Gregor Zeithammer an Leo Thun
Prag, 5. April 1858
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Regest

Gregor Zeithammer, Gymnasialinspektor für Böhmen, übermittelt seine Vorschläge in der Diskussion um die Änderung des Gymnasiallehrplans. Sein Vorschlag weicht von seiner letztjährigen Ansicht, als er sich dem Gutachten Franz Effenbergers angeschlossen hatte, etwas ab. Grundsätzlich schlägt er eine Vermehrung der Lateinstunden im Untergymnasium auf Kosten des Unterrichts in den Landessprachen, der Mathematik und der Naturgeschichte vor. Für Naturgeschichte und Physik schlägt er eine alternative Verteilung vor. Griechisch soll im bisherigen Ausmaß unterrichtet, Mittelhochdeutsch fortan bloß an den Universitäten gelehrt werden.

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Edierter Text

Euere Excellenz!

Obwohl ich meiner Pensionirung entgegensehe und fortwährend kränkle, so interessirt mich doch sehr die Debatte über den Lehrplansabänderungsentwurf, und es drängt mich in Beiliegendem auch meine Stimme darüber abzugeben.
Sie ist etwas abweichend von dem Gutachten Effenberger’s, dem ich mich vom Urlaub im vorigen Juli zurückkehrend einfach anschloß, obgleich ich den Entfall des geometrischen Anschauungsunterrichts und der Naturwissenschaften im Untergymnasium bedauerte. Mich beruhigte, daß principiell am gegenwärtigen Plane festgehalten wurde, wenn man gleich die Übelstände der Ausführung anerkannte.
Nach meinem Vorschlag gewinnt das Latein in jeder Classe 1 Stunde, in der 4. wegen der wichtigen und schwierigen Tempus- und Moduslehre 2 Stunden, zusammen 9 Stunden. Dagegen verlieren aus den dort angegebenen Gründen die Landessprachen 1 Stunde, die Mathematik 1 Stunde und die Naturgeschichte 1 Stunde – geometrische Anschauungslehre und Naturwissenschaften im Untergymnasium bleiben, letztere in etwas veränderter Anordnung, wodurch zugleich der Wechsel der Lehrer in der 3. Classe entfällt, da jetzt nach dem I. Semester der Naturhistoriker 2 Stunden weniger und der Physiker mehr hat – ein Übelstand bei der Vertheilung. Die zwei mathematisch-naturwissenschaftlichen Lehrer haben dann genau 40 Stunden, in die sie sich gut theilen können, anstatt, daß sie nach dem Entwurf auch noch andere Fächer übernehmen müßten. Das Griechische bleibt unberührt, was sehr zu wünschen ist. Das Mittelhochdeutsche mag namentlich in Ländern mit gemischter Sprache ganz entfallen; es gehört eigentlich auf die Universität für Candidaten der deutschen Sprachwissenschaft.
Das sind Ansichten, mit denen ich mich schon lange herumtrage und die ich hie und da in den Äußerungen wiederfinde; vielleicht daß Euere Excellenz etwas darin einer Beachtung werth finden.
Genehmigen den Ausdruck unbegrenzter Dankbarkeit und Verehrung, womit ich die Ehre habe zu geharren.

Euer Excellenz
unterthänigster
Gregor Zeithammer

Prag, am 5. April 1858