Leo Thun beschreibt die Notwendigkeit, die Superintendenzen in Ungarn den durch das kaiserliche Patent vom 1. September 1859 neu geschaffenen Voraussetzungen anzupassen. Besonders durch die Übertragung der Ehegerichtsbarkeit an die Superintendenzen ist es notwendig geworden, diese neu einzuteilen, damit die Betroffenen einen möglichst einfachen Zugang zum jeweilig zuständigen Ehegericht haben. Ein weiterer Grund, warum die Neueinteilung notwendig geworden ist, ist jener, dass in manchen Superintendenzen verschiedene Sprach- und Bevölkerungsgruppen vereint waren, was regelmäßig zu inneren Spannungen geführt hatte. Die ersten notwendigen Schritte, die zur Neueinteilung vollzogen werden müssen, sind die Wahlen der jeweiligen Vertreter der Kirche auf lokaler und regionaler Ebene. Der Minister hebt besonders hervor, dass die Protestanten A. B. bei der Durchführung des Patentes vielfach schon viel weiter fortgeschritten seien, als ihre Glaubensbrüder H. B. Innerhalb der letzteren Gruppe herrscht nach der Schilderung Thuns teilweise eine starke Abwehrhaltung gegenüber dem kaiserlichen Patent.
Bezüglich der Superintendenzen ist zugleich eine neue Eintheilung vorgezeichnet
                           worden, weil das Bedürfnis einer Änderung der vorbestandenen verlangt und
                           wiederholt geltend gemacht worden war, und aus inneren Gründen nothwendig
                           erschien, um die Durchführung einer festen Ordnung und der Befugnisse, welche
                           Seine Majestät in dem allerhöchsten Patente in Gewährung lang gehegter Wünsche
                           der Evangelischen beider Bekenntnisse allergnädigst eingeräumt haben zu
                           ermöglichen. Manche der vorbestandenen Superintendenzen haben eine solche
                           Ausdehnung, daß sie es den Vorständen derselben ganz unmöglich macht, den
                           Pflichten der Visitazion ihres Sprengels, ohne welche sie ihren Aufgaben
                           nachzukommen nicht vermögen, zu entsprechen. Die kirchliche Gerichtsbarkeit,
                           welche in zweiter Instanz ohne entsprechende Abgränzung der Superintendenzen
                           nicht geübt werde, wenn daraus nicht den Partheien große Beschwerden und
                           Nachtheile erwachsen sollen, dieser Umstand wird insbesondere von großem
                           Gewicht, wenn die Ehegerichtsbarkeit kirchlichen Gerichtsbehörden übertragen
                           wird. Seine Majestät haben in dem allerhöchsten Patente diese Übertragung der
                           Ehegerichtsbarkeit gewährt, weil sie in dem Art. 26. vom Jahr 1791 zugesagt, in
                           den Synodalbeschlüssen jenes Jahres begehrt, und seitdem wiederholt,
                           insbesondere auch in den Distriktualkonventen welche im Jahr 1856 über die
                           Kirchenorganisazion einvernommen worden sind, verlangt worden ist. Soll sie aber
                           den Partheien nicht als von Bedeutung erscheinen, so ist es unerläßlich, daß
                           ihnen nicht zugemuthet werde, den Richter, den sie bisher bei einem nahe
                           liegenden landesfürstlichen Gerichte fanden, mittelst tagelanger Reisen suchen
                           zu müssen. Bezüglich der Evangelischen A. B. war überdies eine neue Eintheilung
                           der Superintendenzen ein unerläßliches Erfordernis um langjährigen Reibungen ein
                           Ende zu machen. Eine unversiegbare Quelle dieser Reibungen war namentlich die
                           vielfach für unzweckmäßig erkannte Gestaltung der Berg-Superintendenz, in
                           welcher nach Sprache und Gesinnung sehr verschiedene und einander widerstrebende
                           Elemente zusammengeworfen[?], und die natürliche Vereinigung homogener Elemente
                           hinderte. Ohne Beseitigung dieses inneren Hindernisses einer naturgemäßen
                           friedlichen Entwicklung konnte eine Synode der Evangelischen A. B. mit Aussicht
                           auf einen befriedigenden Erfolg nicht zusammentreten. Die Evangelischen A. B.
