Pavel Josef Šafařík an Leo Thun
Prag, 8. Juli 1850
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Regest

Der Slawist und Bibliothekar Pavel Šafařík teilt Leo Thun seine Meinung über die vom Minister genannten Kandidaten für eine Schulinspektorenstelle in der Woiwodschaft Serbien und dem Temeser Banat mit. Er kennt zwei Kandidaten, Peter Joannović und Theodor Pavlović, persönlich. Während Joannović als Lehrer am Gymnasium in Novi-Sad über pädagogisch-didaktische Kenntnisse und Erfahrungen verfüge, stehe Pavlović als Redakteur, Publizist und Schriftsteller der Schule fern. Daher glaubt Šafařík, dass Joannović für das Amt des Schulinspektors geeigneter sei. Über den dritten Kandidaten Moses Georgiević will Šafařík kein Urteil abgeben, da er diesen nicht persönlich kennt.

Anmerkungen zum Dokument


Ein Teil des Briefes ist als Konzept in der Slowakischen Nationalbibliothek erhalten: Archív literatúry a umenia, Sign. J 2787.

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DAA5-5

Schlagworte

Edierter Text

Eure Excellenz!

Da mir beide für die Stelle eines Inspectors der serbischen Volks- und Mittelschulen in der Wojwodschaft Serbien und dem Temescher Banat in Vorschlag gekommene Männer, die Herren Dr. Peter Joannović und Theodor Pavlović, persönlich wohl bekannt sind, so nehme ich keinen Anstand, Eurer Excellenz hochgeneigter Aufforderung gemäß 1, meine unmaßgebliche Meinung über deren relative Eignung zu einem solchen Amte ehrerbietigst abzugeben. Herr Joannović war mir am Neusatzer [Novi Sad] Gymnasium einige Jahre lang, zuletzt als Humaniorum Professor, sehr nahe gestellt und ich kannte ihn als einen wissenschaftlich genügend gebildeten – er hat seine Studien an der Pesther Universität vollendet – dabei sittlichen, bescheidenen, ruhigen Mann und zugleich als einen nicht ungeschickten Lehrer und Pädagogen. Er hat nach meinem Abgang von Neusatz, wenn ich nicht irre, eine Zeit lang nicht nur die Leitung des Gymnasiums, sondern auch die Aufsicht über die Volksschulen in einem Bezirke, entweder provisorisch oder definitiv, geführt. Er ist demnach auf jeden Fall ein mit der Schule, ihren Bedürfnissen und den Mitteln, ihnen zu genügen, durch jahrelange Übung und, wie ich voraussetze, auch durch Studium vertrauter Mann, dabei von ruhiger Gemüthsart und sittlich unbescholtenem Character. Den Herrn Theodor Pavlović kenne ich nur als Advocaten und Zeitungsredacteur. Die erste Eigenschaft lasse ich unbesprochen, da sie mir abseits liegt: aber als Redacteur, Publicist und Schriftsteller hat er kein glänzendes Talent entwickelt, wohl aber eine auffallende Beschränktheit und Geistesarmuth kund gegeben. Er stand, meines Wissens, von jeher der Schule fern und dürfte an pädagogisch-didactischen Kenntnissen und Erfahrungen eben nicht besonders reich sein. Soll ich demnach über die relative Befähigung beider Männer zu dem obgenannten Amte meine Meinung äußern, so kann ich, dem Obigen zu Folge, nicht umhin, unumwunden zu gestehen, daß meiner Überzeugung nach dem erstgenannten, nämlich Herrn Joannović, unbedingt und ohne Vergleich der Vorzug gebühre.
Über den dritten, Herrn Moses Georgiević aus Esseg [Osijek], wahrscheinlich einen viel jüngern Mann, bin ich nicht in der Lage, irgend eine Meinung zu äußern, da er mir bis jetzt nur dem Namen nach bekannt geworden ist.
Genehmigen Eure Excellenz die Gefühle der tiefsten Hochachtung, mit denen ich unveränderlich verharre

Eurer Excellenz

gehorsamster Diener
Paul Jos. Šafařik m.p.

Prag, 8. Juli 1850