Konzept für einen alleruntertänigsten Vortrag zur Neuordnung der
Verwaltung der Religionsfonds. Die Neuordnung wurde durch den Abschluss
des Konkordats notwendig. Aus der Sicht von Thun ist es zunächst
notwendig, zu entscheiden, welche Rolle der Staat zukünftig bei der
Verwaltung und bei der Bestreitung der Mittel für die Religionsfonds
sowie bei der Haftung für diese einnehmen soll. Die anstehende
Bischofsversammlung müsse dann darüber eine grundsätzliche Entscheidung
treffen. Thun glaubt jedoch, dass der Kaiser durch gewisse Vorgaben an
die Bischöfe die Richtung der Entscheidung beeinflussen sollte. Thun
selbst spricht sich dahingehend aus, dass der Staat in Zukunft einen
Pauschalbetrag an jede Diözese entrichten und die Bischöfe selbst über
die Verwendung der Mittel entscheiden sollen.
Anschließend geht der
Minister auf die verschiedenen Ausgangslagen in den einzelnen
Kronländern ein und erörtert die Situation der jeweiligen
Religionsfonds: Er geht hierin eigens auf Siebenbürgen, Ungarn, die
deutsch-slawischen Kronländer, das Lombardo-Venetianische Königreich und
Kroatien ein. Dabei erörtert er insbesondere die Frage, wie mit den
verschuldeten Fonds der deutsch-slawischen Kronländer umgegangen werden
solle und ob der Staat diese Schulden übernehmen solle bzw. ob die
Schulden mit den Überschüssen aus anderen Religionsfonds gedeckt werden
können. Thun spricht sich dafür aus, dass der Staat die Schulden der
Fonds begleiche und fernerhin den Diözesen einen Pauschalbetrag zur
Deckung ihrer Kosten zuschieße.
Der erste Abschnitt ist ein eigenhändiges Konzept von Leo Thun.
sogleich abzuschreiben. Thun.
Das Concordat ordnet in Art. XXX1 an: Bonorum ecclesiasticorum administratio
apud eos erit, ad quos secundum Canones spectat.
Es ist eine der
schwierigsten Aufgaben der bischöflichen Versammlung sich darüber auszusprechen,
welche Modificationen in Vollzug obiger Anordnung fortan einzutreten haben
werden, hinsichtlich der Formen, in welchen bisher die Administrazion des
Kirchenvermögens (im weitesten Sinne, in welchem es auch Pfründe und geistliches
Stiftungsgut umfaßt) statt fand.
Präjudiziell für die hierüber zu
erstattenden Anträge, beziehungsweise für die Frage auf welche Modifikazionen
die Regierung wird eingehen können, ist die Behandlung der Religionsfonde und
der aus den Äraren für kirchliche Zwecke zu leistende Beiträge.
Bleibt es
dabei, daß der Religionsfond als verpflichtet betrachtet wird, überall Aushilfe
zu leisten, wo es an Mitteln fehlt, und daß seiner Leistungsfähigkeit keine
absoluten Gränzen gezogen werden, sondern sein jeweiliges Deficit aus den
Staatsfinanzen bedeckt werden muß, so kann an dem großen Gebäude administrativer
Vorschriften über die Bestreitung kirchlicher Bedürfnisse und über die Gebahrung
mit dem kirchlichen Gut nicht wesentliches geändert werden. Die Regierung muß
sich dann, dagegen, daß die unbestimmte Last der Finanzen nicht mehr als
nothwendig und zu ertragen ist, gesteigert werde, dadurch schützen, daß sie sich
die Festsetzung der Normen vorbehält, von welcher die Höhe der Auslagen für
kirchliche Bedürfnisse abhängen (Congrua, Tischtitel, Defizientengehalte,
Aushilfen etc.) damit das Präliminare der Auslagen nicht zu hoch steige, und sie
muß darüber wachen, daß nicht durch schlechte Gebahrung das Erträgnis der
Quellen, aus denen zunächst die Mittel zur Bestreitung kirchlicher Auslagen
fließen, sinke, und dadurch die subsidiarische Leistung des Religionsfondes
steige.
