Joseph Jelačič an Leo Thun
Wien, 25. Oktober 1849
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Regest

Joseph Jelačič bittet Leo Thun die baldmöglichste Konstituierung der serbischen Woiwodschaft auf der Grundlage des vom Kaiser ausgesprochenen Manifestes vom 15. Dezember 1848 sowie die Realisierung der in der Reichsverfassung 1849 der Woiwodschaft zugesicherten Freiheitsrechte zu unterstützen. Der Ban betont, dass nach der Niederschlagung des Aufstandes in Ungarn die in Aussicht gestellte Lösung nicht länger aufgeschoben werden könne, auch weil der Kaiser sein Wort gegeben habe. In der Folge geht Jelačič darauf ein, welche Schritte dazu unternommen werden müssten. Zunächst ist es aus der Sicht von Jelačič notwendig, die territoriale Abgrenzung der künftigen Woiwodschaft festzulegen, um dem serbischen Volk die Einrichtung einer serbischen Woiwodschaft garantieren zu können. Da Serben und Kroaten in dieser Frage aber unterschiedliche Ansichten besäßen und die in Karlowitz gefassten Beschlüsse der serbischen Nationalversammlung vom Mai 1848 nicht mehr als Grundlage dienen könnten - damals habe es das Prinzip der Gleichberechtigung der Nationen noch nicht gegeben -, legt der Ban einen eigenen Lösungsvorschlag vor. Damit soll den Ansprüchen aller Nationalitäten Rechnung getragen werden. Eine zentrale Frage ist zudem die Vereinigung der serbischen Woiwodschaft mit einem anderen Kronland. Die Klärung der Vereinigungsfrage sollte den serbischen Vertrauensmännern obliegen. Für diese steht die Vereinigung mit dem Königreich Kroatien und Slawonien außer Zweifel, allerdings ist die Art und Weise, wie die Vereinigung erfolgen soll, in der Reichsverfassung nicht näher erläutert. Schließlich fasst Jelačič seine Ansichten über die zukünftige Konstitution der Woiwodschaft Serbien zusammen: der Kaiser solle den Titel eines Großwoiwoden der österreichischen Serben annehmen und die Woiwodschaft die von Jelačič angeregte territoriale Begrenzung erhalten. In administrativer und legislativer Beziehung werde diese mit Kroatien-Slawonien vereint; die Woiwodschaft untersteht einem gemeinsamen Statthalter, dem Ban, bei dessen Ernennung das Glaubensbekenntnis keine Rolle spielen sollte. Der für die Woiwodschaft selbst als Teil der Statthalterschaft zu ernennende Präsident sollte jedoch der orientalischen Kirche angehören.

Anmerkungen zum Dokument

ohne Beilagen, obwohl im Brief angeführt

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DB95-6

Schlagworte

Edierter Text

Euer Hochwohlgeboren!

Eine der fachwichtigsten und dringendsten Angelegenheiten des österreichischen Kaiserstaates ist die baldige Constituirung der serbischen Woiwodschaft, weil das serbische Volk einen gerechten Anspruch darauf machen kann, daß die sowohl am 15. Dez. vorigen Jahres durch ein Allerhöchstes Manifest1 als auch in der Reichsverfassung § 722 demselben gemachten Verheißungen sobald als möglich in Erfüllung gehen.
Die Verdienste, welche diese Nation im Vereine mit der kroatischen sich um die Erhaltung der Gesammtmonarchie erworben hat, brauche ich hier nicht erst näher auseinander zu setzen, Seine k.k. Majestät haben dieselben im Eingange des oben erwähnten Manifestes selbst mit folgenden Worten allergnädigst anerkannt: unsere tapfere und treue serbische Nation hat sich zu allen Zeiten durch Anhänglichkeit an unser kaiserliches Haus und durch heldenmüthige Gegenwehr gegen alle Feinde unsers Thrones und unserer Reiche rühmlichst hervorgethan.
