Der Entwurf beinhaltet den Text des Patentes zur Einführung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) vom 1. Juni 1811 in Ungarn, Kroatien, Slawonien, in der serbischen Woiwodschaft und im Temescher Banat. In diesen Ländern besaß das ABGB bisher keine Geltung. Das ABGB soll gemäß dem Allerhöchsten Patent vom 31. Dezember 1851 mit Beachtung der lokalen Eigenheiten und Sonderrechte dieser Länder eingeführt werden. In diesem Entwurf werden daher einige abweichende sowie ergänzende und erklärende Bestimmungen zum ABGB angeführt. Diese betreffen insbesondere Fragen des Eherechts, der Finanzgesetze der Länder, des Erbrechts sowie Fragen, die sich mit der Regelung von Besitzverhältnissen beschäftigen.
Lithographie mit eigenhändigen handschriftlichen Bemerkungen Thuns.1
Entwurf des Kundmachungspatentes zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche für Ungarn, Croatien, Slavonien, die serbische Woywodschaft und das Temeser Banat
Wir Franz Josef usw. haben bereits in den durch Unser Patent vom 31. December 1851 bekannt gemachten Grundsätzen über die künftigen organischen Einrichtungen in den Kronländern Unseres Kaiserthums2 die Absicht ausgesprochen, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch als das gemeinsame Recht für alle Angehörigen des österreichischen Staates auch in denjenigen Kronländern, in welchen dasselbe bisher keine Geltung hatte, mit Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse derselben einzuführen. In Vollzug dieser Absicht und um auf diese Weise zu Beförderung des allgemeinen Wohles auch in diesen Kronländern durch die Erlassung bestimmter verständlicher und den Forderungen der Gerechtigkeit entsprechender Vorschriften über das Privatrecht einen geordneten Rechtszustand zu begründen, haben Wir nach Anhörung Unsers Ministerrathes und Vernehmung Unsers Reichsrathes beschlossen, wie folgt.
I.
Vom … 1852 angefangen hat in den Königreichen Ungarn,
Kroatien und Slavonien, in der
Woywodschaft Serbien
und in dem Temeser Banate das mit dem Patente vom 1. Junius 1811
in andern Theilen Unserer Monarchie kundgemachte allgemeine bürgerliche
Gesetzbuch sammt den darauf sich beziehenden in dem beigefügten Anhange
enthaltenen nachträglichen Verordnungen in Wirksamkeit zu treten, wodurch
zugleich alle in diesen Kronländern bisher bestandenen auf die Gegenstände
dieses allgemeinen bürgerlichen Rechtes sich beziehenden Gesetze, Statuten,
Privilegien und Gewohnheiten aufgehoben und außer Kraft gesetzt werden.
II.
Hiebei haben jedoch mit Rücksicht auf die eigenthümlichen Verhältnisse
dieser Kronländer die in den nachfolgenden Absätzen enthaltenen Beschränkungen
und näheren Bestimmungen zu gelten.
III.
Die in dem zweiten Hauptstücke des Gesetzbuches enthaltenen Vorschriften
über das Eherecht finden, insofern sie die gültige Abschließung und die
Verhandlung über die Ungültigkeit einer Ehe, die Scheidung von Tisch und Bett
und die Trennung der Ehe betreffen, auf Unsere Unterthanen der
römisch-katholischen, dann der griechisch-unirten und nicht unirten Religion in
diesen Kronländern keine Anwendung.
In Hinsicht der vorbezeichneten, das
Band der Ehe selbst betreffenden Punkte unterstehen daher diese
Religionsgenossen auch noch ferner den nach Verschiedenheit ihres
Glaubensbekenntnisses für die bisher bestandnen gesetzlichen Vorschriften und
geistlichen Gerichten.
In allen übrigen Angelegenheiten dagegen sind
dieselben an die Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, auch in
so fern sich diese auf das eheliche Verhältnis beziehen und in dem Hauptstücke
von dem Eherechte vorkommen, gebunden und der Gerichtsbarkeit der
landesfürstlichen Behörden unterworfen; den geistlichen Gerichtsbehörden kommt
daher insbesondere weder über die bürgerlichen Wirkungen der Eheverlobnisse,
noch über die aus Anlaß der Verhandlungen über die Aufhebung der ehelichen
Gemeinschaft entstehenden Streitigkeiten hinsichtlich der Bewilligung eines
vorläufigen abgesonderten Wohnortes für den gefährdeten Theil der Entrichtung
des anständigen Unterhaltes (§ 107 ABGB), der Absonderung des Vermögens, der
Verpflegung und Erziehung der Kinder und andrer nicht den Bestand des Ehebands
selbst betreffenden Gegenstände3 eine wie immer geartete Gerichtsbarkeit zu.