Wird hingegen an die Stelle der unbestimmten Haftung des
Religionsfondes, beziehungsweise der Finanzen den einzelnen Diözesen ein
Unterstützungspauschale zugewendet – wie bereits in einer früheren Berathung des
Comités in Antrag gebracht worden ist – so hat die Regierung kein finanzielles
Interesse mehr an den Einzelheiten der Gebahrung. Dann erst kann mit
Unbefangenheit beurtheilt werden, in wie weit ein Einfluß und eine Mitwirkung
der weltlichen Behörden bezüglich der Gebahrung mit dem Kirchengute aus Gründen
innerer Zweckmäßigkeit beizubehalten sei.
Die Wahl zwischen beiden
Modalitäten ist für die Bischöfe unangenehm. Die erste steht im Widerspruch mit
einer freieren Bewegung der Kirche; es wird nicht ohne Grund als unwürdig
angesehen, daß kirchlicherseits auf ihre Beibehaltung angetragen werde; die
zweite wird man nicht begehren, weil man ungern der bequemen Stellung entsagt,
alle Wünsche, zu deren Erfüllung die Mittel fehlen[?] lediglich an die Regierung
leiten zu können, und ihr den abweislichen Bescheid und die Verantwortung für
denselben zu überlassen. Dieses Dilemma wird wie ich besorge, die bischöfliche
Versammlung geneigt zu machen, die Schwierigkeiten, der vorliegenden Fragen zu
umgehen, statt zu ihrer Lösung beizutragen, oder Anträge zu stellen, die die
Regierung nicht genehmigen kann. In einem wie in dem anderen Falle würde der 30.
Artikel des Konkordates nicht zum Frieden, sondern zu unvermeidlichen Reibungen
führen.
Deshalb sollte meines Erachtens die Regierung der Versammlung mit
der Eröffnung, daß sie sich für die 2. Modalität entscheide, entgegen kommen,
und dadurch den Versammlungen eine feste Grundlage geben, wodurch gewiß ein
befriedigender Erfolg gesichert wäre.
Um die Ausführbarkeit diese Antrages
zu beleuchten, ist es nothwendig, der Verschiedenheit der Verhältnisse wegen,
abgesondert zu sprechen von:
1. Siebenbürgen
2.
Ungarn
3. den deutsch-slawischen Kronländern.
4.
dem Lombardo-Venetianischen
Königreich.
ad 1
In Siebenbürgen besteht für die lateinische Kirche,
nebst einigen katholischen Schulfonden ein eigener Religionsfond, die
Präliminaren weisen einen wenn auch nicht bedeutenden Überschuß desselben aus.
Nachdem es sich also um einen aktiven Fond und dessen Verwendung für eine
einzige Diözese handelt, so wäre die Verwaltung des Fondes und die Verfügung
über die Erträgnisse einfach dem Bischofe zu überlassen, unter der Bedingung,
daß die Aufrechthaltung des Stammvermögens und die jährliche Verwendung der
Einkünfte der Regierung nachzuweisen sei. Die näheren Bestimmungen hierüber
wären im Einvernehmen mit ihr festzusetzen. Eine solche Einrichtung ist zu
gleich der Lage in welcher sich die katholische Kirche in Siebenbürgen befindet
ganz angemessen. Der Bischof befindet sich in jenem Lande beinahe in der
Stellung eines Missionsbischofes, diese Stellung erfordert, daß man über die
vorhandenen Mittel für kirchliche Zwecke möglichst frei verfügen könne, sonst
ist er in großem Nachtheile gegenüber den anderen Religionspartheien, welche
sich zum Theile bei reicheren Mitteln – eben dieser Freiheit erfreuen. Ein
Grenzdistrikt von Siebenbürgen bestehend aus 2 Dekanaten,
gehört zur Großwardeiner Diözese:
in sofern für die Pfarren dieser Dekanate Beiträge aus dem siebenbürgischen
Religionsfond geleistet werden, müßte die Fortdauer dieser Leistungen gesichert
werden.
ad 2 Ungarn
Der ungarische Religionsfond ist in einem
Zustand, welcher in der nächsten Zukunft einen reichlichen und steigenden
Überfluß über seine bisherigen Auslagen mit voller Bestimmtheit vorhersehen
lässt.
