Der Slawist und Bibliothekar Pavel Šafařík teilt Leo Thun seine Meinung über die vom Minister genannten Kandidaten für eine Schulinspektorenstelle in der Woiwodschaft Serbien und dem Temeser Banat mit. Er kennt zwei Kandidaten, Peter Joannović und Theodor Pavlović, persönlich. Während Joannović als Lehrer am Gymnasium in Novi-Sad über pädagogisch-didaktische Kenntnisse und Erfahrungen verfüge, stehe Pavlović als Redakteur, Publizist und Schriftsteller der Schule fern. Daher glaubt Šafařík, dass Joannović für das Amt des Schulinspektors geeigneter sei. Über den dritten Kandidaten Moses Georgiević will Šafařík kein Urteil abgeben, da er diesen nicht persönlich kennt.
Ein Teil des Briefes ist als Konzept in der Slowakischen
Nationalbibliothek erhalten: Archív literatúry a umenia, Sign. J
2787.
Eure Excellenz!
Da mir beide für die Stelle eines Inspectors der serbischen Volks- und
Mittelschulen in der Wojwodschaft Serbien und dem Temescher Banat in Vorschlag
gekommene Männer, die Herren Dr. Peter
Joannović und Theodor
Pavlović, persönlich wohl bekannt sind, so nehme ich keinen
Anstand, Eurer Excellenz hochgeneigter Aufforderung gemäß 1, meine
unmaßgebliche Meinung über deren relative Eignung zu einem solchen Amte
ehrerbietigst abzugeben. Herr Joannović war mir am Neusatzer
[Novi Sad] Gymnasium einige Jahre lang, zuletzt als Humaniorum
Professor, sehr nahe gestellt und ich kannte ihn als einen wissenschaftlich
genügend gebildeten – er hat seine Studien an der Pesther Universität vollendet – dabei
sittlichen, bescheidenen, ruhigen Mann und zugleich als einen nicht
ungeschickten Lehrer und Pädagogen. Er hat nach meinem Abgang von
Neusatz, wenn ich nicht irre, eine Zeit lang nicht
nur die Leitung des Gymnasiums, sondern auch die Aufsicht über die Volksschulen
in einem Bezirke, entweder provisorisch oder definitiv, geführt. Er ist demnach
auf jeden Fall ein mit der Schule, ihren Bedürfnissen und den Mitteln, ihnen zu
genügen, durch jahrelange Übung und, wie ich voraussetze, auch durch Studium
vertrauter Mann, dabei von ruhiger Gemüthsart und sittlich unbescholtenem
Character. Den Herrn Theodor
Pavlović kenne ich nur als Advocaten und Zeitungsredacteur. Die
erste Eigenschaft lasse ich unbesprochen, da sie mir abseits liegt: aber als
Redacteur, Publicist und Schriftsteller hat er kein glänzendes Talent
entwickelt, wohl aber eine auffallende Beschränktheit und Geistesarmuth kund
gegeben. Er stand, meines Wissens, von jeher der Schule fern und dürfte an
pädagogisch-didactischen Kenntnissen und Erfahrungen eben nicht besonders reich
sein. Soll ich demnach über die relative Befähigung beider Männer zu dem
obgenannten Amte meine Meinung äußern, so kann ich, dem Obigen zu Folge, nicht
umhin, unumwunden zu gestehen, daß meiner Überzeugung nach dem erstgenannten,
nämlich Herrn Joannović, unbedingt
und ohne Vergleich der Vorzug gebühre.
Über den dritten, Herrn Moses Georgiević aus
Esseg [Osijek], wahrscheinlich einen viel jüngern
Mann, bin ich nicht in der Lage, irgend eine Meinung zu äußern, da er mir bis
jetzt nur dem Namen nach bekannt geworden ist.
Genehmigen Eure Excellenz die
Gefühle der tiefsten Hochachtung, mit denen ich unveränderlich verharre
Eurer Excellenz
gehorsamster Diener
Paul Jos. Šafařik m.p.
Prag, 8. Juli 1850