Der Kurator der Theresianischen Ritterakademie, Ludwig Taaffe, bittet Leo Thun um Unterstützung in einer Streitsache zwischen der Ritterakademie und der Universität. In mehreren Räumen der Akademie wurden nämlich Laboratorien für analytische und pharmazeutische Chemie sowie eine Wohnung für den Chemieprofessor Josef Redtenbacher untergebracht. Dazu waren aufwendige Adaptierungsarbeiten notwendig geworden. Die Kosten für die neue Wasserleitung der chemischen Laboratorien wurden dabei teilweise dem Fonds der Akademie zugeschlagen. Taaffe verwahrt sich dagegen. Er begründet dies zunächst damit, dass die Akademie in der Vergangenheit mehrfach und gegen ihren Willen Räume abtreten musste. Außerdem findet er es nicht angemessen, dass die Akademie für die Adaptierung von Räumen aufkommen müsse, von denen sie keinen Nutzen hat. Er will sich nur an den Kosten für die Renovierung jener Räume beteiligen, die auch von der Akademie genutzt werden oder in Zukunft für ihre Bedürfnisse genützt werden können.
Durch einen Wochenbericht der Akademiedirektion ist zur Kenntnis des Curatoriums
gekommen, daß am 9. dieses Monats zur Prüfung der Rechnungen über die in der
Akademie in Folge der
Aufträge des hohen Unterrichtsministeriums vorgenommenen Herrichtung einer
großartigen Anstalt für analytische und pharmazeutische Chemie, sowie einer
großen Wohnung für den Herrn Professor Redtenbacher und einem Laboranten aufgelaufenen Kosten eine
Commission abgehalten worden sey, bei welcher vom Vorstande derselben die
Absicht ausgesprochen wurde, mehrere dieser Kosten, vorzüglich jene nicht
unbedeutenden für die Wasserleitung zum Behufe dieser chemischen Anstalt, dem
akademischen Fonds zuzuweisen. Durch allerhöchste Entschließung mit der
Verwaltung dieses Fonds und der Wahrung der finanziellen Interessen der Akademie betraut, finde ich
mich aufgefordert, pflichtmäßige Vorstellungen gegen die Realisirung dieser
ausgesprochenen Absicht der hohen Einsicht und dem Rechtsgefühle des Herrn
Ministers des Unterrichtes zu unterbreiten.
Mit voller Bereitwilligkeit hat
das Curatorium schon früher sehr bedeutende Räume in dem Akademiegebäude,
welches, ehedem ein Kaiserliches Lustschloß, von dem durchlauchtigsten
Herrscherhause ganz und allein der in demselben untergebrachten großartigen
Kaiserlichen Erziehungs- und Bildungsanstalt gewidmet worden war, in Folge der
unheilvollen Wirren des Jahres 1848 der Universität zur Fortsetzung der
philosophischen und juridisch-politischen Vorlesungen überlassen. Vielerlei
Beengungen unterzog sich die Akademie gerne, zur Förderung eines so wichtigen Zweckes, und
nicht wenige Kräfte both sie ohne entsprechenden Entgelt zur Adaptirung der
abgetretenen Räume zu den neuen Hörsälen auf. Allein, die damit nothwendig
verbundenen realen Auslagen aus den so vielseitig in jener Periode in Anspruch
genommenen und geschmälerten Mitteln der Akademie zu bestreiten, wurde
ihr in keiner Weise zugemuthet.
Sie wurden mit Beachtung unzweifelhafter
Rechtsgrundsätze an den Studienfond überwiesen und von demselben
getragen.
