Der Text fasst die wesentlichen Punkte eines Majestätsvortrags von Ministerialrat Metel Ožegović zusammen. In diesem Vortrag referiert der Ministerialrat über eine Petition der Slowaken. Eine Gruppe von slowakischen Honoratioren erhebt dort die Forderungen nach der Anerkennung und Gleichstellung ihrer Nationalität, die Gewährung eines Provinziallandtages, einer eigenen Verwaltung sowie einer slowakischen Zeitung. Als zentrales Motiv für ihre Forderungen nennen die Slowaken die Unterdrückung durch die Magyaren. Gleichzeitig erklären sie sich bereit – sollten ihre Wünsche erfüllt werden – am Kampf gegen die Aufständischen in Ungarn mitzuwirken. Der Ministerialrat betont die Rechtmäßigkeit der Forderungen und hebt die treue Haltung der Slowaken hervor. Er gibt zudem zu bedenken, dass die Forderung nach der Abtrennung der Slowakei von Ungarn durch die neue Verfassung gedeckt sei. In der Folge versucht der Ministerialrat einige Einwände gegen die Petition zu entkräften. Zunächst lässt er die Argumente der Ungarn gegen die angestrebte Trennung nicht gelten und glaubt, dass die Ungarn durch ihre Erhebung kein Recht hätten, Forderungen zu stellen. Auch die Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität einer Trennung lässt der Ministerialrat nicht gelten. Er ist auch der Ansicht, dass eine Stärkung der nicht-magyarischen Nationalitäten eine Verbesserung des Machtgleichgewichts in der Monarchie zur Folge hätte. Auf der Grundlage dieser Überlegungen schlägt Ožegović vor, den Forderungen der Slowaken weitgehend nachzukommen. Die Zeit bis zur Beendigung des Krieges in Ungarn soll zur Vorbereitung der notwendigen Schritte genützt werden.
Kurzer Auszug aus dem Vortrage des Ministerialrathes von Ossegovich über die slovakische Angelegenheit.
Den Gegenstand des Vortrages bildet die Petition der Slovaken und 2. ihrerseits
eingereichte Denkschriften. In der Petition betheuern sie
ihre Treue und Ergebenheit und äußern die
Bereitwilligkeit gegen den Feind Österreichs zu
kämpfen für die gewonnenen Errungenschaften zugleich ihren Dank
aussprechend. Sie bitten im übrigen 1) um Anerkennung ihrer
Nationalität 2) um Gleichstellung mit den übrigen
Nationen; 3) um einen Provincial-Landtag und ihre eigene
Administration als die Gleichberechtigung gewährleistende
Institutionen; 4) um slovakische Geschäftsführung; 5) um die
Errichtung einer obersten slovakischen
Behörde
In der Denkschrift motivieren sie die obige Petition indem
sie den Ursprung des magyarischen Druckes in der bevorzugten
Stellung der Magyaren suchen, der nur durch die politische
Constituirung der Slovakei im eigenen
Staatsinteresse Oesterreichs ein Ende
gemacht werden kann, weil sonst die Ansprüche der slovakischen Nationalität nie
zur Achtung kommen könnten, und es müßte dann die alte Fehde unter
den Nationen neu entbrennen, was um so weniger nöthig wäre, da der
abgesonderten Constituierung der Slovakei kein
Hinderniß im Wege stehet. Schließlich über die H. Windischgrätzischen Commissäre
sich beschwerend hoffen die Slovaken eine endliche Erhörung ihrer
Wünsche.
In der letzten Denkschrift erklären sie abermahls den Wunsch, gegen
die Rebellen zu ziehen nebst folgenden Bitten: 1. um Gewährleistung dessen, was oben, sub 1), 2), et 3) verlangt wurde
mittelst eines k. patentes; 2. um die Ernennung eines ihrer
Sprache kundigen Obercommissaers für die Slovakei; 3. dem zur Seite soll ein
Beirath slovakischer Vertrauensmänner stehen; 4. um Bestrafung der Urheber der Verfolgung der Slovaken und der Kossuthischen Helfershelfer; 5. um Begründung einer ämtlichen slovakischen Zeitung. Wenn die Erfüllung dieser
Wünsche gewährt wird, dann sind die Bittsteller erböthig, aus allen Kräften zum
Erheben der Slovaken gegen die Rebellen
mitzuwirken.
