Der Bischof von Csanad, Alexander Csajághy, klärt Leo Thun über die Gründe auf, die ihn dazu bestimmt haben, auf der Ernennung von Emerich Makra zum Kanonikus zu beharren. Der Bischof betont, wie schwierig es sei, geeignete Kandidaten für die zahlreichen vakanten Stellen in der Diözese Csanad zu finden. Emerich Makra besitze indes, so schreibt der Bischof, alle erforderlichen Eigenschaften für die Stelle eines Kanonikus. Der Bischof klärt auch die gegen Makra vorgebrachten Vorwürfe auf und legt dazu einige Dokumente vor, welche die Unschuld Makras beweisen sollen. Abschließend schildert der Bischof den schlechten Zustand der Diözese Csanad. Gründe dafür sind die Größe der Diözese sowie die große Zahl an verschiedenen Nationalitäten, die in dem Gebiet leben. Der schlechte Zustand der Diözese mache es aus der Sicht des Bischofs daher umso notwendiger, rasch einen Kanonikus als seinen Stellvertreter zu bestellen.
Diesem Schreiben ist ein weiterer Brief von Alexander Csajághy an Leo
Thun mit demselben Datum beigelegt, in dem der Bischof Thun privatim
über sein Festhalten an der Nominierung von Emerich Makra
informiert:
Alexander Csajághy an Leo Thun. Temeswar, 27. Februar
1853.
Euer Excellenz,
Hochgeborener Herr Graf!
Indem ich mir gehorsamst erlaube, die im allerhöchsten Auftrage mittels
hochverehrter Zuschrift vom 11. letzten Monats bezüglich der gegen Emerich Makra neuerdings eingelangten
unvortheilhaften Anzeigen abgeforderte Aufklärung Seiner k.k. apostolischen Majestät zu Füßen zu legen, fühle ich
mich vor allem gedrungen mein lebhaftes Bedauern darüber auszusprechen, daß es
mir bei dem besten Wissen und Gewissen nicht gelungen war, für die an dem
Csanader Kapitel erledigten Stellen
solche Individuen in Vorschlag zu bringen, welche jedem Bedenken überhoben
gewesen wären. Doch glaube ich dem Troste Raum geben zu dürfen, welchen mir das
Bewußtsein gewährt, in dieser Angelegenheit mit der thunlichsten Umsicht und
Gewissenhaftigkeit vorgegangen zu sein. Freilich bin ich ein neuer Ankömmling in
der Diözese und war es noch mehr vor acht Monaten!
Was namentlich den Abzug
Makras mit der Csanader Nationalgarde im Juli 1848 gegen die
Serben betrifft, so dürfte dieser im Hinblik auf die infolge Ministerialerlasses
von Csanader Ordinariate datiert 29. März
1848 Z. 706 erfloßene warme Anempfehlung des Nationalgardewesens, noch mehr aber
in Berüksichtigung dessen, daß Makra zu
dieser Expedition samt den reformirten und griechisch nicht unirten Geistlichen
mittels (unter) in origine anliegenden Weisung1 namentlich bestimmt und
entsendet wurde und nicht ermangelte hierüber dem Ordinariat mittels Anzeige vom
23. Juli 1848 Z. 163, welche (eben in origine unter) beigebogen ist2, in die Kenntnis zu setzen, – in einem minder
unvortheilhaften Lichte erscheinen. Hat doch das Ordinariat selbst sich dazu
verstanden, für solche Geistlichen, die bei der Nationalgarde den zeitweiligen
Feldkaplandienst übernommen haben, Stellvertreter anzuordnen.
Anlangend die
Bevorwortung der Aufhebung des Cölibates in der Versammlung des Klerus zu
Temeswar im Herbste 1848 durch Makra, habe ich – nachdem dieses auch mir zu
Ohren gekommen war – nicht ermangelt von den Akten besagter Conferenzen Einsicht
zu nehmen – wie ich schon die Ehre hatte dieses Euer Excellenz anzuzeigen –,
nachdem ich aber weder in denselben eine Spur von der fraglichen Rede gefunden,
noch in dem vorherigen Sittenwandel Makras etwas in dieser Beziehung auch nur von der Ferne
Anstößiges ermitteln konnte; ja mir auf geeignetem Wege die Versicherung
verschafft habe, daß Makras Ansichten
über den Cölibat mit jenen der Kirche vollkommen übereinstimmen, so glaubte ich
diese vorübergehende Anwandlung, wenn ich sie auch nicht billigen konnte, doch
auch nicht so ernstlich nehmen zu sollen, zumal es mir bekannt war, daß einer
der leider! sehr wenigen, welche bei dieser Gelegenheit für
den Cölibat mit dem Ordinariate zu halten schienen, seinen Lebenswandel eben
nicht zum Belege dieses Ansinnens eingerichtet hat, wodurch mir die Wahl eines
„Latere Canonici“ ungemein erschwert wurde, den ich doch so sehr
benöthige.
Euer Excellenz wünschen ferner zu erfahren: ob und welche Gründe
mich dazu bestimmen auf die Ernennung Makras einen besonderen Werth zu legen. Ich darf, ja Euer
Excellenz gegenüber ist es meine Pflicht offen zu sprechen. Ich will daher, mit
Umgehung anderweitiger Rückhaltsgründe, welche mich zur inständigen Bitte um die
Aufrechthaltung meiner Candidation drängen würden, von meiner und der mir
anvertrauten Diözese traurigen Lage einen schwachen Umriß
versuchen, um die dringende Nothwendigkeit, einen tüchtigen
Canonicus ad latus zu nehmen, näher zu beleuchten.
