Ludwig Taaffe an Leo Thun
Wien, 15. Februar 1850
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Regest

Der Kurator der Theresianischen Ritterakademie, Ludwig Taaffe, bittet Leo Thun um Unterstützung in einer Streitsache zwischen der Ritterakademie und der Universität. In mehreren Räumen der Akademie wurden nämlich Laboratorien für analytische und pharmazeutische Chemie sowie eine Wohnung für den Chemieprofessor Josef Redtenbacher untergebracht. Dazu waren aufwendige Adaptierungsarbeiten notwendig geworden. Die Kosten für die neue Wasserleitung der chemischen Laboratorien wurden dabei teilweise dem Fonds der Akademie zugeschlagen. Taaffe verwahrt sich dagegen. Er begründet dies zunächst damit, dass die Akademie in der Vergangenheit mehrfach und gegen ihren Willen Räume abtreten musste. Außerdem findet er es nicht angemessen, dass die Akademie für die Adaptierung von Räumen aufkommen müsse, von denen sie keinen Nutzen hat. Er will sich nur an den Kosten für die Renovierung jener Räume beteiligen, die auch von der Akademie genutzt werden oder in Zukunft für ihre Bedürfnisse genützt werden können.

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Edierter Text

Durch einen Wochenbericht der Akademiedirektion ist zur Kenntnis des Curatoriums gekommen, daß am 9. dieses Monats zur Prüfung der Rechnungen über die in der Akademie in Folge der Aufträge des hohen Unterrichtsministeriums vorgenommenen Herrichtung einer großartigen Anstalt für analytische und pharmazeutische Chemie, sowie einer großen Wohnung für den Herrn Professor Redtenbacher und einem Laboranten aufgelaufenen Kosten eine Commission abgehalten worden sey, bei welcher vom Vorstande derselben die Absicht ausgesprochen wurde, mehrere dieser Kosten, vorzüglich jene nicht unbedeutenden für die Wasserleitung zum Behufe dieser chemischen Anstalt, dem akademischen Fonds zuzuweisen. Durch allerhöchste Entschließung mit der Verwaltung dieses Fonds und der Wahrung der finanziellen Interessen der Akademie betraut, finde ich mich aufgefordert, pflichtmäßige Vorstellungen gegen die Realisirung dieser ausgesprochenen Absicht der hohen Einsicht und dem Rechtsgefühle des Herrn Ministers des Unterrichtes zu unterbreiten.
Mit voller Bereitwilligkeit hat das Curatorium schon früher sehr bedeutende Räume in dem Akademiegebäude, welches, ehedem ein Kaiserliches Lustschloß, von dem durchlauchtigsten Herrscherhause ganz und allein der in demselben untergebrachten großartigen Kaiserlichen Erziehungs- und Bildungsanstalt gewidmet worden war, in Folge der unheilvollen Wirren des Jahres 1848 der Universität zur Fortsetzung der philosophischen und juridisch-politischen Vorlesungen überlassen. Vielerlei Beengungen unterzog sich die Akademie gerne, zur Förderung eines so wichtigen Zweckes, und nicht wenige Kräfte both sie ohne entsprechenden Entgelt zur Adaptirung der abgetretenen Räume zu den neuen Hörsälen auf. Allein, die damit nothwendig verbundenen realen Auslagen aus den so vielseitig in jener Periode in Anspruch genommenen und geschmälerten Mitteln der Akademie zu bestreiten, wurde ihr in keiner Weise zugemuthet.
Sie wurden mit Beachtung unzweifelhafter Rechtsgrundsätze an den Studienfond überwiesen und von demselben getragen.
