Ein nicht genannter Schreiber erteilt Vorschläge zur Reorganisation der zur Monarchie gehörenden Gebiete an der östlichen Adriaküste. Als Begründung für seine Vorschläge nennt er, dass damit in den genannten Gebieten ein wirtschaftlicher Aufschwung ermöglicht werden könnte. Außerdem würde eine Reorganisation der Gebiete helfen, die Verteidigung der Küstenländer und damit der Monarchie verbessern zu können. In der Vergangenheit wurde das Gebiet durch die willkürliche politische Einteilung und durch ein den lokalen Gegebenheiten nicht angepasstes Steuersystem wirtschaftlich benachteiligt. Als wesentliche Maßnahme schlägt er daher die Aufhebung der inneren Zollgrenzen und die Schaffung eines einheitlichen Zollgebietes sowie die Aufhebung des Tabak- und Salzmonopols in diesem Gebiet vor. Der Schreiber glaubt, dass mit diesen Maßnahmen in kurzer Zeit ein einheitliches Kronland entstehen würde. In der Folge gibt er auch einige Vorschläge, wo die einzelnen Verwaltungssitze angesiedelt werden sollen. Im zweiten Teil des Memorandums wird die Vereinigung der Gebiete in einem einzigen Kronland aus wirtschaftlicher Perspektive beleuchtet. Hierbei betont er insbesondere die Wichtigkeit der Schaffung eines gemeinsamen Zollgebietes sowie die Aufhebung der Monopole für Tabak und Salz. Auf letzteres legt er besonders großen Wert und betont, dass gerade im Bereich der Salzgewinnung große wirtschaftliche Möglichkeiten vorhanden wären. Damit könnte auch die chemische Industrie gefördert werden, die auf Natriumchlorid angewiesen sei. Er untermauert seine Ausführungen mit statistischen Daten und Vergleichen zu den übrigen Kronländern der Monarchie. Ausführlich geht er schließlich auf die Förderung des Schiffbaus und der Fischerei ein.
Zwei Beilagen:
Kartographische Darstellung der geplanten Neuordnung
der Küstenländer.
Tabelle mit den Angaben der Flächen und Einwohner
der einzelnen Disktrikte des Küstenlandes.
Über die Organisierung eines ost-adriatischen Küsten-Kronlandes
Das wesentliche Erforderniß einer Organisirung besteht darin, daß sie den
Grundbedingungen des einzurichtenden Landes angepaßt sei, sohin die
territorialen und ethnographischen Eigenthümlichkeiten, die commercialen
Interessen, sowie die Bildungsstufen desselben beachten, zugleich aber wenn es
sich um den Bestandtheil eines großen Ganzen hiebei handelt, solche Bedingungen
aufnehme, welche den zu organisierenden Bestandtheil als aktives nützliches
Glied der größeren Gesammtheit anfügen.
Zieht man von diesem Standpunkte die
adriatischen Küstenländer der österreichischen Monarchie in den Kreis der
Betrachtung, so zeigt sich bei dem ersten Blicke auf die Karte, daß die an der
Westküste der Adria liegenden venezianischen Provinzen nach Land und Leuten
ausschließend zur italienischen Halbinsel gravitiren, und daß
selbst die commerzialen Interessen dieses Küstentheiles eine westliche Richtung
nach der Schweiz, nach Süddeutschland und
den Rheinlanden von der Natur gezeichnet
erhielten. Ganz anders stellen sich die östlichen zum
Kaiserstaate gehörigen Küstenstriche des adriatischen Meeres dar. Vom Isonzo bis
hinab zu den schroffen Vorgebirgen Montenegros scheiden die julischen Alpen diese schmalen
Küstenstriche von dem übrigen Europa ab, und nur wenige mühevoll angelegte
Straßenzüge führen nach dem östlichen Deutschland und nach
den ungarischen und türkischen Hinterländern.