Es handelt sich also hier um einen aktiven Religionsfond, der für
eine Reihe von Diözesen verwendet werden soll. Dabei wäre in folgender Weise
vorzugehen:
Die Verwaltung des Religionsfondes entwirft das Präliminare der
Empfänger und gibt die Summe an, welche für das nächste Jahr zur Verfügung
gestellt werden kann.
Hierauf treten die Erzbischöfe des Landes oder deren
Bevollmächtigte mit einem Regierungskommissär zusammen, und entwerfen das
Präliminare der Verwendung nach Diözesen, dabei sind zu berücksichtigen:
a.
jene Posten, welche ein für alle mal als jährlich wiederkehrend bewilliget sind,
zur Dotierung der Seminarien, Kongruaergänzungen etc.
b. Pauschalsummen für
die derselben bedürftigen Diözesen zur Bestreitung wechselnder Bedürfnisse als
Baulichkeiten, Defizientenbezüge, und dgl. mehr. Diese Pauschalsummen werden
vorerst nach dem ordentlichen, aus dem Religionsfond bestrittenen Aufwande der
letzten Jahre bemessen. Der Bischof der eine Erhöhung dieser Pauschalsummen,
oder eine Unterstützung für außerordentliche Bedürfnisse oder für solche für
welche bisher der Religionsfond nicht in Anspruch genommen worden ist, zu
erlangen wünscht, hat seine Bitte rechtzeitig durch seinen Metropoliten an das
General Gouvernement zu leiten, damit nach allenfalls gepflogener Erhebung bei
Berathung des Praeliminares darüber geurtheilt werden könne.
Das von der
Commission adjustierte Präliminare unterliegt der Genehmigung des
Cultusministers.
Mit dem jährlichen Pauschalbetrage kann jeder Bischof nach
dem für die Diözesanfonde geltenden Normen verfügen.
Von
Ungarn kann in dieser Beziehung die Wojwodschaft, in welcher die
bedeutendsten Güter des ungarischen Religionsfondes liegen, nicht ausgeschieden
werden, weil die Diözesen zu welchen sie gehört (Kolocsa
und Csanád), sich auch nach Ungarn erstrecken. Was
Kroazien und Slawonien
anbelangt, so wird davon weiter unten gesprochen werden.
ad 3. Die deutsch-slawischen Kronländer
Das Vermögen der Religionsfonde
dieser Länder besteht bekanntlich weitaus zum größten Theile in Staatspapieren,
welche – obgleich zum Theile noch nicht verlost – seit dem Jahr 1841
vorschußweise so verzinst werden, als wären sie bereits insgesammt verlost. In
Folge dieser Operazion war bis zum Jahr 1848 die Gesammtheit dieser Fonde aktiv,
denn die Überschüsse welche einige Fonde an die Finanzen abführten, waren größer
als der Abgang der übrigen Fonde, welchen die Finanzen deckten; man konnte
demnach hoffen, daß einmal der Zeitpunkt kommen werde, wo sie nicht nur keines
Zuschußes mehr bedürfen, sondern selbst ihre aus der vorzeitigen vollen
Verzinsung der Obligazionen hervorgegangenen Schulden an die Finanzen abtragen
würden. Seit dem hat sich das Verhältnis sehr ungünstiger Weise geändert. Die
Überschüße sind herabgesunken, die Abgänge gestiegen. Noch läßt sich zwar nicht
mit ziffernmäßiger Genauigkeit bestimmen, wie sich das Verhältnis gestalten
wird, nachdem die Durchführung der Urbarialentschädigung den gestörten
Vermögensverhältnissen wieder eine feste Grundlage wird gegeben haben, allein so
viel ist schon jetzt als erwiesen zu betrachten:
Nur der böhmische,
mährisch-schlesische und Niederösterreichische Religionsfond werden nach der
Verlosung ihrer Obligazionen wirklich Überschüsse haben. Diese Überschüsse
werden aber nie mehr hinreichen den Abgang der übrigen Religionsfonde zu decken.