Mit Recht berufen sich die Slovaken auf
die unerschütterliche Treue ihres Volksstammes, welche zu dem
Abfalle der magyarischen einen augenfälligen Gegensatz bildet. Ihre Wünsche verdienen daher die möglichste Berücksichtigung.
Die Grundlage ihrer
Petition beruht auf der neuen Reichsverfassung selbst,
indem sie allen Völkern die Gleichberechtigung mit geeigneten Institutionen zusicherte, daher die ersten drei
Puncte der Petition und der 1. ihrer Denkschrift als Corrolarien
des erwähnten Grundsatzes zu betrachten sind. Auch kann man sich auf
den Inhalt der Reichsverfassung gegen jene Wünsche durchaus nicht mit Grund
berufen, weil es bekannt ist, wie nach der factischen Trennung Ungarns von Österreich nur die Herrschaft der Magyaren die
Südslaven zu einer Schilderhebung gegen sie antrieb welcher
sich zwar nach der im Interesse der Gesammtmonarchie allerhöchst anerkannten
Gleichberechtigung aller Nationen zum Theil nach und nach auch die
übrigen Nichtmagyaren anschlossen, jedoch ohne einer organischen
Consistenz der Übermacht der Magyaren bald erliegen mußten.
Nachdem es aber
nicht dem Staatszwecke Österreichs angemessen sein kann, das neue Lebensprincip
Österreichs, nämlich die
Gleichberechtigung der Nationen zu Gunsten des separatistischen und
deshalb Österreichs Bestand gefährdenden
magyarischen Elementes zu schmälern, gegen welches
vielmehr ein kräftiger Damm nothwendig erscheint, der bei dem
Umstande, daß der Magyarismus alle höheren Schichten der
Gesellschaft in Ungarn ohne Unterschied der
Nationalitäten bereits durchdrungen hat, nur durch die provincielle
Constituierung der nicht magyarischen Nationalitäten erzielt werden kann, so ist
es klar, daß namentlich bezüglich der Slovakei
die Trennung der Slovaken von den Magyaren das
einzige Mittel bleibt, um die Gleichberechtigung im
Sinne der Reichsverfassung selbst zu verwirklichen, wozu auch
das Königreich Illirien
von welchen Kärnthen unbeschadet der
Reichsverfassung getrennt werden konnte, ein analoges
Beispiel biethet. Die dem magyarischen Elemente zugewendeten höheren Classen der Slovaken werden dann gewiß wieder zu ihrer
eigenen Nationalität zurückkehren, sobald sie die Geltung derselben
vollkommen gesichert erblicken.
Es folgt nun die Widerlegung der
Einwendungen gegen den obigen Antrag.
I. Man nennt ihn revolutionaer und das historische Recht wie auch
die politische Existenz Ungarns
vernichtend.
Allein unläugbar ist es, daß die
Magyaren durch die Rebellion ihr historisches Recht vollends
verwirkt haben, und in Folge dessen die Reichsverfassung auch für
Ungarn
octroirt wurde, deren Ausführung nun
zugleich als ein Act der Selbsterhaltung
Österreichs um so weniger revolutionaer und
die politische Existenz Ungarns vernichtend
genannt werden kann, weil die Magyaren innerhalb ihres
Gebiethes auch fernerhin ihre nationale Authonomie behielten,
zu welchen nun die übrigen Nationen Ungarns in
ein denjenigen ähnliches Verhältniß zu treten hätten, in welchen einst die Siebenbürgen und Croaten zu
Ungarn gestanden sind.
II. Die nicht
magyarischen Nationalitäten Ungarns haben
angeblich weder ein Bedürfniß der Trennung von einander noch enthalten sie hinreichende conservative
Elemente.
Darauf genüge es zu bemerken, daß selbst die
Verlautbarung dieses Bedürfnisses bloß durch
den unerhörten Magyarendruck bisher verhindert, aber eben auch durch
denselben in der neuern Zeit bis zu einem Nationalhaß gegen
die magyarischen Dränger gesteigert wurde, dem zuletzt doch nicht anders als
durch die Ausführung oben angedeuteter Maßregeln abgeholfen
werden kann, ohne daß deshalb das Beisammensein der
Nationalitäten
Ungarns bei dem ungehinderten Verkehr im
österreichischen Staatenverbande irgend eine erhebliche
Störung erleiden müßte. Die conservativen Elemente
aber in der Slovakei sind dieselben, welche in
jedem anderen Lande; daher dieser Einwurf gar kein Gewicht hat.
