Der Jurist George Phillips informiert Leo Thun über die Verhandlungen mit
                        Carl Ludwig Arndts über dessen Berufung an die Universität Wien: Arndts
                        würde bei entsprechendem Gehalt einen Ruf nach Wien annehmen. Phillips
                        berichtet außerdem, dass Ignaz Döllinger einen Kandidaten für eine
                        Professur der deutschen Sprache und Literatur empfohlen habe. Phillips
                        will sich über diesen zunächst genauer informieren, bevor er Thun
                        näheres dazu berichten wird.
In der Beilage erklärt Carl Ludwig
                        Arndts seine Bereitschaft, einen Ruf an die Universität Wien anzunehmen.
                        Dabei geht er davon aus, dass ihm eine Lehrkanzel für Römisches Recht
                        angeboten werde. Arndts erläutert außerdem seine Gehaltsvorstellungen
                        und verlangt eine genaue Auskunft über den Pensionsanspruch für sich und
                        seine Frau. Arndts ist gern bereit, mit George Phillips das weitere
                        Vorgehen zu besprechen.
Hochgeborner Herr Graf
Euer Excellenz gnädigem Auftrage gemäß habe ich mit Professor Arndts dahier wegen Übernahme
                           einer Lehrkanzel an der juridischen Facultät zu Wien Rücksprache genommen. Derselbe erscheint geneigt einen
                           solchen Ruf anzunehmen und hat mir in dem beifolgenden Schreiben1 die
                           Bedingungen näher bezeichnet, unter welchen er sein Domizil in München mit dem in Wien vertauschen würde. Nach Durchlesung dieses Schreibens bin
                           ich nochmals zu ihm gegangen und habe ihm die Bemerkung gemacht, daß die k.k.
                           Regierung wohl nicht füglich auf den Wunsch, ihm ein Gehalt von 3.000 fl CM zu
                           gewähren, eingehen könne. Er gab mir hierauf die Erklärung ab, daß er weniger
                           darauf Gewicht lege, daß das Gehalt soviel betrage, sondern, daß es ihm genüge,
                           wenn mit Ausschluß der Honorarien und sonstigen Gebühren sein Gesammtbezug mit
                           Einschluß des Quartiergeldes sich auf jene Summe belaufe, z. B. wie er
                           hinzufügte 2.700 fl Gehalt und 300 fl Quartiergeld oder 2.800 fl und 200
                           fl.
Zu einem Professor der deutschen Sprache und Literatur hat mir Döllinger einen Dr. Konrad Hoffmann als einen jungen
                           Gelehrten empfohlen, der alle für dieses Fach erforderlichen Eigenschaften in
                           sich vereine. Ich werde mich noch näher nach ihm erkundigen, um dann Euer
                           Excellenz die gehörigen Mittheilungen hierüber machen zu können.
Ich gedenke
                           München am 13. dieses Monats zu verlassen; sollten
                           Hochdieselben mich noch mit einem Auftrag beehren wollen, so würde mich derselbe
                           dahier Schönfeldstraße Nr. 16 bis zum 12. erreichen.
Mit der
                           ausgezeichnetsten Hochachtung und Verehrung bestehe ich als
Euer Excellenz
unterthänigster Diener
Dr. G. Phillips
München, den 3. April 1852
München, den 30. März 1852
Lieber Freund!