Nach diesem Inhalte desselben Allerhöchsten Manifestes wurde ferner in Anerkennung dieser Verdienste und zum besonderen Beweise der allerhöchsten kaiserlichen Gnade und Fürsorge für den Bestand und die Wohlfahrt der serbischen Nation die oberste kirchliche Würde des Patriarchats und die altgeschichtliche Würde eines Vojvoden wieder hergestellt und dadurch diesem biedern Volke eine Bürgschaft für ihre nationelle und den Bedürfnissen entsprechende innere Organisation allergnädigst geruhet.
Schließlich haben Seine Majestät die gleich nach hergestellten Frieden vorzunehmende Regelung und Feststellung einer solchen nationallen inneren Verwaltung der Vojvodschaft nach dem Grundsatze der Gleichberechtigung aller Völker als eine der ersten und angelegentlichsten Sorgen Ihres väterlichen Herzens huldreichst ausgesprochen; die Vereinigung der Vojvodschaft [Woiwodschaft] mit eineom andern Kronlande aber solle ferner zufolge § 72 der Reichsverfassung nach Einvernehmung der Abgeordneten derselben durch eine besondere Verfügung festgestellt werden.
Nach der siegreich beendigten Bekämpfung des Aufstandes in Ungarn kann nun die in so nahe Aussicht gestellte Lösung der oben bezeichneten Aufgaben ohne nachtheilige Folgen nicht länger aufgeschoben werden und die Heiligkeit des kaiserlichen Wortes läßt nicht daran zweifeln, daß dies in kurzem Zeitraume geschehen werde, da die Regierung Seiner Majestät nach bereits erfolgter Anhörung der betreffenden Competenzen und von verschiedenen Gesichtspunkten vorausgegangenen Erörterungen sich zweifelsohne in der Lage befinden wird über die obwaltenden Fragen auch ihrerseits bestimmte Anträge zu stellen.
Ich habe darüber ebenfalls die Meinungen der kroatischen und serbischen Vertrauensmänner vernommen und einige mit Sachkenntnis gegebene und berücksichtigungswerthe Aufklärungen der obschwebenden Fragen von beiderseitigem Standpunkte erhalten, welche zum Theil in den hier sub % und 2 % beiliegend angeschlossenen Erörterungen3enthalten sind. Auch kann ich zugleich das schriftlich abgefaßte Resultat der zwischen den serbischen Vertrauensmännern auf meine Fragepuncte stattgefundenen Berathungen als einen wichtigen Beitrag zur Aufhellung der fraglichen Angelegenheit der hohen Einsicht sub 3 % ehrfurchtsvoll unterbreiten.
Zwei Fragen sind es jetzt vorzüglich, durch deren Lösung die Verwirklichung der dem serbischen Volke verheißenen Einrichtungen wesentlich bedingt wird, ich werde es meiner Pflicht gemäß versuchen meine Ansichten bezüglich derselben offen und ohne Rückhalt in der möglichsten Kürze auszusprechen.
Die erste Frage betrifft die Territorialabgrenzung der serbischen Vojvodschaft . Welche Landestheile die im Monat Mai vorigen Jahres zu Karlovic [Karlowitz] abgehaltene serbische Nationalversammlung als Bestandtheile ihrer Vojvodschaft gewünscht und betrachtet habe, ist bekannt und in den beiliegenden Erörterungen umständlich auseinandergesetzt worden. Syrmien, Backa [Batschka], Baranya und ganz Banat nebst der betreffenden Militärgrenze sind jene Gebietstheile, welche für das Territorium der Woiwodschaft in Anspruch genommen wurden.
Die Zeit, zu welcher man diese Forderungen stellte, war eine von der gegenwärtigen ganz verschiedene, damals war das Princip der Gleichberechtigung der Nationen noch nicht einmal zur Anerkennung, geschweige denn zur Geltung gebracht, welches seit dem wiederholt in feierlichen Manifesten ausgesprochen, nach § 5 der Reichsverfassung allen Volksstämmen gleiches und unverletzliches Recht ihrer Nationalität gewährleistet. Was zu jener Zeit auf Grund der historischen und in allen Urkunden radizirten Ansprüche mit einem Scheine des Rechtes verlangt werden konnte, das ist heute ohne ein Unrecht zu begehen, geradezu unmöglich geworden, wie dies selbst vom serbischen Standpunkte aus in den sub 2 % anruhenden Erörterungen auch mit Rücksicht auf die tieferen Motive der Karlowicer Beschlüsse offen zugestanden wurde.