IV.
Auf die Mitglieder der beiden evangelischen Confessionen in diesen
Kronländern, welche schon nach dem bisherigen Bestand in ihren Streitigkeiten
über das Eheband den bürgerlichen Gerichten unterworfen waren, auf die Unitarier
und auf die jüdischen Glaubensgenossen finden die Vorschriften des zweiten
Hauptstückes des Gesetzbuches über das Eherecht im Allgemeinen zwar volle
Anwendung. Doch wollen Wir in Ansehung der gemischten Ehen, welche zwischen
katholischen und nichtkatholischen Personen geschlossen werden, in
Übereinstimmung mit demjenigen, was bereits mittelst Landtagsbeschlusses
Gesetzartikel III vom Jahre 1843/44 hinsichtlich der Ehen zwischen
römisch-katholischen und zu einer der evangelischen Confessionen gehörenden
Personen verfügt worden ist,4 die Bestimmung des § 77 des allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuches, wonach in Fällen, in welchen eine katholische und
eine nichtkatholische Person sich vereheligen, die Einwilligung von dem
katholischen Pfarrer abgegeben werden sollte, für diese Kronländer dahin
abändern, daß im Falle daselbst eine katholische und eine nichtkatholische
Person sich verehligen, die Einwilligung auch vor dem ordentlichen Seelsorger
des nicht katholischen Theiles abgegeben und von diesem auch die Trauung
vorgenommen werden könne.5
V.
Da sich die persönliche Fähigkeit jedes Staatsbürgers zu Rechtsgeschäften
nach den Gesetzen des Landes richtet, welchem er angehört, so versteht es sich
von selbst, daß Angehörige von Ungarn,
Kroatien, Slavonien,
der serbischen Woywodschaft oder
des Temeser Banates, auch wenn sie in
andern Kronländern Ehen eingehen wollen, so weit es ihre persönliche Fähigkeit
hiezu betrifft,6 an die in dem Kronlande, welchem sie
angehören, hierüber geltenden Vorschriften gebunden bleiben, so wie umgekehrt
die persönliche Fähigkeit zu Eingehung einer Ehe in Beziehung auf die
Angehörigen derjenigen Kronländer, in welchen die Vorschriften des allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuches über das Eherecht in voller Wirksamkeit stehen, auch
wenn die Ehe in Ungarn, Kroatien, Slavonien, in der serbischen Woywodschaft oder in dem
Temeser Banate eingegangen werden
soll, nur nach den Bestimmungen dieses Gesetzbuches zu beurtheilen ist.
VI.
Die in den verschiedenen Kronländern bestehenden besondern Gesetze und
Verordnungen über Gegenstände, in Ansehung welcher an einzelnen Stellen des
allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches auf die Landesverfassung oder auf die
politischen Cameral- oder Finanzgesetze insbesondere hingewiesen wird so wie die
über politische Cameral- und Finanzgegenstände daselbst erlassenen, die
Privatrechte beschränkenden oder näher bestimmenden Vorschriften überhaupt,
bleiben in so weit in ihrer Kraft, als sie mit den seither erlassenen
organischen Gesetzen und mit den in Unserem Patente vom 31. Dec. 1851
ausgesprochenen Grundsätzen vereinbar sind.
VII.
In dieser Beziehung haben Wir, was die Vorschriften über politische
Gegenstände betrifft, insbesondere Folgendes festzusetzen befunden:
1. Da zu
Folge der in Unserem Patente vom 31. Dec. 1851 ausgesprochenen Gleichheit aller
Staatsbürger vor dem Gesetze alle mit diesem Grundsatze im Widerspruche
stehenden einzelnen Personen oder ganzen Körperschaften verliehenen Privilegien
und Befreiungen als aufgehoben anzusehen sind,7 so sind
unter den Privilegien und Befreiungen, rücksichtlich deren im § 13 des
Gesetzbuches bestimmt wird, daß dieselben, in so weit die politischen
Vorschriften darüber keine besonderen Anordnungen enthalten, gleich den übrigen
Rechten zu beurtheilen seien, nur diejenigen ausschließenden Berechtigungen zu
verstehen, welche sich auf Beschäftigungen der Industrie und des Erwerbes oder
auf andere Gegenstände fernerhin nach zuläßiger Verleihung beziehen.
