Das Zirkular richtet sich an die Referenten und Vorsteher der Hilfsämter im Ministerium für Kultus und Unterrichtet und verweist auf die in der Beilage enthaltenen Instruktionen für Erzherzog Albrecht als Militär- und Zivilgouverneur von Ungarn. Leo Thun weist die Referenten und Vorsteher an, die Verordnung bekannt zu machen und betont, welche Neuerungen besonders beachtet werden müssen.
Beilagen: Allerhöchst erlassene Instruktion an
Erzherzog Albrecht über seine Kompetenzen als Militär- und
Zivilgouverneur von Ungarn vom 10. Oktober
1851.
Allerhöchste Bestimmungen über die Einrichtung und
Amtswirksamkeit der Statthalterei im Königreiche Ungarn, 10. Januar
1853, Druck.
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ad 73/M.U. 1852
Circulandum an sämmtliche Herrn Referenten und Vorsteher der
Hilfsämter des k.k.
Ministeriums für Cultus und Unterricht
Der Anschluß enthält ein Pare der von Seiner k.k.
apostolischen Majestät mittels allerhöchsten Beschlußes vom 10.
Oktober 1851 Seiner k.k. Hoheit dem Herrn
Erzherzoge Albrecht als k.k. Militär- und Civilgouverneur von
Ungarn unmittelbar ertheilten Instruktion2, welche ich den Herrn
Referenten und Vorstehern der Hilfsämter dieses Ministeriums
zur eigenen Kenntnis und Nachachtung wie auch zur Verständigung des zugetheilten
Personals mittheile, wobei ich noch insbesondere darauf aufmerksam mache, daß
der bisherige Wirkungskreis des interimistischen Statthalters von Ungarn eine
wesentliche Änderung namentlich in Beziehung auf Zugestehung von
Geldunterstützungen, Ruhegenüssen, Urlauben und dgl. (§ VIII und IX) erfahren
habe und daß die persönliche Dienstescorrespondenz an Seine k.k. Hoheit den
Herrn Erzherzog, nachdem
Hochderselbe die Leitung der Geschäfte übernommen hat, in den durch den § III
näher bezeichneten Fällen mittels unterthäniger Noten, in allen anderen Fällen
aber an die k.k. Statthalterei von Ungarn sub sigillo volante
stattzufinden und an Seine k.k. Hoheit
zu gelangen haben wird.
In so lange von Hochdemselben keine Änderung im
Schriftenwechsel mit den Distriktsobergespänen als Vorsteher der provisorischen
Distriktsschulbehörden in didaktisch-disziplinären Angelegenheiten gewünscht
wird, hat der unmittelbare Verkehr mit diesen Behörden in der bisherigen Weise
noch ferner statt zu finden.
Wien, den 12. Februar 1852
Thun
I.
Erzherzog Albrecht ist
inner der Gränzen der gegenwärtigen Instruktion als Mein unmittelbarer
Stellvertreter in Meinem Königreiche Ungarn anzuerkennen,
in welcher Rücksicht ihm bei allen Gelegenheiten die Repräsentation des
Landesfürsten zusteht. Er vereinigt in sich insbesondere die Wirksamkeit des
Statthalters und des Kommandanten der III. Armee. In dieser doppelten
Eigenschaft ist ihm die Oberleitung der gesammten Civil- und
Militäradministration des Landes übertragen.
Er wird sich dabei stets an
die obersten Grundsätze halten, welche die staatliche Einheit Meines Reiches
bedingen, ohne die damit verträglichen Rücksichten auf die Eigenheiten des
Landes auszuschließen.
II.
In den Fällen kurzer Abwesenheit oder Verhinderung berechtige Ich den
Herrn Erzherzog für die
Funktionen, welche nicht höchst persönlich sind, einen Vertreter von
angemessener ämtlicher Stellung zu bestimmen, wovon jedesmal Mir, den
Ministern und den Landesbehörden die Anzeige zu machen ist. Bei längerer
Dauer ist mir der geeignete Vertreter vorzuschlagen und Meine Entschließung
zu erwarten.
III.
Da es der Umfang, die Wichtigkeit und Mannigfaltigkeit der demselben
obliegenden Geschäfte nicht wohl zulassen, daß Er sich mit allen Details der
Statthaltereigeschäfte befasse, so ist Er ermächtigt, von diesen Geschäften
nur die wichtigeren Gegenstände, wozu namentlich alle legislativen
Angelegenheiten und organischen Einrichtungen, alle Personalernennungen und
Personalvorschläge, Auszeichnungsanträge etc., dann die Leitung der Polizei
gehören, seiner eigenen Behandlung vorzubehalten.