Die hierüber vernommenen serbischen Vertrauensmänner haben zwar laut dem sub 3 % bezogenen Protokolle ihrer Berathungen erklärt nicht befugt zu sein von dem oben näher angedeuteten Gebiethe etwas abzulassen, sie fügten jedoch auch hinzu, daß sie selbst im Sinne der Karlowicer Nationalversammlung der romanischen Nation in Erlangung ihrer selbstständigen Existenz durchaus nicht hinderlich sein wollen.
Andererseits aber geben sie selbst zu, daß im Baranyer Komitate bei der Feststellung der Gränzen der Woiwodschaft die Sprache der Bewohner zur Grundlage dienen soll, wodurch sie denn thatsächlich beweisen, daß sie dem Grundsatze der Gleichberechtigung die gebührende Rechnung zu tragen geneigt sind.
Da jedoch meines Erachtens von der Heilighaltung dieses unantastbaren Grundsatzes das Wohl und Wehe des Gesammtstaates abhängt, so halte ich dafür, daß dasselbe auch bei den übrigen Theilen des zukünftigen Gebiethes der serbischen Woiwodschaft seine möglichste Anwendung finden müsse, dies ist namentlich beim Bacer Comitate der Fall, wo der nördliche an das Pesther Comitat angrenzende Theil desselben der Mehrheit nach von dem magyarischen Stamme bewohnt wird.
In diesem Sinne haben sich auch jene Männer ausgesprochen, die sich veranlaßt gefunden haben, mir ihre Ansichten schriftlich mitzutheilen, nur kann ich ihrem Vorschlage in so ferne nicht ganz beipflichten, als sie die Demarkationslinie zwischen dem Gebiethe der Woiwodschaft und jenem Ungarns zu weit nordwärts zu ziehen und selbst Baja in das Gebieth der Woiwodschaft einzuschließen wünschen, während dem nach meiner Meinung die Grenzlinie von Theresiopel [Subotica] gegen Bezdan gezogen, jedoch die beiden letztgenannten Orte in die serbische Woiwodschaft eingeschlossen werden sollten.
Der ganze von dieser Demarkationslinie südlich liegende Theil der Backa [Batschka], wiewohl auch da verschiedene Nationalitäten unter einander vermengt wohnen, kann vom Gebiehte der Woiwodschaft nicht getrennt werden, weil sowohl da und in dem angrenzenden rein serbischen Csaikisten Battaillon die serbische Bevölkerung jedenfalls überwiegend ist, außerdem den nicht serbischen Nationalitäten soviel als möglich durch Errichtung ihrer eigenen Bezirke billige Rechnung getragen werden kann und muß.
Das Syrmier Komitat sammt dem Peterwardeiner Grenzregimente wäre nach der Meinung der serbischen Vertrauensmänner dem Gebiethe der serbischen Woiwodschaft ohne allen Abbruch einzuverleiben, dagegen erhebt sie [sic!] von einigen kroatisch slavonischen Vertrauensmännern ein Bedenken, in wie ferne nämlich unter dem in Artikel 7 des kroatisch slavonischen Landtages erwähnten Syrmien nicht das gegenwärtige, zum Theil aus der alten Valpoer Gespannschaft zusammengesetzte Syrmier Comitat, sondern nur das alte Syrmien, mit Ausschluß des ganzen Vukovaer Bezirkes und den mit demselben bis zur Save parallel laufenden 2 Compagnien des Peterwardeiner Regiments verstanden werden soll.