2. Zu
den §§ 357–360 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über die Theilung des
Eigenthums, dann zu den §§ 633, 634, 1122 bis 1150 und 1474 über den Erbpacht-,
Erbzins- und Bodenzinsvertrag beziehen Wir Uns auf die in Unserem Patente vom
31. December 1851 enthaltene Erklärung, wodurch Wir die Unzuläßigkeit und die
durch besondere Gesetze gegen billige Entschädigung der früher Berechtigten
erfolgte Abstellung jedes bäuerlichen Unterthänigkeits- und Hörigkeitsverbandes
und der damit verbundenen Leistungen ausdrücklich bestätiget haben.
8
3. Zu Folge der Aufhebung des bäuerlichen und
grundobrigkeitlichen Verhältnisses findet auch dasjenige, was im § 284 des
allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über die besondern Vorschriften bei der
Vormundschaft und Kuratel des Bauernstandes – im § 387 über die Einziehung von
Grundstücken wegen Unterlassung ihres Anbaues und von Gebäuden wegen
vernachläßigter Herstellung derselben – im § 433 über die Übertragung des
Eigenthums von Bauerngütern mittelst Vertrages durch Erklärung vor der
Grundobrigkeit – und im § 761 über die Abweichungen von der allgemeinen
gesetzlichen Erbfolge bei Bauerngütern erwähnt ist, keine weitere
Anwendung.
Doch sind bei der gesetzlichen Erbfolge sowohl als bei der
Erbfolge aus einem letzten Willen stets die erlassenen Vorschriften über die
Gränzen der Theilbarkeit unbeweglicher Güter zu beobachten.
4. Was die in
den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches von dem Erbrechte
bezogenen politischen Vorschriften in Hinsicht der Geistlichkeit betrifft, so
ist:
a. die Erbfähigkeit der geistlichen Gemeinden und deren Glieder (§ 539)
nach den in jedem Kronlande darüber bestehenden besonderen Verordnungen zu
beurtheilen;
b. in Ansehung der Unfähigkeit der Ordenspersonen, eine
letztwillige Anordnung zu errichten, haben für dieselben, die Prälaten
ausgenommen, die im § 573 des allgemein bürgerlichen Gesetzbuches enthaltenen
Regeln zu gelten.
Die Testirungsfähigkeit der Prälaten aber so wie der
Weltgeistlichkeit unterliegt in Beziehung auf das erworbene Vermögen bis auf
weitere Verfügung den in den bisherigen Gesetzen und Verordnungen gegründeten
Beschränkungen. Hinsichtlich des vormals avitisch genannten Vermögens dagegen
kommt diesen geistlichen Personen <die gleiche Testirungsfähigkeit wie allen
übrigen Staatsbürgern zu.>10
Rücksichtlich des Testirungsbefugnisses der nicht unirten
griechischen Geistlichkeit sind die Bestimmungen des Declaratorium illyricum vom
16. September 1779 zu befolgen.
c. Die Vorschriften, welche in diesen
Kronländern früher zu beobachten waren, wenn in Beziehung auf die
Verlassenschaften geistlicher Personen die gesetzliche Erbfolge eintrat (§
761)11, bleiben bis auf
weitere Verfügung in Betreff jenes Theiles der Verlassenschaft, welchem aus
erworbenen Vermögen besteht, unverändert. In Betreff des vormals avitisch
genannten Theiles der Verlassenschaften geistlicher Personen gelten dagegen jene
Bestimmungen, welche in dem dreizehnten Hauptstücke des allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches von der gesetzlichen Erbfolge für alle andern Staatsbürger gegeben
sind.
Hinsichtlich der gesetzlichen Erbfolge in die Verlassenschaften der
nicht unirten griechischen Geistlichkeit sind jedoch die Bestimmungen des
Declaratorium illyricum vom 16. September 1779 zu beobachten.
5. Das im §
760 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches erwähnte Recht zur Einziehung
erbloser Güter kommt künftig nur dem Staate zu. <Das andern Personen und
Körperschaften ehedem zugestandene Recht zur Einziehung erbloser
Verlassenschaften ist aufgehoben.>12
6. In
Berücksichtigung der in dem § 1171 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches
vorkommenden Beziehung auf die politischen Vorschriften über den Nachdruck und
um die Bestimmungen der §§ 1164 bis 1171 über den Verlagsvertrag überhaupt zu
ergänzen und zu berichtigen, haben wir dem am 19. October 1846 für andere Theile
der Monarchie zum Schutze des literarischen und artistischen Eigenthums
erlassenen Patente13 auch für diese Kronländer Wirksamkeit zu
ertheilen und dessen Aufnahme in den beigefügten Anhang anzuordnen befunden.