III. Man
hält die practischen Schwierigkeiten einer Separation der
Nationalitäten in Ungarn für unüberwindlich.
Diese sind
indeß namentlich bezüglich der Slovakei
weit geringer als es scheint, wenn nur der Grundsatz festgstellt
wird, daß das Gebieth einer Nationalität dort seine Gränzen findet, wo ihre
Bevölkerung nicht mehr überwiegend ist. Mit Festhaltung dieses Princips
ließe sich dann nach den in dieser Hinsicht durch die slovakischen
Vertrauensmänner bereits gelieferten Vorarbeiten die Idee einer Separation der
Nationalitäten Ungarns leicht ausführen, wobei
jedoch selbst auch den, im Gebiethe einer fremden Nationalität eingeschlossenen
Theilen jedes Volksstammes bezüglich des Gemeindelebens
und der Berührung mit den nächsten Behörden der Genuß ihrer
Nationalität gewahrt werden könnte.
Für die
obenerwähnte Idee sprechen übrigens außer einer im
Nahmen aller nicht magyarischen Nationalitäten darüber verfaßten
Denkschrift noch nachstehende Motive.
Niemand kann es in Abrede
stellen, daß die Verwirklichung der Reichsverfassung bei den
Magyaren auch den entschiedensten und in jeder denkbaren Form
hervortretenden Widerstand stossen wird, der, will man sich
nicht einer Selbsttäuschung hingeben, nicht anders als wenn
die übrigen Nationalitäten dem Einfluße der magyarischen entzogen werden,
folglich nur durch die Trennung derselben gelähmt werden kann.
Aber auch selbst in administrativer Hinsicht
ist wegen der zu großen Ausdehnung Ungarns
die Theilung derselben in mehrere
administrative Körper nach dem Beispiele Galliciens, um so mehr gebothen, weil die betreffenden Nationalitäten größtentheils mit
den angränzenden Namenverwandten Kronländern Österreichs vereinigt werden könnte,
wodurch sowohl die Administrationskosten vermindert als auch
die Amalgamierung der einzelnen Theile mit dem
Gesammtstaate erleichtert werden würde, denn die nicht magyarischen Völker Ungarns
würden sich mit den andern Theilen der Monarchie bald
assimilieren und ihren Bestand vorzüglich gegen alle
Revolutions-Gelüßte der Magyaren und Pohlen durch das gewaltige und
gleichsam natürliche Bollwerk einer mährischen slovakischen und ruthenisch
gallicischen Provinz auf das unerschütterlichste schützen und
festigen.
Nach Vorausschickung dieser Beweggründe werden demnach
bezüglich der obigen Petitionen folgende Anträge
gestellt.
a) Mittelst eines allerhöchsten Manifests jedem
Volke Ungarns die Gewißheit darüber zu
verschaffen, daß die Gleichberechtigung seiner Nationalität
dadurch vollkommen gesichert werden wird, indem sie dem Einfluße
der Magyaren gänzlich entzogen und an die
angränzenden verwandten Länder angeschlossen, namentlich die
Slovaken Oberungarns mit Mähren, die
Ruthenen aber mit Gallicien vereinigt werden sollen, die nicht magyarischen
Völker
Ungarns würden hiedurch aus ihrer
bisherigen Apathie geweckt, sich an einem solchen Befreiungskrieg gegen
die Magyaren aus allen Kräften betheiligen. Österreich aber selbst auf diese Weise auch durch auswärtige Sympathien gestärkt, fände dann leicht
in der Kraft ihrer eigenen nur am Bestand Österreichs
ihre verbürgte Zukunft erblickenden Völker Mittel genug, jede auf
Zerstörung des österreichischen Staates gerichtete Bewegung für alle
Zukunft unmöglich zu machen.
b) Wie die slovakische
Sprache gemäß dem 4. Puncte der Petition in das ämtliche
Leben eingeführt werden könne, darüber hat
Franz Hanrik
einen umständlichen Entwurf ausgearbeitet, welcher jedoch auf der
Voraussetzung beruht, daß die Slovakei mit
Ungarn vereinigt bleibt, während dem nach dem hier
aufgestellten Grundsatz für die Slovakei et resp. für die
Ruthenen in dieser Beziehung alles jene zu gelten hätte,
was für Mähren und Gallicien festgestellt werden wird. In den Berührungen mit der
Gemeinde sollte indeß jedenfalls ausschließlich die
nationale Sprache angewendet, in andern Berührungen aber bis zur
Erlangung der Fertigkeit in derselben auch der Gebrauch der
deutschen und lateinischen Sprache den betreffenden Beamten gestattet
werden.