Diese Bedenken würden sich zwar von selbst beheben, wenn die serbische Woiwodschaft mit Kroatien und Slavonien vereiniget werden soll, wie davon weiter unten die Rede sein wird, weil dann beide Theile einen Körper bilden würden und kein Grund vorhanden wäre, bei der neuen administrativen Einrichtung Slavoniens durch eine Trennung den bisher administrativ verbundenen Gebietstheile Syrmiens (deren Bewohner der Mehrzahl nach dem serbischen Stamme und dem orientalischen Glaubensbekenntnis angehören) eine zwecklose Entfremdung der Gemüther herbeizuführen. Falls aber die gehoffte Vereinigung aus welchen immer kaum begreiflichen Ursachen, nicht zu Stande kommen könnte, dann dürfte wohl auf den vorbesagten Wunsch um desto mehr Rücksicht genommen werden, weil Syrmiens Vereinigung mit der serbischen Vojvodschaft vom kroatisch-slavonischen Landtage nur in der Voraussicht und mit ausdrücklichen Vorbehalte des ausgesprochenen politischen Verbandes beider Theile vermeint war.
Für den Entgang Syrmiens glaube ich indes, daß dem Königreiche Slavonien aus dem benachbarten und vom Gebiethe der serbischen Vojwodschaft ohnedies durch die Donau getrennten Baranya Komitate durch die Einverleibung desjenigen Theiles, welcher von der Majorität des illirischen Volkes bewohnt wird, jedenfalls ein Ersatz gegeben werden sollte. Als solcher Theil dieses Komitats ist in dem mir vorgelegten Entwurfe bezeichnet worden der bisherige Mohaier [Mohacs] und Baranyavarer (illirisch Bernjavarski) Stuhlbezirk, dann ein Theil des Sikloser wie auch des Fünfkirchner Bezirkes. Obwohl jedoch im Mohaier Stuhlbezirke (Proceß), d. i. Baranya Komitats, eine große Anzahl Bewohner illirischer Mundart zu finden ist, so erachte ich es, da die übrigen jetzt genannten Gebietstheile des Baranyer Komitats auch nicht rein illirische Bevölkerung enthalten, dem Principe der Gleichberechtigung angemessener, daß auf diesen Umstand eine wesentliche Rücksicht genommen und mit Weglassung des Mohaier, ohnedies zu sehr gegen Norden hinauf ausgedehnten, Bezirkes das für Slavonien auszuscheidende Gebieth des Baranyer Komitats auf den bisherigen Baranyavarer Bezirk sammt einen Theil des Sikloser und Fünfkirchner Bezirkes beschränkt werde – wie dies aus meiner sub 4 % beiliegenden tabellarischen Übersicht der Bestandtheile der künftigen Vojvodschaft zu entnehmen ist.
Bezüglich der Territorialeintheilung Banats sammt der Banater Grenze erblicke ich darin den leitenden Grundsatz, daß in diesem Gebiete die serbische und wallachische Nationalität ihrer Anzahl nach die weit überwiegende ist. Die statistischen Daten über Banat, so wie über ganz Ungarn überhaupt, welche bis nun veröffentlicht wurden, beruhen alle auf einseitigen Privatcompilationen und Zusammenstellungen, die bedeutend von einander abweichen, ihre Unzuverlässigkeit wird sub 2 % schlagend nachgewiesen, daher man zur Grundlage einer billigen Berücksichtigung der Nationalitäten einstweilen nur eine approximative Berechnung der Bevölkerungszahl annehmen muß.
Wenn man nun die Bevölkerung Banats sammt der Militärgrenze in nur der Anzahl zwischen 1.100.000 und 1.200.000 Seelen anschlägt, so dürften davon nach approximativer Rechnung bei 600.000 Seelen auf die wallechische, bei 300.000 Seelen auf die serbische und überhaupt slavische, bei 200.000 auf die deutsche und der übrige Rest auf die magyarische und aus verschiedenen Colonien bestehende gemischte Bevölkerung entfallen. Es läßt sich daher nicht läugnen, daß in Banat die zwei größten Factoren die romanische und die serbische Nationalität bilden.