Hierauf wollen Wir daher noch insbesondere mit der beigefügten Bestimmung
hinweisen, daß jeder verübte Nachdruck auf Verlangen des Verletzten den
Bestimmungen des Strafgesetzbuches gemäß von den dazu bestimmten Behörden zu
untersuchen und zu bestrafen sei.
VIII.
Zu Folge der Beschränkungen, welche die Privatrechte durch die Finanz-
und Cameralgesetze erleiden, sind insbesondere die auf Geldzahlungen sich
beziehenden Rechte und Verbindlichkeiten bis auch noch ferner nach den am 1.
August 1812, am 1. Junius 1816 und am 2. Junius 1848 erlassenen Patenten14 und den übrigen in Ansehung diese Gegenstandes ergangenen
Vorschriften zu beurtheilen.
IX.
In Rücksicht der Verpflichtungen zu Geldzahlungen soll es ferner bei der
schon durch Unsere Entschließung vom 3. November 1849 über die provisorische
Gerichtsverfassung15 aufrecht erhaltenen Verfügung, wodurch bestimmt wurde, daß
denjenigen Grundbesitzern, mit deren Besitzthum eine nunmehr aufgehobene
Urbarialität verbunden war, die ihnen vor dem 11. April 1848 dargeliehenen
Kapitalien mit Ausnahme der aus Handelsverbindungen herrührenden Wechsel nicht
aufgekündigt und blos die nicht bezahlten gesetzlichen Zinsen im Wege des
gerichtlichen Verfahrens eingetrieben werden dürfen, bis auf weitere Anordnung
zu bleiben haben.
X.
Zugleich haben Wir jedoch für nothwendig befunden, die §§ 994 und 995 des
allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches für diese Kronländer dahin abzuändern, daß
durch Vertrag nicht nur ohne Unterpfand, sondern auch bei einem gegebenen
Unterpfand jährlich sechs vom Hundert von Jedermann bedungen werden dürfen.
Dieses Maaß der erlaubten Vertragszinsen ist auch dann zu verstehen, wenn zwar
Zinsen bedungen, aber ihr Betrag nicht bestimmt worden ist.
Auch sollen,
wenn jemandem Zinsen ohne ausdrückliche Bedingung aus dem Gesetze gebühren, ohne
Unterschied, ob es sich um eine zwischen berechtigten Handelsleuten und
Fabrikanten aus einem Handelsgeschäfte entsprungene Schuld handeln möge oder
nicht, sechs vom Hundert auf das Jahr als die gesetzmäßigen entrichtet
werden.
XI.
Da die nach ungarischem Rechte bisher üblichen sogenannten Pfandverträge
oder Verkäufe liegender Güter auf Zeit (contractus pignoraticii[sic !], emtio
venditio temporanea) mit dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Vorbehalte
des Rückeinlösungsrechtes eine höchst nachtheilige Ungewißheit des Besitzes zur
Folge gehabt haben und häufig nur zur Umgehung der Wuchergesetze dienen, während
den Parteien ein weit leichteres und zweckmäßigeres Mittel, sich Realkredit zu
verschaffen durch, die Einführung der Grundbücher gegeben ist, so werden die
Bestimmungen der §§ 1067 bis 1071 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über
den Vorbehalt des Wiederkaufes und Rückverkaufes mit Beziehung auf dasjenige,
was darüber bereits in dem Gesetze über die Reglung der Aviticitätsverhältnisse
verfügt wurde, für diese Kronländer dahin abgeändert, daß daselbst der einem
Kaufvertrage beigefügte Nebenvertrag des Wiederkaufes, zu Folge dessen dem
Verkäufer das Recht vorbehalten sein sollte, das erkaufte Gut wieder einzulösen
oder des Rückverkaufes, wonach dem Käufer das Recht ausbedungen würde, die Sache
dem Käufer wieder zurückzuverkaufen, auch in Beziehung auf unbewegliche Güter
nicht statt finde und ein solcher Vorbehalt zur Eintragung in die öffentlichen
Bücher nicht geeignet sei.
XII.
Die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches sind zwar allgemein
verbindlich; doch bestehen für den Militärstand und für die zum Militärkörper
gehörigen Personen besondere auf das Privatrecht sich beziehende Vorschriften,
welche bei den von oder mit ihnen vorzunehmenden Rechtsgeschäften, obgleich in
dem Gesetzbuche nicht ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, zu beobachten
sind.
XIII.