Nachdem ich infolge unserer gestrigen Besprechung einigen Kampf gekämpft
                              habe, will ich heute Abend noch, da ich bei meinem Unwohlsein auch morgen
                              noch nicht wieder auf eine persönliche Zusammenkunft rechnen kann,
                              schriftlichen Bericht vom Wahlplatze erstatten. Dem bewußten Antrage trat
                              zuerst eine große Scheu gegenüber, eine so wesentliche Neuerung in meinen
                              äußern Verhältnissen ohne dringenden Anlaß zu unternehmen, einen Ort zu
                              verlassen, wo ich mich einer nicht unersprießlichen und gesicherten
                              Wirksamkeit erfreue und durch eine Reihe von Jahren mich heimisch eingelebt
                              habe, damit zugleich denn auch meine mir lieb gewordene Besitzung am
                              Ammersee aufzugeben. Daher habe ich auch im vorigen Jahre einen sehr
                              vortheilhaften Ruf nach Gießen, obgleich er mich meiner ursprünglichen Heimath näher
                              gebracht hätte, abgelehnt. Allein die Kaiserstadt und
                              der in frisch erneuter Kraft sich aufschwingende Kaiserstaat übt anderseits eine solche Anziehungskraft aus,
                              daß sich dem Rufe dahin mein Ohr mehr und mehr zuneigte und gegenwärtig
                              schon in meinem Innern ein ziemlich vernehmliches Ja den Sieg nach dieser
                              Seite zu wenden scheint. Dabei gehe ich aber vor allem von der Voraussetzung
                              aus, daß mir in Wien eine
                              angemessene Wirksamkeit als Lehrer des Römischen Rechts, vergleichbar meiner
                              hiesigen Stellung, in sichere Aussicht gestellt werde, und dies scheint mir
                              dadurch bedingt, daß das Römische Recht wie hier einen Bestandtheil des
                              ordentlichen Studienplans und einen regelmäßigen Prüfungsgegenstand abgebe,
                              wobei ich denn erwarte, daß mir auch in gleicher Weise wie den übrigen
                              Mitgliedern der Juristenfakultät eine Betheiligung bei den Prüfungen, deren
                              Einrichtung mir übrigens unbekannt ist, gewährt werde. Sodann wird mein
                              Entschluß natürlich bedingt sein durch Gewährung entsprechender pecuniärer
                              Vortheile. Wenn ich erwäge, daß mir in Gießen eine fixe Besoldung von 2.500 fl angeboten worden, daß
                              in Wien notorisch das Leben
                              unverhältnismäßig theurer ist als dort und hier, daß ich auch durch die
                              Übersiedlung nach Wien muthmaßlich hier
                              bezüglich meines hiesigen Eigenthums nicht unerheblichen Verlust zu befahren
                              [sic!] habe, so glaube ich ohne Unbescheidenheit ein fixes Einkommen von
                              beiläufig 3.000 fl CM begehren zu können, indem ich dabei voraussetzen zu
                              dürfen glaube, daß das Einkommen an Honorarien etwa so viel oder doch nicht
                              erheblich weniger betrage, als ich hier regelmäßig dafür rechnen kann.
                              Jedenfalls müßte ich mir zudem die vollen Pensionsansprüche für mich und
                              meine Frau ausbedingen, wie sie dort dem Staatsdiener, wenn ich recht
                              behalten habe, nach zehnjährigem Dienste garantirt sind, da ich hier bereits
                              sehr günstige Pensionsansprüche erworben habe. Ich wünschte über diesen
                              Punkt, namentlich was die Pensionen der Wittwe betrifft, noch erst genauere
                              Aufklärung zu haben. Übrigens wird wohl nicht daran gedacht werden, daß ich
                              noch vor dem Herbst nach Wien übersiedeln
                              solle. Es würde also noch Zeit genug sein, die nähern Bestimmungen genauer
                              zu formuliren, wenn anders die hohe k.k. Regierung nach vorstehender
                              vorläufiger Erklärung meiner Gesinnung mich nach Wien zu berufen den ernstlichen Willen
                              fassen sollte. Alsdann wird sich auch wegen der Überzugskosten noch das
                              Erforderliche bestimmen lassen, wofür mir ohne Zweifel eine
                              Entschädigungssumme gern bewilligt wird, deren Größe ich jedoch
                              augenblicklich nur aufs Geratewohl etwa zu 600 bis 800 fl anschlagen
                              könnte.
Ich hoffe durch diese Mittheilung dem Wunsche baldiger
                              einläßlicher Äußerung über den Gegenstand unsrer gestrigen Besprechung
                              vorerst genügend entsprochen zu haben, werde aber zudem baldmöglichst zu
                              weiterer mündlicher Erläuterung und allen selbiger gegenseitiger Aufklärung
                              in der Theresienstraße mich einfinden, indem ich für heute freundlichst gute
                              Nacht wünsche
mit herzlichem Gruße
Arndts