Es ist somit gar nicht mehr möglich, daß je aus den Erträgnissen der
Religionsfonde diejenigen Summen an die Finanzen zurückgezahlt werden, welche
der Gesammtheit der Religionsfonde als Schulden vorgeschrieben sind. Vielmehr
werden die Finanzen immer Zuschüsse zur Bedeckung der kirchlichen Erfordernisse
der fraglichen Länder zu leisten haben. Der jährlich zu bedeckende Abgang der
passiven Fonde dürfte sich in Kurzem auf eine Million belaufen; der Überschuß
der erwähnten drei aktiven Fonde auf 400.000, so daß wenn sich die Fonde
gegenseitig aushelfen, die Staatsverwaltung noch sicherlich 600.000 fl
zuzuschießen hätte.
Hieraus ergibt sich, daß jedenfalls die fernere
abgesonderte Verrechnung derjenigen einzelnen Religionsfonde, welche passiv
sind, und die weitere Vorschreibung ihrer stets wachsenden Schuld an die
Finanzen völlig nutzlos und nur eine vergebliche Behelligung der
Rechnungsbehörden ist. Ob jenen Ländern, deren Religionsfonde Überschüße
abwerfen, diese Fonde belassen werden, oder ob ihre Überschüsse auch fernerhin
zur theilweisen Bedeckung der kirchlichen Bedürfnisse der übrigen Länder
verwendet werden sollen, hängt lediglich von der Frage ab, ob Seine Majestät es
angemessen findet, diesen Bedürfnissen aus den Staatfinanzen 600.000 fl. oder 1
Million jährlich zuzuwenden. Würde für das Letztere entschieden, so wäre die
abgesonderte Verrechnung der drei aktiven Fonde von Böhmen, Mähren und
Niederösterreich beizubehalten und ihre Überflüße wären zunächst ebenso wie
bisher an die Finanzen abzuführen; jedoch nur in so lange bis durch diese
Abfuhren mit Rücksicht auf die inzwischen eintretende Verlosung ihrer
Obligationen und den dadurch wirklich begründeten Anspruch auf den vollen
Zinsenertrag die Schulden dieser einzelnen Fonde getilgt wären. Bis zu diesem
Zeitpunkt, welcher jedoch nicht gleichzeitig hinsichtlich der drei Fonde
eintreten wird, würde demnach die Finanzen keine größere Last treffen, als bei
der gemeinsamen Behandlung der sämtlichen Religionsfonde. Erst dann würde der
Abgang der übrigen Fonde und dessen Bedeckung für die Finanzen fühlbarer
werden.
Wird es nicht für zulässig erkannt, die Finanzen in der Zukunft mit
dem Betrage einer Million statt von 600.000 fl zu belasten, so wäre die gesammte
vorgeschriebene Schuld der Religionsfonde sogleich abzuschreiben und die
gemeinsame Verrechnung der sämtlichen Religionsfonde einzuführen. Hinsichtlich
der Verwendung wären in dem 1. Falle die Diözesen, welche an einen abgesonderten
aktiven Religionsfond gewiesen sind, ebenso zu behandeln, wie eben in Beziehung
auf Ungarn dargestellt worden ist, mit dem einzigen
Unterschiede, daß es sich dabei immer nur um eine Kirchenprovinz handeln würde,
und daher das Präliminare der Ausgaben von dem Regierungskommissär unmittelbar
im Einvernehmen mit den betheiligten Bischöfen festzustellen wäre.