                           haben in Folge trauriger Ereignisse, welche der Geschichte angehören, insgesammt
                           seit einer Reihe von Jahren keine gewählten kirchlichen Vorstände gehabt. Auch
                           die der Evangelischen H. B. waren auf zwei Superintendenten zusammengeschmolzen,
                           von welchen einer kürzlich aus diesem Leben abberufen worden ist. Nachdem
                           Synoden ohne ordnungsmäßig gewählte Vorstände der Superintendenzen nicht
                           abgehalten werden können, so war demnach die Zusammenberufung der Synoden daran
                           bedingt, daß vorerst die Wahlen dieser Vorstände und zwar innerhalb jener
                           Superintendenzen, welche für die Zukunft zu bestehen haben, vorgenommen werden.
                           Diese Motive lagen der Bestimmung der Ministerialverordnung vom 2. September
                           vorigen Jahres zu Grunde, welche insgesamt das Ziel anstrebte den Evangelischen
                           A. B. in vollstem Maaße alles zu gewähren, was in dem 26. Art vom Jahre 1791 in
                           Aussicht gestellt war, und den baldigen Zusammentritt von Synoden auf sicheren
                           Grundlagen zur definitiven Ordnung der Kirchenregimentlichen Angelegenheiten zu
                           ermöglichen.
Diese wohlwollende Absicht hat unter den evangelischen
                           Glaubensgenossen A. B. vielfach dankbare Anerkennung gefunden. Die überwiegende
                           Mehrzahl der Gemeinden hat sich nach den erlassenen Weisungen koordiniert,
                           dergleichen haben sich bereits viele Seniorate koordiniert, und steht die
                           Konstituierung mehrerer der neuen Superintendenzen in naher Aussicht.
                           Insbesondere ist diese Koordinierung in den Gemeinden und den Senioraten mit
                           wenigen Ausnahmen in der Preßburger und
                           Neuverbaster [Vrbas] Superintendenz mit
                           solchem Eifer vollzogen worden, daß darin der thatsächliche Beweis liegt, wie
                           sehr die Abtrennung ihrer Bestandtheile von der vorbestandenen
                           Berg-Superintendenz ihren Bedürfnissen und Wünschen entspricht. Auch in den
                           übrigen, namentlich den Ödenburger und
                           Eperieser [Prešov] Superintendenzen
                           haben zahlreiche Gemeinden durch ihre thatsächliche Koordinierung bewiesen, daß
                           die Bestimmungen des Allerhöchsten Patentes vom 1. September und der
                           Ministerialverordnung vom 2. September ihren Überzeugungen und Bedürfnissen
                           entspricht.
Unter den Glaubensgenossen H. B. hingegen sind die
                           Voreinleitungen, um auf dem bezeichneten Wege zur Synode zu gelangen, nur in
                           verhältnismäßig wenigen Gemeinden getroffen worden. Die meisten Gemeinden haben
                           es bisher unterlassen, diesen Weg zu betreten. Über die Gründe dieser
                           Zurückhaltung liegen eine Reihe erwiesener Thatsachen vor.
Dieser Zustand
                           birgt in sich die Gefahr, daß die große Mehrzahl der evangelischen
                           Glaubensgenossen helvetischen Bekenntnisses ohne ihr Verschulden über die
                           Allerhöchsten Absichten Seiner Majestät und über das um was es sich in der
                           vorliegenden Frage eigentlich handelt immer mehr irregeleitet und daß jedes
                           darauf bezügliche Ereignis zu weiterer Beunruhigung der Gemüter ausgebeutet
                           werde. Hierauf beruht es, daß während von der großen Mehrzahl der evangelischen
                           Glaubensgenossen A. B. das allerhöchste Patent und die Ministerialverordnung mit
                           jenem Vertrauen in die wiederholt ausgesprochenen Absichten der Regierung
                           aufgenommen worden ist, welche keinen Zweifel darüber bestehen läßt, daß im Wege
                           der Synode in Beziehung auf die definitive Ordnung des Kirchenregimentes und
                           noch vor derselben im Wege der Generalconferenz bezüglich der Zusammensetzung
                           der Synode und der Abgränzung der Superintendenzen alle auf begründeten Wünschen
                           beruhenden Modifikationen der vorläufig erlassenen Bestimmungen werden
                           bewerkstelligt werden, ist es bedauerlichen Einflüßen gelungen, dieses Vertrauen
                           unter den Glaubensgenossen helvetischen Bekenntnisses großentheils nicht
                           aufkommen zu lassen, was zum Theile seinen Grund in dem Umstande haben mag, daß
                           der veränderten Eintheilung der helvetischen Superintendenzen nicht im gleichen
                           Maße wie hinsichtlich der des Augsburger B. lang gefühlten Bedürfnissen zu
                           Grunde liegen und es daher nicht, wie bezüglich jener, an sich unausführbar
                           erscheint mit Organen[?] der vorbestandenen Superintendenzen eine Verständigung
                           über den Übergang von dem bisherigen vielfach ungeordneten Zustand zu der auf
                           Grundlage des § 4 Art. 26 von 1791 angestrebten bestimmten Ordnung und über die
                           Einladung zur Berufung der Synode im Einvernehmen zu pflegen. Zu dem Ende haben
                           Seine Majestät allergnädigst zu gestatten gewußt, daß in jeder der
                           vorbestandenen Superintendenzen H. B. nach geziemender Anzeige an den k.k.