Handels- und Wechselgeschäfte werden nach den besondern Handels- und
Wechselgesetzen beurtheilt, insoferne diese von den Vorschriften des allgemein
bürgerlichen Gesetzbuches abweichen.
Es wird daher insbesondere an der
Wirksamkeit der für den Umfang des ganzen Reiches am 25. Jänner 1850, Nr. 51
RGBl erlassenen Wechselordnung16 so wie an den für diese Kronländer
ergangenen Gesetzartikeln XVI, XVII, XVIII, XIX und XX des Landtages vom Jahre
1840 über Handelsleute, Fabriksbesitzer, Erwerbsgesellschaften, Sensalen und
Frächter und den spätern hierauf bezüglichen Verordnungen nichts geändert.
XIV.
Dieses gilt auch von dem durch den Artikel XXII des Landtages vom Jahre
1840 erlassenen Gesetze über den Concurs, insoweit die Bestimmungen dieses
Gesetzes das Concursverfahren und die Classification der Gläubiger
betreffen.
Doch werden in dieser Beziehung folgende Abänderungen
festgesetzt:
1. Soll in allen Concursen, welche nach der eingetretenen
Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes eröffnet werden, kein weiterer
Unterschied in der Behandlung zwischen den unadeligen und den vormals adeligen
Gütern mehr gemacht werden.
Es bleibt zwar denjenigen, welchen in Folge der
Vorschriften über die Regelung der Verhältnisse aus der bestandenen Aviticität
noch Ansprüche auf adelige in dem Besitze des Cridatars befindliche Güter
zustehen, insolange die ihnen durch diese Vorschriften eingeräumte Frist zu
Geltendmachung solcher Ansprüche noch nicht verstrichen ist, vorbehalten,
dieselben bei der Concursinstanz innerhalb des durch die Edictalvorladung
festgesetzten Termins anzumelden und wider die Concursmasse auszuführen. Im
Falle jedoch Ansprüche dieser Art bei der Concursmasse nicht angemeldet werden
oder die angemeldeten unstatthaft befunden worden sind, ist mit der Veräußerung
dieser Güter sammt dem dabei befindlichen fundus instructus als Zugehör (§ 294
usf. ABGB) ebenso wie mit jener der unadeligen Güter unaufgehalten
vorzugehen.
2. Von der in dem § 37 des Artikels XXII vom Jahre 1840
enthaltenen Bestimmung über die Form der Pachtverträge und über die Aufhebung
derselben durch die Eröffnung des Konkurses hat es den Vorschriften des
allgemein bürgerlichen Gesetzbuches über den Pachtvertrag gemäß für die Zukunft
abzukommen.
3. Ist dem Cridatar vor der Eröffnung des Concurses eine
Erbschaft angefallen, deren Einantwortung bis zum Tage des eröffneten Concurses
noch nicht erfolgt war, so hat das Gericht in jenen Concursen, welche erst nach
der eingetretenen Wirksamkeit des bürgerlichen Gesetzbuches eröffnet werden, das
Vermögen des Erben von dem Vermögen des Erblassers von Amtswegen abzusondern,
über die Verlassenschaft ein besonderes Inventar zu errichten und zur Abhandlung
derselben einen eigenen Curator zu bestellen oder im Falle die Verlassenschaft
zur Berichtigung der Schulden des Erblassers nicht hinreichen sollte, über den
Nachsatz desselben einen besondern Concurs zu eröffnen.
In das Inventar über
die Concursmasse des Erben ist nur derjenige Betrag des
Verlassenschaftsvermögens zu ziehen, welcher daran nach Abzug der Schulden und
Vermächtnisse des Erblassers übrig bleibt. Diese Vorschriften gelten auch für
die während der Dauer einer Concursverhandlung dem Verschuldeten anfallenden
Erbschaften und einzelnen Erbtheile.
Ist aber eine dem Verschuldeten
zugefallene Erbschaft demselben vor der Eröffnung des Concurses bereits
eingeantwortet worden, so sind die auf ihn übergegangenen
Verlassenschaftsschulden bei seiner Concursmasse gleich seinen eigenen Schulden,
ohne daß ihnen vor dieser ein Vorrecht zukäme, zu classificiren.
Durch diese
Bestimmungen hat es von der im § 85 lit. a. des Artikels XXII vom Jahre 1840 für
gewiße Fälle angeordneten Versetzung der ererbten Schulden des Cridatars in die
dritte Klasse bei seiner Concursmasse für die Zukunft abzukommen.