Ganz dasselbe Verhältnis fand statt, als im Sommer des vorigen Jahres das hohe Unterrichtsministerium zur Errichtung einer großen Anstalt für das Studium der analytischen und pharmazeutischen Chemie keine andere geeignete Lokalität fand als den südwestlichen Flügel des Theresianischen Akademiegebäudes, in welchem die akademischen Musäen [sic!] der Mechanik, der Naturgeschichte in allen Zweigen und der Physik, nebst dem Hörsaale und Laboratorium zum chemischen Unterrichte in der Akademie untergebracht waren, und für die Wohnung des Herrn Professors Redtenbacher, dessen nächste Nähe an der chemischen Anstalt als unabweisliches Bedürfnis erkannt wurde, keine andere als die an den erwähnten Flügel anstoßenden weitläufigen Krankensäle.
So sehr sich auch die Akademie in der Benützung ihres Gebäudes durch diese zweite Anforderung und Überlassung so bedeutender für ihre eigenen Zwecke vollkommen eingerichteten Räume beirrt fand, so brachte sie auch dieses Opfer den Interessen des öffentlichen Studienwesens, allein mit ausdrücklicher Verwahrung gegen die Tragung auch nur eines Theiles der Kosten der Adaptirung zu den Zwecken der Universität und zur Herrichtung neuer Krankenlokalitäten, welche ein unabweisliches Bedürfnis der Akademie sind.
Diese Verwahrung fand, da ihr die bestimmtesten Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zur Seite standen, nicht die geringste Entgegnung, und so wurden die Arbeiten ganz nach dem Anforderungen des Herrn Professors Redtenbacher unter Leitung und Überwachung des durch viele Wochen dazu in Anspruch genommenen Hausinspektors zur vollen Zufriedenheit vollendet.
Wenn nun die Besichtigungskommission geltend machen zu können erachtet, daß einiges von diesen Adaptirungen auch der Akademie zu statten komme, so finde ich mich verpflichtet, dieses bis auf einen Gegenstand auf das Bestimmteste in Abrede zu stellen. Räume, welche für eine großartige Anstalt zum Studium der analytischen und pharmazeutischen Chemie hergerichtet und in ihrer gegenwärtigen Gestalt zu keinem andern Zwecke verwendbar sind, sind für die Akademie entweder ganz überflüssig oder können für ihre Bedürfnisse nur wieder mit bedeutenden Auslagen neu hergerichtet werden. Dasselbe gilt zum Theile von den gegenwärtigen Wohnungslokalitäten des Herrn Professors, welche für dessen häusliche Bedürfnisse zugerichtet, nur durch mancherlei Umstaltungen wieder in Kameraten oder akademische Hörsäle verwandelt werden können.
Die neue Wasserleitung für die chemische Anstalt insbesondere, auf welche die Besichtigungskommission hindeutete, ist nach Entfernung dieser Anstalt aus dem Akademiegebäude für die Akademie ganz unnütz, da dieselbe ihr eigenes Bedürfnis an Wasser für Küche, Garten und Schwimmschule schon früher mit einem nicht geringen Kostenaufwande gedeckt hat. Selbst die Reparaturen an den Fenstern in dem erwähnten Flügel des Hauses, wo nun die chemische Anstalt sich befindet, wären für die weit weniger benützten Musäen kein Bedürfnis gewesen.
Die Legung neuer Fußböden in den großen ebenerdigen Sälen, in welche die physikalischen und naturhistorischen Sammlungen übertragen werden müßten, ist es daher allein, wofür der Theresianische Fond die Auslagen auf sich nehmen kann, weil die alten Fußböden, durch die Mißhandlungen so verschiedener durch viele Monate in den Jahren 1848 und 1849 mit Gewalt eingelegter Truppenkörper ganz unbrauchbar geworden waren.
Hiernach bin ich verpflichtet, das hohe Unterrichtsministerium zu ersuchen, diese meine Vorstellung, welche durchaus nur auf Rechtsgrundsätze sich stützt, gerechtest zu würdigen und hiernach die entsprechenden Verfügungen zu treffen.

Wien, am 15. Februar 1850

L. Taaffe