In
Beziehung auf die übrigen Länder oder wenn die aktiven Religionsfonde den
einzelnen Ländern nicht belassen werden sollten, in Beziehung auf sämmliche
deutsch-slawische Kronländer, würde es sich um die Verwendung eines passiven aus
den Staatsfinanzen ergänzten Religionsfondes für eine große Anzahl von Diözesen
handeln. Es wären keine disponiblen Überschüße und folglich kein Anlaß zu einer
Berathung über deren Verwendung vorhanden. Demnach wäre lediglich folgender
Vorgang zu beobachten:
Jeder Diözese wird eine Jahresdotation angewiesen,
welche zunächst nach den durch die Erfahrung der letzten Jahre bestehenden
Bedürfnissen bemessen wird. Sie umfasst die Gesamtheit der jährlich gleichmäßig
wiederkehrenden, ein für alle Male festgestellten Ausgabenposten und einen
Pauschalbetrag für wechselnde Bedürfnisse, über welche dem Bischofe das freie
Verfügungsrecht nach Vorschrift der Kirchengesetze zusteht. Über die Verwendung
hat sich der Bischof der Regierung gegenüber jährlich auszuweisen, ein erzieltes
Ersparnis hat jedoch keine Verminderung des Pauschalbetrages für die Zukunft
nach sich zu ziehen. Wenn ein Bischof eine Erhöhung der Dotation seiner Diözese
wünscht, sei es nur vorübergehend z.B. wegen einer außerordentlichen Bauführung
oder für alle Zukunft, so hat er darum bei der Regierung anzusuchen. Diesem
Ansuchen muß entsprochen werden, wenn es auf einen in dem Patronatsverhältnisse
gegründeten rechtlichen Anspruch beruht. In allen anderen Fällen hängt die
Bewilligung von der allerhöchsten Gnade des Landesfürsten ab.
ad 4. Das lombardo-venetianische Königreich.
Dasselbe besitzt bekanntlich
keine Religionsfonde, sondern dessen kirchliche Bedürfnisse werden durch die
unmittelbar aus den Finanzen fließende Cultusdotation bedeckt. Dieselbe hat
bisher durchschnittlich circa 360.000 fl jährlich betragen.
Die bereits
allerhöchst angeordnete Kongrua-Erhöhung wird dieselbe bedeutend steigern, eine
weitere Steigerung wird durch andere Bedürfnisse unvermeidlich herbeigeführt
werden, so daß mit Bestimmtheit vorherzusehen ist, die Kultusdotation werde in
nicht ferner Zeit jährlich mindestens eine Million erfordern.
Sobald die
unausweichlich nothwendigen Auslagen festgestellt sein werden, wäre diese
Dotation in derselben Weise, wie hinsichtlich der deutsch-slawischen Kronländer
dargestellt worden ist, den einzelnen Diözesen zuzuweisen und zu behandeln
sei.
2 Kroazien und Slawonien unter der Metropolie von Kolocsa stehend wird an den mit Ungarn gemeinsamen Religionsfond angewiesen. Über Begehren des Banus ist im Jahre 1849 von dem Ministerium des Inneren die Weisung erlassen worden, eine Ausscheidung vorzunehmen. Es liegt noch nicht vor, ob das Ergebnis diesen Operazion[?] für Kroazien und Slawonien einen akiven oder passiven Fond nachweisen wird, denn es sind die Grundsätze nach welchen die Ausscheidung vorgenommen werden soll, noch nicht festgestellt. Meines Erachtens dürfte kein Anstand obwalten die Agramer Kirchenprovinz auch fernerhin an dem ungarischen Religionsfonde Theil nehmen zu lassen. Sollte man das aus politischen Gründen für unzulässig erachten, und der ausgeschiedene Fond sich als unzugänglich erweisen, so würde wohl nichts erübrigen als diesen unzulänglichen Fond gemeinsam mit den übrigen passiven Fonden zu behandeln.
Die Lasten, welche nach der voranstehenden Darstellung die Staatsfinanzen für den
katholischen Cultus in der gesammten Monarchie zu tragen hätten, würden sich
belaufen auf 1.600.000 fl beziehungsweise wenn den Kirchenprovinzen von Böhmen,
Mähren und Niederösterreich ihre eigenen Religionsfonde belassen werden, auch 2
Millionen.