Es bleibt Ihm dagegen
freigestellt, die Leitung der Detailsgeschäftsführung an seinen berufenen
Stellvertreter für die Civilangelegenheiten unter dessen eigener
Verantwortung zu übertragen und Sich hievon blos die wichtigeren oder solche
Gegenstände vorzubehalten, denen Er eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden
zu sollen erachtet.
IV.
Der Militär- und Civilgouverneur pflegt in der ihm anvertrauten
Civilverwaltung den instruktionsmäßigen Dienstverkehr mit den Ministerien in
allen in deren Wirkungskreise gelegenen oder der allerhöchsten Entscheidung
vorbehaltenen Gegenständen.
Die persönliche Diensteskorrespondenz der
Ministerien an den Herrn
Erzherzog findet mittelst unterthäniger Noten, und von dem
Herrn Erzherzoge an die
Ministerien mittelst einfacher Noten statt.
Alle Berichte, Anzeigen
etc., welche von politischen Verwaltungs- und Polizeiorganen an die
Ministerien und die Erledigungen, welche von den letzteren an diese Organe
gerichtet werden, sind im Wege des Herrn
Erzherzogs zu senden, mit dem Vidi desselben zu versehen und
was die Berichte betrifft, mit den allfälligen Bemerkungen desselben zu
begleiten.
Dem Militär- und Civilgouverneur ist überdies das Recht
zugestanden, in allen Fällen, wo er es für Meinen Dienst, die Staats- und
Landesinteressen erforderlich hält, unmittelbar Vorträge an Mich zu
erstatten.
V.
Alle in das Landesgesetzblatt und in die offizielle Zeitung
aufzunehmenden allgemeinen Anordnungen der Statthalterei sind unter der
Fertigung des Militär- und Civilgouverneurs zu erlassen.
VI.
Dem Militär- und Civilgouverneur kommt der bisher von dem Statthalter
und dem Armeekommandanten geübte Wirkungskreis zu. Er ist Chef der
Statthalterei und es unterstehen Ihm alle politischen und Polizeibehörden.
Insbesondere leitet Er die Staatspolizei und handhabt den Ausnahmszustand.
Ihm unterstehen daher auch die Kriegsgerichte.
Es versteht sich von
selbst, daß, in so ferne Ich Veränderungen in dieser Beziehung anordnen
sollte, solche auch hier ihre Anwendung finden werden.
VII.
Der Militär- und Civilgouverneur hat die normalmäßige Entlassung,
Degradirung und Versetzung in den zeitlichen oder bleibenden Ruhestand aller
in seinem Wirkungskreise ernannten Beamten auszusprechen, die normalmäßigen
Bezüge derselben anzuweisen und einzustellen, Remunerationen und Aushilfen
bis zum Belaufe von Dreihundert Gulden innerhalb des genehmigten
Voranschlages zu bewilligen und Gehaltsvorschüsse bis einschließig der
Jahresbesoldungen von Zweitausend Gulden unter genauer Beobachtung der
hierüber bestehenden Vorschriften zuzugestehen.
VIII.
Dem Militär- und Civilgouverneur steht ferner das Recht zu, jeden
Beamten der politischen und polizeilichen Administration wegen offenbarer
Dienstesgebrechen vom Amte und Gehalte zu suspendiren.
IX.
Er ist befugt, eben diesen Beamten Urlaube zu ertheilen, und zwar dem
Vicepräsidenten der Statthalterei und den Distsriktsobergespänen bis zu drei
Monaten, allen übrigen Beamten bis zu sechs Monaten.
X.
Demselben wird das Befugnis eingeräumt, in dringenden Angelegenheiten
provisorische Anordnungen unter gleichzeitiger Mittheilung an die
betreffenden Ministerien zu erlassen oder Mir unmittelbar die Anzeige zu
erstatten.
XI.
Dem Herrn Erzherzoge
bleibt es bis auf weitere Anordnung zugestanden, Ernennungen der Vorstände
und Mitglieder der Gemeindeverwaltungen da und in den Fällen, wo er es
nothwendig oder zuträglich findet, sich vorzubehalten, in soferne sie nicht
von Meiner Ernennung abhängig sind.
XII.
