Leo Thun teilt dem Philologen Hermann Bonitz mit, dass der Kaiser sein Gehalt erhöhen wird. Außerdem spricht Thun seine Freude darüber aus, dass Bonitz in Österreich bleiben will und versichert ihm, dass er ihn stets fördern werde. Der Minister versichert Bonitz außerdem, dass er auch dann sein volles Gehalt weiter beziehen kann, sollte sich die Organisation der philosophischen Fakultäten grundlegend ändern und er daher nicht mehr bereit wäre, an einer österreichischen Universität zu unterrichten.
Abgedruckt bei: Alfred Schneider, Briefe Österreichischer Gelehrter aus den Jahren 1849–1862. Beiträge zur Geschichte der österreichischen Unterrichtsreform, in: Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 113/1936. S. 167–304, hier S. 205–206
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Ihre Mitteilung,1daß Sie von der köngl. Preußischen Regierung die
ehrenvolle Aufforderung erhalten haben, die Leitung des Gymnasiums in Schulpforta unter
vortheilhaften Bedingungen zu übernehmen, daß Sie jedoch geneigt seien, in Ihrer
gegenwärtigen Anstellung an der hiesigen
Universität zu verbleiben, hat mir den erwünschten Anlaß geboten,
Seiner Majestät die ausgezeichneten
Dienste vorzustellen, welche Sie sowohl durch Ihre Thätigkeit im Lehramte, als
durch ihre Betheiligung an der Redaktion der österreichischen
Gymnasial-Zeitschrift dem Aufschwunge der philologischen Studien wie der
Gymnasien im Allgemeinen geleistet haben. Seine k.k. Apostolische Majestät haben in Folge dessen nicht nur Ihren
Gehalt erhöhen, worüber Ihnen demnächst die Mittheilung im ordentlichen
Geschäftswege zukommen wird, sondern auch mit Allerhöchstem Handschreiben de
dato Laxenburg den 23. August laufenden Jahres mich
allergnädigst zu ermächtigen geruht, ihnen die Zuversicherung zu geben, daß für
den Fall, als in Betreff Ihrer dermaligen, Ihnen zu Folge Ihres ursprünglichen
Anstellung an der Wiener Universität
anvertrauten lehrämtlichen Tähtigkeit für die Ausbildung von
Gymnasiallehramts-Kandidaten auf dem Gebiete der Philologie wider Ihren Wunsch
eine Veränderung verfügt werden sollte, Sie berechtigt seien, mit dem
Fortgenusse Ihres ganzen Gehaltes sich in den Ruhestand zurückzuziehen.
Der
Umstand, da diese ehrenvolle Anerkennung Ihrer Verdienste eine so ausnahmsweise
Begünstigung enthält, daß es nothwendig erscheint jede Anregung des Wunsches
anderer Professoren nach einer ähnlichen Behandlung zu vermeiden, macht es mir
zu meinem Bedauern zur Pflicht, sie nicht in weiteren Kreisen bekannt werden zu
lassen. Hingegen schätze ich mich um so mehr glücklich mich der zuversichtlichen
Hoffnung hingeben zu dürfen, daß sich der Fall, in welchem sie sich veranlaßt
sehen könnten, von dem Ihnen eingeräumten Rechte Gebrauch zu machen, gar nicht
ereignen, sondern vielmehr ihre wissenschaftliche Wirksamkeit, deren erfreuliche
Erfolge ich ebenso wie die angestrengte und Ihre Verpflichtung weit
übersteigende Thätigkeit, durch welche diese Erfolge herbeigeführt werden, mit
aufrichtigem Danke fortwährend zu beobachten Gelegenheit habe, der Wiener Universität und dem
österreichischen Studienwesen bleibend gesichert werde.
Wien, am 26. August 1855
Thun