Die Gründe für eine solche Eintheilung Banats und namentlich für die Ausscheidung des wallachischen Gebiethes aus der Vojvodschaft finden sich in dem sub % item sub c ad % dann sub 2 % beiliegenden Erörterungen so schlagend dargelegt, daß es hierorth genügen kann, auf dieselbe einfach hinzuweisen.
Das serbische Gebieth im Banate würde meines Erachtens aus dem Torontaler Komitate mit 330.000 Seelen, dann aus dem deutsch und illirsch Banater Regimente mit Einfluß von Pančero und Weißkirchen [ Bela Crkva] mit 170.000, dann aus dem Versećer Bezirke des Temeser Komitats mit 50.000 bestehen, wie dies ebenfalls aus der oben erwähnten Übersichtstabelle ersichtlich ist. Die Bevölkerungszahl dieses Gebiethes dürfte daher, so ferne es der serbischen Vojvodschaft zufiele, nicht über 550.000 Seelen betragen.
Für das romanische Gebieth Banats würde also verbleiben der übrige Theil des Temeśer Comitats mit 270.000 Seelen des Krassover Comitats mit 250.000 und des romanisch Banater Grenzregiments bei 80.000, zusammen daher mit 600.000 Einwohner. Allerdings wird dadurch die totale Scheidung des romanischen vom serbischen Elemente nicht erzielt werden und es werden sich noch in beiden Gebiethsteilen die Elemente der einen und der andern Nationalität vorfinden; ein Umstand, der nicht zu beseitigen, aber auch nicht vom wesentlichen Belange ist, sobald nur nach dem Prinzipe der Gleichberechtigung jeder Nationalität ehrlich Rechnung getragen, jedem Volksstamme mit möglichster Berücksichtigung schon bestehender geographischer Grenzen in den von ihm in entschiedener Mehrzahl bewohnten Ländertheilen sein Name in der großen Völkerfamilie des Kaiserreiches seine politische Einreihung in die übrigen Theile der Monarchie gewährt wird.
Der meistens von Romanen bewohnte Theil des Banats könnte füglich nach Ausscheidung des für die Woiwodschaft abzutretenden Gebietes unter dem Namen des Temešer Banats vorläufig einen romanischen Kreis bilden und sich durch die nächste Kreisvertretung entschieden aussprechen, ob derselbe sich dem Kronlande Siebenbürgen oder der Woiwodschaft anschließen wolle, wenn es nicht noch natürlicher und billiger wäre, dem vom romanischen Volke im Osten Ungarns bewohnten Gebiete mit Inbegriff des Temešer Banats eine eigene, wenn auch vor der Hand nur provisorische politische Abgrenzung zu geben. Nach der vorgeschlagenen Gebietseintheilung würde der romanische Theil für den durch die Abtrennung eines Theiles vom Temeser Comitat und seine im Torontaler Comitat lebende Bevölkerung durch die im Temeser Comitate befindlichen deutschen und andern Bewohner, ebenso durch die im Krasower Comitate lebenden Slaven einen hinreichenden Ersatz erhalten und es dürfte sich in der That zwischen der Bevölkerungszahl der Romanen im Banat überhaupt und jener, die in dem vorgeschlagenen romanischen Gebiete vorhanden wäre, kein erheblicher Unterschied herausstellen.
Was die im Banat lebende zahlreiche deutsche Bevölkerung anbetrifft, so muß ich in Bezug auf dieselbe leider durch eigene Anschauung und traurige Erfahrungen belehrt bemerken, daß sie sich während der letzten Insurrektion durchaus nicht als verläßlich bewährt, im Gegentheil mit den Insurgenten auf das innigste verbunden und ihnen gegen die kaiserlichen Truppen allenthalben den größten Vorschub geleistet hat. Überdies legte sie kein Zeichen ihres Strebens an den Tag, die deutsche Nationalität gegen die magyarischen Übergriffe zu verwahren. Es kann daher von einer im Banat zu errichtenden deutschen Provinz um so weniger die Rede sein, als die Wohnungen des deutschen Volkes durch das Torontaler und Temešer Comitat so zerstreut liegen, daß sie einen derartig großen und kompakten Körper keineswegs bilden, wie solcher zur Errichtung einer deutschen Provinz oder auch nur eines Kreises erforderlich wäre. Es können indes, wie schon oben erwähnt wurde, aus jenen Theilen, wo die deutsche Bevölkerung überwiegend ist, eigene Bezirke gebildet werden, um so ihrer Nationalität jene Garantien zu geben, die nach dem Prinzipe der Gleichberechtigung auch das in der Minderzahl befindliche Volk anzusprechen befugt ist.