Die Summe von 1 Million und 600.000 fl würden sie in nächster
Zukunft auch dann erreichen, wenn die bisherige Behandlung der Religionsfonde
unverändert beibehalten würde. Nicht finanzielle Interessen sind daher für die
nächste Zukunft dabei betheiligt, daß der Vorgang nach Maßgabe der vorstehenden
Anträge geändert werde. Es sprechen aber dafür folgende Gründe:
1. die
jetzige Einrichtung beruht, wie bereits angedeutet worden ist, auf einer langen
Reihe politischer Anordnungen über kirchliche Gegenstände. Es läßt sich nicht
verkennen, daß diese Anordnungen aus einer Auffassung der Beziehungen des
Staates zur Kirche hervorgegangen sind, welche mit derjenigen, die dem
Concordate zu Grund liegt, nicht in Einklang steht. Ebendeshalb ist mit
Gewißheit vorherzusehen, daß die Aufrechterhaltung dieser Anordnungen, selbst
wenn die bischöfliche Versammlung, wie kaum wahrscheinlich ist, dagegen in
keiner Beziehung direkten Einspruch erheben sollte, der Anlaß zu vielfachen
Reibungen werden würde. Ja es kann nicht unberührt gelassen werden, daß
wenigstens in einem Punkte schon eine ausdrückliche Bestimmung des Concordates
einen Riß in das bestehende System gemacht hat.
Art. IV. führt unter den
Berechtigungen der Ordination an ad b. "ad statum clericalem assumere et ad
sacros ordines secundum Canones promovere, quos necessarios aut utiles
Diocesibus suis in Domino judicaverint". Es ist somit auch die Zahl der in den
geistlichen Stand aufzunehmenden jedem Einfluße der Regierung entrückt. Hiermit
steht die Verleihung des Tischtitels und der eventuelle Anspruch auf den
Defizienten-Gehalt in nothwendigem Zusammenhange und eben dieser Zusammenhang
begründete die bisher besonderen Verordnungen, denen zu Folge die Regierung
darüber zu wachen hatte, daß die Zahl der auszuweisenden Geistlichen nicht über
das Bedürfnis der Seelsorge vermehrt werde. Wenn auch dieser Umstand zunächst
ohne wesentliche praktische Bedeutung ist, indem die Regierung mindestens in
neuerer Zeit wohl niemals aus dem angeführten Grunde der Verleihung des
Tischtitels aus dem Religionsfonde entgegengetreten ist, und weil wenigstens für
eine Reihe von Jahren fast in allen Diözesen vielmehr Mangel als Überfluß an
Geistlichen zu besorgen steht, so liegt doch in dem erwähnten Umstande schon der
Beweis vor, daß die bestehenden Verordnungen durch welche die dem Betrage nach
unbegränzte Leistungspflicht des Religionsfondes geregelt werde, mit der neuen
Ordnung der kirchlichen Verhältnisse nicht vereinbarlich ist.
2. In dem
Maße, als die Staatsverwaltung über die Bedeckung kirchlicher Bedürfnisse zu
entscheiden hat, wird es immer mehr unvermeidlich werden, alle Theile des
Reiches mit objektiver Gleichheit zu behandeln. Diese Gleichheit ist aber
keineswegs durch innere Nothwendigkeit begründet, indem die Verschiedenartigkeit
der Verhältnisse den Grad der Dringlichkeit eine Abhülfe, so wie des Ausmaßes
derselben oft zu rechtfertigen geeignet ist. Hierauf wird kirchlicherseits
niemals mit möglichster Sorgfalt Rücksicht genommen werden, so lange es sich nur
darum handelt, von der Regierung Aushilfe zu verlangen; die Maßregeln der
Regierung aber werden stets einen sehr ungünstigen Eindruck begegnen, wenn sie
zur Rechtfertigung einer ungleichen Behandlung die Verschiedenheit der
Verhältnisse mit eindringlicher Strenge geltend machen will und sie dürfte sich
daher eher veranlaßt sehen, eine gleichmäßig für die ganze Monarchie verlangte
Abhilfe wegen der Last die daraus den Finanzen erwachsen würde, ganz und gar zu
versagen, als die Unannehmlichkeit auf sich zu laden, die aus einer vielleicht
möglichen theilweisen Abhilfe hervorgehen würde.