Von der Gränze Carniens an bildet die alt-illirische und die
slavisch-serbische Race, sohin slavisches Blut den weit überwiegenden Hauptstamm
der Bevölkerung, welchen die vielhundertjährige Herrschaft Venedigs nur in den Städten als Küstenkolonien und
in der Geschäftssprache zu italisieren vermochte.
Bei der Kargheit des Bodes
sind diese östlichen Küstenländer beinahe ausschließlich auf Fischfang,
Schiffbau und Schifffahrt gewiesen. Istryen
erzeugt Holz, Dalmatien Wein und Öhl, im Ganzen
aber reichen die eigenen Erzeugnisse niemals aus, und alle diese
karstdurchzogenen Länder können nur leben, wenn sie für ihre Hinterländer die
Vermittler eines lebhaften Verkehrs sind.
Daß man Istrien in den Kreis der deutschen Verwaltungsformen einbezog,
Fiume [Rijeka] den abgeschlossenen ungarischen Interessen
dienen mußte, die Karlstädter [Sremski Karlovci] Grenze
der Militärverwaltung unterwarf, daß Dalmatien ein nach allen
Seiten abgetrennter, durch complizierte Verwaltung lebensunfähiger Organismus
wurde, daß endlich auf alle diese magern Küstenstriche das allgemeine
Besteurungssistem, welches in den reicheren Hinterländern gilt, zur Anwendung
gebracht wurde, diese vereinten Umstände mußten dahin führen, die
ost-adriatischen Küstenländer aller Entwicklungsfähigkeit zu berauben, daher wir
sie heutzu Tage noch in jenem trostlosen finanziel-passiven und politisch
unbedeutenden Zustande sehen, in welchem das Aussaugesistem Venedigs und seine Walddevastierungen sie
hinterlassen haben. Die Blüthe, welche die illirsche Provinz in der Römer
Vorzeit gehabt hat, kann nur wiederkehren, wenn man die vierfache Zerklüftung
aufgibt, und diese Bestandtheile in ein naturgemäßes Ganze, jedoch mit einer
eigenen, einfachen, seiner Bildungsstufe und seinen materiellen maritimen
Interessen zusagenden Verwaltung zusammenfaßt. Die kurze Epoche der
französischen Zwischenregierung von 1805–1814 hat diesen Versuch angebahnt und
ist, weil sie die Grundbedingungen des Wiederauflebens getroffen hatte, noch
heute zu Tage in gutem Angedenken.
Diesen allgemeinen Betrachtungen haben
die Kriege 1848 und 1859 eine traurige Erfahrung beigefügt. Es hat sich gezeigt,
daß Österreich diese 280 Meilen lange Küste
nicht schützen kann, fast nicht einen Punkt besitzt, welcher seinen
Handelsschiffen und seiner Kriegsmarine Schutz gewähren könnte, daß
Triest vor fremden Bombardement zittern mußte, daß es
fremder Seemacht frei stand, jede Insel Österreichs in Besitz zu nehmen, und an jedem Küstenpunkte
beliebig zu landen, um feindliche Truppen gegen das Innere des Kaiserstaates von
dort aus zu entsenden.
Österreich
befindet sich hiedurch in der verhängnisvollen Alternative, entweder seine Heere
zu theilen, und mit Schwächung der übrigen Operationslinien ein mannhaftes
Armee-Corps unthätig zum Schutze dieses Küstenlandes stehen zu lassen, oder
dieses Küstenland und durch dasselbe den südöstlichen Rücken der Monarchie der
fremden Invasion preis zu geben. Diese vielen wichtigen Rücksichten dürften
einen Organisationsplan motivieren, welcher dahin zielt, sämmtliche
ostadriatischen Küstenländer Österreichs zu
einem eigenen Verwaltungsgebiete zusammenzufassen, welchem bezüglich der
Civilverwaltung eine ausschließend maritim commerziele Einrichtung, bezüglich
Gränzhuth aber eine derartige militärische Verfassung zu geben wäre, daß sie in
der eigenen Volksmasse die Mittel finde, nicht blos die Küsten, sondern auch die
Hinterländer des Kaiserstaates gegen feindliche Invasion zu decken.