Es bleiben noch viele tausend auch vom illirischen Volksstamme in den übrigen Theilen Ungarns zerstreut, nämlich in dem beim ungarischen Gebiete zu belassenden Theil der Baranya und Bacska, dann in Krasower, Arader, Pesther, Stuhlweißenburger, Tolnaer, Sumegher [Suemeg], Zalader, Eisenburger, Oedenburger und Wieselburger Comitaten; ihre Anzahl kann nach den bisher bekannten statistischen Daten, wenn nicht höher, ganz gewiß eben so hoch angeschlagen werden, wie hoch sich die Anzahl der magyarischen und deutschen Bewohner in der nach den vorgeschlagenen Grundzügen abzugrenzenden serbischen Woiwodschaft belaufen würde.
Nach diesem Sachverhalte kann sich also weder der magyarische noch der deutsche Volksstamm aus Anlaß dessen, daß eine Anzahl ihrer Stammgenossen der serbischen Woiwodschaft einverleibt werden soll, über ein angebliches Unrecht eben so wenig beklagen, als dies von den in eben spezifizirten ungarischen Komitaten wohnenden Gruppen des illirischen Volksstammes rechtlicher Weise geschehen könnte.
Ich habe hiermit ohne Rückhalt die Grundzüge einer Abgrenzung der zukünftigen serbischen Woiwodschaft dargelegt, wie ich dieselbe dem Prinzipe der Gleichberechtigung und den billigen Ansprüchen der serbischen Nation für die angemessenste halte. Seine Majestät mögen nur über diesen Gegenstand eine definitive Entscheidung allergnädigst erlassen, damit die serbische Nation eine ihren Namen tragende Heimath erlange, welche sie an einen großen Staatskörper um so fester knüpfen wird, durch dessen Dasein auch ihr eigener Bestand bedingt ist.
Die huldreiche Annahme des Titels eines Großwoiwoden der österreichischen Serben durch Seine Majestät würde jener kaiserlichen Gnade, deren sich dieses verdienstvolle Volk bisher erfreuen konnte, die Krone aufsetzen, und ich erlaube mir mit der in dieser Hinsicht im Namen der serbischen Nation wiederholt ausgesprochenen Bitte auch meine eigene zu verbinden.
Die zweite Frage, deren Lösung ich mit der ersten für unzertrennlich zusammenhängend halte, ist die der Vereinigung der serbischen Woiwodschaft mit einem andern Kronlande. Die Erledigung dieser Frage ist zwar durch den § 72 der Reichsverfassung dem Einvernehmen der Abgeordneten der serbischen Woiwodschaft vorbehalten worden. Nachdem sich jedoch die serbische Nationalversammlung darüber bereits im verflossenen Jahre zu Karlowitz dahin ausgesprochen hatte, daß die serbische Woiwodschaft mit dem Königreiche Croatien und Slavonien in solchen Verband trete, nach welchen sie mit dem letzteren einen festen politischen Körper bilden soll, diese feierliche Erklärung ferner vom kroatisch-slavonischen Landtage laut dem Artikel 7 des Landtagsprotokolls nicht allein angenommen, sondern auch, wie dies in den beiliegenden Erörterungen spezifisch nachgewiesen erscheint, von beiden Nationen in allen Handlungen eine Solidarität eingegangen wurde, so will es mir nicht einleuchten, welchen weiteren Zweck das Einvernehmen eigener Abgeordneten der Woiwodschaft haben sollte. Dies haben auch die Vertrauensmänner beider Theile einstimmig anerkannt, wie es aus allen hier anruhenden Beilagen ersichtlich ist.
