Der Geologe Wilhelm Haidinger bittet Leo Thun um finanzielle Unterstützung für den erkrankten Botaniker Josef Maly aus Graz. Haidinger betont, dass sich Maly mit seinen Forschungen stets für sein Vaterland aufgeopfert habe, nun sei er umgekehrt auf die Hilfe des Staates angewiesen. Haidinger selbst will Maly auch helfen und als Direktor der Geographischen Gesellschaft eine Unterstützung dieses Vereins erwirken. Thun könnte jedoch als Minister dem Professor ein Gnadengehalt gewähren und damit beweisen, dass Österreich seine verdienten Persönlichkeiten auch in der Not unterstützt.
Als Beilage ist dem Brief ein gedrucktes Schreiben von Ludwig Heufler beigelegt, in dem die Lage Josef Malys beschrieben und um Unterstützung geworben wird.1
Eure Excellenz,
Hoffnungsreicher kann ich nicht handeln, als indem ich um Erlaubnis bitte Eurer
Excellenz den Ruf um wahre ausgiebige Hilfe für einen um Österreich hochverdienten Mann ehrfurchtsvoll
vorlegen zu dürfen.
Ein edler Menschenfreund, Herr k.k. Sectionsrath
Ritter von
Heufler, hat sich des Herrn Dr.
Maly in Gratz in seiner trostlosen Lage
warm angenommen. Das Exemplar seines Circularschreibens, welches mir zukam, habe
ich die Ehre beifolgend ehrfurchtsvoll vorzulegen. Es enthält die Sachlage
besser erörtert, als ich sie hier mit Worten aufzählen könnte.
Aber das ist
gewiß, daß ein Mann, der ein Leiter in der vaterländischer Wissenschaft ist, ein
Mann, dessen Namen wir im Munde führen, wenn es gilt die Ansprüche Österreichs auf wissenschaftliches Verdienst zu
begründen, selbst Anspruch hat auf ausgiebige Hilfe von Seiten der
Staatsverwaltung.
Als Präsident der k.k. geographischen Gesellschaft
beabsichtige ich heute den Gegenstand in derselben zur Sprache zu bringen. Ich
würde nicht wagen dieß zu thun, ohne von meiner gegenwärtigen ergebensten
Vorlage Nachricht zu geben. Unterstützungen können wir nicht gewähren, wenn auch
eine materielle Anerkennung für wissenschaftliches Verdienst aussprechen.
Aber Eure Excellenz stehen an der Spitze der Facultäten, zu welchen Herr
Dr. Maly als ausgezeichnetes
Glied gehört, mit dem ausgiebigen Einfluße der demselben in der Gestalt eines
fortlaufenden Gnadengehaltes doch das Herbste der Sorge mildern könnten, das
vielleicht – bei dem Alter und den Gesundheitsverhältnissen – nicht einmal auf
lange Zeit vonnöthen seyn würde!
Einem wohlwollenden Grafen von Thun war
einst Dr. Maly für seine Promotion
verpflichtet. Möchte es einem andern, welthistorischen, Gliede desselben
erlauchten Hauses, Eurer Excellenz beschieden seyn, ihn am Ende eines für unser
Österreich rühmlichen Lebens dem Mangel zu entreißen, damit er nicht als ein
Beispiel der Schicksale österreichischer Naturforscher in spätern Jahren
aufgeführt werden möge.
In der Zuversicht der Erfüllung innigster Wünsche
vieler, die selbst gerne helfen würden, wären ihre eigenen Mittel nicht zu sehr
beschränkt, wollen Eure Excellenz den Ausdruck der Gefühle tiefster Ehrfurcht
wohlwollend genehmigen, mit welchen ich die Ehre habe zu seyn
Eurer Excellenz unterthänigster Diener
W. Haidinger
Wien, den 31. März 1857