Ein schlagendes Beispiel
hiefür biethet die immer ernstlicher angeregte Frage der Congrua-Erhöhung. In
manchen Theilen der Monarchie ist sie wenigstens für die Geistlichen deren
Einkommen lediglich in barem Geld besteht, wirklich eine dringende. In anderen,
wo z.B. Meßstipendien häufig sind, ist es weniger der Fall; auch ist das
Bedürfnis nach den Verhältnissen der Lebenweise und der Theuerung der
Lokalbedürfnisse verschieden. Gleichwohl wird es der Regierung ebenso unmöglich
sein, die Congrua der Pfarrer und Kooperatoren in der ganzen Monarchie
gleichmäßig zu erhöhen, wie eine solche Maßregel für einzelne Länder zu
treffen.
Wenn es aber die Sache vor Provinzial-Concilien ist, auf Abhilfe
bedacht zu sein, wo und in so weit sie wirklich dringend nothwendig ist, und
Mittel dazu gefunden werden können, wird allmählig im Einzelnen geholfen werden,
und wenn es an anderen Mitteln wirklich gebricht, wird auch ein mäßiger Beitrag
der Regierung der in den gegenwärtigen Verhältnissen in weit überwiegendem Maße
Mißvergnügen erzeugen würde, mit Dank angenommen werden.
3. Von weiterer
Wichtigkeit aber dennoch nicht gleichgültig, ist die Vereinfachung der Geschäfte
der Behörden, welche der angetragene Vorgang zur Folge hätte.
4. Erst wenn
den Diözesen feste Dotationen angewiesen sind und die unbegrenzte
Leistungspflicht, die dem Namen nach auf den Religionsfonden, in Wahrheit aber
auf den Finanzen lastet, aufhört, wird die Kirche allmählig wieder den Eifer der
Gläubigen auch für die materiellen Bedürfnisse der Seelsorge fruchtbar zu machen
wissen.
Es wird dem materiellen Gedeihen der Kirche nicht weniger als dem
geistigen Leben derselben zu statten kommen.
Aus diesen Gründen bin ich des
Erachtens, daß die allerhöchste Ermächtigung einzuholen wäre, um an die
versammelten Bischöfe die vertrauliche Mittheilung gelangen zu lassen, daß die
Regierung nun die bezeichnete Bahn einzuschlagen gesonnen sei, damit sie bei
ihren Anträgen darauf Rücksicht nehmen.
Diese Mittheilung würde günstiger
aufgenommen werden, wenn unter Einem erklärt würde, daß die Religionsfonde von
Böhmen, Mähren und Niederösterreich den Kirchenprovinzen dieser Länder belassen
werden. Wenn auch nicht behauptet werden kann, daß die Kumulierung dieser mit
den übrigen Religionsfonden vom Standpunkte des strengen Rechtes aus bestritten
werden könne, so kann man sich doch nicht verhehlen, daß diese Kumulierung in
vielen Kreisen den Eindruck einer ungerechten Maßregel machen wird. Die
Ausscheidung würde übrigens meines Erachtens, für die Dauer keine wesentliche
Belastung der Finanzen in sich schließen. In den fraglichen Kirchenprovinzen
mindestens in Böhmen und Niederösterreich beziehungsweise Wien bestehen große
kirchliche Bedürfnisse, deren Befriedigung nicht auf die Länge wird
hintangehalten werden können. Der Zeitpunkt dürfte daher nicht allzuferne
liegen, wo auch unter Beibehaltung des bisherigen Vorganges die Auslagen für
kirchliche Zwecke sich so hoch steigern werden, was die Kräfte der bezüglichen
Religionsfonde,<>3
während die bei Ausscheidung dieser Fonde zulässige Abrechnung ihrer Schulden an
die Finanzen ohnehin noch für eine Reihe von Jahren das Verhältnis zu den
Finanzen nicht ungünstiger gestalten wird, als bei der Kumulierung.
den 3.
Mai 1856
Thun