Der Priester Karl Festl dankt Leo Thun für seine Ernennung zum Schulrat von Siebenbürgen. Er freut sich, diese Stellung erhalten zu haben, da sie vollkommen seinen Interessen und Fähigkeiten entspreche. Er versichert alles zu tun, um dem Vertrauen des Ministers gerecht zu werden. Festl gibt jedoch zu bedenken, dass seine Stelle mit so geringen Mitteln ausgestattet sei, dass er seinen Unterhalt kaum decken könne. Auch wäre es nötig, das Amt besser zu dotieren, um vorteilhaft für die Entwicklung der Schulen wirken zu können. Gerne würde er nämlich an mittellose Lehrer Schulbücher verteilen. Er bittet Thun daher, ihm die vakante Stelle eines Domherrn von Großwardein [Oradea] zu verleihen. Er begründet diese Bitte unter anderem damit, dass er für seine Mutter und seine vier Geschwister sorgen müsse.
Euere Excellenz!
Durch die Allerhöchste Gnade Seiner k.k. Apostolischen Majestät zum Schulrathe
für Siebenbürgen ernannt, habe ich das Glück, ein eben so
wichtiges als meinen individuellen Neigungen völlig entsprechendes Amt bekleiden
zu dürfen. Die hohe Wichtigkeit der mir auf diese Weise gewordenen Aufgabe stets
im Auge haltend, hege ich keinen lebhafteren Wunsch, als den durch eifrige
gewissenhafte Pflichterfüllung mich des hochgeneigten Vertrauens würdig zu
erweisen, welches Euere Excellenz bewog, mich Seiner k.k. Apostolischen Majestät
für diesen Posten vorzuschlagen. Abgesehen jedoch von den Schwierigkeiten, die
hier, in dem Lande eigenthümlicher Verhältnisse, meine Stellung und mein Wirken
umlagern, denen aber am Ende durch Fleiß und Ausdauer, durch vorsichtiges und
kluges Einschreiten zu begegnen sein wird, steht meinem aufrichtigen Streben ein
anderes Hindernis im Wege, welches hinweg zu räumen leider nicht in meiner Macht
liegt. Es ist dieß die dürftige materielle Lage, in welcher ich mich befinde,
die mir nicht gestattet, den an mich gerichteten vielfältigen Ansprüchen zu
genügen, mir deshalb Muth und Freude raubt und Sorgen bereitet, die ein
ungetheiltes kräftiges Eingreifen nach allen Richtungen meines verzweigten Amtes
hin mir oft verleiden und erschweren.
Die von Seiner k.k. Apostolischen
Majestät mir Allergnädigst verliehene kirchliche Stellung, ohne welche ich bei
den hierortigen Verhältnissen kaum mit Aussicht auf Erfolg wirken könnte, legt
mir Pflichten auf, welchen ich in meiner jetzigen Lage nicht entsprechen
kann.
Um ferner in Siebenbürgen auf die bessere Befähigung
der Lehrer nachhaltig einzuwirken, wäre es sowohl bei dem sehr erschwerten
kümmerlichen Bücherhandel, als auch wegen der Armuth der Lehrer nothwendig, daß
der Schulrath den Lehrern die zu ihrer Ausbildung nöthigen Hilfsbücher nicht
bloß anempfehle, sondern auch schenke. O welches Glück für mich, wenn ich meine
Inspekzionsreise stets versehen mit einem entsprechenden Quantum Schul- und
Lehrbücher antreten könnte und zugleich im Stande wäre, den Fleiß und die
eifrige Verwendung guter Lehrer belohnen zu können!
Euere Excellenz! Dieser
beengenden und beirrenden materiellen Lage könnte ich durch die Allergnädigste
Verleihung des eben erledigten Canonicates im Großwardeiner [Oradea] Domkapitel,
entrissen und mehr befähigt werden, dem Amte, das mir zu Theil ward, heterogenen
kleinlichen Lebenssorgen überhoben, mit ungetheilter Hingebung obzuliegen. Indem
ich dem Allerhöchsten Dienste freudig mein Leben weihe, diene ich ja auch der
katholischen Kirche, und ich kann mich mit gutem Gewissen auf das Zeugnis des
hochwürdigsten Bischofes von
Siebenbürgen berufen, daß meine bisherigen Leistungen im Dienste
der Kirche stets zufriedenstellend waren. Zudem dürfte mein Competenzgesuch um
Verleihung der vakanten Domherrnstelle in Großwardein durch den Umstand begründet werden, wonach ich als
Schulrath für Siebenbürgen auch die Schulen eines
beträchtlichen Theiles der Großwardeiner Diözese zu besorgen habe, welcher der
politischen Verwaltung der Siebenbürger Statthalterei untersteht.
Ich komme
daher zu Euerer Excellenz wie zu meinem Vater mit der vertrauensvollen
unterthänigsten Bitte, die hochgeneigte Willensmeinung mir gnädigst eröffnen
lassen zu wollen: ob es Euerer Excellenz genehm sein wird, wenn ich um
Verleihung des vakanten Stallum literarium im Großwardeiner Kapitel ein
unterthäniges Majestätsgesuch einreiche; und erlaube mir noch zur weiteren
Begründung meiner Bitte an das uns allen bekannte milde gütig-edle Herz Euerer
Excellenz zu appelliren. Ich habe eine alte Mutter und vier unversorgte arme
Geschwister, deren alleinige Stütze ich bin. Als Pfarrer in Fünfkirchen [Pécs] – meiner Vaterstadt –
konnte ich sie unterstützen, – jetzt, obwohl höher gestellt, bin ich kaum im
Stande, auch nur Weniges für sie zu leisten, und dieser peinliche Gedanke, es
mit beinahe 40 in arbeitsamer Thätigkeit zurückgelegten Jahren noch nicht dahin
gebracht zu haben, um dieser heiligen Pflicht kindlicher Pietät nachkommen zu
können, beugt oft meinen Muth und lähmt die Kraft in mir, die dem alleinigen
Zwecke meiner Bestimmung ungetrübt zugewendet, auch Besseres leisten
könnte.
Gedrängt von diesen mißlichen Verhältnissen wage ich es, an Euere
Excellenz die unterthänigste Bitte zu stellen, mir nur diesmal noch die
Allerhöchste Gnade Seiner k.k. Apostolischen Majestät gnädigst zuwenden zu
wollen. Mit Freuden und mit ganzer Hingebung will ich in meiner jetzigen
Stellung so lange dienen, so lange Gott mir das Leben schenkt und ich das Glück
haben werde, mich der Zufriedenheit der hohen Regierung zu
erfreuen.
Genehmigen Euere Excellenz den Ausdruck meiner tiefen Verehrung,
mit welcher ich mich zu zeichnen die Ehre habe
Euerer Excellenz unterthänigster Diener
Dr. Carl Festl
k.k. Schulrath und
Probst
Maros-Vásárhely, auf meiner Inspekzionsreise, am 27. Juni 1857