Ladislaus Zaboysky an Leo Thun
Zips, 11. Dezember 1851
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Regest

Der Bischof von Zips, Ladislaus Zaboysky, freut sich über den Auftrag die Reorganisation des Gymnasiums in Leutschau zu überwachen. Die Aufgabe ehrt ihn besonders, weil er weiß, wie sehr Thun die Reorganisation des Gymnasiums am Herzen liegt. Die Schule wurde ehemals von Prämonstratensern geführt und wird nun vom Staat übernommen. Zaboysky hofft, dass nicht nur sein Charakter und seine Entschiedenheit, sondern insbesondere sein Bewusstsein für Recht und Pflichtgefühl ihm bei den neuen Aufgaben hilfreich sein werden. Der Bischof möchte sich insbesondere der nicht-einheimischen Lehrer annehmen, damit diese nicht wie üblich als Fremdlinge wahrgenommen werden. Zaboysky betont jedoch, dass ihm schon zu Ohren gekommen sei, dass der Direktor der Schule große Sympathien für die Prämonstratenser habe. Daher müsse man besonders auch die weltlichen Lehrer fördern.

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Schlagworte

Edierter Text

Euer Excellenz!

Die gnädige Zuschrift Euerer Excellenz vom 24. vorigen Monats hat mich mit ungemein großer Freude erfüllt. Eben bedurfte ich einer Ermuthigung, um auf der betretenen schwierigen Bahn unbeirrt fortzuschreiten, und sie ist mir durch den gütigen Zuspruch Euerer Excellenz reichlich zugeflossen. Ich will, ich kann nicht seyn, wie mich andere haben wollten. Diese ist meine Erbschuld, die mir zu jeder Zeit Gegner geschafft hat, in meiner gegenwärtigen Stellung noch mehrere schaffen muß. Meine Entschiedenheit und offenes Anstreben dessen, was ich für Recht und pflichtgemäß halte, will vielen nicht gefallen, weil sie von Eigennutz beherrscht – Unrechtes wollen, mich für ihre Interessen nicht gewinnen können, nicht gewinnen werden. Allein aber diese meine Entschiedenheit, die nicht sowohl in meinem eigenthümlichen angeborenen Character, als vielmehr im klaren Bewußtseyn des Rechts und in regem Pflichtgefühl wurzelt, ist der einzige Vorzug, der Euerer Excellenz hohe Aufmerksamkeit auf mich gelenkt haben mochte, und womit ich Euerer Excellenz dafür Bürgschaft bieten kann, daß mich weder Privatinteresse noch menschliche Rücksichten für etwas gewinnen können, was meiner Überzeugung zuwider ist und wodurch Euerer Excellenz günstige Meinung von mir getäuscht werden müsste. In dieser Beziehung mögen Euere Excellenz außer aller Sorge seyn. Ich kann in meinen Ansichten irren, aber meine Überzeugungen verläugnen nicht. Wenn demnach Euere Excellenz mit Hochdero Schreiben mich über den Fortbestand Hochdero guter Meinung von mir beruhigen, so üben dadurch Euere Excellenz einen Akt der Gerechtigkeit gegen mich, womit ich in meinem Vorsatz bestärkt werde so fortzufahren, wie ich bin, und wahrlich nur so kann ich zur Förderung jener Zwecke nützlich seyn, für deren Verwirklichung nach Maaß meiner geringen Kräfte mich Hochselbe zu berufen geruhten.
Die Stellung, welche mir Euere Excellenz in Bezug auf die neue Schulanstalt zu Leutschau [Levoča] mir [sic!] anzuweisen für gut befinden, ist meinen Wünschen ganz angemessen. Ich weiß, wie sehr diese Angelegenheit Euerer Excellenz am Herzen liegt; sie ist, sie soll meine Angelegenheit seyn. Im Wachen für das Wohl der Kirche geübt, werde ich mit nicht geringerem Eifer und Treue die heiligen Interessen der Schule überwachen. Die Lehrer von fremdem Lande werden sich immer mehr davon überzeugen, daß sie mir einheimische Brüder und Hausgenossen, nicht aber wie manchem Fanatiker oder böswilligem Reactionär verhaßte Fremdlinge sind. Wenn die guten Lehrer des weltlichen Standes