Am
Isonzo beginnend hätte dieses Küsten-Kronland durchgängig den höchsten
Wasserscheiden der Julischen Alpen zu folgen, und alle Abdachungen dieser Kette
gegen die adriatische See zu umfassen.
Görz und
Gradiska [Gradiška] mit dem Wippacher Thale, welche
ohnehin nach ihrer Formation und Bevölkerung einerseits zu
Friaul und andererseits zu dem Adelsbergerkreise Krains hinsehen, würden in das Küstenkronland nicht einbezogen, und dieses hätte nur
1. Aquileja
[Aquileia], Monfalcone,
Duino und Sessana [Sežana],
dann Triest mit seinem Gebiete und Istrien mit den Quarnerischen Inseln,
2. den
Fiumanerkreis
3. die vier Regimenter der Karlstädter Militärgränze
4. ganz Dalmatien mit seinen Inseln zu umfassen.
Das ganze Küstenland
würde einen großen Zollausschluß bilden, welcher zugleich vom Tabak- und
Salzmonopol befreit wäre. Die Zolllinie würde hinter das Küstenland auf den
Rücken der Alpen zurückgezogen und von ihrer dermaligen Überwachungslänge von
280 bezüglich 580 Landmeilen auf etwa 50 Meilen gekürzt.
Zollämter würden
nur als Vermittler des Verkehrs der Hinterländer bestehen. Die bisherigen
inneren Erträgnisse des Zolles, Tabakes und Salzes dieser Küstentheile würden
gleich den Verzehrungssteuer-Abfindungsquoten und den direkten Steuern auf die
Gemeinden des Küstenkronlandes zur inneren Repartierung überwiesen. Die
Finanzwache hätte nur mehr den Hilfsdienst bei den Zollämtern zu leisten,
Gewerbe, Handel und Schifffahrt könnten sich auf Grundlage der bestehenden
Gesetze vollkommen entwickeln, und mit einiger Vorsicht würde es gelingen,
dieses Kronland im Laufe der Jahre zu einem vollkommen slavisch-deutschen
Verwaltungsgebiete zu gestalten.
Zu dessen Vertheidigung würden die vier
Regimenter der Karlstädter Militärgränze nebst den erforderlichen Hilfswaffen
eine hinreichende Macht auf vom Feinde bedrohte Punkte werfen, während die ganze
Küstenbevölkerung derart militärisch zu organisieren wäre, daß neben der Marine
Inscription auch noch für Zwecke der Landesvertheidigung gegen jede Invasion
eine ein Waffen geübte Landwehr verwendet werden kann.
Die oberste Leitung
dieses Küstenkronlandes von 515 Quadratmeilen und 1 3/10 Millionen Seelen läge
in der Hand eines Generalstatthalters, welchem für alle politischen und
commerzielen Angelegenheiten ein Gubernium mit dem Wirkungskreis der
Statthalterei und des jetzigen Seeguberniums, dann für alle militärischen
Angelegenheiten ein vereintes Militär- und Marine Commando mit dem
Wirkungskreise eines Landesgeneral-Commandos und des dermaligen Marine-Commandos
zur Seite stünde.
Das Landes-Generalkommando in Zara
würde aufhören und der Wirkungskreis des Banus auf die 4 Regimenter der
Karlstädter Gränze würde auf
den General-Statthalter übergehen.
Die politische Verwaltung unter dem
Gubernium wäre auf 10 Bezirkshauptmannschaften und 4 Regimentskommanden
(letztere bezüglich der Militärgränze) zurückzuführen, welchen sich auch die
Justiz-Einrichtung, unter besonderer Bedachtnahme der Handelsinteressen
anzuschließen hätte, Triest wäre der Sitz des
Generalstatthalters.
Das Oberlandesgericht erhielte seinen Sitz in
Fiume. Der Finanzdienst könnte sehr
einfach gestaltet werden.
Die nachstehenden Betrachtungen beleuchten den
Vorschlag vom national-ökonomischen Gesichtspunkte.