Friedrich Thun an Leo Thun
Frankfurt, 9. April 1852
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Regest

Friedrich Thun übermittelt seinem Bruder Leo einen Brief von Staatsrat Justin Linde mit Informationen über den Gymnasiallehrer Johann Hennes aus Mainz. Friedrich berichtet dann über seinen neuen Posten, wobei er sich über seine schwierige Stellung beklagt. Schließlich äußert er sich zur möglichen Ernennung Karl Buol-Schauensteins zum Außenminister: diese habe in Deutschland einen schlechten Eindruck gemacht und auch er selbst könne sich damit nicht anfreunden. Er persönlich bevorzuge Karl Bruck.
Im beigelegten Brief erinnert Justin Linde Friedrich Thun nochmals an den Gymnasiallehrer Johann Hennes. Dieser möchte nämlich Gewissheit haben, ob er nach Österreich berufen werde oder nicht. Linde selbst würde eine Berufung desselben durchaus empfehlen.

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Edierter Text

Frankfurt, den 9. April 1852

Lieber Leo,

beiliegend einige Zeilen von Staatsrath Linde bezüglich des Professors Hennes in Mainz 1, hast du etwas darauf zu erwiedern, so lasse es mich baldmöglichst wissen. Sage Caroline meinen ganz besonderen Dank, daß sie uns gleich am Tag nach der Katastrophe Nachrichten gegeben hat, ohne ihre freundliche Fürsorge für uns wären wir noch ohne ein Wort mehr als die Zeitungen bringen. Ich kann es noch gar nicht fassen und jeder Tag findet mich noch gebeugter und muthloser. Die hiesige Stelle ist geradezu unmöglich, wenn man nicht einen Rückhalt an dem Chef in Wien hat, überzeugt ist, daß er die Stellung Oesterreichs zu Deutschland wenigstens prinzipiell gleich auffaßt und mit ihm wenigstens so steht, daß man sich direkt an ihn wenden kann. Wäre Schw[arzen]berg nicht am Ruder gewesen, so hätte ich den Posten nie angenommen und habe ich längst gewünscht ihn los zu sein, so ist dieser Wunsch jetzt noch viel lebhafter. Gott bewahre uns nur vor Buol! Ich kann mir zwar kein begründetes Urtheil über ihn gestatten und weiß, daß ihn viele Leute, auch Schw[arzen]berg, für sehr befähigt halten, auch wäre er nach Anciennität und allem vorzüglich dazu berufen, er hat sich in Dresden aber für Deutschland so gründlich ruinirt, daß seine Ernennung in Deutschland den allerschlechtesten Eindruck machen würde, das kann ich auf meine Ehre versichern. Dazu halte ich ihn für viel zu bequem und ohne alle Gewissenhaftigkeit und Aufopferungsfähigkeit, als daß er einem solchen Posten würdig und zur Ehre Oesterreichs vorstehen könnte. Könnte mir nicht Rechberg etwas detaillirte Mittheilungen wenigstens über die zu Tage kommenden Wahrscheinlichkeiten und Erscheinungen machen? Du wirst auch jetzt vermehrte Sorgen und Arbeit haben. Sucht doch Bruck wieder ins Ministerium zu bringen. Dessen Namen hat einen vortrefflichen Klang in Deutschland und würde wesentlich dazu dienen über die Zukunft zu beruhigen. Beust sagte mir noch letzthin, wenn Bruck wieder einträte, so hätte ich in Sachsen nicht die Hälfte Schwierigkeiten zu überwinden.

Mit innigster Liebe

Dein treuer Bruder
Fritz

Frankfurt, den 8. April 1852

Eure Excellenz!

Erlaube ich mir vor meiner Abreise nochmals die Angelegenheit des Herrn Dr. Hennes in Mainz in gnädige Erinnerung zu bringen. Derselbe war heute Abend bei mir und bemerkte, daß mit Ende dieses Monats seine Ferien beginnen, und er sehnlichst wünschte bis dahin Gewißheit zu haben, ob er in kaiserlich österreichische Dienste komme, weil er dann sofort abzureisen und sich an seinen Bestimmungsort begeben wolle. Bei späterer Entscheidung wäre er ein halbes Jahr an seinen jetzigen Posten gebunden. Ich habe inzwischen auch gehört, daß Herr Dr. Ficker von Bonn schon nach Wien abgereist sei und feste Aussicht auf eine Professur habe. Sollte dieses richtig sein, dann wäre vielleicht auch für Dr. Hennes schon eine Entschließung in Wien gefaßt, da dieser bei ganz zweifelloser Tüchtigkeit in jeder Beziehung gewiß wenigstens gleiche Berücksichtigung gefunden hat. Für den Fall, daß Eurer Excellenz Herr Bruder während meiner Abwesenheit Hochdenselben eine Mittheilung machen sollte, bitte ich gehorsamst mir Ihre Befehle durch Herrn Braun zusenden zu wollen, die ich dann dem Dr. Hennes unverweilt eröffnen werde. Seitdem ich selbst das Glück habe dem Kaiserstaate anzugehören, wofür ich ewig Eure Hochgeboren dankbarster Schuldner bleiben werde, bin ich doppelt dabei interessirt, daß die Bildungsanstalten sich solche gute Aquisitionen nicht entgehen lassen.
In tiefster Verehrung und in Eile
Euer Excellenz

ganz gehorsamster
Dr. Linde