr zu berichten. Ein einziger Landtag in Siebenbürgen wäre nur dann möglich, wenn die deutsche Sprache unter den Gebildeten allgemein verbreitet und keine Abneigung gegen dieselbe vorhanden wäre. Beides ist nicht der Fall. Die Szeckler Magyaren bilden eine viel kompacktere Einheit, territorial, national und historisch, als selbst die Sachsen. Im Großen würden die gegenwärtigen oder richtiger die im vorigen Jahre gebildeten Militärdistrickte von Fogaras, Karlsburg [Alba Iulia], Klausenburg und Retteg zu Romanien, jene von Bistritz, Hermannstadt und Kronstadt zu Saxonien geschlagen werden müssen. Für die Szeckler würde der gegenwärtige Militärdistrickt von Udvarhely übrig bleiben.
Warum sollte deswegen die Idee einer Universität aufgegeben werden müssen. Die Universitäten sind ja Reichsanstalten und Eine für Siebenbürgen ist jedenfalls genug. Eine sonderbare Bitte haben in dieser Beziehung die Kronstädter Professoren vorgebracht. Sie fürchten nämlich, wenn eine hohe Schule in Siebenbürgen errichtet würde, gingen die jungen Sachsen nur sehr wenig mehr ins Ausland, die Folge davon wäre ein Aufheben des lebendigen Verkehres mit Deutschland und nur diesem hätten sie ihre höhere Cultur zu verdanken. Sie würden dann in einen Provinzialismus zurücksinken, wie sich dieses schon jetzt bei den auf der siebenbürgischen Rechtsakademie gebildeten Sachsen zeige. Sie, die Sachsen, hätten ohnehin ein träges Geblüt, wenn sie nicht immerfort durch lebendigen Verkehr mit dem Mutterlande aufgefrischt werden, gingen sie noch schneller dem drohenden Schicksale entgegen, mit dem lebhafteren, geistreicheren und fruchtbareren Volke der Romanen amalgamirt zu werden.
Diese Einwürfe gegen eine hohe Schule lassen sich vorzüglich dadurch widerlegen, daß dieselbe nicht bloß für die Sachsen bestimmt wäre; allein jedenfalls sind sie beachtenswerth und verdienen erwähnt zu werden. Gleichzeitig schreibe ich an Herrn Ministerialrath Exner einen Brief größtentheils geschäftlichen Inhalts, und ich glaube voraussetzen zu dürfen, daß auch Euere Exzellenz davon in Kenntnis kommen. Vorzüglich empfehle ich die Schullerische Angelegenheit. Die glücklichste Lösung wäre wohl dessen recht baldige Ernennung zum Archivs- oder Ministerialbeamten in Wien.
Mit dem Ausdrucke der tiefsten Verehrung verbleibe ich

Euerer Exzellenz
dankbar ergebener Diener
L. Heufler

König Stephan Báthori hat am 12. Mai 1581 in Klausenburg mit der ausdrücklich ausgesprochenen Absicht, um durch das Licht der Wissenschaft die in Siebenbürgen eingerissenen Religionsirrthümer zur Wahrheit zurückzuführen eine Universität gestiftet und den Jesuiten übergeben. (Act 77 vom Jahre 1712 im Archive der siebenbürgischen Hofkanzlei, einfache Abschrift des Stiftbriefes.)
Nach Aufhebung des Ordens der Jesuiten hat die Kaiserin Maria Theresia mit Handbillet vom 25. Jänner 1774 an Baron Bruckenthal [Brukenthal] über die künftige Stellung der Universität ein Gutachten abgefordert. (Siebenbürgische Hofkanzlei 133 vom Jahre 1774.) Das Verzeichnis der damaligen Professoren, nämlich 5 theologischer und 4 philosophischer, liegt bei dem in Folge des erwähnten Handbillets erstatteten Gubernialgutachten vom 4. Mai 1774. (Siebenbürgische Hofkanzlei 657 Jahr 1774.)
Über den Vortrag vom 4. Junius 1774 erfolgte die kaiserliche Resolution, worin wörtlich vorkommt:
„Die Universität zu Klausenburg gedenke ich nach dem Erfordernisse des Landes auf einen vollständigeren Fuß zu setzen.“
Nach dem weiteren Inhalte der Resolution sollen in Zukunft 4 ordentliche theologische Professoren definitiv angestellt werden, die juridische Fakultät soll errichtet und mit 3 Lehrern besetzt werden, für die Medizin werden ebenfalls 2 Lehrer abgeordnet werden, für die Philosophie müssen aber 3 hinreichen, nämlich ein Logicus, ein Mathematicus und ein Physicus. (Siebenbürgische Hofkanzlei 832, 1774.)
Mit Rescript vom 13. März 1775 wurde den Professoren der Fakultäten an der Universität in Klausenburg das Recht eingeräumt, einen Rector Magnifikus zu wählen, die Direction aber wie bisher (seit Rescript 18. Julius 1774) dem Obergespan des Klausenburger Comitates, Dionys Grafen Bánffy, belassen. (Siebenbürgische Hofkanzlei 317, 1775.)
Mit Rescript vom 23. März 1775 wurden von der siebenbürgischen Hofkanzlei die Detailpläne für die einzelnen Fakultäten und Fächer dem siebenbürgischen Gubernium zur Befolgung bei der Universität zu Klauenburg insofern mitgetheilt, als dieselben dem Zustande der dortigen Universität und den dort bestehenden Kanzeln anpassen. Es war der Studienplan für die Universität zu Wien. (Siebenbürgische Hofkanzlei 333, 1775.)
Mit Rescript vom 10. Junius 1776 wurden die Kanzeln der Philosophie und der Mathematik an der Universität zu Klausenburg den Piaristen übergeben. (Siebenbürgische Hofkanzlei 717, 1776.)
Kaiser Joseph II. erließ im siebenten Puncte seines Handschreibens aus Pest 15. August 1786 folgendes:
„Die Universität in Klausenburg ist sehr schlecht bestellt und befinden sich nicht über 150 Studenten, mithin ist selbe lediglich in eine Academie zu reduciren, und nur die hiezu nöthige Anzahl Professoren allda zu belassen; besonders aber ist derselben kein Cavalier als Director vorzustellen, der meistens vom Studio nichts versteht und nur Verwirrungen macht, sondern diese Direction muß von den Professoren wie anderwärts unter sich wechselweise besorgt werden.“ (Siebenbürgische Hofkanzlei 9453, 1786.)
Hierauf wurde die Frage der Übersetzung der ganzen Studienanstalt nach Hermannstadt angeregt, mit Allerhöchster Entschließung über den alleruntertänigsten Vortrag der siebenbürgischen Hofkanzlei aber entschieden, daß dieselbe als „Lyceum“ in Klausenburg zu verbleiben habe. (Siebenbürgische Hofkanzlei 7241, 1787.)
Nähere Bestimmungen über die künftige Einrichtung dieses Lyceums sind mit der allerhöchsten Entschließung über den Vortrag der siebenbürgischen Hofkanzlei vom 13. August 1787 erflossen. (Siebenbürgische Hofkanzlei 10340, 1787.)
Heufler