Johann Szeberinyi an Leo Thun
Schemnitz, 7. Februar 1860
|

Regest

Der Pfarrer Johann Szeberinyi übermittelt Leo Thun ein an den Kaiser gerichtetes Schreiben, mit der Bitte, dieses – sollte Thun mit dem Inhalt einverstanden sein – dem Kaiser zu übergeben. Szeberinyi hofft, dass Österreich nach der Krise durch die Niederlagen im Krieg nun wieder Stärke zeige und die Reformen der evangelischen Kirchen umsetze.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

Edierter Text

Eure Exzellenz,
Hochzuverehrender Herr Minister!

Die Fluthen gehn hoch. In solchen Zeiten darf die Schüchternheit den Muth, das kindliche Vertrauen treuer Seelen nicht lähmen. Ich nehme mir die Freiheit an Seine k.k. apostolische Majestät und an Eure Exzellenz zu schreiben. Was will ich denn? Nützlich möcht' ich sein dem Staate. Ob mein an Seine Majestät gerichtetes Schreiben 1Nutzen bringen kann oder nicht?, das können nur Eure Exzellenz beurtheilen, entscheiden. Daher stell‘ ich es ganz und gar Eurer Exzellenz anheim, ob die Huld, den Brief Allerhöchsten Ortes einzuhändigen, haben wollen oder nicht.
Erlauben Eure Exzellenz mit einigen Worten meinen im Schreiben an Seine k.k. apostolische Majestät eingenommenen Standpunkt zu beleuchten und den Thatbestand zu constatiren.
Niemand kann für das Ultimatissimum in der Willensrichtung Seiner Majestät haften – auch kann unter gewissen Umständen ein Villa Franka [Villafranca] seine Rechtfertigung finden. Nur darauf kömmt es dann an, dass die Abspannung des Gegners gehörig ausgebeutet, dass die theilweise Nachgiebigkeit und Wohlwollen mit unbeugsamer Energie gepaart werde.
Durch die Verordnung vom 10. Januar 2 ist nicht bloss die Würde der hohen Regierung, ins[be]onders die Autorität des hohen k.k. Cultusministeriums gewahrt worden, sondern auch die Opposition in einen Gemüthszustand versetzt worden, dem zu Folge sie innerlich den Frieden, die Ausgleichung sehr wünschen muss. Beleg dafür nicht bloss meine Hingebung, sondern auch die letzten drei Nummern des "Egyházy [?]". Nach dem 10. Januar also, der den Ernst und Strenge des Vaters bewies, glaube ich einen milden Blick desselben Antlitzes nicht für gefährlich. Das Patent würde gleichsam durch die Synode eingeführt werden. Immer wäre der Staat hiebei, der Reger, denn er trüge das Wesen, die schreienden Kinder die Form davon. Setze freilich die 4 Bedingungen voraus, die ich Seiner Majestät unterthänigst vorgelegt habe.
Nochmals ehrfurchtsvollst bittend, den Brief nur in dem Falle einhändigen geruhen zu wollen, wenn Eure Exzellenz seinen Inhalt genehmigen, hab‘ ich die Ehre mich zu zeichnen, mit unverbrüchlicher Ergebenheit und Dankbarkeit

Eurer Exzellenz

ergebenster Diener
Johann Szeberinyi
slav. ev. Pfarrer

Schemnitz, den 7.2.[1]860