Inwiefern
übrigens die Gläubiger einer Verlassenschaft während der Dauer der
Verlassenschaftsabhandlung für ihre Sicherheit und Befriedigung sorgen können
und in wie weit die Gläubiger des Erben das ihm angefallene Erbgut auch vor der
Einantwortung mit Verbot, Pfändung oder Vormerkung belegen können, wird durch
die §§ 811, 812 und 822 des Gesetzbuches bestimmt.
4. Da zwischen Personen,
welche erst nach eingetretener Wirksamkeit des allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches eine Ehe eingehen oder Ehepakten schließen, Ansprüche der Ehegatten
auf die gesetzliche Morgengabe (dos legatis), auf die Allatur und das
Paraphernum im Sinne des aufgehobenen ungarischen Rechtes nicht mehr vorkommen
könne, so kann auch das der Ehegattin in dem § 85 lit. b. und c. des
Gesetzartikels XXII vom Jahre 1840 für solche Ansprüche bei der Concursmasse
ihres Ehegatten eingeräumte Vorrecht der 3. Klasse in Ehen dieser Art keine
weitere Anwendung finden:
Anstatt dessen soll denjenigen Ehegattinnen,
welche erst nach dem Beginn der Wirksamkeit des allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches in die Ehe getreten sind oder Ehepakten geschlossen haben, in
Rücksicht ihres im Sinne dieses Gesetzbuches bestellten und wirklich
zugebrachten Heirathsgutes, dann in Rücksicht der ihnen bestellten Widerlage, in
so weit diese den Betrag des wirklich zugebrachten Heirathsgutes nicht
übersteigt, falls diese Forderungen nicht mit einem Pfandrechte bedeckt sind,
das Vorrecht der 3. Klasse nach den intabulirten Gläubigern <(§ 85 lit. d.),
jedoch vor den Wechselschulden des Cridatars (§ 85 lit. e.) mithin dergestalt
zukommen, daß Wechselgläubiger, was immer für einer Art, nur dann zu einer
Zahlung gelangen können, wenn die Ehegattin mit ihren angeführten Forderungen an
Heirathsgut und Widerlage vollständig befriedigt ist.>17
Doch soll den Ehegattinnen der
bei dem Handelsgerichte sowohl als bei andern Behörden protokollirten
Handelsleute und Fabrikanten dieses Vorrecht nur dann zukommen, wenn deren
Ehegatte den Betrag des ihm nach dem Sinne des allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches zugebrachten Heirathsgutes und der bedungenen Widerlage bei
Eintragung seiner Firma oder, wenn die Ehe erst später geschlossen worden ist,
keine sechs Monate nach dem Abschlusse derselben auf die nämliche Art bei der
Behörde hat protokolliren lassen, wie dieses bisher in dem Gesetzartikel XVI vom
Jahre 1840 §§ 6 und 9 in Ansehung der Allatur, der Morgengabe und des
Paraphernalvermögens im Sinne des ungarischen Rechtes vorgeschrieben war,
widrigen Falls die Ehegattin mit ihren Ansprüchen rücksichtlich des zugebrachten
Heiratsgutes und der Widerlage, soweit ihr kein Pfandrecht zukommt, gleich
andern Gläubigern in die vierte Klasse zu setzen sein würde.
Diesen
Vorschriften gemäß haben auch die in den §§ 86 und 88 des Gesetzartikels XXII
vom Jahre 1840 enthaltenen Bestimmungen, inwiefern die intabulirte Allatur im
Sinne des ungarischen Rechtes und die intabulirten übrigen Schulden des Falliten
der protokollirten Allatur und den Wechselschulden vorgehe und umgekehrt, in
Fällen, wo die Ehe oder die Ehepakten erst nach der eingetretenen Wirksamkeit
des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches geschlossen worden und daher nur
Ansprüche auf Heirathsgut und Widerlage im Sinne des allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches vorkommen können, keine Anwendung.
5. Da zu Folge der
Einführung der Grundbücher Hypothekarrechte auf unbewegliche Güter nur durch die
Eintragung im Grundbuche (§§ 451 und 453) erworben werden können, so kommt auch
im Concurse in Ansehung jener Realitäten, deren Eintragung in das Grundbuch vor
Eröffnung des Concurses bereits erfolgt ist, das in dem Gesetzartikel XXII vom
Jahre 1840 § 85 lit. d. den intabulirten Schulden des Cridatars eingeräumte
Vorrecht der dritten Klasse nur denjenigen Gläubigern zu, welche die Eintragung
ihrer Forderungen in das Grundbuch bewirkt und daher, im Falle sie schon früher
Intabulationen nach den Bestimmungen des Gesetzartikels XXI vom Jahre 1840
bewirkt hatten, die in <den Gesetzen über die Errichtung der
Grundbücher>18vorgeschriebenen
Schritte zu Übertragung ihrer Forderungen aus den bisherigen
Intabulationsbüchern in das Grundbuch gehörig beobachtet haben.
