Im Auftrag der Herzogin von Nassau übersendet Theodor Schliephake, Lehrer und Erzieher am herzoglichen Hof, Leo Thun einen nicht näher bezeichneten Aufsatz, den er dem Minister wärmstens empfehlen möchte. Darin geht Schliephake auf einzelne wichtige Fragen des Lebens ein und er hofft damit auch Thuns Überzeugung zu entsprechen.
Excellenz!
Indem ich dem gnädigen Willen Ihrer königlichen Hoheit der Frau Herzogin zu Nassau nachkomme,
beehre ich mich, einen Aufsatz in Ihre Hände zu legen, dessen Zweck und
Bestimmung ich als Euer Excellenz bekannt annehmen darf. Auf den anliegenden
Blättern habe ich, außer den verlangten persönlichen Notizen, auch meine
Grundsätze und Ansichten über einzelne wichtige Fragen des Lebens und der
Erkenntnis in der Kürze auszusprechen mir erlaubt.1 Können diese Gedanken als ein Theil eines
Glaubensbekenntnisses angesehen werden, so bin ich mir bewußt, daß sie,
wenngleich nicht dem Umfange nach, doch durch ihre Aufrichtigkeit, in diesem
Sinne gemeint sind. Die Tendenz, die ich am Schluß dieses kleinen Mémoire
angedeutet habe, wird mir als eine Vorschrift dienen, als eine Verpflichtung für
die Zukunft.
Erlauben Euer Excellenz, daß ich den Zweck dieser Blätter Ihrer
gewogenen Verwendung angelegentlichst empfehle. Es bedarf nicht vieler Worte, um
bei der Denkungsart, die ich, wie viele, an Euer Excellenz kenne, Ihnen eine
Sache ans Herz zu legen, die für mich von größter Wichtigkeit ist. Ich suche
nichts anderes, als was mir wohl schon zu Theil geworden wäre, wenn ich die in
Belgien angefangene Laufbahn fortgesetzt hätte. Aber ich
hege die Hoffnung, daß was mir durch die Gnade des hohen Nassauischen Hauses
bereitet wird, mir dadurch noch werther als jenes werden soll, als es mir in
meinem Vaterlande geboten wird, dem ich mit meiner Familie
angehöre.
Genehmigen Euer Excellenz die Versicherung meiner vollkommensten
Hochachtung und Ergebenheit, womit ich die Ehre habe zu sein
Euer Excellenz
ganz gehorsamster Diener
Dr. Th. Schliephake, Hofrath
Wiesbaden, den 12. August 1851