Theodor Brüggemann, Regierungsrat im Preußischen Kultusministerium, bittet um Unterstützung für den Rabbiner Paul Bendix. Dieser möchte zum katholischen Glauben konvertieren. Mit diesem Schritt verlöre Bendix jedoch seine Stelle als Rabbiner und sucht daher nach einem neuen Betätigungsfeld in Österreich, da er Preußen verlassen möchte. Brüggemann betont, dass Bendix mit seinen Kenntnissen der hebräischen Sprache befähigt für eine Professur der orientalischen Sprachen wäre. Er glaubt aber auch, dass Bendix auch an einem Gymnasium unterrichten könne.
Hochgeborner Herr Graf,
Hochzuverehrender Herr Minister!
Euer Exzellenz bitte ich um geneigte Entschuldigung, wenn ich mir erlaube, den
Überbringer Dr. Bendix mit diesen Zeilen bei
Ihnen einzuführen. Der jüdischen Synagoge angehörig hat derselbe durch
sorgfältiges Studium und durch Gottes Gnade die Wahrheit des Christenthums
erkannt und ist entschlossen mit Aufgebung seiner ihn sehr wohl nährenden
Rabbiner-Stelle in die katholische Kirche einzutreten, obwohl es ihm außer
seinen Kenntnissen an allen Subsistenzmitteln fehlt. Nach den sorgfältigsten
Erkundigungen muß ich ihn für einen braven und gewissenhaften Mann halten, wie
ihn auch seine Zeugnisse darstellen. Er besitzt gründliche Kenntnisse der
hebräischen Sprache und ihrer Dialecte, und ist wohl im Stande, eine Professur
der orientalischen Sprachen an einer Universität zu versehen. Im Besitze einer
ausreichenden allgemeinen Bildung kann er auch wohl bis zur Tertia eines
Gymnasiums als Lehrer verwendet werden, und würde zugleich den Unterricht im
Hebräischen in den oberen Gymnasial-Klassen übernehmen können. Für alle diese
verschiedenen Richtungen, in welchen er nützlich verwendet werden könnte, ist in
Preußen schwerlich ihm den Weg zu öffnen,
da er eben das katholische Glaubensbekenntnis abzulegen gedenkt. Er hat daher
seine Schritte nach Österreich gelenkt, um
zu versuchen, ob er dort ein ihn und seine Familie nährendes Unterkommen finden
könne. Sollte dies in irgend einer Weise möglich seyn, so haben Euer Excellenz
vielleicht die große Güte, ihm einen Mann zu bezeichnen, dem er seine ganzen
Verhältnisse darlegen kann. Meine Freiheit bitte ich durch den Wunsch zu
entschuldigen, einem braven Mann für seinen schweren Weg Hülfe angedeihen zu
lassen.
Indem ich Euer Excellenz wohlwollendem Andenken angelegentlichst
mich empfehle, verharre ich in aufrichtigster Verehrung
Euer Excellenz
ganz ergebenster
Dr. Brüggemann
Berlin den 20. Februar 1860