Daher kommt
selbst den aus Ehen, welche noch vor der Wirksamkeit des allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuches geschlossen worden sind, herrührenden Ansprüchen der
Ehegattin rücksichtlich der Morgengabe (dos legalis), der Allatur und des
Paraphernums nach dem Sinne des ungarischen Rechtes das in dem § 85 lit. b. und
c. des Gesetzartikels XXII vom Jahre 1840 eingeräumte Vorrecht der dritten
Klasse auf diejenigen unbeweglichen Güter, welche bei Eröffnung des Konkurses
bereits in die Grundbücher eingetragen sind, nicht weiter zu. Der Ehegattin des
Cridatars gebührt in Ansehung dieser Forderungen auf die in die Grundbücher
eingetragenen Realitäten des Cridatars nur insofern ein Vorrecht, als sie gleich
andern Hypothekargläubigern die Eintragung derselben in das Grundbuch gehörig
erwirkt hat.
6. Die in dem § 123 des Gesetzartikels XXII vom Jahre 1840
enthaltenen Vorschriften in Beziehung auf Superinscriptionsklagen finden, da
Superinscriptionsprozesse und Prozesse ex superfluitate fundi nach den
Vorschriften des Gesetzes über die Regelung der Aviticitäts- und
Besitzverhältnisse nicht mehr eingeleitet werden dürfen, keine fernere
Anwendung.
XV.
So wie in dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche selbst zur allgemeinen
Vorschrift aufgestellt ist, daß die Gesetze nicht zurückwirken sollen, so soll
auch dieses Gesetzbuch auf Handlungen, die dem Tage, von welchem angefangen es
verbindliche Kraft erhält, vorhergegangen sind und auf die nach den früheren
Gesetzen bereits erworbenen Rechte keinen Einfluß haben.
Zur nähern
Bestimmung dieses Grundsatzes finden Wir jedoch Nachstehendes anzuordnen:
1.
Die nach den bisher bestandenen Gesetzen gültig eingegangenen Ehen werden auch
fernerhin als gültig anerkannt. Alle bereits anhängigen oder künftig
vorkommenden Fälle aber, in welchen es sich um die Trennung der Ehe oder um die
Scheidung von Tisch und Bett handelt und von den bürgerlichen Gerichten (Artikel
III) darüber zu erkennen ist, sind, die Ehe möge zu was immer für einer Zeit
geschlossen worden sein, von dem Zeitpunkte der Wirksamkeit des allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuches angefangen, nach den in diesem Gesetzbuche enthaltenen
Vorschriften zu entscheiden.
2. Alle diejenigen Personen, welche <mit
Rücksicht auf ihre Altersstufe und ihr Geschlecht nach den frühern Gesetzen das
Befugnis, sich zu verpflichten und über ihr Vermögen zu verfügen, unbeschränkt
oder in Beziehung auf gewiße Gattungen von Geschäften bereits erworben haben,
bleiben in der Ausübung dieses Befugnisses. Dieses gilt insbesondere auch von
der persönlichen Fähigkeit, durch letztwillige Anordnungen über sein Vermögen zu
verfügen, insofern dieselbe von dem Alter und Geschlechte des Erblassers
abhängt.>19
3. Den Eltern, welche den Bezug der Einkünfte des Vermögens
ihrer Kinder ohne Verbindlichkeit zur Rechnungslegung darüber nach den früheren
gesetzlichen Vorschriften bereits erworben haben, wird dieses Recht, in so weit
es sich um das zur Zeit des Bestandes jener Gesetze den Kindern schon
zugefallene Vermögen handelt, nicht benommen. Sie haben jedoch dagegen auch
künftig die ihnen nach den älteren Gesetzen mit Rücksicht auf den Bezug dieser
Einkünfte obliegenden Verbindlichkeiten gegen ihre Kinder zu erfüllen. Auch sind
sie verpflichtet, den Hauptstamm des Vermögens der Kinder nach den Bestimmungen
des neuen Gesetzes dem Gerichte auszuweisen und sicher zu stellen.
4. Die
nach den frühern Rechtsvorschriften bereits bestellten Vormünder und Kuratoren
haben ihr Amt künftig mit allen durch das neue Gesetz ihnen auferlegten
Verpflichtungen und unter den darin ausgedrückten Beschränkungen der Befugnisse
unter der Obsorge des Gerichtes auszuüben.