Ganz dasselbe Verhältnis fand statt, als im Sommer des vorigen
Jahres das hohe Unterrichtsministerium zur Errichtung einer großen Anstalt für
das Studium der analytischen und pharmazeutischen Chemie keine andere geeignete
Lokalität fand als den südwestlichen Flügel des Theresianischen
Akademiegebäudes, in welchem die akademischen Musäen [sic!] der
Mechanik, der Naturgeschichte in allen Zweigen und der Physik, nebst dem
Hörsaale und Laboratorium zum chemischen Unterrichte in der Akademie
untergebracht waren, und für die Wohnung des Herrn Professors Redtenbacher, dessen nächste Nähe an der
chemischen Anstalt als unabweisliches Bedürfnis erkannt wurde, keine andere als
die an den erwähnten Flügel anstoßenden weitläufigen Krankensäle.
So sehr
sich auch die Akademie in
der Benützung ihres Gebäudes durch diese zweite Anforderung und Überlassung so
bedeutender für ihre eigenen Zwecke vollkommen eingerichteten Räume beirrt fand,
so brachte sie auch dieses Opfer den Interessen des öffentlichen Studienwesens,
allein mit ausdrücklicher Verwahrung gegen die Tragung auch nur eines Theiles
der Kosten der Adaptirung zu den Zwecken der Universität und zur Herrichtung neuer Krankenlokalitäten, welche
ein unabweisliches Bedürfnis der Akademie sind.
Diese Verwahrung fand, da ihr die
bestimmtesten Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zur Seite
standen, nicht die geringste Entgegnung, und so wurden die Arbeiten ganz nach
dem Anforderungen des Herrn Professors Redtenbacher unter Leitung und Überwachung des durch viele
Wochen dazu in Anspruch genommenen Hausinspektors zur vollen Zufriedenheit
vollendet.
Wenn nun die Besichtigungskommission geltend machen zu können
erachtet, daß einiges von diesen Adaptirungen auch der Akademie zu statten komme, so
finde ich mich verpflichtet, dieses bis auf einen Gegenstand auf das
Bestimmteste in Abrede zu stellen. Räume, welche für eine großartige Anstalt zum
Studium der analytischen und pharmazeutischen Chemie hergerichtet und in ihrer
gegenwärtigen Gestalt zu keinem andern Zwecke verwendbar sind, sind für die
Akademie entweder ganz überflüssig oder können für ihre Bedürfnisse nur wieder
mit bedeutenden Auslagen neu hergerichtet werden. Dasselbe gilt zum Theile von
den gegenwärtigen Wohnungslokalitäten des Herrn Professors, welche für dessen häusliche
Bedürfnisse zugerichtet, nur durch mancherlei Umstaltungen wieder in Kameraten
oder akademische Hörsäle verwandelt werden können.
Die neue Wasserleitung
für die chemische Anstalt insbesondere, auf welche die Besichtigungskommission
hindeutete, ist nach Entfernung dieser Anstalt aus dem Akademiegebäude für die
Akademie ganz unnütz,
da dieselbe ihr eigenes Bedürfnis an Wasser für Küche, Garten und Schwimmschule
schon früher mit einem nicht geringen Kostenaufwande gedeckt hat. Selbst die
Reparaturen an den Fenstern in dem erwähnten Flügel des Hauses, wo nun die
chemische Anstalt sich befindet, wären für die weit weniger benützten Musäen
kein Bedürfnis gewesen.
Die Legung neuer Fußböden in den großen ebenerdigen
Sälen, in welche die physikalischen und naturhistorischen Sammlungen übertragen
werden müßten, ist es daher allein, wofür der Theresianische Fond die Auslagen
auf sich nehmen kann, weil die alten Fußböden, durch die Mißhandlungen so
verschiedener durch viele Monate in den Jahren 1848 und
1849 mit Gewalt eingelegter Truppenkörper ganz
unbrauchbar geworden waren.
Hiernach bin ich verpflichtet, das hohe
Unterrichtsministerium zu ersuchen, diese meine Vorstellung, welche durchaus nur
auf Rechtsgrundsätze sich stützt, gerechtest zu würdigen und hiernach die
entsprechenden Verfügungen zu treffen.
Wien, am 15. Februar 1850
L. Taaffe