In Betreff der Stellung des Militär- und Civilgouverneurs zu den von
dem Finanzministerium abhängenden Behörden in Ungarn,
namentlich zur Finanzlandesdirektion und zur Kommission für die Einführung
des provisorischen Steuerkatasters wird bestimmt, daß von diesen Behörden
über alle organischen Verfügungen, welche in diesen Geschäftszweigen im
Lande ergehen sowie über alle Anträge dieser Art, die von den bezüglichen
Landesbehörden an das Finanzministerium und beziehungsweise an die
Generaldirektion des Grundsteuerkatasters erstattet werden und endlich über
die Vorschläge zur Besetzung aller jener Stellen in diesen Geschäftszweigen,
welche den Wirkungskreis der Landesbehörden überschreiten, das vorläufige
Einvernehmen mit dem Militär- und Civilgouverneur zu pflegen ist.
Diese
Landesbehörden haben überdies bei den ihnen zustehenden Besetzungen von
Beamtenstellen das vorläufige Einvernehmen mit dem Militär- und
Civilgouverneur zu pflegen und im Falle der Nichtübereinstimmung die höhere
Entscheidung einzuholen.
Letzteres hat auch zu geschehen, wenn über
organische Verfügungen, die ohne höheren Auftrag von den Landesbehörden
erlassen werden sollten, eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen und dem
Militär- und Civilgouverneur besteht.
In allen solchen Fällen, wo
Entscheidungen höheren Orts eingeholt werden müssen, sollen die Berichte
durch den Weg des Herrn Erzherzogs erstattet werden, der sie mit möglichster
Beschleunigung entweder mit seinen Bemerkungen oder seinem Vidi abzusenden
hat.
In Bezug auf die Disciplinargewalt über die in den erwähnten
Geschäftszweigen Angestellten hat als Grundsatz zu gelten, daß dieselben
zunächst zwar dem Vorstande der betreffenden Landesbehörde zusteht, daß aber
in allen Fällen, in welchen der Militär- und Civilgouverneur aus politischen
Rücksichten eine Disciplinarverfügung gegen einen Angestellten für dringend
nothwendig erachtet, seinem diesfälligen Ansinnen willfährig zu entsprechen
und bei eintretender Meinungsverschiedenheit die höhere Entscheidung
einzuholen ist.
Begehrt der Militär- und Civilgouverneur in einem
solchen Falle, daß die von ihm als nothwendig erkannte Maßregel sogleich und
ohne die höhere Entscheidung abzuwarten, provisorisch in Vollzug gesetzt
werde, so ist der Vorsteher der betreffenden Landesbehörde dafür
verantwortlich, daß diesem Ansinnen entsprochen werde.
XIII.
Die gleichen Grundsätze haben rücksichtlich der von dem Ministerium
für Landeskultur und Bergwesen sowie von dem Ministerium für Handel, Gewerbe
und öffentliche Bauten abhängigen Behörden zu gelten; jedoch rücksichtlich
der Postbehörden mit der Beschränkung, daß in Betreff derselben nur das
oberwähnte vorläufige Einvernehmen in allen Beamtenpersonalbesetzungen statt
zu finden hat.
XIV.
In Bezug auf die Personalbesetzungen im Justizfache ist vor jeder
Anstellung vorläufig das Einvernehmen mit dem Herrn Erzherzoge aus dem
Gesichtspunkte der politischen früheren und gegenwärtigen Haltung, der
Rechtlichkeit und Sittlichkeit der Betheiligten zu pflegen.
Ich mache
dem Herrn Erzherzoge dabei zur Pflicht, auch über die schon provisorisch
oder definitiv angestellten Justizbeamten jeden Ranges genaue Erkundigungen
in geeigneten Wegen über ihre politische, rechtliche und sittliche Haltung
einzuholen, die Unbefangenheit und Wahrhaftigkeit derselben zu würdigen und
die sich ergebenden Anträge Mir unmittelbar zu erstatten oder an den
Justizminister zu leiten.
Die richterlichen Geschäfte bleiben
ausschließlich dem Bereiche des Justizministeriums oder des obersten
Gerichtshofes vorbehalten.
XV.
Dem Militär- und Civilgouverneur steht es endlich frey, bei der
Statthalterei in periodisch wiederkehrenden oder von Fall zu Fall zu
bestimmenden Sitzungen wichtigere Angelegenheiten berathen zu lassen und
hiebei den Vorsitz zu führen, ohne jedoch an die durch Stimmenmehrheit
gefaßten Beschlüsse gebunden zu seyn.