5. Da alle noch übrigen
Rechtsfolgen aus der bestandenen und nunmehr aufgehobenen Aviticität und aus den
mit derselben in Verbindung stehenden Verhältnissen durch das hierüber unter
einem erlassene Gesetz bestimmt werden, so sind alle auf diese Verhältnisse sich
beziehenden Rechte und Verbindlichkeiten nur nach den Vorschriften dieses
Gesetzes zu beurtheilen. Demnach können Ansprüche was immer für einer Art,
welche durch das erwähnte Gesetz für erloschen erklärt oder Beschränkungen
unterworfen sind, künftig nicht mehr oder nur unter den festgesetzten
Beschränkungen ausgeübt werden.
Daher sind insbesondere die Fragen, in wie
weit die vor der Einführung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches
errichteten letztwilligen Anordnungen und geschlossenen Erbverträge nach dem
Beginn der Wirksamkeit desselben noch als gültig und wirksam anzusehen seien, in
wie weit auf Todfälle, welche vor der Wirksamkeit des allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches eingetreten sind, die früher bestandenen Vorschriften über die
gesetzliche Erbfolge noch angewendet werden können, dann in wie fern die durch
Ehen, welche noch vor der Wirksamkeit dieses Gesetzbuches geschlossen worden
sind, zwischen den Ehegatten begründeten Rechtsverhältnisse in Beziehung auf ihr
Vermögen auch künftig fortzudauern haben, nach dem Gesetze über die Reglung der
Aviticitätsverhältnisse zu beurtheilen.
6. Eine schon vor der Wirksamkeit
des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches angefangene Ersitzung oder Verjährung
ist nach den älteren Gesetzen zu beurtheilen.
Wollte sich jemand auf eine
Ersitzung oder Verjährung berufen, die in dem neuern Gesetze auf eine kürzere
Zeit als in den frühern Gesetzen bestimmt ist, so kann er auch diese kürzere
Frist erst von dem Zeitpunkte, an welchem das gegenwärtige Gesetz verbindliche
Kraft erhält, zu berechnen anfangen.
Doch wird durch die Anordnungen des
allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung überhaupt und
insbesondere durch die Bestimmungen desselben im § 1462, daß verpfändete,
geliehene in Verwahrung oder Fruchtnießung gegebene Güter von dem Gläubiger,
Entlehner, Verwahrer oder Fruchtnießer aus Mangel eines gültigen Titels niemals
erlassen werden können, an den durch das Gesetz über die Regelung der
Aviticitäts- und Besitzverhältnisse angeordneten Beschränkungen in der Ausübung
des in den frühern Gesetzen gegründeten Rechtes auf Wiedereinlösung liegender
Güter, welche durch Pfandverträge, Verkäufe auf Zeit (contractus pignoratii,
emtio, venditio temporanea) mit dem ausdrücklichen oder stillschweigenden
Vorbehalte des Rückeinlösungsrechtes oder mit der Bedingung hindangegeben worden
sind, daß dem Gläubiger statt der Zinsen die Nutznießung des verpfändeten Gutes
überlassen werde, nichts geändert.
XVI.
Mit auswärtigen Staaten bestehende Verträge, welche auf das bürgerliche
Recht Beziehung haben, finden, insofern deren Wirksamkeit nicht ausdrücklich auf
bestimmte Kronländer beschränkt ist, auch in diesen Kronländern Anwendung.
XVII.
Wo in diesem Gesetzbuche der Ausdruck Provinz gebraucht ist, wird
darunter der Umfang des ganzen Kronlandes verstanden. Zu den durch das
Gesetzbuch der Landesstelle zugewiesenen Geschäften sind die Statthaltereien, zu
den Geschäften der unter dem Namen der Kreisämter vorkommenden Behörden die der
Statthalterei zunächst untergeordneten Behörden ohne Unterschied, welchen Namen
sie nach der Einrichtung der verschiedenen Länder führen mögen, berufen. Der in
dem Gesetzbuche den Landrechten übertragene Wirkungskreis kommt den für
bürgerliche Rechtsangelegenheiten bestellten Collegialgerichten erster Instanz
zu.
XVIII.
Wir erklären übrigens den gegenwärtigen deutschen Text des
Gesetzbuches als den Urtext, nach welchem die veranstalteten Übersetzungen in
die verschiedenen Landessprachen zu beurtheilen sind.
XIX.
Unser Minister der Justiz ist mit dem Vollzuge des gegenwärtigen
Patentes beauftragt.
Gegeben usw.20