Der Kirchenhistoriker Joseph Fessler teilt Unterstaatssekretär Joseph Alexander Helfert in Abschrift einige Informationen mit, die er über den Lehrer Vinzenz Klun einziehen konnte. Der Minister hatte Fessler vor seiner Abreise in den Urlaub darum gebeten, da jener Lehrer eine Wiederanstellung in Österreich beantragt hatte. Fessler hat die Informationen von einem vertrauenswürdigen Bekannten aus der Schweiz erhalten. Dieser schreibt, dass Klun seit zwei Jahren der katholischen Realschule in Lichtensteig vorstehe und sich auf diesem Posten in stürmischen Zeiten als standhafter Katholik präsentiert habe; dabei habe er auch zwischen den Ansprüchen der Protestanten und jenen der radikalen Katholiken vermittelt. Der Informant betont, dass Klun dadurch sich selbst, besonders aber der Schule hohes Ansehen verschafft habe. Fessler hofft, dass er damit der Bitte Thuns ausreichend nachgekommen ist.
Euer Hochwohlgeboren!
Hochgeehrter Herr Baron!
Seine Excellenz, der Herr Minister Graf
Thun, gaben mir vor der Abreise den Auftrag, über einen gewissen
Dr. Klun, welcher ehemals
eine Anstellung in Österreich hatte, jetzt
aber in der Schweitz sich befindet und wieder
nach Östreich zu kommen sucht, sichere
Erkundigung einzuziehen und das Resultat hievon sobald als möglich an Euer
Hochwohlgeboren zu senden. In Folge dessen gebe ich mir die Ehre, aus dem
Antwortschreiben eines hochgestellten, einsichtsvollen und ganz verläßlichen
Mannes in der Schweitz, an den ich mich deshalb wendete, die betreffende Stelle
wortgetreu mitzutheilen:
„Herr Dr.
Klun stand seit 2 Jahren der katholischen Realschule in dem
paritätischen Städtchen Lichtensteig hierseitigen
Bisthumes mit Auszeichnung vor. Diese zwei Jahre großer Stürme waren geeignet,
die Geister zu scheiden und ihr Verborgenes ans Tageslicht zu bringen. Herr
Dr. Klun hat sich als
entschiedener getreuer Katholik und entschiedener Anhänger der Ordnung und des
Rechtes bewährt; ohne seiner Grundsätzlichkeit und Stellung etwas zu vergeben,
wußte er gegenüber den Protestanten und radikalen Katholiken das nöthige Maaß
und die erforderliche Vorsicht einzuhalten, und von beiden sich Achtung, seiner
Schule aber bedeutendes Ansehen und Aufschwung zu verschaffen. Ist es der
katholischen Oberbehörde möglich, die ehevorige katholische Kantonsschule hier
ganz oder theilweise wiederherzustellen, so ist Herrn Klun eine Anstellung an
derselben gesichert.“
Indem ich hiermit den mir gewordenen hohen Auftrag
nach bestem Wissen und Gewissen erfüllte, benütze ich diese Gelegenheit, die
Versicherung des Ausdruckes tiefer Verehrung beizufügen, womit ich stets
geharre
Euer Hochwohlgeboren ergebenster Diener
J. Feßler
Prof.
Brixen 9. August 1857