nur das sind, was sie seyn sollen, und wozu sie mich berechtigen, so werde ich sie als einflußvolle Faktoren zur Schaffung eines besseren Geistes bei der Schuljugend betrachten, dessen die vaterländische Jugend so sehr bedarf; sie werden Wohlthäter des vielfältig zerrissenen Landes seyn, und die neue Ära, welche dem Zipserlande entgegenstrahlt, wird nach jeder Richtung reichliche Früchte hervorbringen. Ja, ich hoffe, das Werk, obgleich von vielen Hindernissen bedroht, wird gelingen. Beschämt werden sich die Feinde zurückziehen und verstummen. Euerer Excellenz aber wird die Ehre, unverwerklicher Ruhm verbleiben, eine Pflanzschule zur Bildung eines besseren Geschlechtes unberufenen Händen entrissen zu haben, die alles andere nur nicht von dem Geiste der Religion beseelte Ordensmänner – und alles andere nur nicht zur sittlich und religiös wissenschaftlichen Bildung berufene und vorbereitete Lehrer sind, die deshalb ihre Stellen anderen Lehrern, edleren Menschen und wahren Jugendfreunden zu überlassen genöthigt worden sind.
Mit den Bestimmungen des hohen Erlasses an den Herrn Distriktsobergespann bin ich vollkommen einverstanden, ich finde darin alle meine vertraulichen Bitten gnädig berücksichtiget, wofür ich meinen verbindlichsten Dank hiemit abstatte. Ich denke nicht früher mich nach Leutschau zu begeben, bis mir nicht auf ämtlichem Wege das im Vertrauen Eröffnete zugekommen seyn wird, alsdann werde mich an Ort und Stelle in Persona einfinden, um jedem Ausbruche neuer Odiositäten aus Anlaß des Auszuges der Prämonstratenser zu begegnen. Nur möge die Caschauer [Kaschau, Košice] Schulbehörde das Ihrige thun; allein wie es scheint gibt sie sich Zeit, sollte sie lange zögern, so gewinnen die Prämonstratenser Zeit aufs Neue zu peti[ti]oniren, um allem Anscheine nach den Vollzug neuester Verfügungen Euerer Excellenz zum großem Nachtheile der Schule aufzuhalten.
Soviel ich vernehme, ist bereits der 7. und 8. Lehrer in Leutschau angelangt, nur will die Vertheilung der Stunden nicht gelingen. Was ich nach der Hand über den Direktor gehört, ist geeignet, den Lehrkörper des weltlichen Standes zu entmuthigen: nicht nur schwach, rathlos und ohne Energie, sondern auch mit auffallender Partheilichkeit zu Gunsten der Prämonstratenser, deren Lebensvorräthe er auszubeuten versteht, soll er sich benehmen. Ich werde ihn zur Rede stellen, sobald ich ämtlichen Einfluß in die Schulangelegenheit nehme. Sollte ihm blos die Energie abgehen, so können wir dies ersetzen, zeugt er aber Charakterlosigkeit, Bestechlichkeit, entwürdigende Schmuzerei, dann bin ich der erste, der seine schleunige Versetzung ohne alle Rücksichtsnahme in Antrag zu bringen gesonnen bin, damit die Ehre und Reputation des Lehrkörpers, ohne welche Ansehen von dem Publicum nicht denkbar ist, aufrecht erhalten werde. Ich bin nicht voreilig, nicht unbesonnen, ich stimme jedes Mal für Schonung und Nachsicht, wo es sich thun läßt, gilt es aber höheren Interessen, dann denke ich eben so wie Euere Excellenz. Alle kleinlichen Privatrücksichten müssen weichen, damit daran das Allgemeine keinen Abbruch leide.
Vielleicht im Kurzen werde [ich] mich in der Lage befinden, Näheres, und zwar ämtlich zu berichten, ohne jedoch darauf zu verzichten, mit gnädiger Erlaubnis auch im Privatwege nach Umständen besondere Nachrichten mitzutheilen oder besondere hohe Weisungen einzuholen. Schließlich habe die Ehre, mich mit unbegrenzter Ehrfurcht und aufrichtigster Ergebung mich zu zeichnen.

Zips, 11. December 1851

Euerer Excellenz unterthänigst ergebenster Diener und Verehrer
Ladislaus Zaboysky
<(später Bischof von Zips)>1