Nachdem also die Art und Weise, wie die Abgeordneten der serbischen Woiwodschaft über die Vereinigungsfrage vernommen werden sollen, in der Reichsverfassung nicht näher bezeichnet erscheint und deshalb die durch das Vertrauen der Regierung und der Nation gleich ausgezeichneten hier verweilenden Vertrauensmänner füglich als diejenigen anerkannt werden können, welche unter dem Begriffe der Abgeordneten nach der Bestimmung der Reichsverfassung zu verstehen sind und überdies die Übereinkunft zwischen beiden Theilen bereits, wie gesagt, erfolgt wäre, so kann nach der vorbesagten Aufhellung des früher nicht genau gekannten Sachverhaltes durchaus kein weiterer Zweifel darüber obwalten, ob die serbische Woiwodschaft mit Kroatien und Slawonien oder mit einem anderen Kronlande vereint werden soll!
Es würde indes nicht genügen die Vereinigung der serbischen Woiwodschaft mit Kroatien und Slavonien nur im Prinzipe auszusprechen, ohne zugleich die Art und Weise näher zu bezeichnen, wie diese Vereinigung zur Ausführung zu bringen sei.
Daß die serbische Woiwodschaft mit den vereinigten Königreichen einen gemeinschaftlichen Landtag haben solle, darüber ist unter den serbisch-kroatischen Vertrauensmännern nur eine ungetheilte Meinung; wobei es sich von selbst versteht, daß die Kultusangelegenheiten beider Kirchen in ihren eigenen aus den betreffenden Glaubensgenossen zusammenzutretenden Versammlungen keineswegs aber in einem Landtage, wo beide Konfessionen gemischt sein würden den Gegenstand der Verhandlungen bilden können.
Auch wünschen die serbischen Vertrauensmänner, daß die Wojwodschaft Serbien als ein Kronland mit dem Königreiche in einen politischen Verband treten, was jedoch in so ferne, als unter dem Begriffe des Kronlandes ein mit ihrer eigenen Landesgesetzgebung versehener Theil des Reiches zu verstehen wäre (nachdem diese Länder nicht ihre abgesonderten Landtage, sondern einen gemeinschaftlichen Landtag haben sollen) gehörig erläutert werden müßte.
Die Mehrheit der serbischen Vertrauensmänner ist schließlich der Meinung, daß die Modalitäten dieser Vereinigung beim künftigen Landtage näher zu bestimmen und zu diesem Zwecke, um dem Landtag seine Aufgabe zu erleichtern und den Erfolg desselben zu sichern, von den hier befindlichen beiderseitigen Vertrauensmännern spezielle Anträge zu stellen wären.
Ich nehme keinen Anstand diesen Ansichten der serbischen Vertrauensmänner auch meinerseits beizupflichten, indem sie ihrerseits ausdrücklich erklärten, daß es sich beim nächsten Landtage durchaus nicht um die Frage handeln soll, ob sich die serbische Vojvodschaft mit Croatien und Slavonien vereinigen würde oder nicht?, sondern blos über die Art und Weise wie dies statt zu finden habe. Diese Vereinigung ist nicht allein naturgemäß, nicht allein im Interesse unserer nationellen Entwicklung und im Interesse des Staatshaushaltes, nicht allein im Sinne des im Landtage des Jahres 1848 ausgesprochenen Beschlusses, sondern auch eine conditio sine qua non, an welche sich die bei Bildung der Vojvodschaft beabsichtigte Verbindung Syrmiens mit derselben knüpft, eine Bedingung deren Umgehung einerseits eben so wenig gerechtfertigt, als anderseits von den dabei zunächst Betheiligten gewünscht werden könnte.
