Theodor Brüggemann an Leo Thun
Berlin, 20. Februar 1860
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Regest

Theodor Brüggemann, Regierungsrat im Preußischen Kultusministerium, bittet um Unterstützung für den Rabbiner Paul Bendix. Dieser möchte zum katholischen Glauben konvertieren. Mit diesem Schritt verlöre Bendix jedoch seine Stelle als Rabbiner und sucht daher nach einem neuen Betätigungsfeld in Österreich, da er Preußen verlassen möchte. Brüggemann betont, dass Bendix mit seinen Kenntnissen der hebräischen Sprache befähigt für eine Professur der orientalischen Sprachen wäre. Er glaubt aber auch, dass Bendix auch an einem Gymnasium unterrichten könne.

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Schlagworte

Edierter Text

Hochgeborner Herr Graf,
Hochzuverehrender Herr Minister!

Euer Exzellenz bitte ich um geneigte Entschuldigung, wenn ich mir erlaube, den Überbringer Dr. Bendix mit diesen Zeilen bei Ihnen einzuführen. Der jüdischen Synagoge angehörig hat derselbe durch sorgfältiges Studium und durch Gottes Gnade die Wahrheit des Christenthums erkannt und ist entschlossen mit Aufgebung seiner ihn sehr wohl nährenden Rabbiner-Stelle in die katholische Kirche einzutreten, obwohl es ihm außer seinen Kenntnissen an allen Subsistenzmitteln fehlt. Nach den sorgfältigsten Erkundigungen muß ich ihn für einen braven und gewissenhaften Mann halten, wie ihn auch seine Zeugnisse darstellen. Er besitzt gründliche Kenntnisse der hebräischen Sprache und ihrer Dialecte, und ist wohl im Stande, eine Professur der orientalischen Sprachen an einer Universität zu versehen. Im Besitze einer ausreichenden allgemeinen Bildung kann er auch wohl bis zur Tertia eines Gymnasiums als Lehrer verwendet werden, und würde zugleich den Unterricht im Hebräischen in den oberen Gymnasial-Klassen übernehmen können. Für alle diese verschiedenen Richtungen, in welchen er nützlich verwendet werden könnte, ist in Preußen schwerlich ihm den Weg zu öffnen, da er eben das katholische Glaubensbekenntnis abzulegen gedenkt. Er hat daher seine Schritte nach Österreich gelenkt, um zu versuchen, ob er dort ein ihn und seine Familie nährendes Unterkommen finden könne. Sollte dies in irgend einer Weise möglich seyn, so haben Euer Excellenz vielleicht die große Güte, ihm einen Mann zu bezeichnen, dem er seine ganzen Verhältnisse darlegen kann. Meine Freiheit bitte ich durch den Wunsch zu entschuldigen, einem braven Mann für seinen schweren Weg Hülfe angedeihen zu lassen.
Indem ich Euer Excellenz wohlwollendem Andenken angelegentlichst mich empfehle, verharre ich in aufrichtigster Verehrung
Euer Excellenz

ganz ergebenster
Dr. Brüggemann

Berlin den 20. Februar 1860