Die Csanader Diözese wird leider! seit Jahren zu den
verwahrlosten gezählt und ich finde mich nicht berechtigt dieser Annahme zu
wiedersprechen, vielmehr muß ich selbst über arge
Verkommenheit klagen, mit welcher ich zu kämpfen habe. Es mag dieses
von der allzugroßen Ausdehnung (man rechnet den Flächenraum auf 700
Quadratmeilen) und in jeder Hinsicht sehr gemischten Bevölkerung großentheils
herrühren, welche die Überwachung und Einheit der Verwaltung ungemein erschwert.
Die Leitung dieser Diözese mit beinahe 500.000 Seelen und 200 Pfarren oder
Administraturen mußte ich – nachdem der vormalige bischöfliche und jüngstens
Kapitularvikar Weihbischof Ignaz Fabry
zum Diözesanbischof nach Kaschau [Košice] befördert
wurde, der ehemalige Kanzleidirektor Josef
Mihalovics zum Festungsarrest verurtheilt, der Consistorialnotär
Johan Hopf wegen politischer
Anrüchigkeit von seiner Stelle enthoben, alle Professoren der Theologie und
Philosophie ebenfalls entfernt werden mußten – ähnlich einer Tabula rasa
antreten und fand kein Individuum in der Diözesankanzley, welches im
lateinischen, viel weniger im deutschen Concepte eine Aushülfe biethen konnte,
denn Fabry führte mit Riesenkraft und
Thätigkeit allein die Feder. Als ich für die Stelle eines Consistorialnotärs –
der frühere war zugleich Suplentprofessor im Seminär – den Konkurs ausschrieb,
fand ich unter den Rekurrenten nur zweie, welche der
lateinischen Sprache in erforderlicher Correktheit mächtig waren. Ich übertreibe
es daher nicht, wenn ich behaupte, daß ich durch den Drang der laufenden
Geschäfte fortgerissen, mir kaum so viel Zeit erübrigen kann, um auch Gott, was
Gottes ist zu geben; und leider ist es kein Geheimnis, daß meine Gesundheit sehr
schwankend ist. Aber ich will hier abbrechen, denn ich würde kaum so bald zu
Ende kommen, wenn ich alle Schäden aufzählen wollte, welche auf eine heilende
Hand warten. Aus dem Angeführten mag es erhellen, wie sehr ich mich um einen
tüchtigen Kopf und Hand suchen mußte, um meiner Amtsbürde nicht zu unterliegen.
Diese ersah ich mir in der Person Makras, weil ich die zu einer solchen Bestimmung erforderlichen
Eigenschaften in keinem der Rekurrenten vereint gefunden habe und hatte den
Entschluß gefaßt, dem Beispiele meines unmittelbaren Vorgängers folgend,
Makra ad latus zu nehmen und ihn
zum Generalvikar an meiner Seite vorzubereiten, wie dies mit Fabry der Fall war. Daher erlaubte ich mir auch
diese Bestimmung Makras und den Umstand
hervorzuheben, daß es sich bei meiner Kandidation nicht so sehr um ein Mitglied
des Kapitels als vielmehr um den künftigen Vikar handle. Und dies waren die
Gründe, welche mich bestimmten, auf die Ernennung Makras einen besonderen Werth zu legen.
Was endlich die
Erwünschtheit der ehebaldigen Erledigung dieser Angelegenheit betrifft, so
erlaube ich mir zu bemerken, daß ich die kanonische Visitation ohne einen
Canonicus a Latere nicht antreten kann, unter den gegenwärtigen vier Canonici
aber keinen zu diesem Dienste geeigneten finde; denn der alte Großprobst ist zu
sehr gebrochen und soll als Vikar die Leitung der Diözese während meiner
Abwesenheit führen; der Lector ist durch die Kapitularöconomie gehindert; der
Cantor ist schwach und kränklich; der Custos ist Rektor im Seminär.
Sollten
nun die allerunterthänigst angeführten Aufklärungen als ungenügend befunden
werden, so will ich mich dem Winke der Vorsehung gläubig fügen, welchen ich in
der allerhöchsten Entscheidung erblicken werde und erkühne mich nur die
allerunterthänigste Bitte zu wagen, damit es mir gestattet werde, anstatt
Makra ein anderes Individuum,
welches ihn in der mir zugewährenden Aushilfe ersetzen dürfte, nahmhaft machen
zu dürfen; da ich es, nach solchen Vorgängen nicht mehr wagen zu können glaube,
einem der Mitkandidaten oder Rekurrenten das Wort zu sprechen, bevor ich durch
weitere Nachforschungen nicht in die Lage gesetzt sein werde mit haltbarer
Zuversicht vorgehen zu können.
Genehmigen Euer Excellenz den Ausdruck meiner
unbegränzten innigsten Hochachtung, mit welcher ich die Ehre habe zu
verharren
Euer Excellenz
ergebenster Diener
Alexander Csajághy
Bischof von Csanad
Temesvar, am 27. Februar 1853