Als Resultat der über diesen hochwichtigen Gegenstand gepflogenen mündlichen und schriftlichen Verhandlungen, dann meiner eigenen, in diesen Ländern an Ort und Stelle gemachten Erfahrungen zugleich mit gewissenhafter Berücksichtigung der von Seiner Majestät dem Allergnädigsten Kaiser und Herrn und durch die Reichsverfassung vom 4. März allen Nationalitäten sowohl in deren eigenem als in dem Interesse der Gesammtmonarchie gewährleistete Gleichberechtigung durchdrungen von der tiefsten Überzeugung, daß nur durch die Vereinigung der homogenen nationalen Elemente die so unerläßliche engste Vereinigung aller Ländertheile des Kaiserreiches zu einem großen lebenskräftigen Ganzen angebahnt werden könne, kann ich sonach in Kurzem meine Ansichten in Bezug auf die zu konstituirende Vojvodschaft folgendermaßen aussprechen:
1. Seine Majestät der Kaiser nimmt den Titel eines Großvojvoden der österreichischen Serben an.
2. Die Vojvodschaft erhält die in diesem Vortrage angetragene Begrenzung.
3. Die Vojvodschaft tritt in legislativer und administrativer Beziehung mit Croatien und Slavonien in enge Verbindung und erhält auch einen gemeinschaftlichen Obersten Gerichts- und Kassationshof.
4. Die Vojvodschaft untersteht mit diesen Ländern einem gemeinschaftlichen Statthalter; - dem Ban, der in Hinkunft ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses, nach Befähigung und mit billiger Rücksicht auf die Wünsche der Nation von der Krone ernannt wird.
Jede diesfällige Norm, die eine gleichmäßige abwechselnde Reihenfolge der Bane mit Bezug auf das Glaubensbekenntnis festsetzen würde, wäre eine Satyre auf den Geist der Zeit, auf die Grundsätze des konstitutionellen Staatslebens – hieße den Separatismus verewigen, da wo Einigung so noth thut.
Um indes den dermals noch nicht gereiften Gesinnungen des Volkes Rechnung zu tragen, müßte in der Vojvodschaft, in so ferne selbe einen Bestandtheil in der Statthalterschaft bildet, der zu ernennende Präsident unter der Benennung eines Vojvoden der orientalischen Kirche angehören. Hiezu kenne ich nur Einen ganz Befähigten – und der ist der Ingenieuroberste von Mamula, seine ausgezeichneten Verdienste, seine Umsicht und Kenntnisse, sein gediegener Character, seine felsenfeste treue Anhänglichkeit an Kaiser und Staat, seine Popularität unter jener Bevölkerung machen ihn vorzugsweise für jenen Posten geeignet. Er könnte, falls Seine Majestät denselben zum Generalmajor zu ernennen geruhen würde, bis zur definitiven Reglung in dem für die serbische Vojvodschaft bemeinten Provinzialterritorio als Distriktskommandant fungiren, während die Grenzregimenter unter den Befehlen des Corpscommando zu Peterwardein im Sinne der neuen Armeeeintheilung von der Hand unbeirrt gestellt bleiben würden.
Dies wäre meines Erachtens der Inbegriff jener Grundzüge, nach welchen, wenn Seine Majestät denselben Allerhöchst Ihre Genehmigung gnädigst gewähren sollten, die ausführlichen Anträge für eine gemeinschaftliche Landesverfassung mit gleichartigen organischen Gesetzen rücksichtlich der politischen und gerichtlichen Administration für diese Länder durch die Vertrauensmänner im gegenseitigen Einverständnisse ausgearbeitet und der Regierung zur Prüfung unterbreitet werden können.
Es bedarf aber hiezu jedenfalls einer diesfälligen allergnädigsten Entscheidung, welcher die serbische und kroatische Nation mitgroßer Sehnsucht entgegen sieht, da sie in derselben mit Recht die befriedigende Lösung einer Lebensfrage begrüßen zu können hofft, durch welche allein die in der Reichsverfassung gewährleistete Gleichberechtigung der Nationalitäten auch für unser Volk zur Wahrheit werden kann.

J. Jellacic
FZM Ban

Wien, am 25. Oktober 1849