Die Sprache des Gouvernements kann im ruthenischen Theil keine andere als die für Gallicien bestimmte sein, weil man für diesen kein
abgesondertes Gouvernement zu errichten braucht, während dem ceho-slovakischen Gebieth, welches 10 Comitate beinahe ganz, und von
andern 10 Comitaten einen größeren Theil einnimmt, zu ausgedehnt wäre, um ohne
einen eigenen Gouvernement gelassen werden zu können, was jedoch dem Anschluße
der Slovakei an ein anderes Kronland gar nicht hinderlich ist. Es versteht sich
wohl von selbst, daß beim slovakischen Gouvernement keine andere
als die slovakische Sprache die ämtliche sein könnte. Für
die Slovakei scheint auch ein eigenes
Appellations-Gericht unvermeidlich nothwendig zu sein, was hingegen für den ruthenischen Theil nicht erforderlich wäre.
Wo übrigens diese Stellen errichtet, und wie die Gränzen zwischen den einzelnen
Theilen gezogen werden sollen, darüber dürften die
Vertrauensmänner aller betreffenden Nationalitäten zu Rathe zu ziehen
sein, wobei nur noch zu bemerken kommt, daß sich bisher aus der Mitte der
ruthenischen Nation noch kein Vertrauensmann bei der Regierung befindet, dessen
Einberufung im Wege des Eperieser [Prešov] Bischofs daher auch angezeigt
wäre.
c. bezüglich des 4. und 5. Punctes der Petition ist zu bemerken, daß
während dem Kriegszustande zwar die ganze Administration
eine exeptionelle bleibe, und von einem zur Seite des
Oberbefehlshabers der Armee ernannten Obercommissär abhängen
müsste, in dieser Periode jedoch alles jene, was die
Gleichberechtigung der Nationen verwirklichen und die Staatseinheit Österreichs sichern kann, anzubahnen
sei. Bei der Wahl der militärischen Comandanten sowohl als politischer
Commissäre ist insbesondere auf die Kenntniß der Sprache zu
sehen, welche den Herrn[?] FML Schlick und
Simunic zu Gebothe stehet, die politischen Commissaere aber dürften von den
Vertrauensmännern näher bezeichnet werden.
Die <>2 der guten Sache [?] wurde,
weshalb auch die bereits eingenommenen Landestheile Ungarns in kurzer Zeit ohne Widerstand den Rebellen
zurück in die Hände fielen. Um dies nun zu verhüten, ist man dem
Vernehmen nach bemüht, in Ungarn
eine Municipalgarde zu errichten, deren Verwendung jedoch,
damit sie nicht gegen die Regierungs-Absichten einseitig gemißbraucht werden
könne, von ihren obersten Organen überwacht werden
müßte.
Während dem Übergang von dem
exceptionellen zu dem normalen Zustand muß auch die
Absonderung der Nationalitäten eingeleitet werden, wobei aber die
redliche Mitwirkung aller Nationalitäten durch Männer von erprobter Gesinnung
unerläßlich erscheint, wozu die betreffenden Vertrauensmänner die besten
Individuen zu bezeichnen in der Lage sind. Durch die Genehmigung
dieses Antrages wäre auch der 2. und 3. Punct der letzten
slovakischen Denkschrift erledigt.
d. Im 4. Punct der 2.
Denkschrift wird die Bestrafung der königlichen Commissaere und Beamten
verlangt, welche als Helfershelfer der revolutionären
Regierung bekannt sind. Wenn der Verrath fortan nicht straftlos bleiben
soll, so kann man an der Erfüllung dieses Punctes nicht zweifeln.
e) Der
letzte Punct der Petiton bezieht sich auf die Begründung einer
ämtlichen slovakischen Zeitung, welche bereits bewilligt sein soll, nur
wäre es zu wünschen, daß diese Zeitung, in der Slovakei
und zwar vorläufig
in Pressburg
erscheine.
Die Erledigung dieses Gegenstandes und die Würdigung der
wiederholt ausgesprochenen Bereitwilligkeit der Slovaken zu einer
Schilderhebung gegen die Rebellen ist nun ganz der allerhöchsten Entscheidung anheimgestellt, und der Verfasser des
Vortrages schätzt sich glücklich, wenn er durch denselben ein
Schärflein zum Neubau Österreichs
beitragen konnte.