Leo Thun an Justin Linde
Wien, 26. Dezember 1855
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Regest

Leo Thun versichert Justin Linde, dass es ihm nach seinem Unfall wieder besser gehe. Thun bittet dann um Auskunft über Georg Blakert, der zuletzt als Pastor gewirkt habe, aber gemeinsam mit seiner Familie zum katholischen Glauben konvertiert sei. Blakert habe sich nämlich um eine Stelle an einer österreichischen Universität beworben. Thun kann ihm allerdings nur eine Stelle an einem Gymnasium anbieten, vorerst möchte er sich jedoch über dessen wissenschaftliche Eignung und dessen charakterliche Eigenschaften erkundigen. Der Minister bittet Linde, ihm sichere Informationen über diesen zu verschaffen.

Anmerkungen zum Dokument

Diktierter Brief von Leo Thun, eh. Unterschrift.
Verweis auf A3 XXI D394

http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000B-DA04-B

Schlagworte

Edierter Text

<An Herrn Bischof von Fulda am 6/1 1856.>1

Wien 26. Dezember 1855

Werther Herr Staatsrath!

Sie werden gehört haben, welcher Unfall mir begegnet ist. Die ernste Besorgnis ist vorüber, ich darf aber noch nicht schreiben, darum diktire ich diese Zeilen, durch welche ich Ihre mir wiederholt erwiesene Gefälligkeit abermals in Anspruch nehme. Durch Vermittlung mehrerer Personen ist mir der Wunsch eines Convertiten, Dr. Blakert, um eine Anstellung in Österreich vorgetragen worden. Derselbe hat eine Pfarre mit Gehalt von 1000 Thalern verlassen, um sammt seiner Familie in den Schoß der katholischen Kirche zurückkehren zu können. Er soll ein ausgezeichneter Philolog sein, in Marburg doktorirt haben und dann durch längere Zeit an den Gymnasien zu Marburg und Rinteln als Oberlehrer angestellt gewesen sein, auch soll er gegenwärtig eine griechische Grammatik herausgeben. Ich glaube voraussetzen zu dürfen, daß Sie diesen Mann bereits kennen, oder wenigstens in der Lage sein werden, sich über ihn leicht gründliche Auskunft zu verschaffen. Ich bitte Sie demnach, mir über seinen Charakter, seine wissenschaftliche Befähigung, sein Alter, so wie über den Umstand, wie viel Zeit bereits verstrichen ist, seit er das Lehramt verlassen hat, vertrauliche Nachricht zukommen zu lassen. Er scheint zu wünschen, sofort als Lehrer an einer Universität Verwendung zu finden. Eine solche Anstellung könnte ich ihm wenigstens vorerst zwar in keinem Falle in Aussicht stellen, dagegen dürfte sich mir die Gelegenheit bieten, ihn an einem Gymnasium anzustellen, wenn mir seine Eignung hierzu in jeder Beziehung verbürgt werden kann. Eine solche Anstellung würde zwar anfänglich nur einen geringen Gehalt (800 fl.) bieten, eine Verbesserung desselben bis auf 1000 fl. jedoch bald erreichbar sein. Sollten Sie mit Dr. Blakert in persönlicher Berührung stehen, so ermächtige ich Sie, ihm dieses mitzutheilen, ohne sich jedoch vorläufig dabei auf mich zu berufen. Nähere Andeutungen behalte ich mir für den Fall vor, daß die erbetenen Auskünfte zu meiner vollen Zufriedenheit lauten sollten. Mit ausgezeichneter Hochachtung verharr [?] werther Herr Staatsrath,

Ihr
ganz ergebener
Graf Leo Thun