                           Statthalter und im Beisein eines von demselben entsendeten landesfürstlichen
                           Kommissärs ein Distriktual-Konvent zu dem Ende gehalten werde, damit derselbe
                           drei Geistliche und die weltlichen Personen wähle, welche als Generalconferenz
                           zusammenzutreten und Seiner Majestät bezüglich der wünschenswerthen
                           Modifikazionen der Eintheilung der Superintendenzen und der Bestimmungen über
                           die Zusammensetzung der Synode, im Namen ihrer Glaubensgenossen ihr Gutachten
                           zur allerhöchsten Schlußfassung zu erstatten haben würden. Insofern jedoch diese
                           Distriktual-Konvente nicht in Gemäßheit der Bestimmungen der
                           Ministerialverordnung vom 2. September vorigen Jahres gebildet sein können, ist
                           es, wenn das von ihnen zu ertheilende Mandat nicht der Gefahr rechtlicher
                           Beobachtung ausgesetzt sein soll, unerläßlich den Nachweis zu liefern, daß
                           dieselben der bisher zu Recht bestandenen Übung gemäß zusammengesetzt werden und
                           vorgegangen seien. Der Konvent müßte daher unter Kundgebung der
                           stimmberechtigten Glieder mit Bezeichnung seiner Aufgabe, für welche die
                           Deputierten mit den bisher vorgeschrieben gewesenen Instruzionen zu versehen
                           wären, einberufen werden. Wenn Konvente in dieser Weise zu Stande kommen, so
                           gestatten Seine Majestät zugleich, daß auf denselben nach der bisherigen Übung
                           Obercuratoren für den Zeitraum der definitiven Feststellung der kirchlichen
                           Ordnung im Wege der Synode erwählt werden. Insofern zum Zwecke der Beschickung
                           solcher Distriktual-Konvente [?] gehalten werden müssen, wird denselben kein
                           Hindernis entgegengestellt werden. Im Übrigen bleiben die Bestimmungen der
                           Ministerialverordnung vom 10. Jänner laufenden Jahres vorläufig aufrecht und
                           Gemeinden und Seniorate, welche sich nach der Ministerialverordnung vom 2.
                           September vorigen Jahres koordiniert haben, oder fernerhin koordinieren wollen,
                           dürfen daran nicht gehindert werden.
Nachdem sich von den evangelischen
                           Gemeinden A. C. die Mehrzahl, wie erwähnt, bereits koordiniert hat, so ist es
                           nun mehr die Aufgabe dieser Gemeinden und Seniorate mit thunlicher
                           Beschleunigung unbekümmert um die Zögerung der noch nicht koordinierten
                           Gemeinden zu Senioral- und Superintendenzialkonventen und zur Wahl der
                           Superintendenzialvorstände zu schreiten, damit sobald als möglich ein
                           Generalkonvent aller oder der Mehrzahl der Superintendenzen gehalten werden
                           könne, welchem es frei stehen wird, Seiner Majestät ihre allerunterthänigsten
                           Vorstellungen bezüglich wünschenswerther Modifikazionen zu machen.